Das „Wesen des Christentums“ – „rein historische Aufgabe“ und „Idealbegriff“ zugleich? Der protestantische Theologe Ernst Troeltsch über die methodologischen Grundlagen einer Wesensbestimmung des Christentums (1903)

in #troeltsch7 years ago

I. Einleitung

Die vorliegende Forschungsseminararbeit setzt sich mit den methodologischen Reflexionen zur Wesensbestimmung des Christentums in Ernst Troeltschs Schrift Was heißt „Wesen des Christentums“? von 1903[1] auseinander. Ich werde den Argumentationsgang des Verfassers in Grundzügen rekonstruieren und die Bedeutung seiner methodologischen Überlegungen für die Wesensbestimmung des Christentums herausarbeiten. Überdies ist Ernst Troeltschs eigene Konstruktion des Verfahrens christlicher Normorientierung hinsichtlich der Problematik von Subjektivität und Objektivität in der Wesensfrage kritisch zu hinterfragen, aber auch zu würdigen. Die Leitfrage kann wie folgt formuliert werden: Lässt sich der Wesensbegriff als „rein historischer Begriff“ – mit Ernst Troeltsch – in der „schöpferischen Tat“ des Historikers mit einem Wesensbegriff als „Idealbegriff“ unproblematisch und widerspruchsfrei verbinden?


  

II. Ernst Troeltschs Versuch einer Vermittlung in der Wesensfrage

A. Voraussetzungen und Grundpositionen um 1900

Der Streit um das Wesen des Christentums[2], der um den Epochenumbruch 1900 geführt wird, geht auf Adolf von Harnacks Vorlesungen über Das Wesen des Christentums zurück, die dieser im Wintersemester 1899/1900 an der Universität zu Berlin hielt. Sein Konzept einer christlichen Wesensbestimmung auf Grundlage der rein historischen Methode fand nicht nur Zustimmung, sondern ebenso Ablehnung und kritische Rückmeldungen. Darunter der Theologe Alfred Loisy, der mit seinem Werk L’Evangile et l’Eglise (dt. Evangelium und Kirche) von 1902 generell die Möglichkeit verwarf, einen einfachen und einheitlichen Wesensbegriff allein mit einer rein historischen Methode zu gewinnen. 

B. Troeltschs transzendentaler Vermittlungsansatz

Die Frage Was heißt ‚Wesen des Christentums‘? ist der Titel der Wesensschrift von 1903 und bringt zugleich Programm und Anliegen Ernst Troeltschs zum Ausdruck: Troeltschs methodologische Reflexionen zielen auf den Wesensbegriff als solchen. Er verfolgt „nicht die Absicht, in den Streit um die sachliche Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Harnackschen Auffassung des Wesens einzutreten“, sondern will die „methodische Frage aufwerfen: Was heißt überhaupt der Ausdruck ‚Wesen des Christentums?“[3], der die Diskussion um das christliche Wesen allerorts beherrscht. Troeltschs Aufsatz fragt in diesem Sinne nach den methodologischen Grundlagen einer Wesensbestimmung des Christentums überhaupt, die einem konkreten Verfahren christlicher Wesensbestimmung stets vorausgehen. Mit anderen Worten und transzendentalphilosophisch gewendet: Die Frage „Was heißt ‚Wesen des Christentums‘?“ ist die Frage nach der Bedingung der Möglichkeit, das Wesen des Christentums auszusprechen. Aus diesem Grund geht es Troeltsch mit seiner Wesensschrift in erster Linie um eine Begriffsklärung des Wesensbegriffs selbst, der jeder Bestimmung des christlichen Wesens zugrunde liegt: Was sagt der Wesensbegriff aus? Welche Konnotationen enthält er? Welche Bedeutungen sind immer schon mitgenannt? Diese und ähnliche Fragen müssen geklärt werden, bevor das Wesen des Christentums sodann – im Nachhinein – inhaltlich im Begriff „Christentum“ erschlossen wird. Mit diesem transzendentalen Ansatz in der Wesensfrage nimmt Ernst Troeltsch zugleich eine vermittelnde Position zwischen Adolf von Harnack und Alfred Loisy ein. Er versucht, gewissermaßen, beide Theologen miteinander ins Gespräch zu bringen. Dieser Mittelweg Troeltschs, einen Lösungsansatz zu entwickeln, der im Anspruch steht, die Grundfrage „Wie ist christliche Wesensbestimmung rein historisch möglich?“ zu beantworten, ist im nun folgenden Hauptteil dieser Untersuchung nachzuzeichnen. Im Anschluss daran wird die Frage zu stellen sein, ob der Konnex von historischem Abstraktionsbegriff und kreativem Idealbegriff nahtlos herzustellen ist oder, ob einer konkreten Wesensbestimmung erkenntnistheoretische Grundvoraussetzungen voranzustellen bzw. zu explizieren sind.
 

III. Die Reflexionsbewegung des Wesensbegriffs

A. Beginn und Struktur der Reflexionsbewegung 

Ernst Troeltsch erarbeitet sich seine methodologischen Erkenntnisse am Wesensbegriff selbst. Methodisch und strukturell verfährt der Verfasser der Wesensschrift derart, dass er, ausgehend von einem Grundbegriff[4], Probleme und Schwierigkeiten mit oder an diesem Wesensbegriff in seiner Grundbedeutung aufwirft und thematisiert. In dem diese Probleme und Schwierigkeiten auf den zugrundeliegenden Wesensbegriff zurückgeworfen, d. i. reflektiert, werden, kulminiert dieser in einer anderen Reflexionsbestimmung. Der ursprüngliche Begriff wird mit seiner ersten Bedeutung entweder negiert oder reformiert, also begrifflich erweitert[5]. Troeltschs methodologische Selbstapplikation des Wesensbegriffs findet seinen Höhepunkt im Wesensbegriff als Idealbegriff, dem in der ganzen Reflexionsbewegung des Wesensbegriffs die Konnotationen Abstraktionsbegriff, Korrektionsbegriff und Entwicklungsbegriff vorausgegangen sind.

B. Die Grundbestimmung des Wesensbegriffs

Die anfangende Reflexion bei Troeltsch steht im Zeichen einer Klärung der Grundbedeutung des Wesensbegriffs, die der Wesensschrift generell zugrunde gelegt wird. Den Wesensbegriff will der Verfasser von der „modernen kritischen und entwicklungsgeschichtlichen Historie“[6] her verstanden wissen. Er ist für ihn Wortkreation (der Geschichtswissenschaft) des Deutschen Historismus, der von der Klassisch deutschen Philosophie (Deutscher Idealismus) seinen Ausgang nahm. Der Wesensbegriff hat den Status eines historischen Abstraktionsbegriffs oder historischen Allgemeinbegriffs[7], insofern er darauf zielt, das Wesen „aus dem Ueberblick über die Gesamtheit aller mit diesem Gedanken zusammenhängende Erscheinungen“ zu erheben; „seine Auffindung erfordert die Uebung historischer Abstraktion, die Kunst der das Ganze zusammenschauenden Divination, zugleich die Exaktheit und Fülle des methodischen bearbeiten Einzelmaterials“[8]. Die Aufgabe einer Darstellung des Wesens des Christentums besteht darin, aus dem Komplex religiös-christlicher Erscheinungen der faktischen Christentumsgeschichte die diese  bestimmende und treibende religiöse Kraft oder Idee herauszuheben[9]. Die Bestimmung des Wesens ist eine rein historische Aufgabe in methodischer Hinsicht[10], so Troeltsch. Die Konstitution des Wesensbegriffs selbst ergibt sich jedoch aus dem Changieren zwischen rein deskriptiver Geschichtsschreibung und normativer Geschichtsphilosophie, die eine Verschränkung bilden[11]. Es heißt diesbezüglich: „Die Wesensbestimmung wächst aus Methode und Geist der empirisch-induktiven Geschichtsschreibung heraus, aber sie ist doch eine Aufgabe höhere Ordnung; sie liegt an dem Punkte des Uebergangs der empirisch-induktiven Geschichte zur Geschichtsphilosophie“[12]. Hier zeigt sich das Hauptproblem einer rein historischen Wesensbestimmung, dem sich Troeltsch annimmt. In der Wesensbestimmung des Christentums ist der Übergang von empirisch-induktiver Geschichtsschreibung und Geschichtsphilosophie eine stets im Voraus zu leistende Vermittlung, die im Letzen die „Frage nach dem Zueinander von objektiv historischem und subjektiv-wertendem Momenten im Verfahren der Wesensbestimmung“[13] berührt. Diese Einheit zu begründen ist Aufgabe und Anspruch der methodologischen Reflexionen zur Wesensbestimmung bei Ernst Troeltsch, die er durch die schöpferische Tat – wie nachher zu zeigen ist –realisiert sieht.


C. Der Wesensbegiff, ein Abstraktionsbegriff

Wie bereits gesagt, ist die erste Bestimmung des Wesensbegriffs der Wesensbegriff als Abstraktionsbegriff: „Das ‚Wesen‘ eines solchen Komplexes ist der abstrakte Begriff, die der Historie eigentümliche Abstraktion“[14]. Mit dieser Bestimmung greift Ernst Troeltsch Adolf von Harnacks Unterscheidungsmoment von Kern und Schale, dem Bild aus dem organischen Leben, auf und kann mit diesem Gestalt (Erscheinungen) und Gehalt (Wesen) des Christentums differenzieren.[15] 

D. Der Wesensbegriff, ein Korrektionsbegriff

Zum Wesensbegriff als Korrektionsbegriff gelangt Troeltsch, indem er auf neue Probleme und Schwierigkeiten mit dem Abstraktionsbegriff hinweist. Die Wesensbestimmung, die aus der faktischen Christentumsgeschichte ein in dieser wirkendes geistiges Prinzip oder Moment  abstrahiert, ist nur unter der Bedingung möglich, dass „sämtliche Erscheinungen nach einem in der Grundidee liegenden Trieb oder einem in ihm eingeschlossenen Entwicklungsgesetz hervorgehend und auseinanderfolgend“[16] (Gesetzesformel) aufgefasst werden. Der Wesensbegriff als Gesetzesformel ist aufgrund geschichtsphilosophischer Implikationen und Troeltschs eigener „protestantischen Ueberzeugung“[17] zurückzuweisen[18]. Der Verfasser sieht im Katholizismus zum Teil einen Abfall vom christlichen Wesen: Abspaltung und Abschwächung, Vergröberung und Versinnlichung, Veräußerlichung und Verunreinigung[19]. Die Wesensbestimmung muss als Folge zu „einer prinzipiellen Verwerfung der ‚Kirche‘[20] in allen ihren Formen werden und kann die Kirche keineswegs in das Wesen einrechnen“[21]. Der Wesensbegriff als Abstraktionsbegriff geht für Ernst Troeltsch daher in den Wesensbegriff als Korrektionsbegriff über, hat in ihm sein zweites Moment.
   „Es ist nicht bloß Abstraktion aus den Erscheinungen, sondern zugleich Kritik an den Erscheinungen, und diese Kritik ist nicht bloß Messung des noch Unfertigen an dem in ihm treibenden Ideal, sondern Scheidung des dem Wesen Entsprechenden und des Wesenswidrigen.“[22] Die Christentumsgeschichte hat mannigfaltige Erscheinungen des Christlichen hervorgebracht, sodass es notwendig erscheint, „daß innerhalb dieser zwischen solchen Erscheinungen zu unterscheiden ist, die das Wesen aussprechen, und solchen, die es verwischen oder gar verkehren, oder die es lediglich individuell nuancieren“[23]. Im reflexiven Übergang des Abstraktionsbegriffs in den Korrektionsbegriff kann Troeltsch dem Wesensbegriff neben der Abstraktionsfunktion den Status eines kritischen Maßstabs zusprechen: Erhebung des Wesens und Kritik an den Erscheinungen verbinden sich funktional im Wesensbegriff. Die Kritik der Erscheinungen am Ideal des Christlichen setzt „bedeutende wissenschaftliche und seelische Kräfte voraus“, „eine zugleich exakt-historisch gebildete und religiös-ethisch durchgearbeitete Persönlichkeit“[24], so Ernst Troeltsch. Es ist von der „Sache historischer Meisterschaft die Rede“[25], die der Historiker zu erfüllen hat. Neben dem Wesen des Christentums wird auch das radikal Böse in den Erscheinungen freigelegt, das im Unterschied von gut und böse erkennbar wird. Mit diesen Überlegungen hat Troeltsch bereits die subjektiv-persönlichen Voraussetzungen in der Wesensbestimmung genannt, die er aber durch den Hinweis auf des Historikers geistige und emotionale Reife vor einer subjektivistischen Willkür in der Wesensfrage zu schützen beabsichtigt[26]: „Einerseits setzt er auf die Gemeinschaft der sich gegenseitig korrigierenden Forscher, andererseits hält er in bezug auf einen solchen Wesensbegriffs des Christentums einen Konsens unter den ‚Einsichtigen‘ oder ‚Gutwilligen“, d. h. zwischen den historischen Meistern und den ihnen ‚lernbegierig‘ Folgenden, für durchaus möglich.“[27]
 

E. Der Wesensbegriff, ein Entwicklungsbegriff

Eine weitere Problematisierung erfährt der Wesensbegriff im Entwicklungsbegriff. Troeltsch[28] thematisiert das Induktionsmaterial, das für den Wesensbegriff herangezogen wird und als Grundlage der Wesensbestimmung dient. Die traditionelle Theologie sucht die historisch-materiellen Grundlagen des Christentums im Urchristentum, der klassischen Offenbarung. Person Jesu und Evangelium zeigen sich in der Wirkungsgeschichte des Christentums als voneinander akzentuell unterschieden, so der Verfasser der Wesensschrift: die apostolische und paulinische Verkündigung einerseits, das Johannesevangelium andererseits sind zwei Elemente des Wesens, die ihren Ausgang von der Person Jesu Christi selbst nehmen, sich in ihrer Eigendynamik aber unterscheiden. Das Christentum in seinen Anfängen ist selbst mannigfaltig. Deswegen stellt die christliche Urzeit zwar die „Eigentlich-Klassische“ dar – ist Christentum als Keimgestalt –, findet in diesem aber nicht seine einzige Erkenntnisquelle. Es gibt, so Troeltsch, also einen Prozess der Fortentwicklung, der in die Wesensbestimmung zu integrieren ist. Die Geschichtlichkeit des Christentums fasst Troeltsch als Wirkungen des Geistes Christi auf. Im Fortlauf der Zeiten hat das Christentum neue Gestalten und Bildungen hervorgebracht, die ihre Berechtigung haben[29]. Der Verfasser stellt die Frage, wie Wesen, Korrektiv und Fortentwicklung miteinander zu verbinden sind. Das Wesen als komplexes, sich geschichtlich entfaltendes geistiges Prinzip kommt für die Wesensbestimmung nicht in Frage. Die Wesenheit des Christentums kann nicht Idee sein[30]. Von daher lehnt Troeltsch ein dialektisches Gesetz, dass die faktische Christentumsgeschichte erklärt, als Wesensbegriff ab und spricht im stattdessen vom Wesen als „ein alles durchwaltendes, reiche Entwicklungsmöglichkeiten in sich enthaltendes Kontinuum“[31]. Mit diesem Begriff gelingt es Troeltsch für das Christentum ein dynamisches Moment anzunehmen. Das Christentum hat seine Möglichkeiten zur Entfaltung in sich.
   Er umschreibt dieses Kontinuum mit folgenden Worten: Dieses Kontinuum besteht „überhaupt nicht in einem kurz formulierbaren Gedanken, in einer einfachen Haupt-idee, sondern in einer geistigen Kraft, die an sich von Hause aus mehrere Ideen enthält und nirgends unmittelbar zu einfacher Formulierung bereit liegt, sondern selbst schon die Tendenz zu mehrfacher Formulierung in sich trägt.“[32] Dem Wesensbegriff wird alle Eindimensionalität genommen. Das Wesen des Christentums kann – wortwörtlich – nicht auf den Begriff gebracht werden. Es entzieht sich einer unmittel-baren, linearen Definition. Christentum kann „nur eine komplexe, die besondere christliche Gestalt der in aller Religion vereinigten Grundgedanken von Gott, Welt, Mensch und Erlösung bestimmende Idee sein“[33]. Die Bestimmung des Wesens des Christentums kann nicht als Abstraktion oder Kritik, sondern als historische Synthese bezeichnet werden[34]. Das Christliche besteht im Changieren zwischen Vergangenheit und Zukunft, die sich (als Zeiten) im Moment der Gegenwart aufheben. Entwicklung des Christentums muss von der Urzeit her, Urzeit des Christentums von der Entwicklung her gelesen werden. Die Predigt Jesu ist in diesem Kontext das „ontologische Primat“: „So ist die Wesensformel nicht dualistisch, sondern der Dualismus enthält einen eigentümlichen Zirkel in sich, vermöge dessen die Urzeit immer im Lichte der weiteren Entwicklung, aber diese letztere auch immer wieder von der Urzeit aus betrachtet werden muß. Bald ist das eine wichtiger und bald das andere, aber das Wesen hat man nur in ihrem Zusammenhang und ihrem Zusammenhange ist die Predigt Jesu das stärkere.“[35]
 

IV. Der Übergang vom Abstraktionsbegriff zum Idealbegriff

A. Der Wesensbegriff, ein Idealbegriff

Der Idealbegriff des Christentums ergibt sich reflexiv aus der Problematisierung jener subjektiv-perspektivischen Momente des Historikers, die, mittels persönlicher Stellungnahme und Einschätzung des Christentums, von diesem in der Wesensbestimmung getätigt werden: „Die eigene persönliche Stellung zum Christentum der Gegenwart und darin gegebene Schätzung des Christentums überhaupt wirkt auf die Wesensbestimmung entscheidend mit ein.“[36] Nach Troeltsch[37] ist die Wesensbestimmung nicht isoliert vom subjektiven Standpunkt des Historikers vollziehbar, sondern fordert wesentlich sein eigenes Bekenntnis. Mit anderen Worten könnte man auch von der „Gretchenfrage des Christentums“ sprechen: Nun sag, wie hast du's mit dem Christentum? Die Beantwortung dieser Frage ist entscheidend für die inhaltliche Bestimmung des christlichen Wesensbegriffs. Im negativen Entschluss wird der Wesensbegriff das Christentum als geschichtlich vergangene Größe fassen, dass in einem negativen Verhältnis zum Christentum der christlichen Botschaft in der Gegenwart alle Bedeutung und Relevanz für die Sinnstiftung aberkennt. Wird die Frage hingegen positiv beantwortet führt sie zu „persönlicher Stellungnahme zu Wert und Wahrheit des Christentums“ und der Auffassung, dass vom Christentum auch in Zukunft noch Sinn ausgeht bzw. seine Relevanz in der Gegenwart nicht versiegt ist[38]. Für Troeltsch ist die positive Beantwortung dieser „Gretchenfrage“ wichtig und stellt die für den Wesensbegriff entscheidende Wendung in der Wesensfrage dar. Denn es ist die zukünftige Entwicklung des Christentums dem sich entwickelnden Wesen des Christentums zu addieren. In der Tat des Historikers, der von der Einsicht „nach dem Wesen und nach dem Trieb der christlichen Idee Sein-Sollende geleitet“ ist, „wird das Wesen aus einem Abstraktionsbegriff ganz von selbst zu einem Idealbegriff“[39], so Troeltsch. Das ist der fließende Übergang vom Abstraktionsbegriff zum Idealbegriff. Mit diesem erhebt sich das christliche Wesen vom Abstraktions-Allgemeinen zum „Norm- oder Idealbegriff“[40].
 

B. Der Wesensbegriff, „schöpferische Tat“ des Historikers 

Der Übergang vom Abstraktionsbegriff zum Idealbegriff ist praktisch nur durch die dem Historiker eigene, zu leistende, „schöpferische Tat“ gewährleistet: „Die Verknotung aber kann nie die Theorie bewirken, sondern nur die lebendige Tat, die hier wie überall das Objektive und Subjektive trotz seiner theoretischen Unvereinbarkeit verbindet und eine aus reicher objektiver Umschau wie aus tiefer Innerlichkeit gebildete Verknüpfung mit souveräner Selbstgewißheit als die allein mögliche Lösung bezeichnet werden darf. Es kommt nur darauf an, die beiden zu verknüpfenden Fäden in vollster Gewissenhaftigkeit und Umsicht zu spinnen. Die Verknüpfung ist selbst dann eine schöpferische Tat, die nur durch eine einleuchtendere und tiefer befreiende Tat widerlegt oder ergänz und berichtigt werden kann.“[41] Mit dem eigentlichen Knoten des Problems ist gemeint, wie Vergangenes mit Zukünftigem, Faktisches mit Normativem verbunden werden kann. Theoretisch ist die Ableitung des Normativen aus dem Faktisch unvereinbar, sodass Troeltsch die Einheit nur durch subjektive Tat des Historikers zu stiften vermag. Methodologisch ist der Übergang vom Abstraktions-begriff in den Idealbegriff ein „logisch überaus komplizierter Vorgang“[42], so Troeltsch. Norbert Witsch meint in diesem Zusammenhang bei Ernst Troeltsch eine Zirkelstruktur in der Begründungslogik zu erkennen: „Der Historiker wird durch ein formales Bewußtseinsapriori, die Nötigung zur Idealbildung, zur Betrachtung und Erforschung der Geschichte angetrieben, und er muß zugleich dieses formale Apriori inhaltlich wiederum von den sich ihm auf diese Weise zeigenden, rein historisch-faktisch gegebenen Inhalten her zu bestimmen versuchen.“[43] Diese Problematik wird im nachfolgenden Kapitel uns weiter beschäftigen. An dieser Stelle ist zunächst einmal festzuhalten, dass Troeltsch das geschichtsphilosophische Problem der Möglichkeit geschichtlich deduzierter Normorientierung dadurch gelöst glaubt, geltende Normen der Gegenwart als Wertsetzungen, Wertbildungen oder Idealbildungen des Historikers in der schöpferischen Tat anzusehen[44]. Das Rein-Historische der Vergangenheit und das Normative der Zukunft lässt Troeltsch im Gegenwartsurteil des Historikers sich verknüpfen, sodass das Verknüpfte selbst zum Mittel der Fortentwicklung des Ganzen gemäß der wesentlichen Idee (Christentum) wird[45]. „Wesensbestimmung ist Wesensgestaltung“[46], so Ernst Troeltsch. Die formelle Bestimmung des Christlichen wird in der schöpferischen Tat des Historikers zugleich Gestaltung des Wesens. Troeltsch wehrt das Wesen als leerer Begriff ab, indem er dem Wesen selbst Neugestaltung und Bewegung zuspricht. Eine je neue Erhebung des Wesensbegriffs ist Neukonstitution des Christentums auf Zukunft hin: „Es liegt in der Wesensbestimmung die lebendige Neuschöpfung und Neuanpassung und, da wir es mit einer Neuschöpfung der höchsten religiösen Offenbarung zu tun haben, eine neue Erschließung gegenwärtiger Offenbarung.“[47]
 

V. Das Problem von Subjektivität und Objektivität in der Wesensfrage

Nachdem der Argumentationsgang Ernst Troeltschs in seinen Grundzügen nachgezeichnet wurde, gehe ich in diesem Kapitel auf die Problematik von Subjektivität und Objektivität in der Wesensfrage ein, die in der Wesensschrift  ein eigenes Kapitel[48] umfasst.

A. Beurteilung der bisherigen Argumentation

Zuvor möchte ich die Argumentation Troeltschs noch einmal Revue passieren lassen. Im Ausgang der Reflexionsbewegung ist gezeigt worden, dass Troeltsch das Wesen des Christentums nicht länger rein historisch-induktiv unter Rekurs auf die konkret-faktische Christentumsgeschichte zu bestimmen versucht[49], sondern von Adolf von Harnacks rein historischer Intention abweicht. Er befindet sich in diesem Moment schon immer am Übergang von darstellend-betrachtender Historie zur eigentlich (christlichen) Geschichtsphilosophie[50], am Übergang vom Abstraktionsbegriff zum Idealbegriff. Für Troeltsch ist die christliche Wesensbestimmung, durch den protestantischen Historiker hervorgebracht, die „Krone der historischen Theologie, die Vereinigung des historischen Elements mit dem normativen der Theologie“[51]. Diese Vereinigung von subjektivem und objektivem Moment erfolgt als schöpferische Tat im praktischen Handeln des Historikers, das im Nachfolgenden weiter zu problematisieren ist.

B. Verbindung von Subjekt und Objekt als Problemstellung

Ernst Troeltsch[52] stellt den Anspruch, dass die Historische Theologie sich ganz dem eigentümlichen und konkreten Objekt hingegeben hat. Die Wesensbestimmung zielt in ihrem normativen Charakter demnach auf Objektivität. Sie will den Geist der Sache selbst erfassen und ihn objektiv zum Ausdruck bringen. Das Hauptproblem der Wesensfrage liegt im Verhältnis von Historie und Normen überhaupt und der angemessenen Darstellung dieses Verhältnisses. Theologiegeschichtlich wurden drei Hauptlösungsversuche dieser Problemstellung bedeutsam: rationalistische Lösung, supra-naturalistische Lösung und moderne Lösung (idealistisch-entwicklungsgeschichtlich). Ernst Troeltsch spricht jedem Lösungsansatz seinen Korn Wahrheit zu, macht aber gleichzeitig deutlich, dass mit seiner eigenen „Lehre von einer immer neuen, rein tatsächlichen und irrationalen Verknüpfung des als notwendig und wahr Erkannten mit der historischen Ueberlieferung und Erfahrung“[53] der entscheidende und zielführende Lösungsansatz vorgelegt ist. Er merkt an, dass im Wesensbegriff ein religiöser Subjektivismus stecke (schöpferische Tat), der in Kontinuität zu bleiben gewiss ist, aber das Kontinuum selbst neugestalte.   „Das Objektive liegt nicht bereit, um jedesmal einfach aufgenommen zu werden, sondern es wird jedesmal neugeschaffen und hat seine Verbindlichkeit in dem Ineinander des historischen Besitzes und der persönlichen gewissens-mäßigen Fortbildung und Umwandlung. Das Objektive erfordert den Mut des Glaubens an seine Objektivität und besteht in solcher immer neuen Tat.“[54] Mit diesem Passus klärt der Autor sein Verständnis von Subjektivität und Objektivität. Er versucht Unterschiedenheit und Trennung von Subjekt und Objekt aufzulösen, in dem er das Objekt der Unwandelbarkeit entzieht. In diesem Sinne verfolgt Troeltschs ein deutlich antimetaphysisches, antiontologisches Anliegen. Troeltsch versucht Subjekt und Objekt zu verbinden, in dem er das Wesen, „aus der gesamten Entwicklungsgeschichte als die leitende geistige Kraft“[55], in der schöpferischen Tat des Historikers sich als die Wirklichkeit des Geistes (neues Wort) stets aufs Neue aussprechen lässt. Nach Troeltsch kann aus dem Autoritäts- und Kirchenglauben keine neue und angemessene Wesensbestimmung hervorgehen: „Die Wesensbestimmung sucht gerade diejenige innere Einigung und Verständigung herbei-zuführen, die nach der Zerstreuung der Autorität der Dogmen allein möglich ist“[56].
   Die Argumentation Troeltschs, Subjekt und Objekt in der schöpferischen Tat des Historikers zu vereinen, knüpft meines Erachtens an die Tradition des Deutschen Idealismus an, der in Nachfolge Immanuel Kants die Subjekt-Objekt-Differenz durch subjektphilosophische Ansätze zu begründen versucht. In gewisser Hinsicht appliziert Troeltsch das Subjekt-Objekt-Problem in der Wesensschrift auf das Christentum. In der Wesensfrage formuliert sich die Frage, wie Wesenheit aus dem faktisch-Geschichtliche kommuniziert werden kann, wenn gleichzeitig in dieser ein normativer Geltungsanspruch des Christentums, nach dem Wegfall des reinen Dogmenglaubens, aufrechterhalten werden muss. Meines Erachtens korrespondiert die schöpferische Tat des Historikers mit einem „transzendentalen Subjekt“ oder „transzendentalem Ich“ der klassisch-idealistischen Philosophie (von Kant) bis Hegel. Einen konkreten Lösungsansatz finden wir bei Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling. Dieser sieht vor, in der intellektuellen Anschauung, Subjekt und Objekt miteinander korrespondieren zu lassen. Gerade Schelling sieht in der intellektuellen Anschauung die ursprüngliche Einheit von Subjekt und Objekt ontologisch restituiert[57]. Ich halte den Lösungsansatz Troeltschs für die notwendige Folge einer Methodenreflexion des Wesensbegriffs, die Adolf von Harnack versäumt und Troeltsch nachgereicht hat. In Anerkennung der Tatsache, dass der Wesensbegriff vielfältige Funktionen erfüllen muss (Abstraktionsbegriff, Korrektionsbegriff, Entwicklungsbegriff und Idealbegriff) kann die Wesenheit des Christentums nicht in einem einzigen, einfachen Begriff wie „Basileia“, „Nächstenliebe“ oder „Hoffnung“ gefasst werden, sondern nur in einem dynamischen Moment zur Geltung kommen, der selbst – wie mit einem Schlag – andere Ideen oder Vorstellung entfaltet. Das Christentum kann dann nur, da ist Troeltsch Recht zu geben, ein sich entfaltendes, dynamisches Kontinuum sein.
   Mit erneutem Rekurs auf Norbert Witschs Zirkelargument[58] ergibt sich eine eigentümliche Spannung, die darin zu bestehen scheint, dass Troeltsch widersprüchliche Aussagen über den Wesensbegriff als Idealbegriff trifft. Einerseits kann die christliche Wesenheit nicht in einer einfachen Hauptidee oder einem schlichten Begriffe gefasst werden[59], andererseits ist im Wesen die Predigt Jesu das stärke im Zusammenhang zwischen Urzeit und weiterer Entwicklung[60]. Es gibt offenbar ein Primat des jesuanischen Kerygmas, das zeigt, dass die einzelnen Ideen im diachronen Vergleich nicht unbedingt gleichwertig einzuschätzen sind, sondern die Predigt Jesu hier vorrangig ist. Eine zweite Spannung besteht darin, dass Ernst Troeltsch das Objektive nicht als fixierte Wesenheit annimmt, die – metaphysisch gesprochen – über alle Realität schwebt und dem Werden nicht unterworfen ist, sondern mit Blick auf das historische Material stets neu schöpferisch vom Historiker konfiguriert werden muss. Diese Wesensbestimmung abstrahiert aus dem historischen Befund das Wesensallgemeine und zählt die zukünftige Entwicklung des Christlichen hinzu. Die Frage ist, was ist die zukünftige Entwicklung des Christentums? Es scheint, als bedarf es wieder eines Maßstabes um zu erkennen, worauf zukünftige christliche Entwicklung angelegt ist. Deshalb muss logischerweise erneut ein Kriterium angegeben werden, nach dem die zukünftige Christentumsgeschichte berechnet wird. Was ist dieser Maßstab? Die Basileia in der urchristlichen Jesus-Predigt? Troeltsch bleibt hier eine Antwort schuldig. Es bleibt der Eindruck, dass der Wesensbegriff einerseits bereits vorzuliegen hat, andererseits in der Wesensbestimmung des Historikers sich zuallererst ergibt.
 

V. Konklusion

Wie gezeigt worden ist, besteht Ernst Troeltschs Ansatz in der methodologischen Reflexion am Wesensbegriff, der einem Verfahren christlicher Wesensbestimmung zugrunde liegt. In diesem Sinne besteht seine besondere Leistung darin, kritisch über Adolf von Harnacks rein historischer Methode, und zudem Alfred Loisys Antwort auf von Harnack, hinausgegangen zu sein und die Frage nach dem Wesensbegriff als solchem aufgeworfen zu haben. In der schöpferischen Tat des Historikers unternahm Ernst Troeltsch den Versuch Subjekt und Objekt der Wesensbestimmung miteinander zu vermitteln. Es ist reflektiert worden, dass die praktische Vermittlung unausweichlich theoretische Probleme in Begründung der Subjekt-Objekt-Beziehung mit sich bringt, die Troeltsch meines Erachtens unzureichend gelöst hat: die bloße Forderung einer schöpferischen Tat in der Wesensbestimmung thematisiert noch nicht erkenntnistheoretische Grundlagen und Voraussetzung einer solchen, die noch zu erbringen sind. 


VI. Literaturverzeichnis

Primärliteratur: Troeltsch, Ernst: „Was heißt ‚Wesen des Christentums‘?“. In: ders.: Gesammelte Schriften. Zweiter Band. Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie und Ethik. Neudruck der 2. Auflage 1922. Aalen: Scientia Verlag 1962, 386–451.  

Sekundärliteratur: Witsch, Norbert: Glaubensorientierung in „nachdogmatischer“ Zeit. Ernst Troeltschs Überlegungen zu einer Wesensbestimmung des Christentums. Paderborn: Bonifatius Verlag 1997. Fukaya, Motokiyo: Anschauung des Absoluten in Schellings früher Philosophie (1794 - 1800). Würzburg: Verlag Königshausen & Neumann 2006. 

   
   [1] Ernst Troeltsch, „Was heißt ‚Wesen des Christentums‘?“. In: ders.: Gesammelte Schriften. Zweiter Band. Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie und Ethik. Neudruck der 2. Auflage 1922. Aalen: Scientia Verlag 1962, 386–451.   [2] Zusammengefasst nach Norbert Witsch, Glaubensorientierung in „nachdogmatischer“ Zeit. Ernst Troeltschs Überlegungen zu einer Wesensbestimmung des Christentums. Paderborn: Bonifatius Verlag 1997, 120 ff.   [3] Troeltsch, „WCh“, 390.   [4] Hier: „Abstraktionsbegriff“ oder „historischer Allgemeinbegriff“.    [5] Die Reflexionsbestimmungen bei Ernst Troeltsch haben stets ein negatives und positives Moment.   [6] Troeltsch, „WCh“, 391.   [7] Vgl. Witsch, Glaubensorientierung, 142.   [8] Troeltsch, „WCh“, 393.   [9] Vgl. ebd., 392.   [10] Vgl. ebd., 397 f.   [11] Vgl. dazu Witsch, Glaubensorientierung, 146.   [12] Troeltsch, „WCh“, 398.   [13] Witsch, Glaubensorientierung, 162.   [14] Troeltsch, „WCh“, 1393.   [15] Vgl. Witsch, Glaubensorientierung, 126.   [16] Troeltsch, „WCh“, 402.   [17] Ebd., 403.   [18] Starkmachung der kritischen Funktion des Wesensbegriffs gegen Alfred Loisy, der in der Gefahr steht alle kritische Distanz zu den Erscheinungen zu verlieren. Vgl. dazu Witsch, Glaubensorientierung, 138.   [19] Vgl. Troeltsch, „WCh“, 404.   [20] Die Wesensbestimmung ist nur dem Protestantismus möglich.   [21] Troeltsch, „WCh“, 406.   [22] Ebd., 407.   [23] Ebd., 405.   [24] Ebd., 408.   [25] Ebd.   [26] Vgl. auch Witsch, Glaubensorientierung, 154.   [27] Ebd., 156.   [28] Zusammengefasst nach Troeltsch, „WCh“, 412–23.   [29] Hier ähnliche Argumentation wie Loisy nach Witsch, Glaubensorientierung, 135.   [30] Aristotles argumentiert interessanterweise in Buch IV der Metaphysik ähnlich. Die ousia kann nicht Idee sein, weil ihr das dynamis-Moment fehle.   [31] Troeltsch, „WCh“, 419.   [32] Ebd., 420.   [33] Ebd., 421.   [34] Vgl. Witsch, Glaubensorientierung, 159.   [35] Troeltsch, „WCh“, 423.   [36] Ebd., 424.   [37] Zusammengefasst nach ebd., 423–32.   [38] Vgl. ebd., 426.   [39] Ebd.   [40] Witsch, Glaubensorientierung, 164.   [41] Troeltsch, „WCh“, 428.   [42] Ebd., 426.   [43] Witsch, Glaubensorientierung, 167.   [44] Vgl. ebd.   [45] Vgl. ebd., 168.   [46] Troeltsch, „WCh“, 431.   [47] Ebd., 432.   [48] Ebd., 432–48.   [49] Vgl. auch Witsch, Glaubensorientierung, 169 f.   [50] Vgl. nochmals Troeltsch, „WCh“, 398.   [51] Ebd., 433.   [52] Zusammengefasst nach ebd., 432–48.   [53] Ebd., 435.   [54] Ebd.   [55] Ebd., 437.   [56] Ebd., 438.   [57] Vgl. Motokiyo Fukaya, Anschauung des Absoluten in Schellings früher Philosophie (1794 - 1800). Würzburg: Verlag Königshausen & Neumann 2006, 32 ff.   [58] Vgl. abermals Witsch, Glaubensorientierung, 167.   [59] Vgl. dazu erneut Troeltsch, „WCh“, 420.   [60] Vgl. dazu erneut ebd., 423.    

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