Hörsaalgetuschel - Katerstimmung - Kurzgeschichte

Hörsaalgetuschel ist eine Serie, die ich begonnen habe, um mich im Schreiben von Charakteren zu üben. Sie dreht sich um eine kleine Gruppe fiktiver Studenten (Studierender, sorry, PC) und ihrem Weg durch den Wahnsinn zwischen Hörsaal, Lernraum und der Suche nach dem großen Plan im Leben.
Hier gibt es nun Ausgabe 1.

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Katerstimmung - Ausgabe 1.


Flo, Mittzwanziger, dunkelhaarig mit penibel nach hinten gelegten Haaren und einem borstigen Dreitagebart, ließ sich auf dem Weg zur Vorlesung noch einmal die letzte Nacht durch den Kopf gehen. Wortwörtlich!

Angekündigt war die Party des Jahrhunderts, schon zum mindestens zwanzigsten Mal dieses Jahr. Was am Ende dabei herumkam war ein einziges Besäufnis mit billigem Bier, schlechter Musik und zu vielen Leuten, mit denen er nüchtern wohl nie reden würde. Es war, wie jede angekündigte 'Party des Jahrhunderts' mehr als weit davon entfernt eine Party des Jahrhunderts oder gar des Jahres zu werden aber Alkohol ist die wirksamste, bekannte Zeitmaschine.

So kam es, dass Flo nach immerhin drei Stunden Schlaf aus den verschwitzten Laken kroch um rechtzeitig um Viertel nach acht in der Vorlesung zu sitzen. Wer kam eigentlich auf die glorreiche Idee, schon so früh eine Vorlesung halten zu müssen? Das war absolut widernatürlich aber es war noch Anfang des Semesters und er gab sich noch der Illusion hin, dieses Mal alles besser zu machen. Er wollte sich von Anfang an bemühen, fleißig wenigstens zu den wichtigen Vorlesungen zu gehen und alle Hausübungen rechtzeitig ab zu arbeiten. Die üblichen Vorsätze zum Semesterstart, genau wie schon zu Neujahr und genau so dauerhaft. Flo erbrach sich in den Mülleimer vor dem Supermarkt, besorgte sich ein Konterbier und eine fettige Salami, aß dann zuerst die Salami und leerte das Bier, nur um fünf Minuten später beides in den Mülleimer vor dem Hörsaal zu spucken. Während die stinkende Suppe aus dem Korb sickerte, wankte er in den Saal. Es war ein viel zu gewöhnlicher Semesterstart für gute Vorsätze aber wenigstens versuchen wollte er es.

Drinnen sah er sich mit kurzsichtigen Augen um. Fahle, müde Gesichter mit verquollenen Augen und immer wieder ein völlig überdrehtes Schnattermaul und übertrieben freundliche Morgenmenschen. Der Geruch von saurem, billigen Kaffee hätte ihn fast wieder hinausgetrieben. Links und rechts neben ihm tauchten zwei verschwommene Gestalten auf, griffen ihm unter die Arme und schleiften ihn mit in eine leere Reihe.

„Der Flo war gestern mal wieder saufen. Ehrlich Junge, wieso kommst du überhaupt noch? Pennen kannst du doch besser zu Hause.“

Mia und Erik. Beide etwa einen halben Kopf größer als Flo und drei Jahre jünger. Außerdem beide deutlich fleißiger oder wenigstens erfolgreicher als er selbst. Natürlich waren die beiden auch für die Party des Jahrhunderts eingeladen gewesen. Sie hatten sich aber spontan anders entschlossen und ihre private, offensichtlich Welten bessere, Party des Jahrhunderts zu zweit geschmissen. Dass diese bereits etliche Stunden zu Ende war, bevor Flo sich entschlossen hatte doch noch sein Bett zu suchen sprach eher für die Party als dagegen. Er registrierte auch das Ergebnis nur beiläufig, ein zaghafter Kuss zu seiner Linken. Er brummte etwas, was ein Glückwunsch hätte werden können, wenn er die Lippen auseinander bekommen hätte und sein Kopf nicht gerade auf den Tisch gesunken wäre.

„Ich darf Sie dann um Ruhe bitten und freue mich, dass Sie alle noch so zahlreich erschienen sind. Zunächst würde ich gerne ein paar organisatorische Dinge klären. Vorneweg, das Skript steht inzwischen für Sie zum Download im Lernraum bereit …“

Flo gab seinem inneren Zwang nach, gähnte herzhaft, rieb sich kurz die juckenden Augen und behielt sie nur einen Augenblick geschlossen. Vielleicht wäre er wirklich besser im Bett geblieben aber er hoffte immer noch auf das Wunder, den Stoff durch reines Zuhören aufnehmen zu können. Er atmete tief durch und richtete sich auf.

„… was Sie ja alle aus der letzten Vorlesung noch kennen. Mit dieser Folie würde ich das Thema dann auch gerne abschließen. Zum Nächsten kommen wir dann aber erst in der nächsten Veranstaltung, dafür reicht die Zeit nicht mehr. Wir machen dann hier Feierabend, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und denken Sie daran, ich habe fünf Minuten bei Ihnen gut.“

Irritiert sah Flo sich um. Alle packten ihre Taschen zusammen und standen auf. Er wusste nicht, ob er um sein Timing glücklich oder verärgert sein sollte. Innerlich sah er seine guten Vorsätze für das Semester dahin rieseln.
„Wieso habt ihr mich nicht geweckt?“ Der Vorwurf ging an Mia und Erik.

„Das haben wir versucht aber du warst nicht wach zu bekommen. Erik hat dir stattdessen ein extra Paar Augen aufgemalt, damit du wenigstens wach aussiehst.“

Damit war Flo endgültig wieder im alten Semester angekommen. Unaufmerksam und um keine Gelegenheit verlegen, sich zum Affen machen zu lassen, ob er nun wollte oder nicht. Den Rest des Tages würde er sausen lassen und sich ausschlafen gehen. Mit etwas Glück würde ihm Mia morgen ungefragt Kopien ihrer schön sauberen Mitschriften mitbringen. Er wusste, das würde ihn einen Kuchen kosten. Diesmal wäre Schokolade eine gute Idee. Wenn er rechtzeitig aufwachte, wäre er sogar gleich morgen fertig. Wenn auch Uni und Partys einem das Leben zur Hölle machten, mit den richtigen Freunden war doch alles gleich viel leichter.


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Dein Versuch hat mir gut gefallen. :) Schön kreativ. Finde es praktisch, wie wir hier auf Steemit auf verschiedene Art und Weise unsere Schreibfähigkeiten trainieren.

Ja, das hat tatsächlich seine Vorteile. Man kann sich austoben und eine Menge Inspirationen sammeln. Auch wenn natürlich nicht alles allen gefallen kann. Und vielen lieben Dank für das Lob :)

Zuerst den Daumen hoch für die Geschichte. Keinen Moment langweilig, als dass man es hätte Flo gleichtun sollen.
Zum Glück kann ich mit genügend Abstand auf eigene Erfahrungen zurückblicken. Aber, und da kann mir einer erzählen was er will, zum Schluss hat man es dann doch irgendwie hingebogen.
Eine Fete mit solcher Ankündigung zu verpassen, dass hätte auch ich mir nie verziehen. Egal wie schlecht das Bier auch sein mag. Irgendwann fängt es an richtig gut zu munden. So zumindest meine Erfahrung - wenn ich mich recht erinnern kann?!
Gruß, Wolfram

Na, ich bin schon Bier begegnet, von dem man nicht genug hätte trinken können, als dass es etwas anderes als widerlich gewesen wäre. Aber mit den richtigen Leuten wäre das dann auch kein Problem gewesen. Zu dumm, dass Flo da bei den falschen Leuten war. Und vielen Dank für die Anerkennung :)

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