Urheberrecht im Libertarismus

in #freiheit5 years ago

Gibt es so etwas wie geistiges Eigentum? Kann man Information besitzen? Um diese Frage zu beantworten, muss man analysieren, welche Voraussetzungen Dinge erfüllen müssen, um Eigentum zu sein: nur ökonomische Güter können zu Eigentum werden. Ein ökonomisches Gut ist etwas, das ein Bedürfnis befriedigen kann, von Menschen kontrolliert werden kann und knapp ist, also nicht in unbegrenzter Menge verfügbar ist. So ist etwa Regen kein ökonomisches Gut, er ist zwar nützlich und knapp, aber kann nicht vom Menschen kontrolliert werden. Niemand kann eine Stunde Regenwetter verkaufen. Sonnenlicht ist auch kein ökonomisches Gut, da es praktisch nicht begrenzt ist. Sonnenlicht kann nicht aufgebraucht werden. Wenn man etwa viel Sonnenlicht in elektrische Energie umwandelt, scheint die Sonne trotzdem am nächsten Tag genau so hell.

Wie schaut es also mit Ideen aus? Sind Ideen ökonomische Güter? Sie sind ohne Frage nützlich und können auch kontrolliert werden. Aber sie sind nicht knapp. Natürlich muss man eine Idee erst einmal haben, ein Buch muss erst geschrieben werden, ein Lied erst gesungen, eine Erfindung erst erdacht werden. Aber sobald eine Idee da ist, kann sie beliebig vervielfältigt werden.

Es kann also kein geistiges Eigentum geben. Eigentumsrechte decken Ideen nicht ab. Oft hört man davon, dass geistiges Eigentum „gestohlen“ wird, etwa, wenn jemand eine Raubkopie eines Filmes verbreitet oder eine Maschine genau nachbaut. Aber ist die Information gestohlen worden? Diebstahl setzt voraus, dass der Bestohlene das Gut nachdem es ihm gestohlen wurde, nicht mehr hat. Aber in dem man Information kopiert, wird sie nicht weggenommen. Dem „Opfer“ eines solchen „Diebstahles“ fehlt nichts.

„Aber“, werden die Verfechter des Geistigen Eigentums sagen, „es fehlt dem Opfer doch etwas! Dadurch, dass jemand seine Idee kopiert, entgeht ihm Profit!“. Damit könnten sie recht haben, wenn auch nicht zwangsläufig, aber potentieller Profit in der Zukunft ist kein Eigentum. Rein ökonomisch betrachtet ist die Sache glasklar: es gibt kein geistiges Eigentum. Ideen sind keine ökonomischen Güter. Etwas komplizierter wird die Sache aber, wenn man sich von der interessanten, aber abstrakten Theorie ins Reich der Realität begibt. Welche Auswirkungen hätte ein Fehlen von geistigen Eigentumsrechten auf die Gesellschaft?

Es sei hier noch einmal explizit erwähnt, dass, selbst wenn fehlende Eigentumsrechte an Ideen katastrophale Folgen hätten, der Fakt, dass Ideen keine ökonomischen Güter sind, bestehen bliebe. Man kann nicht für geistiges Eigentum argumentieren, unerwünschte Ergebnisse in der Realität ändern nichts an ökonomisch-philosophischen Wahrheiten. Nichtsdestotrotz möchte ich auf die häufigsten Argumente, warum es Urheberrechte und Patente geben sollte, eingehen.

Vielen Patentbefürwortern trauern über großartige Erfinder, deren Produkte von anderen kopiert und billiger produziert werden können. Der arme Erfinder hat nichts von seiner guten Idee! Ist das schlimm? Für den Konsumenten sicher nicht, denn er kriegt das tolle Produkt billiger, als er es mit Patentrechten gekriegt hätte. Dadurch, dass es viel mehr Wettbewerber gibt, anstelle eines staatlich gestützten Monopolisten (dem Patentinhaber), wird das Produkt besser und billiger. Auch passieren Weiterentwicklungen einer guten Idee viel schneller, da Unternehmen im Wettbewerb miteinander größere Anreize haben, ihre Produkte zu verbessern. Konsumenten leiden unter Patentrechten, die Wettbewerb verhindern und Innovation bremsen.

„Aber,“ wird der Patentbefürworter sagen, „wenn Erfinder und Forscher nicht von ihren Erfindungen und Entdeckungen profitieren, dann gibt es ja viel weniger Anreize, zu erfinden und zu forschen!“. Stimmt das denn? Niemand hat gesagt, dass der Erfinder gar nicht profitiert, wenn er kein miserabler Geschäftsmann ist, wird er zumindest einen Teil des Marktes erobern können. Außerdem ist es vielen Kunden wichtig, „das Original“ zu besitzen, auch wenn es qualitativ gleichwertige aber günstigere Alternativen gibt.

„Das ist ja alles schön und gut, aber warum sollte ein Unternehmen überhaupt viel Geld in Forschung investieren, wenn es auch einfach die Forschungsergebnisse anderer Unternehmen kopieren kann?“. Ja, warum sollte man das tun? Die Angst vor einem Trittbrettfahrereffekt ist berechtigt, es könnte ja sein, dass niemand mehr forscht, weil jeder auf Ergebnisse des Anderen hofft. Aber man muss bedenken: der Fakt, dass Ideen kopiert werden dürfen bedeutet nicht, dass sie auch kopiert werden können. Geheimrezepte und Produktionsprozesse können geheim gehalten werden. Kein Unternehmer hat die Pflicht, all seine Geheimnisse mit der Welt zu teilen. Natürlich werden andere Leute früher oder später die Geheimnisse aufdecken, doch der erste, der eine Idee hat, hat einen Startvorteil. Bis Konkurrenten das ursprüngliche Produkt kopiert haben, hat der innovative Erfinder bereits eine Verbesserung herausgebracht.

Bezüglich herkömmlichen Produkten sollten die größten Zweifel mittlerweile ausgeräumt sein. Aber was hat es mit Dingen auf sich, bei denen Information das zentrale „Gut“ ist, so wie Filme, Bücher, Bilder oder Musik? Einen Film kann man praktisch sofort kopieren und die Kopie veröffentlichen. Hier gibt es keine Geheimrezepte, keinen zeitlichen Vorsprung und keine Möglichkeit, mit dem Preis mitzuhalten, wenn man die Produktionskosten stemmen muss, während der Raubkopierer das gleiche Produkt ohne Kosten auf den Markt bringen kann.

Hier stellt sich die Frage, was genau die Kunden haben wollen. Gerade bei künstlerischen Produkten sind viele Kunden Fans, denen es nicht nur um den Film oder das Musikstück an sich geht. Mit dem Verkauf von langweiligen Schallplatten oder Blu Rays wird man tatsächlich nicht gerade viel Geld machen, wenn die auch von Raubkopierern verkauft werden dürfen. Aber es gibt andere Wege. Musiker machen viel Geld über Konzerte. Niemand geht zu einem Konzert um nur die Lieder zu hören. Es ist viel mehr ein spannendes Erlebnis, seine Lieblingsmusiker persönlich zu sehen und ihnen mit vielen Gleichgesinnten zuzuhören. Künstlerische Produkte bringen das meiste Geld nicht mit dem eigentliche Produkt, sondern mit all dem, was es drumherum gibt. Mit Veranstaltungen, Merchandise, Limitierten Editionen, Autogrammen und so weiter. Diese Dinge können teilweise auch kopiert werden, teilweise auch nicht. Ein Autogramm oder eine limitierte Edition eines Albums zu kopieren ist nicht mehr Vervielfältigung von Information, sondern Betrug, da die Authentizität wesentlicher Bestandteil des Produktes ist. Und Betrug ist ein ganz anderes Verbrechen als Piraterie.

Wir sehen also: es gibt keine Eigentumsreche auf Ideen und diesen ökonomischen Fakt zu politischer Realität zu machen würde der Gesellschaft gut tun.

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