/DE/ Nieder mit dem Meisterzwang!
Die Handwerksbetriebe und Innungen jubeln – die Meisterpflicht in Deutschland kann weiterbestehen. Es drohte Einmischung aus Brüssel, die EU wollte die Berufsannerkennung EU- weit angleichen, es bleibt „Ländersache“. Aber wer jubelt da eigentlich und warum und vor allem über was genau?
Das Thema ist mir ein paar Beiträge wert, zunächst möchte ich mit ein paar Mythen aufräumen.
Nur Meisterbetriebe garantieren qualifizierte Arbeit
Das ist ja nun das abgedroschenste Argument pro Meisterzwang.
Klar, es geht direkt ins Mark der Laien die keinen Einblick ins Handwerk haben. Ähnlich wie die Argumente der Berufsschulen gegen Schwarzarbeit, weder der Kunde noch der Handwerker hätten Rechtssicherheit.
Zwei Anmerkungen dazu. Erstens, sehr viel handwerkliche Arbeit die anfällt wird nur aus Zeitgründen an Handwerker delegiert oder weil der Kunde zwei linke Hände hat. Zum Wände streichen, Tapezieren, Laminat verlegen, Fenster einbauen, Waschbecken montieren, Hecke schneiden und so weiter braucht man keinen Meisterbrief. Nichtmal einen Gesellenbrief.
Die Arbeit wird dann gut wenn man Erfahrung damit hat, dies jeden Tag macht und über handwerkliche Grundkenntnisse verfügt.
Zweitens, auch Meisterbetriebe liefern schlechte Arbeit ab. Vernünftige Statistiken wird man dank Meisterzwang dazu aber wohl nicht bekommen.
Wie an anderen Stellen im Markt sind Referenzen und Empfehlungen das Maß der Dinge. Es könnte ganz klar der Markt entscheiden ob ein Meister wirklich qualifiziertere Arbeit leistet als ein Geselle oder sogar „Laie“.
Der Meister bereitet auf Selbstständigkeit vor
So steht es im Thesenpapier des Handwerksverbandes das anlässlich der Torpedierung aus Brüssel verfasst wurde. Nun, das mag sein. Wird ja auch teuer bezahlt der Meisterbrief, dafür sollte man ja eine Gegenleistung erwarten. Aber bereitet der Meisterbrief wirklich auf die Selbstständigkeit vor und ist dies der einzige Weg?
Es gibt zig Wege für Interessierte an der Selbstständigkeit wirtschaftliche Basics zu lernen, das was wirklich zählt lernt man sowieso erst in der Praxis, ein MBA- Seminar ist der Meisterkurs ganz sicher nicht. Es stellt sich auch die Frage ob der Meisterbrief die wirklich notwendige wirtschaftliche Qualifizierung ist wenn Meisterbetriebe auf der anderen Seite sich darüber beklagen das sie es ohne Meisterzwang schwer hätten zu überleben.
Worum es den Meisterbetrieben tatsächlich geht
Es ist menschlich nur verständlich das sämtliche Vertreter des Handwerks auf den Meisterzwang pochen, stellt er doch eine Markteintrittsbarriere dar. Traditionell ist im Handwerk vor allem die Beschwerde über Konkurrenz, beginnend mit der Gründung der regulierenden Zünfte im Mittelalter. Wo viel Konkurrenz herrscht muss man sich viel einfallen lassen um den Umsatz hoch zu halten. Eingewachsene Unternehmensstrukturen die über Jahrzehnte bestanden können da nicht wirklich mithalten, sie sind auf den Meisterzwang angewiesen. Alternativ, auf einen guten Manager der ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell entwirft. Kundenfreundlich kann so eine Strategie allerdings niemals sein, wären sich die Meister und ihre Betriebe ihrer hohen Güte wirklich sicher könnten sie sich den freien Wettbewerb mit den Gesellen und vielleicht sogar Ungelernten stellen. Dann kann der Kunde entscheiden welcher Betrieb die bessere Arbeit abliefert. Was bleibt? Unerwähnt möchte ich nicht lassen das ein einziger Punkt der auch sehr groß betont wurde um den Meisterzwang aufrecht zu erhalten tatsächlich korrekt ist. Meisterbetriebe stellen die meisten Lehrstellen und halten damit unser Ausbildungssystem aufrecht. Man könnte vermuten das es daran liegt das ein Meister ein ganz anderes Unternehmenskonzept entwirft als ein Geselle. Ersterer neigt möglicherweise eher dazu einen bodenständigen Betrieb zu gründen während Zweiterer eher darauf fokussiert ist Geld aus seinem Können zu gewinnen.Allerdings gibt es da ja auch noch den Haken das nur Meisterbetriebe in Deutschland ausbilden dürfen. Daher kann man eigentlich überhaupt nicht genau wissen ob Meister tatsächlich mehr Lehrstellen schaffen würden als Gesellen.
Was kostet denn so ein Meisterbrief? 5.000 oder eher 10.000 Euro?
Das ist von Gewerk zu Gewerk verschieden. Es beginnt mit ca. 4000€ für Friseure und Fleischer und geht bis 10.000€ hoch mit dem ich als Tischler rechnen könnte, schliesslich müsste ich auch noch ein Meisterstück finanzieren. Reine Unterrichtskosten mit Prüfungsgebühren wären 5.000€.
Hinzu kommt die Zeit, Vollzeit ein halbes Jahr (will auch finanziert werden) oder Teilzeit 1,5 Jahre. Möglicherweise muss man auch noch Fahrtkosten tragen.
Gut, man kann Meister- Bafög beantragen und dadurch die Kosten drosseln, dann bliebe noch die ideologische Frage ob man steuerfinanziert ein solches System am Leben halten möchte.
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