Artikelreihe Biologie und Biohacking - zwischen Fakt und Fiktion [GERMAN Teil 3 - Unsterblichkeit ]

in #deutsch7 years ago (edited)

Sterben gehört zum Leben dazu, es gibt zwar biologisch-unsterbliche Lebewesen aber auch ihre Zeit kommt, spätestens dann, wenn die nächste Katastrophe uns ereilt. Es gibt Menschen die nach der Unsterblichkeit trachten, das gab es schon immer. Ob der Stein der Weisen (Abbildung unten Von Joseph Wright of Derby 1771) oder Jungbrunnen, doch dies ist nicht Intention dieser Reihe.

Wer 120 wird, der ist mit 100 (20 Jahre zuvor), noch mobil, mit 90 noch am hustlen und voll im Game, mit 80 alles andere als alt und mit 60 wie ein 20 jähriger. Es geht m.M.n. also nicht darum einen Rekord zu brechen, sondern mit mitte 30, spätestens 50 noch kein Wrack zu sein. So cool, "live fast, die young" und YOLO auch klingen mag, es ist leider nicht so, dass man sauber 20 Jahre des Lebens entfernt und den Rest im Exzess erlebt. Es ist ein gradueller Prozess und die letzten 5-10 Jahre als Pflegefall, wie viele sogar fixiert ans Bett, können die Hölle auf Erden sein.

Wieso altert man eigentlich?

  • Das erste Problem warum wir sterben müssen:
    ist zum einen der oxidative Schaden an der DNA
    Vitamin-C als Antioxidans kann DNA-Schadens-Marker im Urin senken (somit den Schaden verringern)
    Rauchen und anderer Oxidativer-Stress kann ihn beschleunigen.
    Ein gewisses Maß an Oxidativem Stress ist jedoch wichtig um Regeneration überhaupt einzuleiten. Der Trainingseffekt wird z.B. durch ROS (reaktive Oxigen Species) vermittelt.

  • Das zweite Problem:
    Die Telomere werden immer kürzer
    Die Telomere sind quasi wie die diese Plastik-Enden an Schnürsenkeln. Jedes mal wenn eine Zelle sich teilt, geht beim Überschreiben der DNA davon ein Stück verloren.
    Ab ner gewissen Kürze kann nicht mehr richtig überschrieben werden, es kommt zu Fehlern und die Teilung funktioniert nicht mehr --> keine Teilung = keine Regeneration!

Die Telomerase ist ein Enzym, welches diese Telomere reparieren kann! Aber die Aktivität nimmt mit der Zeit ebenfalls ab. Wir müssen schließlich nur Kinder zeugen, großziehen und dann vielleicht noch unsere Enkel aber bis dahin werden wir vermutlich abgeschoben in ein Altenghetto.

*Hummer haben sehr viel Telomerase und werden auch dem entsprechend alt.

  • Und nun der letzte Punkt warum wir auf Gedei und Verderb zum Tode verurteilt sind

>>Elastin<<
Das Struktur-Protein Kollagen kennen wir ja alle (Stichwort Kollagen-Peptide), Spätestens durch die ätzende Frauen-Creme-Werbung

Kollagen wird nach-gebildet no problemo
Elastin NICHT. Bis zur Jugend, dann wars das. Ab da an MUSS man mit dem Elastin auskommen, welches man hat.

Das Cutis-Laxa Syndrom (Bilder erspare ich euch), zeigt wie ein Defizit ein Neugeborenes wie einen Hundertjährigen aussehen lässt.

Man ist dran, dies mit Resveratrol zu bekämpfen (leider nur theoretisch und wenn nur mit Nanotechnologie möglich)
Resveratrol kennen wir aus dem Rotwein, wie der, der in der Blue-Zone gesoffen wird.

Elastin ist auch in den Gefäßen und der Lunge und gibt diesen ihre Elastizität...wenn Gefäße nicht mehr elastisch sind...sollte klar sein was passiert.

Die Selbstheilung ist nichts als Chemie

Was uns an maximaler Lebensspanne geschenkt wird, können wir schlicht und einfach nicht beeinflussen, das ist genetisch aber wie viel des genetischen Potentials man ausschöpft, das liegt zum Teil in unserer Hand. Mir ist die Aversion vieler "Alternativer" gegenüber Pharmaka bekannt, jedoch muss ich hier enttäuschen: die sooft angepriesene Selbstheilung ist keine mysthische Kraft, sondern lediglich die Ausschüttung endogener, chemischer Verbindungen.
Es macht keinen Unterschied ob man solch bio-Peptide von außen zuführt oder aus eigener Produktion bezieht.

Tragischerweise ist die Produktion von Neuropeptiden an die Umwelt gekoppelt, circadiane Rythmik / der Hell-Dunkel-Zyklus durch unser zentral Gestirn, bestimmt natürlicherweise den Schlaf-Wach-Rythmus. Ob unsere Retina den Blaulicht-Anteil aus der Sonne oder von unserem Smartphone oder der Deckenlampe weiterleitet und unserem Hirn damit verklickert "Hey es ist Tag", das spielt keine Rolle. Wer denkt, dass der Switch in den Schlaf und Produktionsmodus dieser biogenen Peptide mit dem Lichtschalter an unser Wand synchronisiert ist, den muss ich auch enttäuschen.

Das Melatonin (unser Schlafhormon) macht uns Müde. Die Ausschüttung des Melatonins wird solange unterdrückt wie irgendwo Licht mit Blaulicht-Anteil an ist. Das Cortisol (ein ach so "pöses" Stress-Hormon) sorgt dafür dass wir nicht zu Dornröschen mutieren, ohne diesen Peak, gäbe es kein Morgen mehr. Es hat schon einen Grund warum wir an das Ausschleichen des Blau-Anteils adaptiert sind ;) Nachtschicht ole´


Es gibt etliche Peptide mit regenerativer Wirkung, damals wurden diese noch aus den Hirnen Toter gewonnen, bzw. später aus Rinderhirnen, aber heute gibt es alles synthetisch. Leider sind Peptide oft sehr instabil und zerfallen schnell. In der Westlichen-Medizin findet man diese kaum. In der Russischen Militärforschung, sind diese hingegen sehr beliebt, im Sportbereich bei hartnäckigen Verletzungen gehören Peptide und Peptidmimetika wie TB-500 zum Alltag. Dass der Kram aus der Werbung nichts als Geldmache und Hokuspokus ist, sollte klar sein.

Fazit:

Es ist die natürliche und körpereigene Apotheke welche dem Altern entgegen wirkt. Diese Apotheke wird bei einer modernen Lebensweise depletiert, dabei wäre es so einfach diese aufzufüllen. Aber selbst dann wenn man, was für die meisten von uns gilt, bis ans Ende auf die Schönheit und Wirkung des Abendrotes verzichten wird, gibt es die meisten Peptide mittlerweile auch schon aus dem Labor. Einige zeigen effektiv Lebensverlängernde und Tumorsupressive-Wirkung, haben es jedoch nie aus der Forschung auf die Märkte geschafft. Wie man die eigenen Telomere wieder verlängern kann, erfahren wir beim nächsten mal.

Sort:  

sehr guter interessanter Artikel! ich werde auf jeden fall folgen und mir die anderen noch reinziehen ;) resteemed!

Kann ausgeschlossen werden, dass die synthetischen Stoffe und die vom eigenen Körper produzierten Stoffe nicht absolut identisch sind? Ich spiele darauf an, dass wir Menschen, auch wenn wir einige Stoffe bereits synthetisch herstellen, bei der Imitation eventuell etwas übersehen und es nur für identisch halten.

Sytemisch kann es nicht ausgeschlossen werden, außer man kennt alle Funktionen des Stoffes.
Man kann unwillentlich den synthetischen Stoff um wichtige Funktionen "kastrieren". Das nimmt man aber in Kauf, da man meist nur bestimmte Pfadwege bedienen will. Denn je selektiver, desto weniger Offside Effekte kann man auch haben. Aber diese selektivität ist nur ein Ideal, man kann schon froh sein wenn der Stoff nicht direkt beobachtbar zu Tumorwachstum (bei bestehenden!) führt. Man nimmt meist nur eine bestimmte Schlüsselstelle des original Moleküls, da JEDER Effekt über einen Rezeptor (das Schloss) vermittelt wird. Jedoch kann ein Stoff dann auch noch bei einer bestimmten Dosis plötzlich anfangen noch auf ganz andere Rezeptoren zu gehen weil diese plötzlich "willig" werden.

Bleibt man bei physiologischen Dosen und hat nur eine bestimmte Sequenz von der man weis was sie macht, dann ists safe (für die Peptide zumindest)...wäre da nicht das Problem der Bioverfügbarkeit, der Stoff muss dann ja auch noch ohne in irgendwas umgewandelt zu werden dort hin wo er hin soll. Bei Aphetaminen oder Stoffe die zwar eine Bindungsstelle mit einem körpereigenen Stoff gemein haben, im Prinzip wie ein Diedrich ins Schloss passen, aber ansonsten dem Körper gar nicht fremder sein könnten (mit Halogenen substituiert und so) kann man tatsächlich Stoffe kreieren die erstmal ihren gewollten Effekt haben, dann aber bis hin zum Tod alles an offside Effekten haben können. Also absolut richtig Synthese bedeutet für Designer-Stoffe nicht Kontrolle oder Sicherheit. Leider nehmen Menschen oft Designer Steroide oder designer Drogen, der seltene Tumor drei Jahre später ist dann nicht Problem der Undergroundlabs.

Kurz nicht hingeschaut und schon bist du bei Teil 3.
Spannend, dass das hohe Alter mehr von der Umwelt abhängt als von der eigenen Natur - abgesehen von Erbkrankheiten.
Ich hatte mich damit auch vor einiger Zeit beschäftigt und was mir noch in Erinnerung ist war, dass das wichtigste sauberes Trinkwasser, die Abwesenheit von Umweltgiften, regelmäßiges Fasten und die soziale Einbindung / Lebensfreude ist. Da gab es diese eine Studie mit Ratten, die regelmäßig hungern mussten, die dann aber auch wesentlich älter wurden als die anderen. Die Ursachen weiß ich nicht mehr genau, hatte aber (glaube ich) etwas mit den verlangsamten Stoffwechsel zu tun, weswegen die Zellteilung und damit der Abbau der Telomere verringert wurde. Bei diesen Regionen mit den vielen über Hunderjährigen war dann auch ein Faktor, dass dort auch viele Traditionen zum Fasten erhalten blieben. Die griechisch-orthodoxe Kirche hat z.B. über 150 Fastentage und die streng gläubigen Katholiken in Italien oder der Sekte werden sich bestimmt auch noch eher an die biblischen Fastenzeiten halten. Wie das in Japan und Costa Rica aussieht, weiß ich nun nicht. Aber wenn das so ist, spielt die Höhe des Wohnorts vielleicht auch mit rein, weil weniger Sauerstoff auch zu einen geringeren Stoffwechsel führt (falls das so ist).

Und zur Unsterblichkeit frage ich mich, ob es mit Blick auf die Evolution sinnvoll ist, ewig zu leben. Würde das aber nicht schon bedeuten, dass die Evolution bereits stark verlangsamt ist, wenn sehr alt werden und auch erst später Kinder bekommen? Das würde ja gleichzeitig bedeuten, dass sich die Menschheit nicht mehr weiterentwickeln kann und die Anpassung an die sich immer verändernde Umwelt nicht mehr biologisch sondern nur noch technologisch stattfinden muss. Biohacking wird also immer wichtiger.

Ja genauso ist es, daher forscht man auch an Kcal-Restrictions-mimetika (Stoffe die einen Fastenzustand imitieren). Vielleicht wissen unsere Religions-Experten mehr aber ich meine die christlichen Fastenzeit ist sogar strenger und härter als der Fastenmonat der Muslime, so erklärte es mir zumindest ein pakistanischer Kollege.

Evolution ist ja an sich nur ein Phänomen und muss nicht auftreten. Dort wo die Bedingungen konstant sind (am Tiefseegrund) gibt es Lebewesen (meist Bakterien) die nicht der Evolution unterliegen. Fossilien von vor xxx Millionen Jahren unterscheiden sich nicht von den heutigen Organismen. Hier oben ist natürlich alles ständig im Wandel. Die Rate der Veränderung ist Produkt vieler dinge, Mobilität der Individuen, Vermischung, Rekombination, selbst wenn wir 200 würden, könnten die Veränderungen somit sehr groß ausfallen, bliebe alles andere gleich, dann ja, würde es die Evolution entschleunigen.

Genau Evolution beschränkt sich nicht nur auf das Leben, sondern jeden Bereich, es ist ein Universelles Phänomen, nur gäbe es auch eine Beziehung Technologie - Leben. Salopp gesagt: "Facebook führt zu einer erhöhten Prävalenz von Suiziden durch Depression --> somit wirkt die Technologie selektiv und selektiert jene, die nicht am Neid durch das Leben der scheinbar Schönen und Reichen und beliebten Mitmenschen zerbrechen" Technologie zählt zum Exposom bzw. ist Umwelt.

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Cooler post, fasst die Limits des Strebens nach ewigen Lebens schön zusammen!

Wenn noch ein paar Quellenangaben reineditierst, ist der post für uns von de-stem absolut votebar ;-)

Hi lauch3d,

echt krass, wieviele Artikel du hier auf Steemit verfasst :-).

Möchtest du ein Hörbuch zum Thema Biohacking anhören?
https://dennis-streichert.de/biohacking-hoerbuch/

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Alles Gute wünsche ich dir,
Dennis

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