Der Zusammenhang von Persönlichkeit und Stressbewältigung #3

in #psychology7 years ago (edited)


Liebe Community,
bitte entschuldigt meine lange Abwesenheit.
Ich hatte einen beruflichen Wechsel und damit einige neue Aufgaben in meinen Alltag zu integrieren.
Heute möchte ich meine Serie fortsetzen.
Besucht meinen Blog für die Einleitung, den ersten und zweiten Teil.
Viel Spaß



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Die Bedeutung der Persönlichkeit für den Stressprozess


Die Brücke zwischen Persönlichkeitspsychologie und Stressforschung stellt die Gesundheitspsychologie dar. In diesem Bereich setzt sich der Begriff ‚Wohlbefinden‘ zunehmend durch, welcher als fehlendes Glied der gesuchten Kausalkette 'Persönlichkeit-?-Stress' angesehen werden kann. Eine klare Definition für diesen Begriff aufzuführen erfordert eine eigene Ausarbeitung, da angehend jeder Forscher den Begriff für seine eigene Untersuchungshypothese neu definiert. Im Folgenden ein grober Umriss der aktuellen Definition.

Affect-Balance Theorie


Laut der Affect- Balance Theorie setzt sich Wohlbefinden aus drei Dimensionen zusammen: positiver Affekt, negativer Affekt und Affekt- Balance. Neben den affektiven Komponenten steht auch eine kognitive Bewertung der gesamten Lebenssituation hinter dem Konstrukt Wohlbefinden.
Entscheidend sind vier Aspekte des Wohlbefindens, von welchen ausgegangen werden kann. Man kann sich diese vier Faktoren ähnlich der X- und Y-Achse eines Koordinatensystems vorstellen.

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X-Achse: + = zB. Freude vs. - zB Belastung
Y-Achse: + kognitiver Bereich = z.B. Einschätzungsprozesse vs. - affektiver Bereich = Gefühlsebene des Wohlbefindens

Das Wohlbefinden ist insofern interessant, da es in vielen Studien als Kriterium der Anpassungsleistungen an Belastungen Verwendung findet. Vor allem schlechtes Befinden soll Einfluss auf den Bewältigungsprozess, langfristig sogar auf die psychische Verfassung, eines Betroffenen nehmen.
Inwiefern Belastungen Auswirkungen auf das Wohlbefinden einer Persönlichkeit haben, kann nicht pauschalisiert werden. Bestimmte Persönlichkeiten zeigen unter vergleichsweise geringer Belastung bereits psychische Störungen, während andere eine besondere Resistenz gegenüber Belastungen aufzeigen.

Das Bewältigen von Belastungen setzt eine Handlung, das heißt absichtliches, kontrolliertes und gezieltes Verhalten einer Person voraus. Mit Hilfe dieses Verhaltens erhofft sich der Mensch eine berechenbare Umwelt. Situationen sollen vorhersehbar gestaltet werden, möglicher Stress weniger überraschend auftreten.
Anhand von Studien stellte sich heraus das Personen, mit besonderer Resistenz gegenüber Belastungen, über Ressourcen verfügen, welche ihnen eine Art Widerstandsfähigkeit ermöglicht. Im Folgenden werden solche Ressourcen, hauptsächlich aus dem personalen und sozialen Bereich, aufgearbeitet.

3.1 Kognitiv-personale Ressourcen


Kleine Erinnerung: Als Basis hierfür dienen die 'Big-Five' und Lazarus Coping Theorie
Gemäß der Persönlichkeitsausprägung werden bestimmte Stressoren als negativ, positiv oder neutral bewertet.
Vollrath und Torgersen konnten mit ihrer Studie aufzeigen, dass Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Extraversion von besonderer Bedeutung für die Stressanfälligkeit sind.
Die Persönlichkeitsdimension Neurotizismus hat den größten Einfluss auf die Wahrnehmung. Diese Persönlichkeitsdimension verleitet eine Person dazu, die negativen Seiten ihrer Erfahrungen besonders hervorzuheben. Den meisten Stress erlebten Persönlichkeiten, welche die Kombination hoher Neurotizismus und niedrige Gewissenhaftigkeit aufwiesen. Am wenigsten Stress erlebten Persönlichkeiten mit tiefem Neurotizismus und hoher Extraversion, beziehungsweise hoher Gewissenhaftigkeit.

Neben dem Einfluss auf die Stresswahrnehmung wird auch die Wahl der Bewältigungsstrategie von Persönlichkeitsdimensionen mitbeeinflusst. Extraversion begünstigt die Suche nach sozialer Unterstützung, im Allgemeinen fördert sie eine problemorientierte Bewältigung. Dysfunktionales Verhalten (Vermeiden, Verleugnen o.Ä.) wird in vielen Fällen von Neurotizismus begünstigt. Persönlichkeiten mit hoher Ausprägung der Gewissenhaftigkeit zeigten eine Affinität zu aktivem Problemlösen auf. Vielfältiges, effektives Coping ist eine Konsequenz daraus.

3.2 Soziale Unterstützungsressourcen


Die Auswirkungen einer Belastung werden neben persönlichen Merkmalen durch soziale Ressourcen gemindert. Differenziert werden muss dabei zwischen sozialem Netzwerk und wahrgenommener sozialer Unterstützung.
Das soziale Netzwerk steht für strukturelle und funktionale Dimensionen sozialer Ressourcen. Die wahrgenommene Unterstützung spiegelt das subjektive Ausmaß des gestillten Bedürfnisses nach Unterstützung. Demzufolge stellt die wahrgenommene soziale Unterstützung ein wichtiges Element für den individuellen Bewältigungsprozess dar.

Eine der wohl bekanntesten sozialen Unterstützungen ist die Familie. Familienmitglieder verwenden verschiedene Verhaltensmodelle, verfügen über unterschiedliche instrumentelle und soziale Fähigkeiten, regulieren gegenseitig ihr Verhalten, ermöglichen soziale Vergleiche, schaffen den Raum für verschiedene Rollenübernahmen und spenden noch dazu emotionale und instrumentelle Unterstützung. Studien verweisen auf den Zusammenhang zwischen Stressprozess und Familiensystem, da jede Familie ein Verhaltensparadigma entwickelt, aus welchem stabile Dispositionen hervorgehen können. Familienmitglieder orientieren sich innerfamiliär an ihrem Verhaltensparadigma, sofern die Familie auf einen unbekannter Stressor stößt.
Daraus ergibt sich die Kausalannahme, dass Persönlichkeiten die aus einer Familie mit Tendenz zu neurotischem Verhalten stammen, schlechter auf Stressoren reagieren.
Das Überprüfen dieser Annahme benötigt eine Operationalisierung von Familie. Recherchen ergaben vier Familientypen, welche systematisch sowohl auf die Stresswahrnehmung, als auch auf die Bewältigung Einfluss nehmen.

Typ 1 : Leistungs- und kontrollorientierte Familien. Sie verursachen eine erhöhte Stresswahrnehmung und gute Bewältigungsfertigkeiten
Typ 2: Die konfliktorientierten Familien, führen zu erhöhter Stressrelevanz, bei passivem Bewältigungsverhalten.
Typ 3: Passives Bewältigungsverhalten integriert in kohäsiven, gut strukturierten Familien; dabei jedoch eine deutlich niedrigere Stressrelevanz
Typ 4: Individuiert-expressive Familien verfügen über das effizienteste Bewältigungsverfahren, sowie die geringste Stressrelevanz. Dieses Ergebnis ist interessant, da dieser Erziehungsstil stark an den autoritativen Erziehungsstil erinnert.

Die Ergebnisse bezüglich des Familienklimas lassen sich wie folgt zusammenfassen.
Familien mit geringem Zusammenhalt gewähren nur schlecht emotionale Unterstützung, dies wirkt sich negativ auf das Bewältigungsverhalten aus. Ein hohes Ausmaß an emotionaler Unterstützung fördert offensichtlich das problemorientierte Coping. Eine Familie mit offener Kommunikation fördert überdies das problemorientierte Coping, während vorwurfsvolle Kommunikation zusätzlichen Stress bedeutet. Übertragen auf das Konzept der Big-Five, sowie der oben dargelegten Kausalannahme bestätigen sich der negative Einfluss von Neurotizismus und der positive Einfluss von Extraversion und Gewissenhaftigkeit.

Literatur

  • Moos, R.H. Moos, B.S. The Family Environmental Scale manual. Palo Alto, CA: Consulting Psychologists Press, 1981.

  • Seiffge-Krenke, I. Boeger, A. Schmidt, C. Kollmar, F. Floss, A. Roth, M. Chronisch kranke Jugendliche und ihre Familien. Stuttgart: Kohlhammer, 1996.

  • Baumrind, D. „Effective parenting during the early adolescencetransition.“ In Family transitions, von P.A. Hetherington, M. Cowan, 111-163. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates, 1991.

  • Bertalanffy, L. General system theory. New York: Braziller, 1969.

  • Eysenck, H. J. Eysenck, M. W. Persönlichkeit und Individualität: ein naturwissenschaftliches Paradigma. München: Psychologie Verlags Union, 1987.

  • Eysenck, Hans-Jürgen. Wege und Abwege der Psychologie. Hamburg: Rowohlt, 1956.

  • Laux, L. Schütz, A. Burda-Viering, M. Limmer, R. Renner K. H. Trapp, W. Vogel, S. Weiss, H. Stressbewältigung und Wohlbefinden in der Familie. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Stuttgart: Kohlhammer, 1996.

  • Laux, Lothar & Weber, Hannelore. „Bewältigung von Emotionen.“ In Psychologie der Emotionen, von Klaus Scherer, 560-629. Göttingen: Hogrefe, 1990.

  • Laux, Lothar. Persönlichkeitspsychologie. Stuttgart: Kohlhammer, 2003.

  • Laux, Lothar. „Psychologische Stresskonzeption.“ In Enzyklopädie der Psychologie. Theorien und Formen der Motivation, von H. Thomae, 453-535. Göttingen: Hogrefe, 1983.

  • Vollrath, M. „Stressbewältigung und Persönlichkeit.“ Swiss Journal of Psychology, 56(1), 1997: 3-19.

  • Vollrath, M. Torgersen, S. Alnæs, R. „Personality as long-term predictor of coping.“ Personality and Individual Differences, 18,, 1995: 117-125.

  • Vollrath, M. Torgersen, S. „Personality types and coping.“ Personality and Individual Differences, 29, 2000: 367-

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Bis bald, eure @patze

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