Flute magic | Flötenzauber
Flötenzauber
English below
Pamina winkte mir munter zu. Sie unterhielt sich offensichtlich zwar gerade mit den drei Knaben (jung, schön, hold und weise), aber sie als Einzige hatte mich trotzdem bemerkt. Das weiße, hochgeschlossene Kleid stand ihr ausgezeichnet, und ich wünschte mir einen Augenblick, Tamino zu sein. Aber ihre Mutter stand in der Nähe, bezirzte mal wieder Sarastro, daneben unbeachtet meine Papagena, während die drei Priester und Tamino in einem eigenen Kreis standen und über diese und jene Belanglosigkeit plauderten.
Doch Paminas Mutter wollte ich jetzt auf gar keinen Fall begegnen. Seit ich Tamino die Flöte gestohlen hatte, lief das Geschehen nämlich ein bisschen aus dem Ruder. Emanuel fühlte sich schikaniert, hatte er mir ausrichten lassen, und beim genaueren Hinsehen fand ich mittlerweile auch, dass Tamino in Stöckelschuhen ein bisschen merkwürdig war. Lieber will ich also doch nicht er oder sie oder es sein, oder welches Pronomen auch immer sich Tamino gerade gegeben haben mochte.
Die beiden neben seinen Füßen liegenden oder aufrecht stehenden Müllsäcke hätten mich eigentlich schon warnen sollen, aber als gewiefter Pan-Flötist wähnte ich mich im Besitz der Zauberflöte eigentlich recht sicher. Ich würde das Ding schon schaukeln, die Singspielerei in eine Tragödie altgriechischen Ausmaßes transformieren, da sollten Paminas Mutter und der feine Herr Emanuel, ja auch die ganze Mischpoke von diesem Sarastro mal sehen! Noch war sie namenlos, diese Pik-Königin, aber das sollte sie nicht bleiben, sie sollte zu einer veritablen Klytaimnestra werden oder zur Mutter von Oidipous, wie hieß die noch, Iokaste oder Epikaste, glaube ich.
Obwohl ich als Vogelfänger eigentlich bunt gekleidet herum ziehen sollte, mag ich persönlich, also wenn ich nicht auf einer Bühne vorturnen muss, viel lieber Schwarz und Weiß und wenig dazwischen. Das entfärbt dann auch ein bisschen meinen Blick auf die Welt, ich suche Extreme, ich will es krass und krasser, und folglich muss es entweder Tragödie sein oder Komödie, aber kein Amalgam dazwischen, keine Nebenfiguren mit eigenen Charaktern, am besten gar keine, nur markante Hauptdarstellerinnen und Antagonisten. Eine glühend kochende Rachegöttin. Ermordete Leichen. Vielleicht eine Möwe, als Anspielung.
Ich versteckte mich wieder in einem Seiteneingang des Theaters, nahm die gestohlene Flöte heraus und spielte eine Melodie, welche alle Genesis-Fans kennen, gefolgt von einer anderen berühmten Flöten-Melodie aus einem Werk von Debussy. Laut Betriebshandbuch der Zauberflöte, das ich in einer Schublade von Emanuel gefunden hatte, sollte nämlich genau diese Kombination dazu führen, hölzerne Hexen jung und sinnlich wirken zu lassen, Rachegöttinnen zur Weißglut anzufeuern und Knaben (jung, schön, hold und weise) zu derben Anzüglichkeiten aufzupeitschen, sie geradezu in Nymphen-gierige Faune zu verwandeln.
Anscheinend hätte ich aber doch noch ein bisschen weiter lesen sollen bis zum Ende des Kapitels über die so genannte Intentionale Infernalisierung, denn die von mir erwartete Wirkung trat augenscheinlich überhaupt nicht ein, in allerkeinster Weise; stattdessen löste ich mich selbst in eine Wolke bunter Vogelfedern auf, und das letzte, was ich hörte, war das Klappern der Flöte, die mir aus den nicht mehr vorhandenen Händen auf das Pflaster purzelte.
photo: ty-ty
Flute magic
Pamina waved cheerfully at me. Although she was obviously talking to the three boys (young, beautiful, charming and wise), she was the only one who had noticed me. The white, high-necked dress suited her perfectly, and for a moment I wished I were Tamino. But her mother was standing nearby, once again bewitching Sarastro, next to her unnoticed my Papagena, while the three priests and Tamino stood in a circle of their own, chatting about this and that triviality.
But I certainly didn't want to meet Pamina's mother now. Since I had stolen Tamino's flute, things had got a bit out of hand. Emanuel felt browbeaten, he had informed me, and when I took a closer look, I also thought that Tamino in high heels was a bit strange. So I'd rather not be he or she or it after all, or whatever pronoun Tamino might have just given himself.
The two rubbish bags lying or standing upright next to his feet should have warned me by now, but as a shrewd pan flutist, I actually thought myself quite safe in possession of the Magic Flute. I would rock the boat, transform the musical comedy into a tragedy of ancient Greek proportions, so that Pamina's mother and the fine Mr. Emanuel, and even the whole bunch of Sarastro's mongrels, could see it! She was still nameless, this queen of spades, but she was not to remain so, she was to become a veritable Clytemnestra or the mother of Oidipous, what was her name, Iokaste or Epikaste, I think.
Although as a bird catcher I should actually go around dressed in colourful clothes, personally, that is, when I don't have to perform on a stage, I much prefer black and white and little in between. This then also discolours my view of the world a bit, I look for extremes, I want it harsh and harsher, and consequently it has to be either tragedy or comedy, but no amalgam in between, no supporting figures with characters of their own, preferably none at all, just striking leading ladies and antagonists. A fiery boiling goddess of revenge. Murdered corpses. Maybe a seagull, as an allusion.
I hid in a side entrance of the theatre again, took out the stolen flute and played a tune all Genesis fans know, followed by another famous flute tune from a work by Debussy. According to the manual of the Magic Flute, which I had found in one of Emanuel's desk drawers, this combination was supposed to make wooden witches seem young and sensual, to incite vengeful goddesses to white heat, and to whip up boys (young, beautiful, charming and wise) into crude lewdness, turning them into nymph-greedy fauns.
Apparently, however, I should have read a little further to the end of the chapter on so-called Intentional Infernalisation, because the effect I was expecting apparently did not occur at all, in the very least; instead, I dissolved myself into a cloud of colourful bird feathers, and the last thing I heard was the clatter of the flute tumbling from my no longer available hands onto the cobblestones.
with very much help of DeepL
#CHOZ diese Arie ist eines der schlimmsten Gejaule der Vergangenheit nur noch überholt vom Chor aus Nampuko oder so .
...freut mich zu hören, dass du ein Mozart- und Verdi-Freund bist.
https://www.ardmediathek.de/video/ard-klassik/verdi-nabucco-gefangenenchor-chor-des-bayerischen-rundfunks-muenchner-rundfunkorchester-ivan-repusic-br-klassik/ard/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE0Mzg2NDY
Ich selbst stehe ja mehr so auf Wagner.
Instrumental, hihi.
Haben Plato oder Aristoteles nicht auch irgendwelche Musik gemacht , hihi , zusammen mit Klytaimnestra und Iokaste ?
https://www.deutschlandfunk.de/musikwissenschaftler-hans-joachim-hinrichsen-ueber-kants-100.html
Klingt ja zuweilen wie die Moldau , haha .
Ich persönlich mag lieber Hindemith .
Gute Wahl, das Schwanenzeug hört sich prima weg.
Sokrates:
https://www.ardmediathek.de/video/ard-klassik/wagner-parsifal-vorspiel-swr-symphonieorchester-pablo-heras-casado-swr-kultur/ard/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE4Nzc2NjA
Wagner , genau Eines wie das Andere , immer das Gleiche .
Das verwechselst du mit Chopin.
if I said that I understood everything, I would deceive myself...
apparently... this should be read in the morning... If I think now, I risk losing sleep...))))
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если бы я сказал, что всё понял, я бы обманул сам себя...
видимо... это следует прочесть с утра... если я буду думать сейчас, я рискую потерять сон... ))))
Unique. As always, actually ;-)) Bird caught...