Ist Lidl doof?

in Deutsch Unplugged5 hours ago (edited)

Vielleicht hat Lidl aber auch nur keine Zeit gehabt. Wer weiß das schon? Es schädigt auf alle Fälle das Image, wenn man doof ist. Wie ich auf diese im Kern unwichtige Frage komme? Fragen führen zu Erkenntnis. Der Weg, auf dem sich ein Gedanke im grauen Alltag zu einer Frage aufbaut, ist Gegenstand dieser Geschichte. Ich muss nur leider weit ausholen, um zu verdeutlichen, durch welch verzweigte reale und surreale Konstrukte ein Gedanke ausgelöst wird, bevor er sich formt. Nur so durch Verfolgung aller Tatsachen, die zur Entstehung der konkreten Frage beitrugen, ist es möglich zu demonstrieren, wie unvorstellbar komplex geistige Entstehungsprozesse sind, die z. B. irgendwann wichtige Menschheitsfragen stellen. Ich werde es so einfach wie möglich fassen und habe keinen Anspruch, Philosoph zu sein.

Kinder haben immer Ideen, was sie als Nächstes tun können. Die in meiner Familie sind Erwachsene und nur zwei Enkel sind noch unter zwanzig. Der älteste Sohn meiner Frau ist schon fünfzig Jahre alt und alle Kinder sind einzigartige Charaktere, wovon einige gegen jeden Widerstand von Vernunft ihre Ideen Wirklichkeit werden lassen.
Die Neuseeländer, das sind sieben Kinder meiner verstorbenen kleinen Schwester, unterhalten am gegenüber liegenden Ufer von Neckarau, dem südwestlichen Stadtteil von Mannheim, überraschend große Schrebergärten. Das Gelände gehört zu Altrip, einer verschlafenen Gemeinde im Bundesland Rheinlandpfalz. Die Landesgrenze verläuft hier in der Mitte des Rheins und als Mannheimer benutzt du die Fähre zum Übersetzen. Nach ihrer Betriebszeit ab 22 Uhr geht es nur noch über die Brücke in Ludwigshafen zurück.

Die Gärten liegen auf einer Halbinsel im Rhein. Je nach Wasserstand findet man dort einen wunderbar breiten Kiesstrand auf der Flussseite sowie den im Sommer teilweise verlandenden Nebenarm auf der anderen Seite der Halbinsel. Dort erstreckt sich ein Urwald bis hin zu den Auen von Altrip. Das Ganze ist Naturschutzgebiet. Einer der Gärten wurde von den Kindern schon vor Jahren für etwa 10.000 Euro von der Gemeinde gekauft. Da gab es eine Erbschaft aus Holland und sie haben wenigstens ein Mal was Vernünftiges damit gemacht, was aus Holland kam. Zu der Zeit waren noch alle Neuseeländer in Mannheim. Mittlerweile sind zwei Mädels und der älteste Neffe wieder zurück im Land der langen, weißen Wolke. Seitdem wurden noch zwei Mietgärten hinzu genommen.

Einer der Jungs baut immer irgendwas Großes. Der Älteste hat aus Holz eine urige Versammlungshütte auf das Familiengrundstück gesetzt, bevor er endgültig verschwunden ist. Sie hat eine Bühne für mindestens vier Musiker mit Schlagzeug, Feuerplatz in der Mitte und drum herum liegende Kojen für das dekadente Partyvolk. Seine Versorgung findet durch eine angebaute Sommerküche ihren Weg. Der Zweitälteste, Schreiner von Beruf und Werklehrer in einer Waldorfschule, baut nebenan seit drei Jahren einen Lastwagenanhänger zum Wolkenkuckucksheim um. Mein jüngster Sohn studiert in Mannheim und baut auch einen Lkw-Anhänger um. Der steht in einem der Mietgärten ganz am Anfang seiner Karriere als Tiny House Deluxe.

Was haben meine Lidi-Gedanken mit den Anhänger-Jungs zu tun? Ganz einfach. Die Anhänger bescherten mir von Donnerstag bis Freitag eine wunderschöne Autoreise. Die ging von Hanau ins Kinzigtal, dann über die Rödermark in den Odenwald hinein, bis nach Mannheim. Einzige Aufgabe für mich: das Auto meiner Frau am nächsten Tag wieder nach Hanau zu bringen und dort die zurückgelassene Sitzbank wieder einzubauen. Ich habe 24 Stunden keinen Finger rühren müssen, geplaudert, geraucht, gegessen, getrunken, geschlafen kurz – mich prächtig amüsiert und bei Lidl zum ersten Mal so sehr, dass ich fotografiert habe, was mich amüsierte. Später habe ich nicht fotografiert. Was auch nicht wichtig ist, weil es um den Gedanken geht und was alles nötig war, ihn entstehen zu lassen.

Der Neffe hat in Salmünster-Bad Soden (Kinzigtal) für das Wolkenkuckucksheim eine Haustür gekauft. Das war vor drei Monaten. Unser Jüngster hat vor etwa zwei Monaten im Odenwald beim Reichelsheimer Sägewerk Delp Latten für sein Projekt gekauft. Das ist zwar alles über das Internet schnell erledigt, aber der Transport ist eine ganz andere Sache. Also holt man das Zeug selbst ab. Irgendwie irgendwann. Jetzt hat sich eine Gelegenheit ergeben. Unser Caddy stand zur Verfügung und ich hatte mal wieder Zeit. Elke war einverstanden, also reiste der Sohn an, um den Job zu stemmen. Ich musste tatsächlich keinen Finger rühren und hatte das Privileg, chauffiert zu werden. Er hielt beim Bauhaus an, kaufte drei Spanngurte und sichere Fahrt mit offener Heckklappe war gewährleistet.

Die Jungs bauen alte Lastwagenanhänger mit Aluhaut in Luxuswohnungen um. Das Wolkenkuckucksheim hat mittlerweile zwei Stockwerke und eine ausladende Terrasse auf der Höhe von ungefähr 1.6 Meter über Geländeniveau. Es sind Lastwagenanhänger. Ladefläche etwa auf Nasenhöhe. Ich weiß ja nicht, wie groß du bist, aber ohne Außentreppe kommst du nicht rein.

Später, als wir in Altrip auf der Halbinsel am Lagerfeuer saßen, hat das Tiny House Deluxe geleuchtet wie ein Hexenhäuschen. In racinggrün gestrichen, mit Naturholzrahmen um die Fenster. Jens hat drei Jahre daran gebaut. Der Anhänger von meinem Sohn steht zwei Gärten weiter und ist im Rohbau. Seine neuen Latten von Delp sind übrigens tadellos gerade, zweiseitig gehobelt und ganz ohne Astlöcher. Astrein im wahrsten Sinne des Wortes.

Und jetzt kommt es zu dem Moment der Frage. Zuerst holten wir die Tür im Kinzigtal ab. Kurz vor dem Ziel stellte mein Kind mich wortlos auf dem Parkplatz von Lidl ab und verschwand, weil er Reiseproviant brauchte. Weil ich in jeder Situation nach mehr Sinn suche, habe ich die Szene studiert, die sich vor mir auftat. Bis eine Sache meine Aufmerksamkeit fesselte, die unbedingt fotografiert werden musste.

lidl-grammatik.jpg

Hast du es gesehen? Nein? Es geht um eine Sache, die sicher nicht billig war und überall in Deutschland gleich blöd aussieht. Hast du es? Liebe Leser, das ist jetzt einfach zu finden und mehr Hinweise gebe ich nicht. Ihr seid schlau genug, es selbst herauszufinden.

Wer es jetzt noch nicht mit den eigenen Bordmitteln gefunden hat, schaut sich vielleicht die folgende Vergrößerung an. Und worin lag nun die Ursache meiner Heiterkeit?

grafik.png

Dass die zwei Teile der ausgebauten Rücksitzbank fast zu schwer für einen alten Opa sind, muss ich vor Schluss ausdrücklich erwähnen. Insofern war die gemütliche Reise durch Südhessen und Nord-Baden Württemberg inklusive Übernachtung vor dem Bollerofen in Mannheim zwar eine Entschädigung, aber eine teuer erkaufte. Die Rückbank ist heute noch nicht drin und mein Enkel ist bei der anderen Oma. Niemand wird mir helfen. Aber das ist schon der nächste Gedanke-

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 4 hours ago 

Na nicht nur Lidl auch andere Marktriesen haben die neue abzocke gut drauf , einem all zu eifrigen Aufschreiber ist das schon übel bekommen ,ich boykottiere diese Läden wenn möglich .
Lidl lohnt sich wirklich 😉❗️
VgA

 3 hours ago 

Genitiv ist out… ;-)

 5 hours ago Reveal Comment

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