Geschichte aus einer PC Werkstatt [01] - Die defekte Festplatte
Kurze Randinformationen
Ich bin Programmierer auf Jobsuche und hab ein Praktikumsplatz in einer PC Werkstatt vermittelt bekommen. Es ist nicht ganz mein Bereich und eine Übernahme steht nicht zu Debatte. Ich finde das Praktikum allerdings nicht schlecht, da man auch mal wieder etwas zu tun hat und auch was lernen kann. Der Betrieb ist ein Systemhaus, dass allerdings keine eigene Software anbietet. Leute die Probleme mit ihrem PC haben, egal ob Privat oder Business, kommen zu dem Betrieb und suchen Hilfe. Es werden auch neue Rechner zusammen gestellt.
Arbeitsbeginn
Ich kam morgens an und es war keiner der Techniker da. Ein Kollege hat allerdings schon einen Auftrag gehabt, der relativ dringend für den Kunden war. Es war eine externe Festplatte, wo der Kunde keinen Zugriff drauf hatte. Ich hab die Festplatte direkt angeschlossen und mir diese Angeguckt. Die Festplatte wurde erkannt aber wenn man versuchte diese zu öffnen, kam die Meldung "Zugriff verweigert". Die Festplatte war im NTFS Format formatiert und meine erste Idee war dass dort etwas nicht mit den Rechten stimmte. Ich hab in diesem Bereich halt nur gewisse Grundkenntnisse und wollte natürlich nur so weit gehen, wie ich wusste, dass dies keinen ernsthaften Schaden anrichten würde.
Ich hab versucht erstmal der Benutzergruppe Administrator, den Besitz zu überschreiben. Als Besitzer interessiere ja andere Rechte nicht. Da konnte ich auch sehen, dass da etwas anderes nicht stimmte aber die Daten Grundsätzlich existent waren. Die Benutzerrechte waren generell sehr komisch und keiner hatte irgendwelche Rechte. Mein nächster Schritt war es, erstmal dem System Benutzer und der Gruppe Administratoren, volle Rechte zu geben. Der Zugriff blieb mir allerdings verwehrt.
Der Chef kommt
Der Chef kam in die Werkstatt und ich hab kurz erklärt was die Fehlerbeschreibung des Kunden war und was ich bisher so gesehen hab. Der Chef meinte nur dass es nicht an den Benutzerrechten liegt und dass ein anderer Kollege drüber gucken soll. Der Chef ist selber auch IT-ler aber ich weiß nicht, wer welche Kenntnisse oder Fachbereiche hat. Ich hab dann auch nicht gesagt dass ich schon versucht hab die Rechte zu überschreiben. Ich sollte halt warten.
In der Zwischenzeit hat sich der Chef mit dem Kollegen ohne große IT Kenntnisse über den Kunden unterhalten. Der Kunde war jemand, der bisher nur ein Festplattengehäuse für kleines Geld erworben hat und die Festplatte war definitiv nicht von hier. Dies ist halt durchaus entscheiden, wie man den Kunden berechnet und welche Services anbietet. Die Idee dahinter ist halt dass man Stammkunden kleinere Services halt für einen kleinen Preis anbietet. Wer generell viel kauft, dem kann man auch kleine Dienstleistungen kostenlos anbieten oder weniger Berechnen. Dazu sei gesagt dass der Kunde angemessen Berechnet wurde, halt der volle Preis.
Übrigens: "Kein Backup, kein Mitleid". Das ist ein Spruch der gerne gesagt wird.
Der Kollege kommt
Der Kollege, der IT-Techniker ist, kommt zur Arbeit. Der hat erstmal "chkdsk" ausgeführt, was die Festplatte überprüft. Man hat direkt viele Fehler gesehen und es wurde gescherzt, dass man gleich nur einen Klumpen vor sich hat. Da die Festplatte nicht aus dem Gehäuse zu holen war, war vorheriges Klonen nicht ohne weiteres zu machen. Es wäre dennoch nicht unmöglich gewesen aber durch so eine Überprüfung kann eigentlich nicht viel passieren aber nichts ist unmöglich.
Erst beim 3. Durchlauf waren keine Fehler mehr vorhanden aber der Zugriff war nicht möglich. Da halt auch noch andere Aufträge vorhanden waren, wurden diese auch bearbeitet.
Der Kollege übernimmt
Der Kollege hat dann die Festplatte zu sich an den Platz genommen und dann etwas gemacht, was ich nicht mitbekommen hab. Der Zugriff war nun vorhanden aber es stimmte immer noch nicht ganz. Die Arbeit war für erledigt erklärt. Man hätte durchaus mehr machen können, was natürlich auch mehr gekostet hätte. Die Daten waren abrufbar. Der Kollege hat den Kunden angerufen und dann alles erklärt.
Während dem Telefonat hab ich auch etwas Panik bekommen. Der Kollege meinte dass etwas nicht mit den Benutzerrechten stimme und die komplett verhunzt wären und generell etwas nicht stimmt. Auf der einen Seite könnte ich mit den Rechten halt recht gehabt haben oder diesen Fehler produziert haben. Klar habe ich gewisse Kenntnisse aber dennoch war ich mir nicht sicher ob ich etwas Falsch gehabt hab. Vorher hab ich einfach nicht die Gelegenheit gehabt zu erwähnen was ich gemacht hab und es kam ja auch nicht zur Sprache. Ab dem Zeitpunkt allerdings wollte ich auch nicht mehr ankommen und etwas sagen, allerdings hätte ich nicht gelogen. Ich bin ja als Praktikant versichert.
Der Kunde kommt
Der Kunde ist gekommen und wollte die Festplatte abholen. Der Kollege hat dann dem Kunden dann noch gezeigt was Sache ist. Wie sich herausstellte, waren da Daten von 2 Tagen Arbeit drauf, die nirgends gesichert waren. Eine Empfehlung war die Festplatte nicht mehr produktiv einzusetzen und die Daten auf eine andere Festplatte zu kopieren. Der Kunde wollte dann die Daten die ungesichert waren, auf eine SD Karte kopiert haben. Der PC, der vorne ist, ist allerdings beim Kopieren abgestürzt, was ein weiteres Indiz war, dass etwas nicht mit der Festplatte stimmt. Ein anderer Rechner musste dafür her halten, der neben mir war. Das kopieren hat ja auch noch mal etwas gedauert und dem Kunden wurden diverse Backup Möglichkeiten empfohlen.
Der Kunde meinte dann auch beiläufig dass er die Festplatten immer in der Metro kauft und dass die Garantie Abwicklung halt relativ unkompliziert ist. Damit hat sich der Kunde nicht gerade beliebt gemacht. Der Kunde hatte dann endlich seine Daten auf der SD Karte und der Chef war durchaus froh den Kunden los zu sein.
Schlussworte
Ich hoffe diese Geschichte ist gut erzählt. Wenn es irgendwelche Vorschläge gibt, dann gerne sagen. Diese Geschichte ist so passiert. Aus Datenschutzgründen und wegen der Privatsphäre, werde ich nicht sagen um welche Daten es sich handelt oder die durchaus auf die Identität der Beteiligten preis geben könnte. Ich glaube kaum dass der Kunde genau sagen könnte, dass es sich um ihn gehandelt hat. Dies könnte ja ziemlich unangenehm sein.
Der Kunde hat sich nicht optimal verhalten. Klar ist es günstig sich alles aus Großmärkten oder dem Internet zu bestellen aber der Einzelhandel muss ja auch leben. Es ist nicht verkehrt sich einen IT Laden zu suchen und alles darüber ab zu wickeln. Es ist natürlich nicht immer leicht einen Laden zu finden, dem man Vertrauen kann. Der Laden hat ja eine Datenbank, wo alles aufgelistet wird. Für ein Business ist es von Vorteil sich einen Dienstleister aus zu suchen und alles über den ab zu wickeln. Wenn man ein Stammkunde ist, dann kann man ja auch einen gewissen Service erwarten. Wenn man kleine Probleme hat, kann man dies auch kostenlos erledigen oder etwas der Kaffeekasse geben. So könnte man auf Dauer einiges sparen.
Wie man das Verhalten des Ladens findet, muss man selber wissen. Ich selber hab nur ein kurzes Praktikum dort gemacht und hab bei weitem nicht so tiefe Einblicke bekommen.
Braucht man als Privatmann einen Profi? Das kommt immer drauf an. Wenn man Ahnung hat, kann man viel selber machen und man kann auch viel Nachlesen. Man darf aber nicht vergessen, dass man auch etwas Falsch machen kann und auch mehr Schaden anrichten kann. Wenn man sich einen PC zusammen bauen will, kann man durchaus auf Benchmarks und Erfahrungsberichte zurückgreifen. Man kann viele Jahre glücklich sein. Ein Profi hat aber einiges an Erfahrung und weiß zb. was er empfehlen würde. Man kann dann zb. ein System zusammengestellt bekommen, was auf einen besser Zusammengeschnitten ist. Man könnte dann durchaus Geld sparen. Man könnte dann auch Tipps bekommen, die man so vielleicht nicht erfahren hätte. Wenn der Profi einen kennt bzw. das Einsatzgebiet kennt, dann kann dieser auch besser auf einen Eingehen. Klar steht auch Verkaufen im Vordergrund aber ein guter Profi, wird einem kein Schrott verkaufen. Man muss sich auch nicht scheuen zum Profi zu gehen, wenn man vermeintlich ein dummes Problem hat. Der Profi ist dies gewöhnt und es gibt immer ein dümmeres Problem, was der Profi auf dem Tisch hatte. Ein Fall wäre da zb. dass ein Kunde angerufen hat, weil er kein Sound hatte. Das Problem war, dass ein Headset eingesteckt war. Dann auch nicht wissen, wie man eine Datei aus dem Internet herunter lädt und ausführt, macht es nicht besser. Lieber man gibt einmal 30€ zu viel aus, anstatt einen Mist verzapft zu haben, der 300€ kostet.
Sparen ist das eine aber zu viel darf man auch nicht sparen. Man sollte auch nicht Bekannten trauen die "Erfahrung" haben, der am besten noch Metzger ist.
Vergisst nie: "Kein Backup, kein Mitleid". Stellt euch immer vor, euer Haus brennt komplett ab und Fragt euch welche Daten ihr vermissen würdet. Diese Daten müssen definitiv gesichert werden. An diejenigen die Datenkraken nicht vertrauen: Wer hat bitte Interesse an eure Urlaubsfotos von 2010? Sensible Dateien wie eure Fotos vom FKK Strand oder Pläne für eine Nukular Rakete, sollte man dann nicht online speichern. Es gibt auch andere Methoden um die Dateien außerhalb des Hauses zu sichern aber die kosten ja auch mehr. Ein zweites Haus oder ein Bankschließfach wäre da eins dieser Methoden, die aber nicht so günstig sind.
"Ich bin ja als Praktikant versichert." Das juckt einen Kunden nicht, wenn es Datenverlust gibt. 😜
War viele Jahre in einer PC Werkstatt, was man da erlebt kann man locker in einen Buch verfassen.
Meine Lieblings-Aussage der Kunden: Ich habe nichts gemacht, es war schon so.
Die Aussage ist die beste.
In meinem Schülerpraktikum war ich auch in einem PC Shop und hab einen Rechner gezeigt bekommen, wo der Kunde sagte dass er nichts gemacht hat. Der Kunde hatte einen Ram Riegel falsch herum eingebaut und den Rechner eingeschaltet und danach den Riegel wieder richtig herum eingebaut. Dass allerdings ein Pin komplett schwarz war, hat den Kunden verraten.
Der Kunde merkt aber nicht, dass es ihn halt mehr kostet. Für die Fehlersuche wird halt Arbeitszeit berechnet.
Das auch nicht schlecht 😀
Was mir noch im Gedächtnis ist, ist eine Kundin, die hat es geschafft (wie auch immer) ihren VGA Anschluss der Grafikkarte (der ja mit Monitor Kabel verschraubt ist) komplett heraus zu reißen.
So schnell braucht man ne neue Grafikkarte 😇