Sahra Wagenknecht – der Lotse geht von Bord
Sie mag einen in mancher Hinsicht an Rosa Luxemburg erinnern, doch sie scheint ein anderes (politisches) Ende zu finden als jene: Sahra Wagenknecht – eine intelligente, attraktive Frau, die sowohl bei Linken als auch einigen Rechten und insbesondere jenen, die diese Kategorien für überholt halten, einen guten Ruf hat. Auch der Altlinke und Neurechte Jürgen Elsässer schwärmte von ihr. Nun hat sie sich überraschend, angeblich aus gesundheitlichen Gründen, innerhalb von zwei Tagen sowohl aus dem Vorstand der Bewegung „Aufstehen“ zurückgezogen als auch angekündigt, nicht mehr für den linken Fraktionsvorsitz zu kandidieren. Es ist letztlich unerheblich, ob die Gesundheit nur vorgeschoben ist, denn sie hätte in der Tat ausreichend Gründe, körperlich und psychisch angeschlagen zu sein. Zu viel Hass und Häme ist von linksliberaler und linksextremer Seite über sie ausgeschüttet worden.
Auch physische Attacken hat sie erlebt, man denke nur an den Tortenanschlag aus dem Mai 2016 auf einem Linken-Parteitag, der auf das Konto von weltverbesserischen Traumtänzern ging, die sich an Wagenknechts Position störten, dass nicht alle Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten.
Die ZEIT ruft ihr hinterher, dass sie ja ohnehin nie eine taugliche „linke Integrationsfigur“ gewesen sei, und hält ihr vor, das „Innere einer Nation in den Mittelpunkt“ ihres Denkens gestellt zu haben. Was, bitte, soll es denn für einen Politiker, der von dieser Nation gewählt wird und ihre Interessen vertreten soll, Wichtigeres geben, als ihr Inneres? Man kann über solche links-sektiererische Spitzen nur den Kopf schütteln. Wer solche Argumente bemüht und glaubt, die Partei werde von dieser Säuberung profitieren, scheint gar nicht zu merken, dass sie sich damit in die Bedeutungslosigkeit manövriert.
Der Lotse geht von Bord; Kipping und Riexinger können dann zeigen, wie gut sie links herumintegrieren können. Allerdings werden auch die Ratten das dann sinkende Schiff verlassen. Die Einen werden bei der AfD eine neue Heimat finden und wenn die Linke dann geschwächt genug ist, werden die Anderen zu den aufstrebenden Grünen gehen. Nur diejenigen, die das beste Gewissen der ganzen Welt haben und ganz genau wissen, was richtig und falsch ist – und welche Meinungen ein Verbrechen darstellen, werden sich in den abgehängten politischen Zirkeln wiederfinden, aus denen sie gekommen sind. Wagenknecht hat treffend von Elfenbeintürmen gesprochen, in denen man sich für Gendersternchen und nicht für die Rente interessiert.
Ob sie nach ihrer Genesung den Aprilscherz des „Freitag“ von 2018 wahr machen und eine linksnationale Partei gründen wird? Vermutlich nicht. Wir brauchen nicht noch mehr Parteien. Wir brauchen die richtige Politik. Ich muss schon sagen, dass ich mich freuen würde, sie an anderer Stelle wiederzusehen.
Bild: Heike Huslage-Koch / CC BY 4.0