RE: Zur Toleranz und einer wehrhaften Demokratie.
Klar doch: "Ich habe ihm nicht den Bierkrug übergezogen. Ich habe ihn nur über seinen Kopf gehalten und dann ist der Henkel abgebrochen..."
Ist Dir das nicht zu plump? Die Stiftung verbietet ja nichts. Das hat auch keiner behauptet. Die meldet den zu löschenden Beitrag lediglich an Facebook (als Beispiel). Facebook prüft das nicht weiter und löscht den Beitrag, da es sonst mit bis zu 50 Millionen Strafe rechnen muß. Ein Nachteil entsteht Facebook dadurch nicht, denn es ist eine private Firma und kann löschen was es will, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Und selbst wenn, wäre das immer noch billiger.
Gesetzestechnisch ist das zwar keine Zensur. Zensur wurde bedeuten der Staat verfügt die Löschung per Gesetz. Aber er spielt hier über Bande und macht ein Gesetz, das die Firmen verpflichtet zu bezahlen, wenn sie gemeldete Beiträge nicht innerhalb einer gewissen Zeit löschen und gleichzeitig fördert er eine klar politisch nicht neutrale Stiftung und bezahlt das Personal, die dann die Beiträge an die Firmen meldet. Die Firma hat nun angesichts der Kosten keine Wahl, als jeden gemeldeten Beitrag erst mal sicherheitshalber zu löschen.
Es bleibt aber Hütchenspielertrick, und wäre das Gesetz nicht von Maas, sondern von Gauland, und säße in dieser zwielichtigen Stiftung nicht Stasi-Kahane, sondern Martin Sellner, dann würde jeder zu Recht sagen, daß das Zensur durch die Hintertür ist. Praktisch handelt es sich jedoch sehr wohl um Zensur, und zwar um eine ziemlich perfide, weil man ja immer behaupten kann, man selbst zensiere nicht. Das scheint deutsche Tradition zu sein. Am Schluß will es dann wieder keiner gewesen sein.
Das Gesetz ist in dieser Form scheiße, aber trotzdem macht die Stiftung keine Zensur. Und auch das Gesetz ist kein Zensurgesetz, denn es verbietet nichts.
Auch jeder andere nicht, der etwas meldet.
Im übrigen dürfte es schwer sein eine Stiftung, die im öffentlichen Raum aktiv ist, zu finden, die politisch neutral ist.
Das muss nicht mal so ein Extrembeispiel wie die Bertelsmann-Stiftung sein, die Hartz-4 erfunden, propagiert und durchgesetzt hat - genauso über Bande wie deine "Zensur".
Übrigens: Das älteste existierende (und vielleicht erfolgreichste) Zensurgesetz ist das Copyright.
Nochmal: Die Stiftung selber macht keine Zensur aber die Kombination des ganzen Pakets ergibt im Resultat doch Zensur, und das ist genau damit beabsichtigt. Wie gesagt: Dreht man es um und ersetzt ein paar Akteure von SPD und Linke durch solche von AfD und NPD, dann wird offensichtlich, was da abläuft. Man kann es also drehen und wenden wie man will. Es bleibt Zensur, auch wenn man das Kind nicht beim Namen nennt.
Oder man dreht es ganz um, aber dann muß man eine solche Handlung ja dem kategorischen Imperativ entsprechend allgemein als Grundsatz anwenden können. Folglich gab es auch unter den Nationalsozialisten keine Zensur. Wenn die SA z.B. die Redaktion des Vorwärts (SPD) schließt und die Herausgabe der Zeitung dadurch verhindert, dann darf man das auch nicht Zensur nennen. Es wurde ja nicht direkt zensiert, denn die SA konnte qua Gesetz niemandem etwas verbieten. Das hat sie auch nicht gemacht. Sie hat z.B. nur das Gebäude umstellt und sich die Namen all derer aufgeschrieben, die sich weigerten das Gebäude zu verlassen. Das ist dann nach Deiner Logik auch keine Zensur. Oder?
Nur weil deine Vergleiche auf 2 Beinen hinken heißt das nicht, dass sie Aussagefähigkeit haben.
z.B: wird niemand umstellt und es werden auch keine Namen von Facebook weitergegeben an die Stiftung.
Die Zeitung konnte nicht erscheinen und der Beitrag auch nicht. Das ist erst mal in beiden Fällen die direkte Auswirkung. Und nun ist es entweder keine Zensur, weil keine staatliche Instanz im Spiel ist, oder es ist Zensur weil die Wirkung die selbe ist - aber dann ist das in beiden Fällen so, und nicht selektiv, je nach dem, welche Seite einem persönlich sympathischer ist.
Daß Leute aus ihren Wohnungen gezogen werden und in den Knast kommen für etwas, das sie gesagt haben, das steht noch mal auf einem anderen Blatt und hat mit Zensur nichts zu tun. Aber auch das hat in in DE eine lange Tradition.
Welche Zeitung, welcher Beitrag?
Du sparst immer an konkreten Namen und Beispielen, wie soll man so diskutieren können??
Die Zeitung war das Organ der SPD und hieß "Vorwärts!". Es ist aber völlig unwichtig, welche Zeitung genau das war. Es kann auch ein rein fiktives Beispiel sein, darum geht es nicht. Es geht darum, daß Du behauptest, es sei keine Zensur, weil die Antonio-Amadeo-Stiftung kein staatliches Organ sei. Ich habe dem entgegengehalten, daß die SA auch kein staatliches Organ war und dennoch politische Gegner mundtot gemacht hat, und die Frage war: War das dann Zensur oder nicht?
Die Stiftung entscheidet nicht.
Die SA hat politische Gegner nicht bloß mundtot gemacht. Und von Staatsoffiziellen befohlen, also auch hier sehr schlechtes Beispiel.
Kannst du bitte was verlinken wo steht, was mit dem Vorwärts passiert ist? Ich finde durchaus wichtig, was da passiert ist.
Kann ich jetzt gerade nicht, weil ich unterwegs bin. Es ging aber tatsächlich um den Kern der Aussage: Weder besagte Stiftung noch besagter "Saalschutz" sind bzw. waren staatliche Einrichtungen. Beide nehmen bzw. nahmen Einfluß auf die freie Meinungsäußerung politischer Gegner. Wo ziehst Du die Grenze?
Wenn Dir dieser Vergleich nicht gefällt, dann nehmen wir doch eine fiktive AfD-Stiftung, die ja derzeit im Gespräch ist, und setzen die an die Stelle der Antonio-Amadeo-Stiftung. Wäre es dann immer noch keine Zensur, wenn diese Stiftung, in der auch NPD-Leute tätig sind (angenommen), Beiträge melden würde, die dann aufgrund des NetzDG gelöscht würden?
Die Gefahr, die ich darin sehe ist folgende: Die Rahmenbedingungen sind jetzt geschaffen. Wer garantiert, daß nicht gerade die AfD dann einfach die Parameter ändert?