Die Philosophie von Thelema

in #thelema7 years ago


Die Philosophie von Thelema

Aleister Crowley schrieb einmal einen Kommentar zu Hadit Vers8 aus dem Liber Al vel Legis, Hadit Vers 8: Das Khabs ist in dem Khu nicht das Khu in dem Khabs: Crowleys Kommentar dazu: "Wir haben uns nicht als Basis-Wesen zu betrachten, außerhalb deren Sphäre Licht oder Gott ist. Unsere Geister und Körper sind Schleier des inneren Lichtes. Der Uninitiierte ist ein dunkler Stern, und das große Werk für ihn ist es, seine Schleier dadurch, dass er sie reinigt, transparent zu machen. Diese Reinigung ist tatsächlich Vereinfachung. Es ist nicht so, dass der Schleier schmutzig ist, sondern die Komplexität seiner Falten macht ihn undurchsichtig.
Das große Werk besteht grundlegend in der Auflösung des Komplexen. Alles ist in sich selbst vollkommen, aber wenn die Dinge durcheinander gebracht werden, werden sie böse."

Dies soll keine Entschuldigung sein, für die nachfolgende meiner vereinfachte Form der Philosophie von Thelema, in dem ich jegliche Komplexität versuche auszuschließen. Eine Ent-Schuldigung gibt es sowieso nicht, de facto, da jeder für sein Handeln immer und grundsätzlich verantwortlich ist. Jegliche Entschuldigung ist Heuchelei und Feigheit vor der Selbstverantwortung. Denn jegliches Tun und Sagen und Denken ist immer sein eigenes Produkt und niemals das eines anderen.

In dem nachfolgenden beschriebenen thelemischen System gibt es keinen Gott, welcher außerhalb des Menschen ist und welcher sagt wie du zu leben hast. Die monotheistischen Religionen haben einen Gott und dieser hat Anhänger, welche Gott huldigen und seine Gebote befolgen. Sie sind Sklaven, weil sie davon ausgehen, dass Etwas anderes als sie besser Bescheid wüsste, wie sie zu leben haben. Das hat natürlich Konsequenzen, wenn man in dieser Vorstellung lebt. So muss es zB zwangsläufig eine Hierarchie geben. Dabei ist es egal ob es eine demokratische oder diktatorische Einrichtung ist. Am Ende sitzen immer Menschen mit der Macht in der Hand und diese Macht wird zumeist ungern aus den Händen gegeben.

Beginnen wir nun mit der Struktur/Philosophie von Thelema. Sofern man noch nicht mit den thelemischen Begriffen vertraut ist, sollte man das Video von mir „was ist Thelema“ anschauen.

Im Liber Al vel Legis können wir anhand der Verse lesen, dass
jeder ein Stern ist. Der Stern hat eine eigene Umlaufbahn, das drückt seinen Wahren Willen aus. Der Stern befindet sich in einem unendlichen Raum, worin sich noch andere unendliche Sterne befinden. Jeder Stern lebt das Gesetz von Thelema und dadurch entsteht keine Kollision, also auch kein Leid, sondern Freude, Freude und Leid sind Wirklichkeiten.

Jeder Mensch hat seinen eigenen Willen, seine eigene Gesetze und Regeln. Jeder Mensch hat das Recht so zu leben wie er will und keiner hat das Recht zu bestimmen wie er zu leben hat, sofern dieser sich nicht freiwillig einem anderen unterordnet. Jeder Mensch hat seinen Weg in diesem Universum und seinen Platz im Universum. Jeglicher Zwang von außen ist ein Verbrechen. Es gilt die maximale Freiheit. Dies wird durch das Gesetz: "Tue was du willst, sei das Ganze Gesetz, Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen" ausgedrückt.

Nochmal, keiner hat das Recht über einen anderen zu bestimmen, auch nicht über Sklaven, welche im Liber AL vel Legis vorkommen. Es heißt dort: "die Sklaven sollen dienen" und nicht die Sklaven müssen dienen. Im Liber AL vel Legis steht: "Das Gesetz ist für alle", was bedeutet, dass es auch notwendigerweise für die Sklaven gilt. Sklaven sind all diejenigen die ihren wahren Willen nicht tun. Sie sind zB. fremdbestimmt durch andere Menschen und lassen sich führen. Aber genauso ist der ein Sklave, welcher andere Menschen führen will ohne das diese damit einverstanden sind.

Jeglicher Mensch der über andere Menschen bestimmen will, weil er seine Wahrheit über anderen Wahrheiten stellt ist ein Sklave und jeder der sich unfreiwillig führen lässt ebenso.

Natürlich wird jetzt der eine oder andere sogenannte Kenner von Thelema sagen, Im Liber AL vel Legis steht aber, "Gnade lasst beiseite, verdammt die Mitleidigen! Tötet und quält, schont nicht. Auf sie!" Aus dem Kapitel RHK Vers 18.
Die Ausdrucksweise mag brutal klingen, aber wer schon mal Gewohnheiten ändern wollte, wird wissen wie schwer es ist, sich Gewohnheiten abzugewöhnen. Sei es die Gewohnheit des Rauchens, die Gewohnheit immer Angestellter zu sein, sei es das man morgens seinen Kaffee trinken muss oder einfach unbedingt immer Recht haben mag. Es ist egal welche Gewohnheit man sich abgewöhnen will, es wird quälend sein und letztendlich tödlich.

Tödlich darum, weil man nach der Abgewöhnung einer Gewohnheit schlicht ein anderer Mensch geworden ist. Tot ist nur der Übergang von einem Zustand zu einem anderen Zustand. Kaum einer kann ernsthaft behaupten, dass er heute exakt so lebt wie er als Kind gelebt hat. Erfahrungen sammeln bedeutet immer ein altes Ich in ein neues ich zu wandeln.

Gehen wir jetzt weiter und nehmen wir an, dass jeder seinen Willen tut, dann würden wir sehen, dass es keine Hierarchien mehr gibt, sondern jeder ist sein Gott, wir würden also in einer Heterarchie leben.

Eine Hierarchie würde nur dann in einem thelemischen System sein, wenn ein Mensch sich einem anderen Menschen freiwillig unterordnet, um etwas zu lernen. Wie es, sofern freiwillig, beim Lehrling und seinem Meister ist.

Das thelemische System sagt also aus, dass jeder Mensch einzigartig ist, welcher im selben Raum mit anderen einzigartigen Menschen lebt. Und wir müssen zwingend davon ausgehen, dass jeder seine eigene Wahrheit, Wirklichkeiten hat und erlebt. Um das zu veranschaulichen brauchen wir nur in die Natur gehen. Dort sehen wir, dass sich nichts gleicht.
Kein Stein gleicht einem anderen Stein. Kein Mensch sieht einem anderen Menschen gleich, kein Grashalm ist einem anderen Grashalm gleich und jede Schneeflocke ist einzigartig. Und hier rede ich nur von äußerlichen Merkmalen, nicht davon wie der Stein und wann der Stein entstanden ist.

Oder wie der Mensch mit anderen Menschen aufgewachsen ist, wie er seine Mutter erlebt hat, unter welchen Umständen er seinen Beruf wählte, warum er in Mathematik besser ist als im handwerklichen Bereich. Es gibt unendlich viele verschiedene Möglichkeiten wieso der Mensch so und nicht anders geworden ist.

Dadurch, dass wir alle Einzigartig sind, haben wir auch unsere eigene Interpretation. Veranschaulichen wir es damit, dass wir 5 Menschen nehmen und jeder hat eine Gießkanne. Die 5 stehen an einer Reihe und fangen an, eine Pflanze zu gießen.
Alle 5 Pflanzen sind von der gleichen Sorte, haben den gleichen Boden, die gleiche Nässe und den gleichen Wuchs. Was wir erkennen werden, ist, dass jeder der 5 Menschen seine Pflanze anders gießen wird. Der eine stellt sein rechtes Bein mehr nach vorne, der andere hat die Gießkanne näher an der Pflanze, der andere gießt mehr Wasser auf die Pflanze als der andere usw.. Jeder gießt die Pflanze so wie er es für richtig hält.
Oder nehmen wir ein Zitat von Crowley aus dem Buch Thot:
"Es bedeutet keineswegs, dass die Betrachtungen des einen richtig und des anderen falsch sind., denn jeder von uns hat sein eigenes Universum für sich selbst und es ist nicht das gleiche Universum von irgendeinem anderen.

Der von A gesehene Mond ist nicht der Mond, den der neben ihm stehende B sieht. Wenn A und B sich ein Bild in einer Galerie anschauen, ist es keinesfalls für beide das gleiche Bild; denn der Geist von A wurde trainiert, es durch seine Erfahrung von tausenden anderen Bildern zu beobachten, während B wahrscheinlich eine gänzlich andere Reihe von Bilder gesehen hat. Ihre Erfahrung wird nur in Bezug zu einigen wohlbekannten Bildern übereinstimmen. Abgesehen davon ist ihr Geist in vielen anderen Dingen grundlegend verschieden.

(…)

Es gibt kein richtig oder falsch über irgendeine Angelegenheit, egal worum es sich handelt. Dies ist eine Wahrheit, die sogar in der strengsten Wissenschaft gilt. Die wissenschaftliche Beschreibung eines Gegenstandes ist universal richtig; und doch nicht vollkommen wahr für jeden einzelnen Beobachter."

Solche Einsichten können einen einsam machen, aber es zeigt auch auf, wie Einzigartig man ist. Wie Crowley schrieb: „wir sind jeweils ein Glied des Körper Gottes.“

Was für ein Gott im Gesamten und damit sind nicht nur Menschen gemeint, ist es, wenn es unendlich viele Wesenheiten gibt mit unendlich vielen Eigenschaften?

Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen.


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