Der große Fisch (joru048)

in #writing6 years ago

Der große Fisch

Zum ersten Mal sah ich ihn, da war ich ungefähr 10.

Wie fast jeden Tag hatte ich auch diesen im Wald etwas außerhalb unserer kleinen Stadt verbracht. Meine Hausaufgaben für die Schule waren erledigt und genug gelernt für den Test morgen hatte ich auch. Eigentlich war ich ein guter Schüler, nicht der Beste, aber meine Lehrer waren zufrieden mit mir und folglich auch meine Eltern.

Es war heiß gewesen an diesem Tag. Die Leute sprachen vom heißesten Sommer seit Jahrzehnten, aber das hat nichts mit meiner Geschichte zu tun. Tennisschuhe, Jeans und ein weißes T-Shirt, das den Aufdruck „The Big Apple“ mit einem roten Apfel hatte, war meine übliche Freizeitkleidung in diesen Tagen. So schlenderte ich im Schatten der Bäume an dem kleinen Flüsschen entlang.

Hier war ich gerne. Mein Fahrrad kettete ich immer bei den ersten Bäumen an. Vom Stadtlärm war schon nach ein paar hundert Metern nichts mehr zu hören – nur ein dumpfes Rauschen, das aber von den Vögeln und dem Wasser fast übertönt wurde. Nur wenige Menschen kamen unter der Woche hierher. Meistens sah ich niemanden, aber das machte mir nichts aus, denn ich war gerne allein und hörte der Natur zu. Der Fluss, der eigentlich nur ein etwas zu groß geratener Bach war, entsprang in dem kleinen Berg mitten im Wald, der das Zentrum bildete. Er floss von hier aus in die Stadt und war natürlich wunderbar klar. Viele Fische hatte ich schon gefangen und zur Freude meiner Mum nach Hause gebracht. Vor ein paar Tagen hatte mir ein Fischer von einer Riesenforelle erzählt, die irgendwo am Fuß des Berges ihren Standplatz haben sollte. Einmal wollte er sie gesehen haben vor einigen Jahren und sie sollte fast einen Meter lang gewesen sein. Ich lachte, doch der Fisch ging mir nicht aus dem Kopf. Und jetzt war ich auf dem Weg zu ihm. Unter einem Felsen sollte er gewesen sein. Ich wollte schon aufgeben als plötzlich hinter einer Biegung ein großer Felsen auftauchte, so wie der Alte ihn beschrieben hatte. Leise lief ich hin und ging noch einige Meter entfernt in Deckung. Dann robbte ich voran. Falls es diesen Fisch geben sollte, wollte ich ihn nicht schon beim ersten Mal verjagen. Und dann sah ich ihn.

Eine riesige, mindestens anderthalb Meter lange fast schwarze Forelle mit wenigen großen vielfärbigen Punkten stand zirka einen Meter vom Felsen entfernt unter mir reglos im Wasser und genoss die Strömung. Wunderschön. So einen Fisch konnte es nicht geben; ich musste träumen. Da drehte er sich, sah mich an. Doch kein Schlag seiner Schwanzflosse brachte ihn in Sicherheit als er mir in die Augen blickte. Fast laut hörte ich, wie er sich zu denken schien – was könnte mir so ein kleiner Rotschopf schon tun? Das machte mich wütend und ich stand auf. Und im nächsten Moment war er auch schon weg. Wohin? Wahrscheinlich unter den Felsen, auf dem ich nun stand. Heute würde der nicht mehr kommen, das war mir klar, doch ich wartete aber doch noch eine Weile und ging schließlich glücklich nach Hause. Ich hatte ihn gesehen und erzählte es freudig meinem Vater.

Doch der lachte mich nur aus und meinte – Junge, du hast geträumt. In dieser Nacht träumte ich wirklich von dem Fisch und schwamm mit ihm wie diese Jungens mit Flipper. Die folgenden Tage verbrachte ich wartend auf dem Felsen, doch Alfred – so nannte ich ihn, warum weiß ich nicht mehr – ließ sich nie mehr blicken.

Und gestern kam mein kleiner Sohn – meine Familie und ich leben noch im selben Haus in derselben kleinen Stadt, die jedoch inzwischen etwas gewachsen ist – weinend zu mir. Seine Freunde hätten ihn ausgelacht und auch sein Biologie-Lehrer glaube ihm nicht. Was er meine, wollte ich wissen. Daraufhin erzählte er mir mit großen Augen von einer fast zwei Meter großen Forelle, die er gesehen haben wollte.

writing-fisch.png

047 Frisör
046 aufpassen!
045 Ich / sie lachten mich aus
044 schieß
043 Ich seh' ihn sterben
...
001 Der Spatz
Noch ein Tipp, um mich vielleicht besser zu verstehen
Vorstellung meiner Person


Bildquelle: https://pixabay.com/en/fish-aquarium-school-of-fish-1534844/
Fotograf(in): Boby Pogy
Text: joru

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