Wodurch entsteht Leiden? - Aus der buddhistischen Lehre von Anatta
Ich bin neulich auf einen sehr interessanten Text gestoßen, welcher mir in Zeiten eigenen Verlustes und Leids etwas geholfen hat.
Und zwar geht es um die buddhistische Lehre von Anatta. Diese Lehre geht von dem Nichtvorhandensein eines permanenten und unveränderlichen Selbst, eines festen Wesenskerns oder einer Seele aus. Weiter heißt es: Was normalerweise als „Selbst“ betrachtet wird, ist demnach eine Ansammlung von sich konstant verändernden physischen und psychischen Bestandteilen. Leid entsteht demnach durch das Festhalten an der Vorstellung, dass der jeweils erlebte, temporäre Zustand unveränderlich ist. Das Selbst ist also in ständigem Fluss und keine Konstante.
Alles im Leben ist einer kontinuierlichen Veränderung unterworfen und alles, was existiert, existiert nur in Abhängigkeit von Bedingungen. Diese sind jedoch nicht dauerhaft. Daher gilt es als illusorisch, dass irgendetwas ein dauerhaftes Selbst oder eine Seele habe.
Ich habe mir in letzter Zeit in Situationen des Leidens einmal überlegt, worum ich leide. Und jedes Mal war es ein Festhalten an etwas Vergangenes: eine vergangene Liebesbeziehung, Erinnerungen an schöne Zeiten, welche man glaubt nie wieder zu erleben und so weiter.
Auch das Festhalten an einen gerade vorherrschenden Zustand kann Leiden auslösen. Meist sind wir dann von Ängsten geplagt. Wir wollen, wenn wir uns sehr wohl fühlen, diesen Zustand für immer erhalten und haben Angst, dass sich etwas zum schlechten wendet, was widerum dazu führt, dass wir das Jetzt gar nicht richtig genießen können.
Ich hoffe an dieser Stelle auf Diskussionen über dieses Thema.
Ich hatte in meiner Studienzeit mal eine kurze Diskussion mit einem Professor für Neuere deutsche Literatur zum Thema "das wahre Selbst". Zu diesem Zeitpunkt war ich sehr vom deutschen Idealismus (Kant, Hegel, Leibniz, Schelling) beeinflusst und sprach ganz selbstverständlich vom "wahren Selbst". Der Professor meinte allerdings, dass es so etwas nicht gäbe.
Ich frage mich hingegen, auf was man denn dann geistig zurückfällt, wenn man nichts mehr hat, wenn einem (gefühlt) alles genommen wird, man im Leben stark von Ereignissen oder Menschen enttäuscht wird. Ist das dann nicht das Selbst?
Ich weiß, dass es viele Religionen gibt, die es als Ideal ansehen, das Ich aufzugeben. Aber was macht man denn dann in der konkreten Situation mit dieser Information, dass es kein Ich gibt? Ich finde das unglaublich schwer umzusetzen. Ich vermute, weil es in unserer Gesellschaft häufig nur ums Ich geht und nicht um die Gemeinschaft.
In der Werbung werden wir ständig persönlich angesprochen, obwohl gar keine persönliche Beziehung vorliegt. Muss man also quasi immerzu anti-gesellschaftskonform denken, um sich vom Ich zu lösen? Aber damit würde man ja wieder in der Isolation landen.
Danke für deinen Beitrag. Regt zum Denken an. Mir fällt da gerade der Film "Revolver" ein. Bei diesem Film hat am Ende einer der beiden Hauptakteure eine Erleuchtung und befreit sich von seinem "Ich". Ganz am Ende im Outtake kamen noch einige Gehirnwissenschaftler zu Wort. In der modernen Gehirforschung wird demnach das "Ich" und das "Selbst" unterschieden. Das "Ich" gaukelt dir die ganze Zeit nur vor, "Du" zu sein. Dabei ist aber das "Ich" nur der Interpretator von allem was man sieht, hört, erlebt, fühlt. Wenn man sich aber vom "Ich" befreit, ist man frei von Ängsten, frei vom Urteilen über alles, frei von Interpretationen des Erlebten. Wollte mich immer einmal genauer damit beschäftigen, da es schon ein sehr interessantes Thema ist und ich selbst oft und intensiv von Gedankenschleifen geplagt bin.
Danke, schön, dass ich hier so etwas finde.
Ich würde dem nur noch hinzufügen wollen, dass dies ein Fragment aus der Lehre des sehr umfassenden Buddhismus ist und dass das Festhalten am Vergangenen als Gegenpol die Sorge um die Zukunft beinhaltet. So schwingen wir in Nostalgie und Melancholie und in Angst und Furcht um das, was noch nicht ist (die Zukunft).
Als Ursache sieht der Buddhismus die drei "Geistesgifte", die oft bezeichnet werden als "Gier, Hass und Unverstand" - Gier ist auch übersetzt als "Durst" (aus dem Pali oder Sanskrit, da bin ich jetzt nicht sicher). Hass sind alle negativen Anwandlungen, die auf Kampf, Konkurrenz, Neid etc. aufgebaut sind und Unverstand (Verblendung/Ignoranz) ist das Vehikel, auf denen Gier und Hass fahren.
Das Ganze ist eingebettet in die "vier edlen Wahrheiten" der buddhistischen Lehre. Sie ist eine faszinierende und psychologisch wie philosophisch sehr schlüssige Lehre.
Viel Spaß dir noch weiterhin mit diesem Thema, das eine Quelle von unerschöpflichem Reichtum, Metaphern, Rätseln und Freude ist.
Danke für deine Ergänzungen. Wünsche dir ein Frohes Fest.
Da hatte ich einiges zu resteemen tolle Artikel mit guter Länge,
Würde hier ergänzen: das Leben selbst ist die Veränderung
nicht nur nach den Sätzen der Thermodynamik sondern auch auf Ebene der Informationen.
Zu den Bedingungen: diese so wissen wir aus der Chaosforschung der Mathematik, sind von einander abhängig.
Heist für mich als Biologe ganz pragmatisch: die Transmitterlevel (u.A. beeinflussbar durch alles bewusste) JETZT beeinflussen das Leben in zehn Jahren.
Und dank Korrelationsstudien in der Epidemiologie wissen wir das Stress toxisch ist. In vielerlei Hinsicht bis hin zum Funktionsverlust der Nebenniere oder hin zu Depressionen. Was in beiden Fällen das Ende eines würdigen Lebens bedeuten kann. Es gibt keine Zukunft und keine Zeit (das ist sogar wissenschaftlich korrekt), nur allein die Veränderung und auf diese hat man Einfluss da man teil des sich verändernden Systems ist. Sieht man ja beim Trading, es sind nur digital repräsentierte Informationen die akkumulieren (menschlich ausgedrückt: "Geld auf dem Konto") Obs was bringt irgendetwas zu akkumulieren (Geld, Glück, Kalkablagerungen in den Aterien...ist Ansichtssache) viele echte Buddhisten Abbrahamiten (Christen, Juden, Muslime) sind da gegen...sollten es laut Buch.
So kompliziert würde ich es gar nicht machen. Mein Fazit daraus: Alles ist Veränderung. Akzeptanz von allem was ist und sein kann, ist das Wichtigste. Festhalten an Vergangenem löst meist Leid aus.
Wenn man sich außerdem noch bewusst ist, dass da wo man jetzt steht, das Ergebnis der Summe seiner eigenen Entscheidungen ist, resultiert diese Erkenntnis dann in einem Bewusstsein darüber, die eigene Macht über sein Leben zu besitzen.
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