Hans Georg Maaßen, Nepstad und die Dissidenten in der alten Ordnung
Hans Georg Maaßen hat sich mit seiner Rede vor der Werteunion endgültig ins Lager der Rebellen begeben. Er ist nicht der einzige Dissident im Staatsapparat. Immer mehr Menschen, die ihr Dienstethos ernst nehmen und es nicht mit einem Parteibuch oder dem gesellschaftlichen Diskursklima abgleichen wollen, wenden sich ab. Sie nehmen leise ihren Hut oder gehen offen in den Widerstand, weil die momentane Bundespolitik von ihnen mittlerweile abverlangt, dass sie ihren Eid, nämlich die Bundesrepublik Deutschland zu schützen, missachten. Wer als Polizist, Soldat oder Beamter in staatstragenden Bereichen arbeitet, kann nur mit einem Mangel an staatlichem Ethos ertragen, wie dieses Land zu Grunde gerichtet wird. Maaßen wollte nicht widerrufen, als man ihn wegen moderner Ketzerei im Jahr 2018 vor das Scherbengericht der Republik gestellt hat. Das spricht für ihn und lässt seinen Nachfolger, den beleibten Günstling der übersatten Parteiendemokratie, schlechter aussehen.
Denn er hatte es tatsächlich gewagt die Aussagekraft eines ca. 20 Sekunden langen Videoclips, hochgeladen von Antifa-Zeckenbiss auf Youtube, als Beweis für «Hetzjagden an Ausländern» anzuzweifeln. Nach seiner öffentlichen Rüge durch die Kanzlerin und die versammelten Medien war es erst still um ihn geworden, bevor er erneut im Winter letzten Jahres bei seiner Version blieb und das Narrativ kritisierte. Dafür musste er den Platz räumen, der alsbald dann von seinem Nachfolger Haldenwang besetzt wurde. Dass dieser dann für den unwürdigen Wisch verantwortlich wurde, der die AfD eigentlich in Bedrängnis bringen sollte, ihr wahrscheinlich aber nur helfen wird, ist eine andere Geschichte.
Maaßen bestätigt die gängige Kritik aus der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition an der Großen Koalition und an Merkels Kurs. Dass unsere Demokratie durch Denk- und Sprechverbote und immer engere Meinungskanäle gefährdet ist, klammert er keinesfalls aus. In Medien und Politik herrsche ein ausgeprägte Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen und Sorgen des Volkes. Eine Parallelwelt habe sich dort gebildet, so der Ex-Verfassungsschutzchef. Wie bei eigentlich jedem klar denkenden Staatsdiener, der in schützender Funktion für diese Gesellschaft eintritt, war die Grenzöffnung von 2015 für ihn eine Zäsur. Wer in der Justiz oder Sicherheit des Staates arbeitet, musste angesichts der blitzartigen und völlig unkontrollierten Aufnahme mehrerer Millionen Migranten aus dem Nahen Osten, Afrika und Zentralasien einfach nur Bauchschmerzen bekommen. Ein solches Regierungshandeln macht den Job eines Staatsdieners, der die Bürger hier beschützen soll, ungemein schwerer, wenn nicht sogar nahezu unmöglich. Dass die Fehler von 2015 weiterhin begangen werden, betonte Hans Georg Maaßen während seiner Rede, die womöglich einmal in den Geschichtsbüchern steht wird.
Herr Maaßen ist nicht alleine mit seiner Kritik. Viele Staatsbedienstete tummeln sich in den Kreisen der Opposition, meistens wohl ohne Auftrag, sondern aus einem echten Gerechtigkeitsempfinden heraus. Was Deutschland durch die naive und unverantwortliche Politik einer infantilen Politikerklasse angetan wird, ist weder gerecht gegenüber der einheimischen Bevölkerung noch gegenüber den Schutzbedürftigen dieser Erde. In dieser Lage ist es ein Zeichen für hohes Ethos, wenn sich die Staatsbediensteten gegen ihre Vorgesetzten wenden und rebellieren. An dieser Stelle sei an Sharon Erickson Nepstad verwiesen, die ein Buch namens «Nonviolent Revolutions: Civil Resistance in the Late 20th Century» schrieb, das sich ausführlich mit dem Erfolg und Nichterfolg von friedlichen Revolutionen befasst. Enorm wichtig sei es dabei, dass die Streitkräfte, Sicherheitsapparate, Beamten und Polizisten teilweise oder in Gänze auf die Seite der Protestbewegung überlaufen. Ein Beispiel dafür ist die Rosenrevolution von 2003 in Georgien. Die Staatsdiener stünden in kritischen Momenten ihrer Nationen vor der Frage ob sie die derzeitige Ordnung unterstützen oder zu den Geburtshelfern einer neuen werden. Solange der Protest friedlich bleibt, so Nepstad, stünden die Chancen immer gut, dass sich die Sicherheitsdienste und Dissidenten aus dem alten System den Bürgerprotesten anschließen, also auf der Seite des Volkes gegen ihre Vorgesetzen in der Regierung antreten. Reagiert die Regierung dann weiterhin irrational, uneinsichtig und brutal, ist der Umsturz quasi vorprogrammiert. Interne Säuberungsaktionen in den Sicherheitsapparaten hätten dabei häufig nicht den von den Machthabern erhofften Effekt, sondern sorgen nur für eine Fütterung der Opposition mit unfreundlich gesinnten Ex-Staatsdienern.
Bleibt der Bürgerwiderstand weitestgehend friedlich und solidarisiert sich mit den Beamten, Sicherheitsdiensten, Soldaten und Polizisten, sind die Erfolgsaussichten groß. Denn dann stehen nur jene noch zur alten Ordnung, die von ihr profitiert oder sich im Laufe ihrer Karriere im alten System mit Schuld und Schande beladen haben. Diese letzte Gruppe hat daher ein Interesse, dass es nicht zu einem Macht- bzw. Systemwechsel kommt, da dieser unweigerlich dazu führen würde, dass die neue Ordnung mit den Verbrechern der alten Ordnung hart ins Gericht gehen würde.
Bild: Pixabay
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