Über Zweifel – und darunter | On doubts - and underneath
Über Zweifel – und darunter
„Ich weiß nicht.“
Wie bitte? Die allzeit schlagfertige und immer so beredte Vivienne gibt offen zu, etwas nicht zu wissen? Ich war erstaunt. Aber eigentlich war ich noch ein bisschen mehr – enttäuscht! Denn ich hatte gehofft, sie könne mir etwas Gescheites sagen zum Thema Zweifel. Darum hatte ich mir eine schlaue Frage an sie ausgedacht, nämlich: Was ist eigentlich der Kern des Zweifels? Und dann grätscht mir Vivienne einfach weg mit ---
Halt, Moment mal. Ich Dummkopf! Natürlich! Vivienne hatte gar nicht für sich selbst geantwortet. Sie hatte für wen anders gesprochen, jemand sozusagen zitiert. Ich müsste also schreiben: „‚Ich weiß nicht’.“ Sie hatte einen imaginären Ur-Zweifler zu Wort kommen lassen, und der Kern des Zweifels ist, etwas nicht zu wissen, das war ihre Aussage!
Oder?
Ich war irgendwie doch noch immer oder vielleicht auch schon wieder neu im Zweifel. Ich begann sogar zu zweifeln, ob meine Frage nach dem Kern des Zweifels den Kern der Sache überhaupt treffen könnte. Ich zweifelte am Zweifel, an der Möglichkeit, mehr als ein diffuses Gefühl damit benennen zu können. Und zwar recht willkürlich, wie mir jetzt scheinen wollte.
Oder?
„Vivienne“, begann ich also erneut, „ist das denn nicht ein Widerspruch in sich? Wenn ich etwas nicht weiß und das auch klar aussprechen kann, dann bin ich doch nicht im Zweifel, sondern erlebe mich in der Unwissenheit. Das ist doch nicht dasselbe. Oder?“
„Worte oder Aussagen können gleich lauten, aber doch Verschiedenes meinen“, holte sie aus. „Nimm zum Beispiel die berühmt gewordene Wortfolge, mit der Noam Chomsky seinerzeit einen grammatisch zwar korrekten, aber inhaltlich widersprüchlichen, geradezu grotesken Satz demonstrieren wollte: ‚Farblose grüne Ideen schlafen wütend.‘“
Ich war gespannt, worauf sie hinaus wollte. „Da wir hierzulande mit der Partei der Grünen und ihren Ideen zu tun haben, ist ein Sprachspiel, in dem von ‚grünen Ideen‘ gehandelt werden kann, nicht mehr abwegig. Und Ideen Farblosigkeit metaphorisch für ihre Fadenscheinigkeit oder ihren Armut an Gehalt zuzusprechen, somit insgesamt von ‚farblosen grünen Ideen‘ zu reden, wird sinnvoll möglich. Für das wütende Schlafen fällt dir sicher selbst auch noch eine De-Metaphorisierung ein, sobald du erst einmal zugelassen hast, es könne eine bildliche Sprechweise sein.“
Ich schaute wohl doch noch ziemlich zweifelnd, denn Vivienne fuhr rasch fort: „Der Satz ‚Ich weiß nicht‘ ist überhaupt nicht auf einen ganz bestimmten Inhalt fixiert oder fixierbar. ‚Ich weiß nicht‘ signalisiert mehr Unlust als Unwissenheit, wenn diese Worte als Antwort auf die Frage ‚Gehen wir ins Kino?‘ erscheinen. Es ist dann Ausdruck einer Unschärfe der eigenen Laune, einer Unklarheit der eigenen Erwartungen. Und wenn du fragst, was der Kern des Zweifels sei, dann weiß ich nicht, ob diese Frage in irgendeiner Weise zielführend sein könnte. Wenn du hingegen behauptest, gestern sei die Sonne gar nicht aufgegangen, dann hege ich aufgrund meiner eigenen Erinnerungen an gestern doch starke Zweifel, ob ich dich richtig verstanden habe. So wie ich Zweifel hege, ob es tatsächlich möglich ist, einen Satz zu konstruieren, der grammatisch richtig und unter keinen Umständen sinnvoll sein kann.“
Mir begann es zu dämmern: Zweifel ist an sich zwar so ungreifbar wie Nebel und hat keinerlei Kern. Wenn ich aber wirklich zweifeln will, dann gelingt das nur systematisch, nicht als kleines Hie-und-da, sonst gerate ich selbst mit in den Nebel. René Descartes war ja seinerzeit gerade bei seinem Versuch, alles zu hinterfragen und alles zu bezweifeln, darauf gestoßen, dass er dann auch den Zweifel bezweifeln muss und nur das reine „Ich denke“ übrig bleiben kann, dieses inhaltslose Etwas, das kein Wissen ist und auch kein Zweifel. Das systematische Zweifeln ist ein Mittel zu einem anderen Zweck, eine Methode. Dahinter steht der Drang zur Wirklichkeit, zur Ent-Täuschung. Wer schon bei diffusen Gefühlen zu zweifeln meint und dabei in Wahrheit doch nur seinen Vorurteilen verhaftet bleibt, zweifelt nicht wirklich, sondern negiert bloß andere Meinungen.
Oder?
photo: ty-ty
On doubts - and underneath
"I don't know."
Excuse me? The always quick-witted and eloquent Vivienne openly admits she doesn't know something? I was astonished. But I was actually a bit more - disappointed! Because I had hoped she would be able to tell me something clever about doubt. So I came up with a clever question for her, namely: What is the essence of doubt? And then Vivienne simply stomps off with ---
Wait a minute. Silly me! Of course! Vivienne hadn't answered for herself. She had spoken for someone else, quoted someone, so to speak. So I should write: "'I don't know'". She had let an imaginary original doubter have his say, and the core of doubt is not knowing something, that was her statement!
Wasn't it?
Somehow I was still in doubt, or perhaps I was in doubt again. I even began to doubt whether my question about the core of doubt could even get to the heart of the matter. I doubted the doubt, the possibility of being able to name more than a vague feeling with it. And quite arbitrarily, as it now seemed to me.
Or was it?
"Vivienne," I began again, "isn't that a contradiction in terms? If I don't know something and can say it clearly, then I'm not in doubt, I'm experiencing ignorance. That's not the same thing. Isn't it?"
"Words or statements can be the same but mean different things," she continued. "Take, for example, the famous phrase that Noam Chomsky used to demonstrate a grammatically correct but contradictory, downright grotesque sentence: 'Colourless green ideas sleep furiously'."
I was curious to see what she was getting at. "Since we are dealing with the Green Party and its ideas in this country, a language game in which we can talk about 'green ideas' is no longer absurd. And to attribute colourlessness to ideas metaphorically for their flimsiness or their poverty of content, thus speaking of 'colourless green ideas' as a whole, becomes meaningfully possible. I'm sure you'll come up with a de-metaphorisation for furious sleeping once you've admitted that it could be a figurative way of speaking."
I still looked rather doubtful, because Vivienne quickly continued: "The sentence 'I don't know' is not at all fixed or fixable to a very specific content. 'I don't know' signals more reluctance than ignorance when these words appear as an answer to the question 'Are we going to the cinema?' It is then an expression of a vagueness of one's own mood, an ambiguity of one's own expectations. And if you ask what the core of the doubt is, then I don't know whether this question could be in any way useful. If, on the other hand, you claim that the sun didn't rise at all yesterday, then I harbour strong doubts as to whether I have understood you correctly based on my own memories of yesterday. Just as I have doubts as to whether it is actually possible to construct a sentence that is grammatically correct and cannot make sense under any circumstances."
It began to dawn on me: Doubt is as intangible as fog and has no core. But if I really want to doubt, then I can only do so systematically, not as a little here-and-there, otherwise I myself get caught up in the fog. In his attempt to scrutinise everything and doubt everything, René Descartes came across the fact that he would then also have to doubt doubt and only the pure "I think" can remain, this meaningless something that is neither knowledge nor doubt. Systematic doubting is a means to another end, a method. Behind it is the urge towards reality, towards disillusionment. Anyone who thinks they are doubting even when they have vague feelings and yet in truth only remain attached to their prejudices are not really doubting, but merely negating other opinions.
Or do they?
Translated with much help by DeepL.com (free version)
Deine Gedanken und Zweifel sind durchaus berechtigt und zeigen, wie komplex das Thema Zweifel ist. Tatsächlich kann man sagen, dass Zweifel in verschiedenen Kontexten und Situationen unterschiedliche Bedeutungen und Auswirkungen haben kann.
Zweifel kann ein Ausdruck von Unwissenheit sein, wie in dem von dir erwähnten Beispiel "Ich weiß nicht". Aber es kann auch ein Ausdruck von Unsicherheit, Skepsis oder Misstrauen sein. In manchen Fällen kann Zweifel auch ein wichtiger Anstoß sein, um tiefer zu graben und mehr über ein Thema herauszufinden.
Der Kern des Zweifels, wenn man es so nennen möchte, ist vielleicht die Erkenntnis, dass unsere Wahrnehmung und unser Verständnis der Welt nicht immer vollständig oder korrekt sind. Zweifel kann uns dazu bringen, unsere Annahmen und Überzeugungen zu hinterfragen und nach mehr Wissen oder Klarheit zu suchen.
Allerdings, wie du auch richtig anmerkst, kann Zweifel auch zu einem Hindernis werden, wenn er uns daran hindert, Entscheidungen zu treffen oder Vertrauen in uns selbst und andere zu haben. In diesem Sinne ist es wichtig, einen gesunden Umgang mit Zweifeln zu finden und sie als Anstoß zur Reflexion und Weiterentwicklung zu sehen, anstatt sie uns selbst oder andere blockieren zu lassen.
In Bezug auf René Descartes' systematischen Zweifel ist es wichtig zu beachten, dass dieser eine philosophische Methode ist, um an die Grundlagen des Wissens zu gelangen, nicht unbedingt eine Empfehlung für den Umgang mit Zweifeln im Alltag.
Insgesamt ist Zweifel ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, das sowohl hilfreich als auch hinderlich sein kann, je nachdem, wie wir damit umgehen.
Guter Kommentar!
Zweifel ist gewiss ein zweischneidiges Schwert. Ich denke, die Intention des Zweifels ist dabei wichtig, damit man nicht, wie von dir beschrieben, in die Irre geht.
Dank gen Flens!
Möge dies & das mit dir sein!
(Kraft & Weisheit oder Wille & Ruhe oder Frieden & Freiheit, zum Beispiel;
Drache & Mädchen wäre vielleicht am schönsten?)
Ja , oh , danke schön ,
aber an Dich und auch an @parzifal1 geht noch ein halbentschuldigendes #SHOUTOUT ,
ja , könnt Ihr Euch sicherlich schon denken , dass , höhö , dass der Kommentar auf technische Weise erzeugt wurde , ja .
!invest_vote
Ausgeschlossen! ;-)))
Tja .
Unmöglich!
Höhö , nönö , jöjö .
https://chat.mistral.ai/chat/38dbdf36-dbfb-4d07-a341-bdbd8c058df3
Wer zweifelt zeigt jedenfalls, daß die Lage überdacht wird um wenn nötig zu korrigieren.
aber es gibt auch das Verb verzweifeln, was bedeuten kann, daß die Lösung eines Problems ziemlich unmöglich zu sein scheint.
TEAM 5
To be or not to be 🤔