donald trump
Entgegen der Erwartungen nahezu aller Kommentator/innen dies- und jenseits des Altantiks
wurde Donald J. Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika
(USA) gewählt.[2] Lange Zeit wurde Trumps Kandidatur als chancenlos abgetan, respektive
schlicht für einen Scherz oder Publicity-Stunt gehalten (Gökarıksel/Smith 2016; IISS
2015; Page 2015). Ernsthafte Kommentator/innen bezeichneten ihn noch nach der Wahl
schlicht als «Lachnummer» (etwa Tooze 2017). Solche Urteile gründeten nicht zuletzt auf
zahlreichen rassistischen, frauenfeindlichen und persönlich beleidigenden Wahlkampfäußerungen
des Kandidaten, von denen viele annahmen, sie würden seine Eignung für das Prä-
sidentenamt soweit infrage stellen, dass sich die Wähler/innen von ihm abwenden würden.
Die Tatsache, dass Trump entgegen diesen Erwartungen dennoch erfolgreich war, wirft
eine Reihe von Fragen auf, etwa nach den Bedingungen wie auch nach den Folgen seines
Wahlsiegs. Dies sind zweifelsohne bedeutende Punkte, deren wissenschaftliche Bearbeitung
jedoch, nicht zuletzt aufgrund eines Mangels an verlässlichen, für eine systematische
Für hilfreiche Kommentare danken die Verfasser Jan Zeemann, für Unterstützung bei Recherche
und Korrektur Merve Genç und Malte Kayßer.
2 Eine Ausnahme ist die konservative Kommentatorin Ann Coulter, die schon im Juni 2015 in der
Show Real Time with Bill Maher Trump die besten Chancen unter den republikanischen Kandidaten
zugesprochen hatte – und dafür Gelächter erntete (Real Time 2016). Abgesehen von Coulter gab
es vereinzelt Stimmen, innerhalb der Wissenschaft und außerhalb (Michael Moore etwa), die einen
Wahlsieg Trumps voraussagten. Die überwiegende Mehrheit jedoch hielt ihn für chancenlos, zumal
der Immobilienmogul und Reality-TV-Darsteller in der Vergangenheit schon häufiger öffentlich mit
dem Gedanken geflirtet hatte zu kandidieren, nur um dann im letzten Moment einen Rückzieher zu
Analyse geeigneten Daten, erst ganz am Anfang steht.[3] Dementsprechend beschreitet
die vorliegende Studie einen anderen Weg, indem sie nämlich einen Schritt zurück tritt und
das ungleich größere Phänomen in den Blick nimmt, als dessen Ausdruck Trump gemeinhin
verstanden wird. Wovon wir hier sprechen, ist das Phänomen des Populismus, der durch
Trumps Wahlkampferfolg noch stärker in den Vordergrund sowohl der politischen als auch
der akademischen Debatte gerückt ist, als dies ohnehin schon der Fall gewesen war.
Nun ist Populismus in der Tat kein neues Thema in den Sozialwissenschaften (schon in den
1960er Jahren wurde dazu gearbeitet),[4] und auch in den Medien tauchen seit Jahren
immer wieder Politiker/innen oder Parteien auf, die mit dem Begriff etikettiert werden.
Die zunehmende Bedeutung radikaler Parteien wie etwa des Front National in Frankreich,
der griechischen Syriza oder der Alternative für Deutschland (AfD) scheint die These zu
stützen, dass wir derzeit so etwas wie einen «globalen Aufstieg des Populismus'» (Moffitt
- beobachten. «Trumpismus», die spezifische mit Trump assoziierte Ideologie bzw.
sein spezifischer Politikstil (Populismusforscher/innen streiten u.a. darüber, welcher Gattung
sozialer Phänomene Populismus angehört; vgl. Moffitt 2016; Mudde 2016b), wird
dabei gemeinhin als pars pro toto eines allgemeineren Trends gelesen.[5] Das Interesse am
Populismus liegt dabei nicht allein in akademischer (bzw. journalistischer) Neugier begrün
Erste Versuche einer Einschätzung der möglichen Auswirkungen des Regierunswechsels auf
verschiedene Aspekte der US-Außenpolitik finden sich in Ausgabe 1/2017 der Zeitschrift
Internationale Politik. Tatsächlich werden systematische Voraussagen durch eine Reihe von
Faktoren erschwert. Hier wären zunächst die Inkonsistenz von Trumps Wahlkampfaussagen sowie
sein, wie Evan Osnos es formuliert, «erschütternd ungeniertes Verhältnis zu Lügen» (Osnos 2017:
- zu nennen, die es de facto unmöglich machen, zwischen Aussagen zu unterscheiden, die Trumps
Überzeugungen entsprechen, und solchen, die opportunistischer Wahlkampftaktik geschuldet sind.
Hinzu kommt, das auch der US-Präsident, trotz vergleichbar großer Machtfülle insbesondere in
der Außenpolitik, nicht völlig unabhängig agieren kann. Gerade was die Integration der Vereinigten
Staaten in internationale Organisationen betrifft, so ist Trump auf Kooperation des US-Kongresses
angewiesen. Dieser ist fest in republikanischer Hand, was definitiv dafür spricht, dass sich unter
Trump sehr viel verändern könnte. Allerdings hat Trump auch in der republikanischen Partei
Gegner/innen wie beispielsweise den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten John McCain, und
es ist schwer abzusehen, welche inhaltlichen Entscheidungen der US-Kongress mitzutragen bereit
sein wird. So oder so kann der US-Präsident allerdings auch unilateral einige Forderungen, etwa
nach mehr Unilateralismus, durchsetzen. Um einen zentralen Punkt als Beispiel herauszugreifen:
Man muss nicht formell aus der NATO austreten, um sie politisch zu marginalisieren (zu Trumps
Positionen in Bezug auf Allianzen vgl. etwa Lindberg 2016). Es ist gerade Trumps Charakteristikum
als das, was man im Englischen eine loose cannon nennt, was ihn zumindest potenziell gefährlich,
aber gleichzeitig einer sozialwissenschaftlichen Analyse nur schwer zugänglich macht.
4 Am prominentesten wohl Ionescu und Gellner (1969).
5 Mit Trumpismus meinen wir das von Trump artikulierte spezifische Gemisch aus Elitenfeindlichkeit,
Nationalismus, teilweise Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Unilateralismus,
Antiglobalismus und Protektionismus, von denen Trumps Äußerungen gekennzeichnet sind, das aber
det, denn ein zentraler Punkt bei all den Debatten über «den Populismus»[6] ist sein allem
Anschein nach schwieriges Verhältnis zur Demokratie. In vielen Debatten, insbesondere in
den Massenmedien, schwingt die Angst mit, dass Populismus in der Tat eine reale Gefahr
für die Demokratie sein könnte. Tatsächlich geben sich einige der gemeinhin unter dem
Begriff «Populismus» subsumierten Politikakteure alle Mühe (wenn auch mit unterschiedlicher
Radikalität), solche Befürchtungen aktiv durch illiberale und/oder antidemokratische
Äußerungen und Politiken zu nähren. Das reicht von der Aussage der Vorsitzenden der
AfD, Frauke Petry, man müsse den (hauptsächlich von den Nationalsozialisten gebrauchten,
rassistischen und deshalb zurecht vollkommen diskreditierten) Begriff «völkisch» doch
wieder positiv besetzen,[7] über Jarosław Kaczyńskis Bestrebungen, die Unabhängigkeit
von Medien und Justiz in Polen einzuschränken (Stanley 2016), bis hin zur Aussage des
philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte, er wolle nach dem Vorbild des Holocaust alle
Drogenabhängigen des Landes umbringen.[8]
Dennoch fällt auch bei einem relativ kursorischem Blick sofort die große Heterogenität
«populistischer» Parteien, Bewegungen und individueller Politiker/innen ins Auge. Nicht
nur umfasst Populismus hier scheinbar das ganze Spektrum an inhaltlichen Positionen
(von traditionell linken Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit bis hin zu rechten,
nativistischen Forderungen danach, das jeweilige Volk rein zu halten); er schließt auch
zum Teil erheblich unterschiedliche Ausprägungen an Radikalität ein, von eher moderaten
Politikern wie Bernie Sanders bis hin zu selbsterklärten Hitler-Bewunderern wie Duterte.[9]
Dies ist aus zweierlei Gründen problematisch: Erstens lässt sich fragen, wie nützlich
ein Analysekonzept ist, das so eine große Anzahl an teilweise extrem diversen Phänomenen
umfasst. Kurz, der Populismusbegriff in seiner jetzigen Verwendungsweise erlaubt es nicht,
Populismus von angrenzenden Phänomenen zu unterscheiden. Damit ist er zumindest zu
einem gewissen Grad analytisch irreführend. Zweitens ist dieses theoretisch-konzeptionelle
Problem untrennbar mit praktisch-politischen Fragen verbunden. Wenn nämlich moderate
und radikale (oder gar extremistische), linke und rechte Bewegungen unter einem gemeinsamen
Label diskutiert werden, so besteht die Gefahr, dass Gemeinsamkeiten (in diesem
Fall Elitenkritik und/oder der Anspruch, für das Volk zu sprechen) überbetont und Unterschiede
(Nativismus, Fremdenfeindlichkeit, soziale Gerechtigkeit, Unterstützung für oder
Feindlichkeit gegenüber Pluralismus, Rechtsstaat etc.) vernachlässigt werden.
6 Wie wir sehen werden, ist die Annahme, dass «der Populismus» ein einheitliches Phänomen darstellt,
höchst problematisch.
7 So Frauke Petry in einem Interview (Balzli/Kamann 2016).
8 Im September 2016 hatte Duterte wörtlich erklärt: «Hitler massacred three million Jews. Now there
is three million, there's three million drug addicts. There are. I'd be happy to slaughter them» (zit. n.
Villamor 2016).
9 Das Kriterium der Radikalität ist natürlich selbst nicht unproblematisch, schwingt doch immer ein
normatives Element mit. So ist jeweils das radikal, was von der herrschenden Meinung abweicht.
In der Demokratie sind also demokratiekritische oder gar -feindliche Positionen radikal, in einer
Autokratie dagegen bisweilen demokratische.
Dirk Nabers & Frank A.Stengel Trump und der Populismus 6/40
Nehmen wir die mögliche Inkompatibilität verschiedener Populismen mit (liberal
Nehmen wir die mögliche Inkompatibilität verschiedener Populismen mit (liberaler) Demokratie
in den Blick – immerhin der zentrale praktisch relevante Punkt in der Diskussion –,
so scheinen hier die Unterschiede und nicht die Gemeinsamkeiten entscheidend zu sein. In
der Tat lässt sich zeigen, dass verschiedene Populismen, auch wenn sie grundsätzlich eine
Kritik am Status quo eint, völlig unterschiedliche Elemente des Status quo angreifen. Ob
eine spezifische Bewegung oder Partei gefährlich ist, hängt nicht in erster Linie von ihren
möglichen populistischen Elementen ab, sondern von ihren übrigen inhaltlichen Positionen
und deren Gegnerschaft zu den jeweiligen als schutzbedürftig angesehenen Referenzobjekten
(Demokratie, Rechtsstaat, pluralistische Gesellschaft oder liberale Marktwirtschaft).
Indem er die Gemeinsamkeiten zu Ungunsten der – aus normativer Perspektive entscheidenden
– Unterschiede überbetont, versteckt der Populismusbegriff zumindest teilweise
gerade das, was aus demokratietheoretischer (oder eher: demokratiepraktischer) Perspektive
das Entscheidende ist, wenn es darum geht zu klären, wie mit bestimmten politischen
Phänomenen umzugehen ist. Wenn nämlich, wie der Politikwissenschaftler Jan-Werner
Müller (2016e: 11) jüngst zurecht kritisierte, «umstandslos alles und alle in einen Topf
geworfen werden» (wie wir später sehen werden, ist Müller selbst leider auch nicht gänzlich
davor gefeit), bedeutet das wiederum zweierlei: Erstens steht es einer Unterscheidung
zwischen gefährlichen und unproblematischen Bewegungen im Wege und wirkt damit
zugleich verharmlosend und dramatisiert. Es bagatellisiert antidemokratische und antipluralistische
Entwicklungen, indem es das Augenmerk auf eine schwer greifbare «Elitenkritik»
lenkt und spielt möglicherweise berechtigte Kritik an teilweise vom Volk abgekoppelten
oder gar korrupten Plutokratien oder Oligarchien herunter.[10] Zweitens führt eine
Diskussion unterschiedlicher und teilweise inhaltlich gegensätzlicher Bewegungen unter
der gemeinsamen Überschrift «Populismus» dazu, dass möglicherweise für vollkommen
unterschiedliche Politikprobleme eine Generallösung angeboten wird, obwohl differenzierte
problemadäquate Strategien vielleicht effektiver wären. Gerade für diejenigen, die sich mit
dem Phänomen eher aus einer praktischen Sicht beschäftigen (etwa Entscheidungsträger/
innen oder Vertreter/innen der wissenschaftlichen Politikberatung), ist es also unabdingbar,
sich die politischen Festlegungen, die bestimmte Begrifflichkeiten implizieren, bewusst
zu machen (grundsätzlich hierzu Godehardt 2015).
Die Studie illustriert daher die primär theoretischen Überlegungen zu Populismus
(Abschnitt 2) anhand des Beispiels «Trump(ismus)» (Abschnitt 3). Dabei lässt sich an
Trump gut zeigen, dass Populismus als Analysekonzept nur eine begrenzte Beschreibungs-,
10 Um gleich Missverständnissen vorzubeugen, sei gesagt, dass hier nicht argumentiert wird, es gäbe
einen einheitlichen Volkswillen, von dem dann Entscheidungsträger/innen abweichen. Allerdings
kann es durchaus sein, dass demokratisch gewählte Repräsentant/innen (von autokratischen
Herrscher/innen ganz abgesehen) substanzielle Politikziele verfolgen, die mehrheitlich von der
Bevölkerung abgelehnt werden. In einem solchen Fall wäre Kritik aus demokratietheoretischer Sicht
durchaus nicht vollkommen unberechtigt, und es ist fraglich, inwieweit es angemessen ist, sie als
«populistisch» abzuqualifizieren. Die Unterscheidung zwischen legitimer und illegitimer Kritik selbst
ist allerdings, das gilt es nicht zu vergessen, unvermeidlich normativ aufgeladen.
Dirk Nabers & Frank A.Stengel Trump und der Populismus 7/40
geschweige denn Erklärungskraft hat. In der Tat ließe sich, abhängig vom jeweiligen Populismusverständnis,
durchaus ebenso argumentieren, dass Trump eben kein Populist ist. Es
fällt bei genauerer Analyse auf, dass das, was an Trumps Äußerungen bei einigen Beobachter/innen
dies- und jenseits des Atlantiks Sorge auslöst, eben gerade nicht die aus politiktheoretischer
Sicht als populistisch zu sehenden Elemente sind, sondern diejenigen, die er
mit populistischen Elementen kombiniert. Diese diskutieren wir in dieser Studie unter den
Schlagworten Chauvinismus und Antipluralismus.
Die Studie schließt mit einem Plädoyer dafür, die Verwendung des Populismusbegriffs
grundlegend zu überdenken. In seiner jetzigen Verwendungsweise ist der Populismusbegriff
sowohl analytisch als auch normativ irreführend und verbirgt mehr als er erhellt. Wir
plädieren dafür, aus theoretischen ebenso wie politikpraktischen Erwägungen, den Begriff
zugunsten anderer Konzepte zurückzustellen, die besser geeignet sind, die jeweilig spezifischen
politischen Forderungen einzelner Parteien und Bewegungen zu fassen. Nur so
lässt sich systematisch darüber diskutieren, welche Partei oder Bewegung genau welchem
Aspekt des Status quo ablehnend gegenüber steht. Nur auf dieser Basis lässt sich dann
unterscheiden, welche Bewegungen überhaupt ein zu lösendes Problem darstellen oder
welche möglicherweise im Sinne einer lebendigen Demokratie tatsächlich Unterstützung
verdienen und was geeignete politische Maßnahmen sind, um damit umzugehen. Auf der
Basis eines gerade im deutschen Diskurs marginalisierten Strangs der Populismusforschung
argumentieren wir, dass der Begriff des Populismus – wenn überhaupt – positiv
gewendet für originär demokratische Bewegungen anstatt für antidemokratische Strö-
mungen Verwendung finden sollte (vgl. Grattan 2016). Letztere sind unserer Ansicht nach
besser bezeichnet mit Begriffen, die ihren spezifischen inhaltlichen Charakter deutlicher
benennen. Wenn inhaltliche Positionen mit Bezeichnungen wie Rassismus, Frauenfeindlichkeit,
illiberale Demokratie, Globalisierungs-, Neoliberalismus- und/oder Kapitalismuskritik
benannt werden, statt alles als populistisch zu bezeichnen, vereinfacht das nicht nur die
sozialwissenschaftliche Analyse, sondern erleichtert auch die politische Meinungsbildung.
2 Für eine Rückkehr zu klaren
Begrifflichkeiten: Was ist
Populismus (nicht)?
2.1 Populismus als Sammelbegriff
Die Gruppe vermeintlicher Populist/innen reicht heute vom philippinischen Präsidenten
Rodrigo Duterte über autokratische Herrscher wie Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei
oder Wladimir Putin in Russland, offene Demokratiegegner wie Viktor Orbán und die Partei
Fidesz in Ungarn oder Jarosław Aleksander Kaczyński in Polen, rechtsradikale Parteien
wie den Front National oder (zumindest teilweise) die AfD, sozialdemokratisch und sozialistische
Parteien wie Podemos, Syriza oder Die Linke[11], bis hin zu gemäßigten Kandidaten
wie Bernie Sanders (Pausch 2015; Mudde 2016). Sie alle werden in einem Atemzug
genannt, wenn es um den in den Medien viel beschworenen Links- oder Rechtspopulismus
geht. Fareed Zakaria (2016) etwa, seines Zeichens prominenter Kommentator sowohl in
den Medien als auch im politiknahen akademischen bzw. politikberatenden Diskurs, führt
Sanders, Trump, Syriza und den Front National als Beispiele für Populismus an. Angesichts
dieser vergleichsweise großen Heterogenität innerhalb der Kategorie Populismus
stellt sich die Frage danach, welche Kriterien eigentlich Populist/innen zu Populist/innen
machen. Hier ist festzustellen, dass in der Mehrheit der Medienbeiträge ein ziemlich vages
und oft implizites Populismusverständnis vorherrscht. In der Tat wird oftmals einfach von
«dem Populismus» gesprochen, in der Annahme, es sei irgendwie klar, was damit gemeint
sei. Dabei wird der Begriff vielfach vereinfachend für alle verwendet, die Kritik an vermeintlich
vom Willen des «Volkes» abgekoppelten (politischen, journalistischen, ökonomischen
und/oder wissenschaftlichen) Eliten üben. Ein noch weiterer Begriff scheint teilweise
unter Entscheidungsträger/innen vorzuherrschen, wo Populismus, so scheint es, bisweilen
schlicht damit gleichgesetzt wird, an die Volkssouveränität zu erinnern. So forderte jüngst
der ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler (2016) in einem Interview mit der ZEIT:
«Nennen Sie mir irgendeinen Politiker, der nicht auch populistisch agiert!»[12] Wenn aber
nahezu alles irgendwie Populismus ist, wenn sowohl linke Globalisierungskritiker/innen als
auch Politiker/innen zum Populismus gehören, die rhetorisch an die Nationalsozialist/innen