Die traurigen Folgen der Präferenz von "schnell und billig" über Qualität am Beispiel von DHL.steemCreated with Sketch.

in #deutsch7 years ago (edited)

Wirtschaft und Politik handeln kurzsichtig und grob fahrlässig!


In den letzten Jahren erlebte bzw. erfuhr ich so Einiges, was - im Gegensatz zum von Politik und Medien verbreiteten Loblied ("Exportweltmeister" etc.) - nicht gerade auf einen glänzenden Zustand der deutschen Wirtschaft (und Politik, welche die Rahmenbedingungen setzt) spricht. Sicher ist es richtig, dass viele große Unternehmen immer noch sehr profitabel sind, allerdings sehen hierbei die Angestellten, anders als Vorstände und Aktionäre, meist nicht viel von diesen Gewinnen - stattdessen nehmen Druck und Stress am Arbeitsplatz immer mehr zu, und ehemals feste Stellen werden durch jederzeit kündbare Zeitarbeiter ersetzt.

Soweit so schlecht, aber es leiden nicht nur Menschen an ihren Arbeitsplätzen (was ja schlimm genug ist), sondern die Qualität von Produkten sowie Dienstleistungen geht infolge von Demotivation und Überforderung des Personals in erschreckendem Maße zurück. Auf die Dauer werden meiner Meinung nach die aus Sicht der für den derzeitigen Zustand verantwortlichen BWLer (z. B. in Form von Beratungsunternehmen) eingesparten Kosten Deutschland noch teuer zu stehen kommen: mit fehlerhaften Produkten, frustriertem Personal, verpassten Zukunftschancen (wofür die Politik eine großen Teil der Verantwortung trägt) und kaputter Infrastruktur lässt es sich in Zukunft schlecht konkurrieren.

Ich werde in diesem Artikel nicht versuchen, obige Behauptung statistisch zu belegen (entsprechende Studien sind bei Bedarf im Internet zu finden, aber sollen diesmal nicht im Fokus stehen), sondern anhand von Beispielen meine subjektiven Eindrücke schildern, die mich in meiner Auffassung bestärken.

Beispiele für schädliche Sparmaßnahmen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.


Zunächst möchte ich kurz auf einige, mir als Indikator dienende Beobachtungen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen eingehen, um danach etwas detaillierter meine Erfahrungen mit DHL zu beschreiben, die letztlich das Fass zum Überlaufen brachten und mich dazu bewogen, diesen Artikel zu verfassen.

Dass nahezu überall mit oft katastrophalen Folgen gespart wird, zeigt sich (meiner subjektiven Meinung nach) unter anderem daran, dass ...

  • ... man sich an der Uni, wo ich studierte und derzeit auch (noch) arbeite, doch tatsächlich dazu entschloss, den botanischen Garten zu schließen! Was im ersten Moment Kosten spart, wird so richtig teuer, falls man jemals daran denken sollte, den nun völlig ausgeplünderten Garten (teure exotische Pflanzen mussten einfach versteigert bzw. verschenkt werden) wieder aufzubauen. Zunächst wurde dort nur aus Kostengründen die Forschung eingestellt - und ein paar Jahre später dann der Garten mit der Begründung geschlossen, dass dort ja nicht geforscht werde ... Ähnlich ergeht es ganzen Fakultäten und Einrichtungen wie z. B. dem Studienkolleg.
    Meiner Erfahrung nach überträgt sich diese unheilvolle 'Schnell-Und-Billig-Mentalität' darüber hinaus auf Studien- und Klausurinhalte. Wirkliches Verstehen von Zusammenhängen und selbstständiges Denken (wofür es einer gewissen ZEIT bedarf) stehen immer weniger im Vordergrund und werden durch ein oft oberflächliches, zusammenhangloses Lernen irgendwelcher mehr oder weniger wichtiger Fakten ersetzt, die dann von den Studenten während der Klausuren möglichst schnell (Arbeiten unter Zeitdruck spielt in der heutigen Gesellschaft leider eine immer wichtigere Rolle) wiedergegeben und sodann rasch wieder vergessen werden.
    Ich frage mich, wofür überhaupt noch Geld da sein soll, wenn nicht für Schulen, Universitäten, Bildung?

  • ... in Deutschland (und Europa im Allgemeinen) ständig technologische Entwicklungen verschlafen werden, weil man einerseits Innovationskosten scheut und andererseits Chancen nicht erkennt! Wurden neben wichtigen Feldern in der IT-Branche (z. B. Chipherstellung, Laptops/Computer, Hardware, Software - speziell eigene Betriebssysteme, ...) dann auch entscheidende Entwicklungen im Handy-Bereich (Smartphones!) von deutschen Herstellern wie z. B. Siemens nicht wahrgenommen, und hieß es dann bald, dass wir ja wenigstens noch die Autoindustrie hätten, ist eben diese gerade dabei, den Anschluss an neue Entwicklungen (Elektroautos, eigene Akkuproduktion, Brennstoffzellenantriebe, ...) zu verpassen und sich stattdessen durch kurzsichtige Betrügereien über Wasser zu halten (wer jetzt mit dem Argument, ein paar Arbeitsplätze zu sichern, den Diesel rettet, riskiert dafür die Arbeitsplätze der Zukunft). Deutschland wird auf die Dauer kaum dadurch erfolgreich sein, die besten Waschmaschinen und Backöfen der Welt zu produzieren - nein, man sollte sich unbdingt und mit Hochdruck endlich den Zukunftstechnologien zuwenden. Auch wenn es um für uns alle interessante Innovationen wie Kryptowährunegn geht, habe ich den Eindruck, dass in Europa zunächst stets die Frage im Vordergrund steht "Wie kann man die regulieren/besteuern?" und nicht "Welche Chancen und Möglichkeiten eröffnen sich dadurch?"

  • ... sich Firmen durch mangelhafte Qualität und Service letztlich oft selbst ins Knie schießen. Als jüngstes Beispiel fällt mir die Pleite von Air Berlin ein, aber auch die Bahn steht dem kaum nach. Um Kosten zu reduzieren, wird z. B. am Personal gespart, Wartungsintervalle werden verlängert. Dadurch nimmt die Zuverlässigkeit rapide ab, und es kommt zu Verspätungen, Zügen, die mit weniger Waggons als vorgesehen losfahren, oder gar kompletten Streckenausfällen. Als ich kürzlich mit dem Zug von der Schweiz aus zurück fahren wollte, ging wegen kompletter Streckensperrung auf deutscher Seite gar nichts mehr (in Japan enschuldigen sich die Verantwortlichen bereits, wenn ein Shinkansen ausnahmsweise mal eine Minute zu spät kommt ... und ist es eigentlich purer Zufall, dass ein Mann wie Mehdorn erst bei der Bahn und dann bei Air Berlin einen Scherbenhaufen hinterließ? Nun, ihn persönlich, als eine der reichsten Personen Deutschlands, wird das vermutlich nicht weiter kümmern).

Da dieser Artikel keine wissenschaftliche Arbeit, sondern, wie erwähnt, eher die Schilderung meines derzeitigen subjektiven Eindrucks sein soll, belasse ich es bei diesen Beispielen und jedem selbst, sich sein eigenes Urteil zu bilden.


Quelle: pixabay.


DHL, ein einziges Trauerspiel!


Lasst mich nun mit meinen Erlebnissen mit DHL fortfahren, die dem ganzen die Krone aufsetzen:

Waren vor längerer Zeit übwerwiegend noch festangestellte Fahrer im Einsatz, die aufgrund ihrer Erfahrung ihre jeweiligen Einzugsgebiete sehr gut kannten, verrichten heute in zunehmendem Maße von Subunternehmern eingestellte, ständig wechselnde Zeitarbeiter deren Dienst.
Für geringste Entlohnung sollen sie eine in keiner Relation zum zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen befindliche Masse an Paketen in Gebieten zustellen, in denen sie sich nicht auskennen. Das kann nur schiefgehen! Ständig werden an uns addressierte Pakete wieder zurückgeschickt (oder werden gar bei irgendeiner in relativer Nähe wohnenden Person abgegeben, die wir nicht einmal kennen!), weil der DHL-Zusteller unser Haus nicht finden konnte/wollte, obwohl sie mit einer völlig korrekten Adresse beklebt sind. Im Sendebericht stehen dann glatte Lügen, wie z. B., dass der Empfänger nicht anzutreffen oder die Adresse unbekannt gewesen sei. Erst gestern war es wieder so weit: erneut konnte ein Paket nicht zugestellt werden. Die diesbezügliche "Benachrichtigungskarte" wurde nicht etwa in unseren Briefkasten geworfen (wir waren ohnehin den ganzen Tag zu Hause, so dass das Paket auch hätte zugestellt werden können, so uns der arme, überforderte Mann denn gefunden hätte), sondern zufällig von einer Nachbarin in deren Garten gedunden!

Auch ein Kundendienst ist so gut wie nicht vorhanden: E-Mails werden per Textbaustein beantwortet, ohne auf Beschwerden bzw. Fragen überhaupt einzugehen (obwohl ich inzwischen, aufgrund meiner vielen leidvollen Erfahrungen, sehr findig und hartnäckig im Insistieren geworden bin).
Als wir kürzlich ein Paket bei einer Postfiliale abholen wollten, gab uns die gute Frau gleich noch eins einer anderen Person mit ähnlich klingender Adresse mit - also auch dort wird offensichtlich nicht gerade akribisch gearbeitet ...

Meinem Bericht ist der Frust sicherlich anzumerken: eine seiner Funktionen war es zweifellos, etwas Luft abzulassen. Allerdings war das nicht der alleinige Grund. Ich fürchte und gehe davon aus, dass DHL nur ein abschreckendes Beispiel unter immer zahlreicher werdenden ist, wo das Managenment einfach nicht verstehen will, dass auf lange Sicht immer einschneidendere Verschlechterungen der Service- und Produktqualität deutlich schwerer wiegen werden, als eine (scheinbar) kurzfristig erzielte Kostenreduktion.
Ich habe fertig! :)

Sort:  

Lieber @jaki01. Du hast, wieder einmal, den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich kann das Geschriebene nur absolut unterschreiben. Es muss sich etwas ändern; die Frage ist nur wie?

Die Vorschläge von @freiheit50 sind schon mal ein guter Schritt in die richtige Richtung. In einer idealen Gesellschaft wären "die da oben" (aka Politiker, Konzernmanager, etc...) federführend und würden sich für die Umsetzung, Entwicklung und Förderung neuer Technologien und Strategien zur Bewältigung der aktuellen Probleme stark machen. Leider tun sie das jedoch nicht (zumindest nicht in Deutschland).

Was bleibt uns also übrig? Mir fällt nur bewusstes Konsumieren nachhaltiger Produkte und das Auseinandersetzen mit neuen Technologien ein. Beides braucht aber leider (mitunter sehr viel) Zeit und Ersteres auch noch mehr Geld. Da Zeit und Geld aber nun mal leider sehr knappe Ressourcen sind, schließt sich der Kreis wieder... Bevor ich jetzt allzu pessimistisch werde, möchte ich doch lieber diesen Kommentar mit einem Appell an Alle schließen: Beschäftigt euch (nach euren Möglichkeiten) mit dem was ihr so konsumiert und hinterfragt ab und zu mal wie die Dinge so funktionieren und wer wovon profitiert. Nur so kann sich langfristig etwas ändern.

I agree with you @Hagbardceline and nice post @jaki01 although i had to use google translate before i could understand a thing

mein lieber @jaki01 du beschreibst es genau richtig. du kannst die DHL durch drei andere Buchstaben ersetzen und bis herzlich willkommen in unserem Konzern....

joa, dass kann man wohl gut auf die komplette KEP Branche anwenden.... auch hat @jaki01 den Nagel voll auf den Kopf getroffen. Die heutige Gesellschaft ist leider nur noch auf schnell schnell schnell, billig billig billig ausgerichtet... kann man ja sehr gut am Beipiel AMAZON erkennen ... heute bis 2100 kaufen und morgen schon zugestellt... naja, wie da ein Dienstleister noch etwas dabei verdienen kann ist eher fraglich..

Lieber Marti mein guter Tischgruppennachbar....was der Dienstleister verdient?? geh zwei Türen weiter und stell die Frage mal...

... kannst du mal laut sagen

Du hast hier viele richtige Beobachtungen niedergeschrieben. Die entscheidende Frage ist, was die zu Recht beklagenswerten Missstände letztlich verursacht. Meine Antwort dürfte bekannt sein: Es ist die unheilvolle Wirkung des Schuldgeldsystems, die einhergeht mit einer rücksichtslosen Selbstbedienungsmentalität vieler Top-Manager, Politiker und Funktionäre in diversen gesellschaftlichen Organisationen (auch und gerade die Kirchen!).
@saamychristen hat kürzlich über die Schere (zwischen arm und reich) geschrieben: https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-041-die-schere
Diese dürfte sich in einem gesunden System nicht zu Lasten der unteren Schichten immer weiter öffnen.

Welche Gegenmittel kann ich empfehlen?

Erstens aktiv gegen Machtkonzentrationen eintreten.
Zweitens andere über das Schuldgeldsystem informieren.
Drittens im Rahmen der eigenen direkten Einflussmöglichkeiten agieren:

  • Einzelhandel nutzen
  • Werthaltige Produkte kaufen
  • Konsumterror nicht mitmachen
  • Mutige freie Meinungsäußerung
  • Entschleunigen (d.h. Druck abfedern und nicht 1:1 weitergeben)
  • Schlecht bezahlten Dienstleistern mal ein Trinkgeld geben

Die Liste ließe sich fortsetzen.
Es liegt an jedem einzelnen von uns, das Blatt zu wenden.
Widerstehen wir gemeinsam der Wachstumsideologie!

Kann dir da nur zustimmen, wirklich traurig was da so abgeht.
Ein Grund warum wir aus DE weggezogen sind und uns andere Länder anschauen.

@jaki01 got you a $1.7 @minnowbooster upgoat, nice!
@jaki01 got you a $1.7 @minnowbooster upgoat, nice! (Image: pixabay.com)


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