Reise-Blog #31: Scheitern ist Ansichtssache; Wanderung "auf" den Pico de Humo
An diesem Morgen war es mal für mich an der Zeit, alleine los zu ziehen.
Ich war mal wieder sehr viel früher wach als Tete. Um ca. halb sieben lag sie noch tief schlafend im Bett, während ich mich von der einen Seite auf die andere drehte.
Normalerweise schnapp ich mir an solchen morgenden meinen Laptop und surf auf Steemit oder spiele MTG Arena. Aber ohne Internet, Fehlanzeige. Also überlege ich was ich machen könnte. Ein kurzer Blick nach draußen verrät mir, dass es wieder mal ein genialer Sonnenaufgang werden wird. Ich entschließe mich also kurzerhand, den nahe gelegen Pico de Humo zu erklimmen. Ich ziehe mich relativ warm an und nehme auch noch meine Daunenjacke mit. Die Nacht war recht kühl und wettertechnisch weiß ich nicht, was mich auf dem ca. 600m höher gelegenen Gipfel erwartet. Meine Kamera kommt natürlich auch mit in den Rucksack.
Start
Die ersten Meter lauf ich richtig beschwingt, froh darüber, dass ich mich aufgerafft habe. Hinter mir bahnt sich der fast wolkenlose Sonnenaufgang an, sodass ich zweimal anhalten muss, um diesen Anblick in den Bytes meiner CF Card festzuhalten.
Ich laufe durch ein kleines Wäldchen und bemerke jetzt schon, dass ich wohl doch etwas zu warm angezogen bin. Also wandert der Pullover in den Rucksack. Ich ärgere mich kurz, dass ich den jetzt mit rumschleppen muss. Doof, denke ich bei mir. Ich hab ihn ja schon vorher "mitgeschleppt". Durchs ausziehen bin ich kein deut schwerer geworden, also waurm sollte ich mich ärgern?
Der Weg führt mich aus dem Wäldchen heraus und an der Flanke des Berges langsam nach oben. Links geht es steil ins Tal, aus dem immer dicker werdende Nebelschwaden aufsteigen. Ich schaue mich um und sehe, dass die Sonne nun hinter dem Horizont hervortritt, aber noch von den Nebelschwaden verdeckt wird. Das rote Licht wird von den tausenden Tröpfchen in der Luft gestreut und erzeugt ein einmaliges Bild von einem brennenden Himmel. Ein magischer Moment der in mir ein regelrechtes Hochgefühl auslöst, welches mich während der ganzen weiteren Wanderung begleitet hat.
Ich steige weiter auf, über eine Felsrippe die durch Drahtseile gesichert ist und danach auf einem mit braunen Steinen ausgelegten Pfad. Langsam gelange ich über die Nebelschewaden hinaus, und habe plötzlich wieder die Sonne im Rücken.
Teilweise führt der Weg über größere Felsbrocken und -stufen die alle noch richtig feucht sind. In Kombination mit einer dünnen Schicht Erde gibt das einen sehr rutschigen Film, sodass ich an diesen Stellen immer recht langsam gehen muss. Ein Ausrutschen sollte man sich hier nicht erlauben, da man sonst sehr wahrscheinlich ein- zweihundert Meter den Berg runter rollt.
Zwischenstop & erste Zweifel
Nach einiger Zeit erreiche ich den Kamm des Berges. Hier (das hatte ich schon auf der Karte gesehen) teilt sich der Weg. Für mich interessant ist der Weg den Kamm entlang bis zum Gipfel. Am Wegweiser kommen mir erste Zweifel, ob es so gut war, so früh am Morgen aufzubrechen. Während auf der Seite des Berges, von der ich gekommen bin die Sonne scheint und es absolut Windstill ist, schlägt mir von der Schattenseite ein kalter Wind ins Gesicht und düstere Wolken steigen an der Bergflanke empor. Zusätzlich liegt der Gipfel komplett im Dunst und mir kommen allerlei Gedanken bzgl. Wegfindung bei Nebel, Wetterumschwung in den Bergen etc...
Nach kurzer Überlegung entschließe ich mich weiter zu gehen, der Weg wäre auch bei dichtestem Nebel gut zu erkennen und ich habe die Hoffnung, dass die aufsteigende Sonne vielleicht noch die Wolken vom Gipfel vertreibt.
Es geht in Schlangenlinien steil bergauf und zwischen vereinzelten Büschen oder Felsblöcken hindurch. Nach einer Weile kommt wieder mal ein bisschen die Sonne hervor und ich bin erstaunt über den Anblick. Der Schatten des Kammes mit meiner Silouhette zeichnet sich in den tief hängenden Wolken ab und um meinen Schatten hat sich eine Art Halo aus verschiedenen Farben gebildet.
Kurz vorm Gipfel
Nach einer Weile tauchen Felsen zu meiner Linken aus dem Nebel auf und ich denke, dass es nicht mehr weit bis zum Gipfel ist. Ich schaue aufs Handy und merke, dass ich wohl etwas zu weit gelaufen bin.
Durch den Felsen verläuft eine Rinne und davor steht ein Steinmännchen. Laut Karte sollte dahinter der Weg weiterlaufen. Also arbeite ich mich vorsichtig (die Felsen sind immer noch ganz schon rutschig) nach oben.
Rückzug
Oben zeigt sich mir ein Plateau, soweit ich durch den Nebel sehen kann und ich finde auch wieder die Wegmarkierung. Glück gehabt, denn das ganze wieder runter zu klettern wäre recht haarig geworden. Dummerweise verläuft hier oben der Weg über Felsplatten und ist somit einfach nichts zu erkennen. Ich laufe ein Stück in die Richtung in der ich den Verlauf vermute, kann aber nach 10m kaum noch die vorherige Markierung erkennen. Ich muss mir eingestehen, dass es Zeit wird umzukehren. Da ich die Felsrinne nicht unbedingt wieder abklettern möchte, suche ich nach dem richtigen Pfad und werde auch bald fündig. Ein weiterer Pfosten mit gelb-weißen Streifen zeigt den Weg ins nichts an.
Der Weg nach unten gestaltet sich etwas mühselig aber recht unspektakulär.
Kurz unterhalb der Stahlseile mache ich nochmal halt um die jetzt fast nebelbefreie Aussicht zu genießen und ein paar Fotos zu schießen.
Plötzlich höre ich ein lautes Rauschen und blicke nach oben. Ein Geier fliegt weniger Meter über meinem Kopf. Wie ich schon hier beschrieben habe, gelingt mir zum ersten mal eine gute Aufnahme eines Greifvogels und ich bin super glücklich. Zufrieden schreibe ich Tete, dass ich in ein paar Minuten zurück bin. Durchs Wäldchen bin ich schnell hindurch und werde von Tete mit einem freudigem Lächeln und einer Tasse Kaffee begrüßt, was für ein schönes Ende.
Abschließenden Gedanken
Geplant war eigentlich den Gipfel zu überschreiten und auf der anderen Seite wieder abzusteigen. Ich muss gestehen, dass ich während des Aufstiegs schon den Drang verspürt habe, mir zu beweisen, dass ich den Weg trotz der eher wiedrigen Bedingungen schaffen kann.
Umkeheren zu müssen war deswegen nicht so einfach zu akzeptieren. Es wirkte auf mich im ersten Moment schon etwas wie zu scheitern. Tatsächlich muss ich aber sagen, war der ganze Weg bis dorthin schon ein Abenteuer für sich. Außerdem ist es schon ein Erfolg, richtig einzuschätzen, wann es Zeit ist umzukehren. Zusätzlich hätte ich sonst sehr wahrscheinlich nicht die Möglichkeit bekommen, ein so schönes Bild von einem Geier zu schießen.
Es bleibt mir also nichts anderes übrig als zu sagen:
Es war einfach geil!
Wer bis hierhin durchgehalten hat: Vielen Dank fürs Lesen!
Ich freue mich über jeden Kommentar ;)