Freigeist in der katholischen Kirche – geht das? - Prof. Hubertus Mynarek


Götz Wittneben im Gespräch mit dem ehemaligen Dekan der katholischen theologischen Fakultät der Universität Wien, dem Religionswissenschaftler und Kulturphilosoph Prof. Dr. Hubertus Mynarek.

Als 1972 der katholische Theologe Hubertus Mynarek in einem Offenen Brief an Papst Paul VI. seinen Austritt aus der katholischen Kirche erklärte, ging es durch alle Medien: erstmals im zwanzigsten Jahrhundert wagt ein ordentlicher Theologieprofessor – (und geweihter Priester) diesen Schritt – und das öffentlich. Der spätere Papst Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) hatte als einer der damals maßgebenden katholischen Theologen Deutschlands noch die Rezension Mynareks zu einem seiner Bücher öffentlich gelobt. In seinem Brief forderte er Papst Paul VI. auf, den Zölibat abzuschaffen und die vom zweiten vatikanischen Konzil eingeleitete Demokratisierung der katholischen Kirche wieder aufzunehmen. Umgehend wurde ihm die Lehrbefugnis an der theologischen Fakultät von Wien entzogen.
Der Bertelsmannverlag schickte ihm ein Telegramm und lud ihn ein, über die diversen Hintergründe dieses Schrittes ein Buch zu verfassen.

Mit „Herren und Knechte der Kirche“ entstand ein brisantes Werk, für das sich der Verlag verpflichtete, eine großen Werbeaufwand zu betreiben, es also zum Bestseller machen zu wollen. Ohne Kenntnis des Autoren wurden aber vorab – also vor dem geplanten Veröffentlichungstermin zur Buchmesse - an SPIEGEL und Stern Auszüge lanciert, die die beiden Medien mit Genuss veröffentlichten.
Vertreter der katholische Kirche stellten Prof. Mynarek vor die Wahl: entweder er unterlasse die Veröffentlichung dieses Buches oder man werde ihn mit einem Haufen Prozesse überziehen, die ihn in den finanziellen Ruin treiben würden. Man gut, dass es heute keine Scheiterhaufen mehr gibt! Die katholische Kirche hielt Wort, aber der Freigeist Hubertus Mynarek bettelte nicht winselnd um eine Rückkehr in den „Schoß von Mutter Kirche“, obwohl sie ihn finanziell zugrunde richtete mit den Gerichtskosten und „Schmerzensgeldern“ zum Beispiel für fehlende protokollgemäße Ansprachen bei Bischöfen („Exzellenz“) oder Kardinälen („Eminenz“).

Auf Druck der Kirche widerrief Bertelsmann den Vertrag – das Buch wurde dadurch erst rund siebenunddreißig Jahre später im Ahriman-Verlag gedruckt, mit allen gerichtlich verhängten Maßgaben. Dennoch ein brisantes Werk über die herrschende Doppelmoral, die Abgründe im Umgang mit dem Zölibat und den Machtapparat Kirche, die mit der Botschaft von Jesus nichts zu tun hat.

Mittlerweile sind viele weitere Bücher des Freigeistes Mynarek erschienen, so auch kritische Biografien zu den letzten drei Päpsten.

Literatur zu diesem Thema von Hubertus Mynarek: „Herren und Knechte der Kirche“, Ahriman-Verlag

Weitere Informationen und Bibliografie: http://www.mynarek.de

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