Österreichische Schule (Wiener Schule) Kryptoökonomie

in #deutsch6 years ago

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2014 hatte ich im Zuge einer Fortbildung in unserem Scholarium (ich bin also nicht nur Förderer als Patron und Beirat des Scholariums, sondern nutze diese einzigartige Hochschule auch zu meiner eigenen Wissenserweiterung) auch die Gelegenheit, sich mit den Möglichkeiten einer Kryptoökonomie zu beschäftigen.

Die alternativen Möglichkeiten eines E-cash werden auch in der Wiener Schule kontrovers diskutiert. Es besteht also auch unter den Austrians nicht unbedingt Einigkeit, was die Kryptogelder betrifft.
Die Frage die dabei zu beantworten war und immer noch ist, ist folgende:
Lässt sich eine Kryptoökonomie als Zukunftsmodel mit der Österreichischen Schule (Wiener Schule) vereinbaren?

Meiner persönlichen Auffassung nach ist diese Frage als ein klares Ja zu beantworten. Ob sich solch eine Ökonomie auch durchsetzen lässt ist davon abhängig, ob es den elektronischen Bargeldern gelingt, genügend Liquidität zu erzeugen um tatsächlich auch als Alternative zu den staatlichen Zwangsgelder existieren zu können. Auch wird es juristisch eine Fragestellung, die besonders das Eigentumsrecht betrifft.

Peter Šurda zeigt in seinem Beitrag zum Lehrgang welche Notwendigkeiten bestehen, die ich nachfolgend zusammenfassend wiedergeben möchte.

Seit einigen Jahrzehnten hypothesieren Computerwissenschaftler, Ökonomen und Science- Fiction Schriftsteller, wie man Computernetzwerke nutzen kann, um Privateigentum besser zu schützen. Man hatte eine ungefähre Vorstellung, wie es funktionieren könnte. Einerseits würde es Kryptographie ermöglichen, mathematisch Eigentumsrechte zu beweisen (und somit Verfügung über sein Eigentum bewirken), andererseits würde die Entkoppelung des Eigentumsträgers von seiner physischen Identität es den Übeltätern erschweren, den Eigentümer zu lokalisieren und sein Eigentum mit physischer Gewalt zu stehlen. Das Ersetzen von linguistischer Form von Eigentumsbeweisen (z.B. Urkunden) durch eine mathematische Form würde das Durchsetzen von Eigentumsrechten auch mehr effizienter machen. Die frühen Befürworter einer Kryptoökonomie waren Libertäre und Anarchisten, welche es als einen Weg sahen, die durch den Staat ausgeübten Verletzungen der Eigentumsrechte zu entmachten (vgl. das Konzept von "crypto-anarchy", wie ausgedruckt von Timothy C. May in Cyphernomicon). Aus rein technischer Sicht ist es natürlich egal, ob der Eigentumsverletzer eine Privatperson oder eine öffentliche es, die Maßnahmen der Kryptoökonomie funktionieren in beiden Fällen identisch.
Die Basis eines solchen Systems wäre ein elektronisches Bargeld (E-cash), das einfachste Beispiel eines digitales Gutes einer Kryptoökonomie. Zusätzlich zum E-cash benötigt man eine Plattform für die Formulierung und Durchsetzung von Verträgen, damit komplexere Beziehungen als ein einfacher Einstufentausch möglich ist (sog. "Smart Contracts"). Smart Contracts ermöglichen einen Vertrag durch Datenquellen oder Entscheidungen der Dritten zu erweitern, zB Schlichtung für den Fall eines Streites, Echtzeitpreise bei Finanzverträgen, oder Schutz für den Fall von Sicherheitsangriffen. Der digitale Smart Contract hat eine physische Alternative, sog. "Smart Property". Das sind physische Objekte, die Eigentumsrechte überprüfen können, und anhand dessen Zugang erlauben oder verweigern. Ein bekanntes Beispiel ist ein Kaffeeautomat. Ein Kaffeeautomat gibt nur Kaffee heraus, wenn genug Bargeld eingeworfen wird. Um das Kaffee aus dem Automaten herauszuholen ohne zu bezahlen ist zwar möglich, aber im Vergleich zu dem Preis des Kaffees teurer, deshalb sind Leute motiviert, den Betrag zu zahlen statt versuchen einzubrechen. Hier sind wir bei dem nächsten Teil der Kryptoökonomie, dem Einsatz der Spieletheorie. Diese hilft uns Verträge so zu formulieren, dass ein Vertragsbruch automatisch pönalisiert wird, und so sind die Leute motiviert, die Verträge einzuhalten. Ein gutes Beispiel ist der ursprünglich von Alex Tabarrok vorgeschlagene "Dominant Assurance Contract", welches die Finanzierung von öffentlichen Gütern motiviert: wenn nicht genug Finanzen für das Projekt gesammelt werden können, muss der Projektbetreiber ein Pönale zahlen, welches dann an Investoren als Rendite ausbezahlt wird. Ein Investor erhält also entweder seine Investition plus Rendite zurück, oder es werden sich genug Finanzen für die Projektkonstruktion ansammeln. Da der Projektbetreiber natürlich nicht das Pönale zahlen will, ist er motiviert genug Investoren für die Projektfinanzierung zu finden.
Schliesslich sind wir bei dem meiner Meinung nach am meistfortgeschrittenem Stadium der Kryptoökonomie, sogenannten „Decentralised Autonomous Organisations“. Das sind Organisationen, die zu wirtschaftlichen (oder auch gemeinnützigen) Zwecken errichtet wurden, ähnlich zu Firmen. Die Unterschiede zu einer klassischen Firma sind, dass sie keine zentrale Entscheidungsinstanz (aus physischer Sicht) haben, und dass dessen wirtschaftliche Position durch die Kryptoökonomie selbst und nicht durch das staatliche Rechtssystem am Laufen gehalten wird. Praktisch sieht es so aus, als würde eine DAO selbständig handeln und tritt als Marktakteur auf, in Wirklichkeit ist es kein echtes Handeln im österreichischen Sinne, da es sich deterministisch verhält. Bei der DAO handelt es sich also um keine künstliche Intelligenz, subjektive Bewertungen werden weiterhin von Menschen (die von der DAO angestellt oder als Dienstleistung bezogen können) getroffen, und dienen dann als Dateneingaben für die DAO. Es ist also eine quasi Arbeitsteilung zwischen Maschine und Mensch, jeder kann sich auf seine Stärken spezialisieren.

Um sich das besser vorzustellen, empfehle ich die Science-Fiction-Duologie "Daemon" und "Freedom(TM)" von Daniel Suarez, welche einen Wechsel eines ökonomisches Systems von dem jetzigen in eine Kryptoökonomie beschreibt, und man dort viele praktische Bespiele findet.
An E-cash hat es sehr lange gefehlt, und u. a. wurde dies von Milton Friedman erkannt (sehe

). Das Konzept dabei ist nicht neu, in 1983 wurde es von David Chaum konzipiert, und es gab mehrere Versuche es praktisch zu implementieren. Die ersten sind meiner Meinung nach durch Mangel an Interesse und Infrastruktur (z.B. Handys mit Internetzugang gab es damals nicht) gescheitert, in der späteren Zeit scheitern solche Versuche zunehmend aufgrund rechtlicher Probleme (z.B. Liberty Reserve, e-gold oder Liberty Dollar wurden der Geldwäscherei, Fälschung oder gar Terrorismus bezichtigt und durch Behördeneingriffe eingestellt). Die meisten Voraussetzungen für E-cash gab es also schon länger, es sieht aber so aus als wäre die fehlende Komponente Dezentralisierung.

Die Wichtigkeit von Dezentralisierung wurde u. a. von Nick Szabo in "Trusted Third Parties Are Security Holes" erklärt. Sicherheitsprotokolle beinhalten nämlich eine sog. Trusted Third Party, also eine vertrauende dritte Partei, welche die finale Entscheidungsmacht hat. Laut Szabo wird oft übersehen, dass eine TTP Kosten verursacht, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich korrekte Entscheidungen trifft, und auch keine Nebenwirkungen hat und selbst kein Sicherheitsrisiko darstellt (und stattdessen nimmt man einfach an es wäre mit der TTP alles in Ordnung). Seine Schlussfolgerung ist, dass ein Sicherheitsprotokoll ohne eine TTP vermutlich unmöglich ist, sehr wohl wäre es jedoch möglich, die TTP zu dezentralisieren und somit die Kosten eines erfolgreichen Angriffs zu erhöhen. In der Computerwissenschaft wird eine dezentrale TTP in dem sog. "Problem der byzantinischen Generäle" reflektiert. Grob gesagt, wie können sich örtlich separierte Marktteilnehmer auf einer Entscheidung einigen, wenn einige von denen potenzielle Gegner sind, die eine Einigung verhindern wollen? Auf Eigentumsrechte angewendet, ohne eine Einigung, wer wie viel e-cash besitzt, ist ein e-cash nicht möglich, denn dann könnte jeder bezahlen und gleichzeitig dieselbe Summe behalten. Man nennt es das "double spending problem" (Doppel-Ausgabe-Problem). Erste E-cash- Lösungen hatten eine zentrale TTP, und das hat erfolgreiche Angriffe ermöglicht.

Das Problem der byzantinischen Generäle galt laut mehreren Computerwissenschaftlern als unlösbar, bis in 2008 Satoshi Nakamoto (Pseudonym) existierende Mechanismen innovativ zusammengeschlossen, und dies in einem Artikel ( https://bitcoin.org/bitcoin.pdf ) erklärt hat. Kurz darauf hat er eine praktische Implementierung programmiert und veröffentlicht, und seit 3. Jänner 2009 läuft diese und ist bekannt als Bitcoin. Das Projekt hat zunehmend an Interesse gewonnen und es haben sich Programmierer, Geschäftsleute und Investoren gefunden, die das Projekt unterstützen, darauf aufbauen, oder alternative Systeme propagieren. Dieses Jahr sind Investitionen in der Höhe von ca. 100 Millionen USD in die auftauchende Kryptoökonomie geflossen.
Aus technischer Sicht gibt es das Bitcoin (Protokoll bzw. Netzwerk), und die Basiseinheit des Protokolls, das Bitcoin. Auf Deutsch werden wohl beide mit großem B geschrieben. Genauer gesagt ist die Basiseinheit ein "Satoshi", und ein Bitcoin sind 100 Millionen Satoshis (ähnlich wie ein Schilling 100 Groschen hatte). Die Verwendung des Protokolls produziert ein Buch (Ausdruck aus der Finanz, auf Englisch "Ledger"), eine Sequenz an Transaktionen, die dauernd wächst. Bei jedem Wachstumsschritt (ca. jede 10 Minuten) wird auch eine vordefinierte und absinkende Menge an Bitcoins produziert (bis eines Tages keine mehr produziert werden). Beitragen von Rechenkraft zu dem Netzwerk erlaubt es, sich an der Verteilung dieser neuen Bitcoins (und der Transaktionsgebühre) zu beteiligen, sog. "Mining" (Schürfen). Je mehr Rechenkraft investiert wird, desto teurer wäre es für einen Angreifer, den Konsensus zu stören, und es ist lukrativer wenn er zu der Bildung des Konsensus beiträgt statt es zu stören. Hier sehen wir wieder die Anwendung der Spieletheorie und das wurde so auch von Nakamoto in seinem Paper erkannt.

Genauso wie in der Finanz, gibt es in dem Bitcoin-Buch Konten. Das Konto erzeugt sich jeder selbst indem man einen Schlüsselpaar auf Basis der Kryptografie der öffentlichen Schlüssel generiert. Der öffentliche Schlüssel identifiziert das Konto, und der private Schlüssel ermöglicht es, die an dem Konto angesammelte Bitcoins zu überweisen, indem der Besitzer die Überweisung durch eine digitale Unterschrift erweitert und in das Netzwerk schickt. Das Netzwerk einigt sich dann im Falle von sich widersprechenden Transaktionen (Doppel- Ausgabe-Versuche), welche von diesen gültig ist, und andere werden ignoriert.

Die Schlüssel sind 256 Bit (32 Byte) lang (es passen ca. vier solche Schlüssel in eine SMS). Diese können grundsätzlich auf beliebigem Objekt eingetragen werden, auch z.B. Münzen oder Papierscheine. Bitcoin ist also das erste Tauschmittel, das in grundsätzlich beliebiger Form ohne speziellem rechtlichen Schutz verwendet werden kann.

Die Entstehung von Bitcoin hat zu Kontroversen innerhalb der österreichischen Schule geführt, und meiner Meinung nach Lücken in unserem Verständnis von Marktphänomenen enthüllt. Ich habe versucht, diese Lücken zu Schließen, und die wichtigsten Erkenntnissen in dem Artikel "The Origin, Classification and Utility of Bitcoin" veröffentlicht.
Der Ursprung des Geldes wird hauptsächlich von Menger und Mises erklärt. Menger hat entdeckt, dass das Phänomen des Geldes nur ein spezieller Fall einer allgemeiner Eigenschaft der Güter, sogenannte Marktgängigkeit (heutzutage sagt man Liquidität) präsentiert. Menger definiert die Liquidität als die Fähigkeit, ein Gut einfach zu aktuellem (wirtschaftlichem) Preis zu verkaufen, und teilt die Bedingungen für den Verkauf in zwei Gruppen auf: wo und wann der Verkauf stattfinden kann. Auch beobachtet hat er, dass liquide Güter permanente Infrastruktur für einen einfachen Handel haben (sog. "organised markets", den deutschen Ausdruck habe ich nicht dabei). Wenn Marktteilnehmer feststellen, dass einige Güter mehr liquide sind als andere, werden sie anfangen diese zu horten, um besser für unerwartete Ausgaben vorbereitet zu sein. Diese zusätzliche Nachfrage ist die Entstehung der Funktion des Tauschmittels und erhöht den Preis (die Differenz wird heutzutage Liquiditätspremium genannt). Durch den Netzwerkeffekt werden die Marktteilnehmer zunehmend primär dasselbe Tauschmittel horten, bis es praktisch von jedem gehortet wird, und diese Phase "Geld" genannt wird. Dabei ist nicht notwendig, dass die Teilnehmer verstehen, dass ihre Hortneigung die Tauschmittelfunktion als Nebeneffekt hat (selbstverständlich kann aber umgekehrt das Verstehen diesen Nebeneffekt nicht verhindern).

Mises hat auf den Erkenntnissen von Menger aufgebaut, und argumentiert, dass diese zusätzliche Hortnachfrage (die Tauschmittelfunktion) nur bei liquiden Gütern entstehen kann, und eine andere Entstehungsweise gar nicht denkbar ist. Leute können sich z.B. auf einem bestimmten Tauschmittel nicht einfach einigen. Wenn wir also beobachten, dass ein illiquides Gut A gegen ein anderes Gut, B, gehandelt wird, wissen wir deduktiv, dass A in diesem Fall kein Tauschmittel ist. Entweder handelt es sich um einen direkten Tausch (Barter), oder B ist das Tauschmittel. Wenn wir also den Ursprung des Geldes an sich untersuchen, kann es gar keine Tauschmittel geben, und es muss sich um Barter handeln. Die Notwendigkeit, Liquidität zu besitzen, kann laut Mises auch vom Zeichengeld nicht umgangen werden, welches sie durch die staatliche Intervention in dem davor existierenden Geldmarkt erhält.

Diese sequenzielle Entstehung wird als das Mises’sche Regressionstheorem bezeichnet und leider oft missinterpretiert. Die Idee, dass ein Gut einen Preis haben muss, um als Tauschmittel zu fungieren, ist nicht primär österreichisch, und wurde bereits von Adam Smith präsentiert. Die Österreicher haben es um das Liquiditätskonzept erweitert.

Wenn wir die Wirtschafsgeschichte von Bitcoin analysieren, können wir sehr wohl die von Menger und Mises bezeichnete Phänomene beobachten. Es gab zuerst gar kein Bitcoin. Dann gab es eine Phase, wo Bitcoin existiert hat, aber keinen Preis gehabt hat. Dann gab es eine Phase, wo Bitcoin einen Preis hatte, aber illiquide war. Dann gab es eine Phase, wo Bitcoin liquide war, aber noch kein Tauschmittel war. Und erst dann können wir eine Tauschmittelfunktion feststellen.

Bei dem Versuch, Bitcoin zu kategorisieren, habe ich mich primär auf das Konzept der Finanzinstrumente konzentriert. Für meinen Zweck definiere ich Finanzinstrumente sehr allgemein als vertragliche Rechte oder Verpflichtungen. Wenn ich also ein Finanzinstrument besitze, gibt mir das gewisse Rechte oder verpflichtet mich zu etwas. Ein Girokontoinhaber, z.B., hat das Recht, dass ihm die Bank auf Anfrage Bargeld ausgibt. Diese Rechte/Verpflichtung sind das, was die Nachfrage nach Finanzinstrumenten bzw. deren Preis bestimmt (andere Einflüsse ignorieren wir aus Einfachheitsgründen). Ist Bitcoin ein Finanzinstrument? Gibt mir der Besitz Rechte oder Verpflichtungen? Nein, der Besitz gibt mir keine solche Rechte oder Verpflichtungen, und es war auch nie der Fall. Bitcoin ist deshalb kein Finanzinstrument. Es muss sich bei Bitcoin also um ein Gut an sich handeln. Bitcoin ist also ein Sach-Tauschmittel.
Da jedoch Bitcoin weder ausreichende Liquidität hat, noch von meisten Marktteilnehmern als Tauschmittel verwendet wird, und auch nicht als Recheneinheit für wirtschaftliche Kalkulation verwenden wird, ist es kein Geld, nur ein Tauschmittel. Tauschmittel, die kein Geld sind, werden in der österreichischen Typologie als "Sekundärtauschmittel" (Mises) bzw. "Quasi-Geld" (Rothbard) bezeichnet. Bitcoin ist daher ähnlich wie z.B. Gold klassifizierbar, ein Sach-Tauschmittel welches kein Geld ist.

Bei dem Versuch, den Nutzen von Bitcoin festzustellen, scheitern viele Ökonomen, und leider auch einige Österreicher, z.B. Walter Block, und kommen zu der Schlussfolgerung, dass Bitcoin keine inneren Wert ("intrinsic value") hat. Ein Tauschmittel an sich hat eigenen Nutzen (von der Liquidität abgeleitet, wie oben beschrieben), aber das ist u.U. inkomplett bzw. nicht völlig zufriedenstellend. Wir müssen daher analysieren, was Nutzen eigentlich ist. Nutzen ist die Befriedigung von Bedürfnissen. Laut Böhm-Bawerk (paraphrasiert) entsteht die Befriedigung der Bedürfnisse, wenn Objekte ihre gespeicherte Energie ausgeben. Da Bitcoin digital ist, kann es ja gar keine Energie ausgeben, und wäre somit nutzlos. In gewisser Weise stimmt das, wir müssen jedoch eine andere Vorgehensweise wählen. Es gibt zuerst sog. Konsumgüter. Das sind Güter, die eine direkte Befriedigung von Bedürfnissen verursachen, wenn sie konsumiert werden. Dann gibt es Produktionsgüter. Diese befriedigen zwar durch Konsum Bedürfnisse nicht direkt, es entstehen aber bei deren Verbrauch andere Güter. Der Nutzen Der Produktionsgüter ist also von den Konsumgütern, die im letzten Produktionsschritt produziert werden, abgeleitet. Wenn es diese Produktionsgüter nicht gäbe, gäbe es auch nicht die Konsumgüter. Und letztendlich gibt es noch eine andere Möglichkeit, um Nutzen zu verursachen, die soweit ich weiß von Österreichern nicht explizit als separate Kategorie geführt wird. Das sind Güter, dessen Konsum weder eine direkte Befriedigung der Bedürfnisse verursacht, noch in einem Produktionsprozess aufgebracht wird, die es jedoch einfacher machen, existierende Güter zu konsumieren. Diese Güter haben Nutzen aufgrund von Transaktionskosten, welche unumgänglich bei jedem Tausch in unterschiedlichsten Formen entstehen. Wenn z.B. der Konsumgut nach einer Produktion zum Konsumenten transportiert werden muss, verursacht dass Transaktionskosten, und diese absorbieren einen Teil des Nutzens des Konsumgutes. Aufgrund von Transaktionskosten sind einige Tauschmöglichkeiten weniger wirtschaftlich oder gar komplett unwirtschaftlich, und können nicht stattfinden. Wir können solche Güter, deren Nutzen durch Reduktion der Transaktionskosten entsteht, vielleicht als Katalysator oder Schmiermittel bezeichnen.

Als Beispiel eines solchen Schmiermittels, der allgemein bekannt ist und eine gewisse Nutzenähnlichkeit zu Bitcoin hat, habe ich eine Registrierkassa gewählt. Der Nutzen einer Registrierkassa erfordert die Verwendung von Bargeld, in einer Ökonomie ohne Bargeld ist eine Kassa nutzlos. Die Kassa reduziert die Transaktionskosten im Vergleich zur einer Geldbörse (ursprünglich wurde die Registrierkassa eingesetzt, um Diebstähle seitens der Angestellten zu reduzieren). Zudem sind heutzutage Kassen elektronisch und haben Anbindung zur Buchführung der Firma. Wer also mit dem Nutzen einer Registrierkassa einverstanden ist, sollte sich auch nicht über den Nutzen von Bitcoin wundern.
Letztendlich ist die Durchsetzung von Eigentumsrechten auch eine Form von Transaktionskosten. Die Polizei, die Gerichte oder auch die Banken, haben unter anderem den Zweck, dass Marktteilnehmer ihr Eigentum in vollerem Umfang genießen können. Wenn diese Mechanismen durch effizientere ersetzt werden könnten, würde das eine Reduktion der Transaktionskosten bewirken, mehr Handel ermöglichen und uns reicher machen. Somit sind die Bemühungen der Befürworter der Kryptoökonomie aus österreichischer Sicht vertretbar.

Zur Zeit ist die Kryptoökonomie meist in der einfacher Benutzung von e-cash manifestiert und ist selbst oft experimenteller Natur. Die kompliziertere Formen wie Smart Contracts, Smart Property oder DAOs sind in einem noch jüngerem Stadium, beginnen aber auch zu existieren, z.B. die Verwendung von Schlichtungsmöglichkeiten nimmt bei Bitcoin- spezifischen Märkten zu. Allgemein ist die Kryptoökonomie in einem wenig reifem Stadium, ist nicht unbedingt bequem zu benutzen, und die Risiken sind für die Teilnehmer oft unklar oder schwierig abzuwenden. Hinzu kommt auch die rechtliche Lage, die weltweit sehr unterschiedlich ist (variiert von keiner Regulierung bis zum Verbot) und ändert sich. Bei dem Partizipieren in der Kryptoökonomie empfehle ich daher klein anzufangen und sich u.U. mit seinem Buchhalter und/oder Anwalt zu beraten. In Österreich haben sich sowohl die FMA als auch das BMF zum Thema geäußert und die Situation ist zur Zeit relativ klar und unproblematisch.

Was Peter Šurda jedoch übersieht, ist, dass das BMF in Österreich wie auch Bundesfinanzminisrium in Deutschland davon ausgehen, dass die staatlichen Zwangsgelder nebenher selbstverständlich bestehen werden und bleiben und das E-Cash selbstverständlich in das staatliche Zwangsgeld umgerechnet wird. Er übersieht auch, dass die Wirkungsweisen dieser Institutionen dem notwendigen Eigentumsrecht und dem daraus resultierenden Vertragsrecht konsequent entgegenstehen. Es wird also auch eine juristische Auseinandersetzung zu diesem Thema unvermeidlich sein. Ohne konsequentes Eigentumsrecht, wird jede Diskussion zu einer endlosen Story.

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Oh gott, du legst dich ganz schön ins Zeug für deine Beiträge. Freut mich das ein Österreich sowas leistet :D
Vl hört man sich mal :)

Lg,
Paku

Ich danke Dir. Ich bemühe mich, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg. Was aber nicht ist, kann ja noch werden.

alles kommt mit der Zeit :)

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