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RE: Introducing myself: My first impressions on steemit

A Bayer, na das sowos gibt! :D

Herzlich willkommen auf Steemit :) Wünsch dir viel Erfolg aber vor allem Spaß auf Steemit. Finde dein Studium sehr spannend. Wie viele Studenten gibt es da im Masterstudiengang? Ist ja doch schon sehr speziell. Würde mich tatsächlich freuen darüber mehr zu erfahren, eventuell ein paar oberflächige Fakten die ich als Laie mir auch merke.

LG aus Wien, Tobi

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Ja, Servus nach Wien :)

Im Master sind wir jetzt nicht mehr wirklich viele. In meinem Semester dürften das noch so etwa 30 Leute sein. Wie du schon gesagt hast, ist das doch ein ziemlich unbekanntes und etwas spezielles Studium. Im Bachelor beginnt man das Studium zuerst mit 2 Semestern Grundstudium, da ist dann alles dabei wie Höhere Mathemathik, Statistik, Physik, Chemie, Gentechnik... Leider hört man erst im dritten Semester zum ersten Mal wirklich, was man mit dem Studium überhaupt anfängt. Das fand ich damals schon sehr schade. Dann geht es eigentlich hauptsächlich mit Ingenieursfächern wie Strömungsmechanik, Technische Mechanik und Verfahrenstechnik weiter. Und bis man sich versieht ist man im 6. Semester und schreibt Bachelorarbeit. Im Master (derzeit bin ich im 3. Mastersemester) geht es dann eigentlich auch recht ähnlich weiter. Hier kommt vielleicht noch etwas mehr der Bezug auf die Pharmaschiene zum tragen. Bei uns vermisse ich nur leider eine stärkere Anwendung von Konstruktionsprogrammen, was in der Industrie eigentlich schon erwartet wird.

Das Schöne sind eigentlich die vielen Richtungen, in die man sich entwickeln kann. Es wäre möglich in die Forschung einzusteigen, was aber meiner Meinung nach nicht das Hauptziel ist. Der Fokus liegt schon auf der Pharmabranche und hier speziell auf neuen Fermentationstechnologien zur Produktion von z.B. Antikörpern, die auf chemischem Weg niemals zu synthetisieren wären. Normalerweise kannst du dir das alles vorstellen, dass in einer Pharmafirma ein neuer Wirkstoff (z.B. Antikörper) gefunden wurde, der gegen eine schwere Erkrankung (meistens Krebs) eingesetzt werden kann. In einer Forschungsgruppe werden dann Zellen gentechnisch so verändert, dass sie genau diesen Antikörper produzieren können. Ab dann kommt die Bioprozesstechnik richtig zum tragen. Die Zellen müssen dann in den Reaktoren vermehrt und dazu gebracht werden, den Wirkstoff in möglichst hoher Konzentration zu produzieren. Irgendwann wird dann der Inhalt geerntet und der Wirkstoff von allen anderen Verschmutzungen getrennt. Die Aufreinigung ist übrigens bei weitem der teuerste Schritt. Der möglichst reine Wirkstoff geht dann in die Verpackung und wird in die richtige Darreichungsform, z.B. Tabletten oder Spritzen gebracht. Es wäre aber für Bioprozesstechniker genauso möglich, in den Anlagenbau für solche Anwendungen einzusteigen.

Ich hoffe, dass du das Studium jetzt ein wenig besser einordnen kannst. Viele Grüße!

Wow. Vielen lieben dank für die lange und ausführliche Beschreibung. Der lange allgemeine Einstieg klingt wirklich schon speziell. Ist man ja oft von technischen Universitäten gewöhnt sehr allgemein einzusteigen, was ja auch oft Studenten abschreckt, und erst spät in die Thematik einzutauchen, aber bei dir klingt das ja noch länger.

Dass die Reinigung der teuerste Prozess ist hätte ich nicht gedacht. Wobei ich es mir natürlich unendlich kompliziert vorstelle bei solchen winzigen Größeneinheiten eine effiziente Reinigung zu realisieren. Sind diese ganzen Prozesse mit viel Trail-and-Error verbunden und wird da im Vorfeld alles "fehlerlos" berechnet bzw. auf Erfahrungswerte aufgebaut?

Jedenfalls hast du mich mit deiner langen Antwort als Follower gewonnen!

Das freut mich natürlich, wenn ich einen Follower gewinnen konnte :D

Bei der Reinigung hat man viele verschiedene Möglichkeiten. Ganz klassisch kann man sich natürlich erstmal eine Filtration á la Kaffeefilter (nur viel aufwändiger und genauer) vorstellen, die den gröbsten Schmutz wegbekommt, also z.B. Zellstückchen. Damit man dann wirklich nur den Wirkstoff bekommt, muss man vor allem die chemisch-physikalischen Eigenschaften von dem Wirkstoff kennen. Bei Antikörpern ist es üblich verschiedene Arten von Chromatographie anzuwenden, die sehr spezifisch den Wirkstoff binden können. Da sind die Chromatographiesäulen einfach auch sehr teuer. Sehr beliebt ist dann auch noch eine Kristallisation der Antikörper. Das hört sich erstmal komisch an, aber es ist tatsächlich möglich die Proteine in Kristallform zu bringen. Das hat den großen Vorteil, dass ein Kristall sehr, sehr rein ist. Der Nachteil ist dann nur, dass es eben prozesstechnisch sehr schwierig ist die Kristallisation zu berechnen. Bei jedem Schritt geht natürlich auch immer ein gewisser Prozentsatz an Wirkstoff verloren, weshalb man versucht mit wenigen Schritten auszukommen. Mit Trial and Error hat das eigentlich nichts zu tun. Die Prozesse und Produkte sind da so teuer, dass man sich da Fehler eigentlich nicht erlauben kann. Für paar hundert Gramm Wirkstoff am Ende kann es gut sein, dass mehrere hunderttausend Euro investiert werden müssen. Auch von den Behörden gibt es sehr strenge Vorgaben, was die Qualität und Reinheit der Wirkstoffe angeht, da ist kein Platz für Fehler. Ist ja auch verständlich, da Leben auf dem Spiel stehen, wenn etwas schief läuft.

Ich merke gerade, dass mir das Schreiben über das Studium ziemlich viel Spaß macht. Deswegen ist die Antwort schon wieder etwas länglich ausgefallen. Vielleicht starte ich ja eine kleine Blogserie dazu :D Hast mich übrigens auch als Follower, mit Fotografie kann ich auch was anfangen, allerdings hatte ich in letzter Zeit nicht viel Gelegenheit dazu.

Das es bei den großen Mengen kein Trail-and-Error gibt hatte ich mir eh gedacht, da gehts ja um zu viel Geld. Hatte nur eventuell vermutet das solche Arbeitsschritte von neuen Stoffen zuerst in winzigen Mengen getestet werden, da man eventuell bei neuen Wirkstoffen noch nicht weiß wie man jeden Prozess am effizientesten gestaltet. Aber wie gesagt, das war ja nur eine Vermutung meinerseits, du bist der Fachmann hier.

Ich denke das wäre tatsächlich eine spannende Idee wenn du darüber eine kleine Serie startest. Geteiltes Fachwissen ist ja immer was tolles!

Also zuerst gibt es natürlich schon Tests im Labormaßstab. Die Skalierung ist dann auch wieder ein eigenes Thema. Von 10 L Laborreaktor auf 12000 L muss vieles anders abgewickelt werden. Das würde ich aber auch nicht als Trial and Error bezeichnen, weil die Parameter im Vorfeld berechnet werden. Wenn man empirisch gefundene Gleichungen als Erfahrungswerte bezeichnen kann, dann stimmt das mit Sicherheit.

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