Botschaften, Zeichen und Deutungen
Verfärbst. Herbst! Verderbst?
Sobald die Blätter von den Bäumen fallen wird klar eine Ära geht zu Ende. Die abgestorbenen Blätter werden das nächste Frühjahr nicht mehr erleben. Die Natur zieht sich zurück und bereitet sich auf eine Wintermeditation vor. Aus den Blättern weicht der Farbstoff und ihre Adern werden porös. Ganz von selbst. Dieser Kreislauf ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Denn irgendwann wird das auch mit uns so sein.
Kaum schleicht sich der Tiefnebel an schon tragen die Menschen nur noch drei Farben: Schwarz, Grau und Braun. Graue Tage führen farblich ins DDR-Sortiment. Offenbar tun wir es den Pflanzen gleich und kopieren ihre Farbpalette. Unsere Winterfarben im Schrank sind eben selten Neongelb oder Hellgrün. Es ist wie ein Naturgesetz: Ab Oktober wird auch der Mensch häuslicher. Manche werden durch den Lichtmangel sogar melancholischer und schwingen psychisch ins Moll.
Was man auch im Nebel, ja selbst bei Regen oder im Schnee erleben kann, das sind Radfahrer. Sie strampeln ums Überleben im Großstadt-Dschungel. Dabei ist Wien nicht gerade freundlich zu seinen Drahtesel-Besitzern. Sie haben gleich mehrere Lobbys gegen sich. Autofahrer, Taxilenker und sogar Fußgänger fühlen sich von ihnen gestört. Vielen geht es hinter ihnen im Verkehr zu langsam, obgleich man mit dem Fahrrad auf kürzere Distanzen der Schnellere ist. Den Fußgängern auf der anderen Seite sind die "Gehsteig-Radler" zurecht ein Dorn im Auge. Citybiker kämpfen aber auch gegen die öffentlichen Verkehrsmittel oder gegen gemeine Diebe und mit Straßenbahnschienen. - Besonders, wenn es glatt wird.
Optische Signale
Das tolle an einer Großstadt ist, dass überall andere Botschaften zu finden sind. Die Menschen im Novomatic Forum feiern. Nicht alle sind dort begeistert von Ex-Bundeskanzler Gusenbauer als Aufsichtsrat. Hier verzerrt sich das Bild der Sozialdemokratie um einmal mehr. Novomatic steht für Glücksspiel. Gusenbauer stand einst für "den kleinen Mann" bevor er zum Kapitalisten wurde. Der Konzern ist ihm nicht fremd und hat auch ihm Glück gebracht. Seit 2008 ist er bereits Berater. Mit Herbstbeginn 2017 startet nun seine "Kontrollfunktion".
Auf der anderen Seite sitzen die Grünen nach dreißig Jahren nicht mehr im Sattel der Parlamentspolitik. Sie haben einen Korb bekommen. Den können sie sich jetzt ans Fahrrad montieren gemeinsam mit dem "gebrandeten" Gesäßschutz. Sauber!
Einige Gassen stadteinwärts wird man auf einer Wand von Martin Luther angezwinkert. Geworben wird hier für ein Reformationsfest. Die Reformation fand übrigens knapp 200 Jahre vor der Aufklärung statt und selbst die ist heute mehr als 300 Jahre her. Das ist Religions-Marketing. Wer von uns schafft es auch in 500 Jahren noch eine Hausnummer zu sein?
Ein Plastikblumenstock an der Ecke vor meinem Institut vermeldet er sei kein Mistkübel und ärgert sich grün, wenn ihn jemand so behandelt. Sein Glück ist: er kann nicht altern. Plastik ist besser als Botox. Der Herbst hat bei ihm keine Chance.
Fazit: Ich liebe den Herbst auch dann noch, wenn er sich von seiner grauen Seite zeigt und die sonnigen leider langsam Goldtöne wegpackt.
(all photos are taken by myself with my iphone 6s plus)
Tolle Bilder. Ich glaube, ich möchte jetzt unbedingt mal Wien besuchen.
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Herrlich; gute Beschreibung, auf den Punkt gebracht und zum schmunzeln gekommen. Rundum toller Artikel und tolle Fotos. Gefällt mir wirklich sehr gut!
Ja, irgendwann wird das auch mit uns so sein. Bis dahin blieb hoffentlich nichts aufgeschoben :)
@physalis Dankeschön ;-)
ich liebe den herbst auch und finde deine fotos sehr schön :)
@nutschiii Danke!!