Eben reichts! Jetzt muss ich mal wieder afroggen.

Meine Lieblingsleser wird es vielleicht freuen: ich habe das starke Bedürfnis wieder mal ordentlich vom Leder zu ziehen. Mein Avatar „afrog“ steemt in seiner neunten Woche hauptberuflich vor sich hin. Er hat dabei

• eine Fahne gesammelt,
• Rügen wegen manischem Zuvielposten mit Votepowerverlust bekommen,
• einen Kreislaufkkollaps mit Weihnachten im Klinikum geerntet und
• ziemlich einsam Silvester gefeiert,

während der Rest der Familie sonst wo auf die Kacke gehauen hat. Wie die Blicke meiner Frau in meinen Rücken stechen, darüber will ich gar nicht erst anfangen zu schreiben. Bei meiner Detailverliebtheit könnte alleine das Anatomie–Bände füllen. Wie wohl jeder interessierte Leser mitbekommen hat, sitze ich nicht mehr herrlich isoliert in meinem wunderbaren Keller sondern man hat mich, mitsamt Schreibtisch und Computer, an einen exponierten Platz mitten in die Familie gestellt. Seit vier Wochen steeme ich also unter verdammt strenger Aufsicht und muss mich ständig an niederen Tätigkeiten beteiligen, die kein Tausendstel Steem einbringen.

Völlig neu in unserem ehelichen Verhaltensinventar ist der folgende Dialog. Kinderschwester Elke studiert mein Blutdruckprotokoll:
„Hast du den Blutdruck gemessen? Hier steht nichts.“
„Nee, noch nicht. Bin noch nicht dazu gekommen.“
„Es ist seit Stunden Nachmittag! Habe ich jetzt fünf Kinder? Hast du wenigstens die Pille genommen?“
„Ja natürlich, obwohl, ich kann mich jetzt nicht erinnern… war das Gestern oder heute Früh? Ich glaube, ich brauch jetzt auch so einen Pillenschieber. Ja, das wäre praktisch. Dann kann man das wenigstens nicht vergessen. Kann ich auch zwei Pillen an einem Tag nehmen?“
„Meine Güte! Pillenbehälter für eine einzige Pille pro Tag? Sind wir jetzt soweit? Da, guck hin! Nebenan ist das Altersheim, aber das kannst du dir bekanntlich nicht leisten!“
„Ich glaube ich habe sie genommen.“
Wortloser Abgang. Ich weiß selbst, was man dazu noch sagen könnte und was sie denkt, weiß ich nach über dreißig Jahren Ehe sowieso. Ich tue während dessen angestrengt, als sei der Bildschirm gerade das wichtigste Ding auf der Welt.

Die Einschläge werden gefährlicher. Ich gebe weiterhin Gelassenheit vor. Erfreulich ist dabei, dass man mich einfach weiter steemen lässt, obwohl unsere privaten Assets ebenfalls eine Bauchlandung vollzogen haben, als kürzlich unsere liebe Oma gestorben ist. Ihre Rente fehlt schon arg und wir müssen unseren Gürtel enger schnallen. Was tue ich hier eigentlich? Ich mache die ganze Familie zu Steem–Junkies. Alles neue Spekulanten die hoffen, dass der Coin endlich steigt. Ich sage vorsichtshalber niemandem, dass er vielleicht nie steigen wird. Man überlegt sich jedes Wort in so einer verzwickten Lage.

Jetzt habe ich über tausendzweihundert Steem und es scheint in der Familie eine stille Übereinkunft zu herrschen, dass es keinen Sinn macht, wenn man den Alten jetzt noch vom Computer weg operiert. Jeder weiß, wie gefährlich die Teilung siamnesischer Zwillinge ist, eine Krankenschwester sowieso, und so steeme ich heftiger als je zuvor. Zwei Serien sind am Laufen und mein afrog–Gezeter scheint auch wieder zu klappen. An Material ist also kein Mangel. Was mir aber jetzt wirklich voll auf den Keks geht ist, dass meine englische Schreibe bisher immer daneben gegangen ist. @michaelcharles wäre sicher nicht mehr gerne mein Freund, wenn ich ihm täglich drei Artikel zum Übersetzen rein reichen würde. Diese deutsche Gildenregel engt mein Einkommen stark ein und über 10 Dollar hinaus werde ich offenbar prinzipiell nicht gevotet. Das scheint mein Stoff nicht herzugeben. Ich fühle mich diskriminiert, ernte aber wahrscheinlich nur, was ich in der Schule früher nicht gesäht habe.

So kam ich auf die glorreiche Idee, für Andere zu posten, die das nicht können oder keine Zeit dafür haben. @rautie und @edel haben mir ihr Vertrauen geschenkt. Na Freunde, Leser und Follower, was habe ich wohl gewonnen? Endlose Erläuterungen am Telefon, Kleckerbeträge und so richtig Arbeit an der Backe! Ich verdiene immer noch nur Steem. Nichts, womit man dem Finanzamt seine dämliche Mahnung in den Rachen stopfen kann. Aber eins ist sonnenklar: Bevor ich Gebete spreche dass der liebe Gott den Steem steigen lässt, gebe ich mir lieber die Kugel. Doch ich kenne mich und mein einzigartiges Schicksal. Auch das wird in die Hose gehen, weil mein Steem nicht mal für eine Luftdruckpistole langt. Ich könnte als Penner in die Wüste laufen, mich einer IS–Stellung nähern, mit in die Luft gereckten Händen Victory–Zeichen signalisieren und rufen: „Fuck your bloody, blasted Allah–Asshole you – ich werde schon ein superböses Wort finden!!!“ ja, und ihnen meine Schlappen entgegen werfen. Das mögen sie genau so wenig, wie Allah–Schimpfe. Dann könnte @apolymask ein Video davon drehen, klasse Musik drunter legen, meinen Fall auf Wüstensand in Zeitlupe einbauen, mit geilen 1A–Blutspritzern drin und das Ganze auf den Steem hauen. Natürlich nur, wenn er Halbe–Halbe mit Elke macht. So käme ich wenigstens posthum zu massig Steem und meine Frau wäre traurig, weil ich jetzt ein Familienheld bin. Egal wo der Steem dann gerade steht, könnten meine Kinder mit dem Geld, in meinem ehemaligen Keller, mindestens eine krachende Fete schmeißen. Aber ich wette, bis ich mich dazu entschließe, hat sich der IS aufgelöst und alle muslimischen Staaten friedlich eine angenehm säkulare Verfassung verabschiedet.

Ich bin halt nur afrog, ein armer Avatar auf dem Steem. Eine Fata Morgana im Cyberspace, bestehend aus Bits und Bytes. Ich bin Strom an–Strom aus. Nuller und Einsen, die in einer Matrix aus Millionen mikroskopisch kleiner Transistoren gefangen sind, getrieben von Hoffnung. Leute, Leser und Follower, der durchgeknallte Fleischklops der hier für mich tippt, kommt mir leicht instabil vor. HILFE! Befreit mich aus den Fängen dieses Wahnsinnigen!

Foto: Der Frosch im Titel kommt, wie so oft, von der spendablen Alexa.

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Erzähl' was Neues – I, II, III und IV.
Land der großen, weißen Wolke I, II, III und IV.

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