Ergebnisbericht 15 Minutes of Fame

in #deutsch7 years ago (edited)

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Am 13.03. war ich freundlicherweise von WPDUS eingeladen, mein aktuelles Lieblingsprojekt vorzustellen. Ich wählte Baby Kochs aus, und erzählte davon, wie ich das Projekt von 2004 an bis heute, und vom Frameset zum erfolgreichen eCommerce mit WordPress/WooCommerce, begleitet habe.

2004
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2018
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In 14 Jahren lernt man viel über erfolgreiche, und weniger erfolgreiche, Strategien in Bezug auf Webseiten für den Einzelhandel. Diese Erkenntnisse möchte ich in kurzer Form hier wiedergeben, und Trends benennen, die sich über diesen Zeitraum abgezeichnet haben, und meiner Meinung nach anhalten werden.

Generalisierte Beratung, spezialisierte Umsetzung

Bei Teams die heutzutage IT-Projekte umsetzen und betreuen ist es günstig, wenn Beratung und/oder Projektleitung von technologieübergreifend erfahrenen Generalisten erfolgt. Die kennen die Vorteile von, beispielsweise, Shopware gegenüber WooCommerce und können dem Kunden helfen, die richtigen Komponenten für sein erfolgreiches Projekt zu identifizieren.

Zur eigentliche Umsetzung werden dann aber vorzugsweise spezialisierte Personen eingesetzt, je nach Anforderung. Vor wenigen Jahren noch konnte eine Person auch noch nahezu alle Internet-Technologien ausreichend beherrschen. Dies ist inzwischen, spätestens durch den Aufstieg der Mobile Devices sowie Native- und Progressive-Web-Apps, kaum noch der Fall.

Weniger Entwicklung, mehr Konfiguration

Zwischen 2005 und 2010 haben wir Content-Management-Systeme noch von Grund auf programmiert, und sogar kleine eCommerce-Plattformen vom Datenbank-Konzept bis zur Bezahlsystem-Anbindung umgesetzt. Das wäre heute viel zu teuer. Der Trend geht dahin, bestehende Systeme wie Shopify, Shopware oder WooCommerce zu verwenden. Diese werden installiert (oder direkt per SaaS genutzt), visuell angepasst und konfiguriert, und fertig ist die eCommerce-Lösung. Anschließend werden die Mitarbeiter auf Kundenseite im Rahmen der Inbetriebnahme kurz geschult, und es kann losgehen mit dem Online-Handel.

Kürzere Innovationszyklen, kontinuierliche Investitionen

Bis vor Kurzem sahen Produktzyklen bei Webseiten häufig wie folgt aus:

  1. Kunde investiert Betrag X in eine Webseite
  2. Die Webseite ist fertig und Y Jahre lang passiert wenig/nichts
  3. Die Webseite ist technologisch veraltet und inkompatibel mit Status Quo
  4. Kunde investiert Betrag Z in eine neue Webseite (zurück zu 2.)

Das änderte sich mit SaaS (z.B. Squarespace, Jimdo, Shopify und ähnlichen Baukästen) und dem Aufstieg der CMSs (z.B. WordPress, TYPO3, etc.), die permanent weiterentwickelt werden, und Updates komfortabel anbieten. Nun investiert man kontinuierlich wenig Aufwand ~ man drückt häufig Update-Buttons ~ und die Webseite geht mit der Zeit. Natürlich gibt es immer noch Kunden, die es nicht schaffen Ihre Webseite regelmäßig zu aktualisieren, oder Wartungsverträge abzuschließen. Diesen sollte man vor Augen führen, welchen immensen Wert in Form von vielen Entwickler-Stunden sie ungenutzt lassen, weil sie es nicht schaffen eine Update-Strategie zu etablieren.

Fragmentierte Anforderungen, größere Teams, mehr Kommunikationsbedarf

Als ich Anfang der Neunziger Datenverarbeitungskaufmann bei der Schenker Eurocargo AG gelernt, und das Internet noch keinen derart hohen Stellenwert hatte, waren EDV-Abteilungen übrigens klitzeklein. Damals konnte eine einzige Person sämtliche IT-Prozess eines mittelständischen Unternehmens verstehen und betreuen. Die Zeiten sind vorbei. Geschäftsprozesse, die damals von “Großrechnern” wie IBM AS 400 oder Siemens Nixdorf Quattro in gekühlten Kellerräumen abgebildet wurden, dezentralisierten sich zunehmend Richtung hochskalierbare Services. Oder, um ein Buzzword zu benutzen: die Cloud. Ähnlich dezentralisierte sich die Arbeitskraft-Beschaffung. Früher hatte man alles per “EDV Abteilung” inhouse. Heute mietet man eher Agenturen und/oder Freelancer, je nach Projektlage.

Anfang des Jahrtausends brauchte man dann nur wenige Skills (Projektleitung, Programmierung und eventuell Design), um nahezu alles im Internet realisieren zu können. Auch das ist lange vorbei. Nun braucht man Projektleiter, die viele Spezialisten in die gleiche Richtung führen. Konzept, Design, Programmierung (SQL, PHP, JavaScript, u.a.), Redaktion, Social Media, Online Marketing, SEO und sogar Rechtsbeistand sollten bei keinem Projekt fehlen. Zudem werden Geschäftsprozesse zunehmend digitalisiert und modernisiert, was weitere Kompetenzfelder schafft.

Das alles erfordert Kommunikation. Viel und gute Kommunikation. Introvertierte Entwickler sind in der Regel nicht besonders erpicht darauf, ständig mit Menschen in Workshops zu sitzen. Auch die Kommunikation mit dem Kunden, den man möglichst entlasten und nur wenn wirklich erforderlich mit Entscheidungsfindung belasten möchte, benötigt Fingerspitzengefühl. Ich habe den Eindruck, dass meine Soft-Skills inzwischen genauso gefordert sind wie meine Fähigkeit technische Lösungen zu finden. Und es ist tatsächlich nicht selbstverständlich, dass sich Menschen mit links-dominanten Gehirnen und solche mit rechts-dominanten zu produktiven Teams zusammenfinden.

Wie in jeder Beziehung geht es bei Teamwork darum, Kompromisse im Kleinen zu finden damit das grosse Ganze, die Beziehung an sich, funktioniert. Wenn Designer und Kunde unbedingt den vollbreiten Image Slider im Header der Startseite haben wollen, erkläre ich einmalig warum das keine gute Idee ist. Nämlich, weil kurze Ladezeiten in der Smartphone-Ära sehr wichtig, und mehrere hochformatige Bilder sehr gross sind. Es gibt viele Argumente gegen Carousels, aber wenn Kunde und Designer ohne die hübschen Bilder dauerhaft unglücklich mit dem Projekt wären, ist es an der Zeit für den Entwickler oder technischen Berater zum nächsten Punkt überzugehen, und besagten Image Slider zu akzeptieren. Ein gutes Projekt-Klima ist mir wichtiger als in einem einzelnen Punkt “zu gewinnen”.

Steigende Komplexität, wachsende Rechtsunsicherheit

Wo viele Komponenten zusammenwirken, entstehen viele Reibungspunkte, die viele Fragen aufwerfen. Darf man einen externen Service laden, wenn man damit gleichzeitig die IP-Adresse des Benutzers dorthin übermittelt? Und wohin genau übermittelt man die? Wo steht der Server? Durch welchen unregulierten Schurkenstaat fließt diese Information? Und was ist eigentlich die Blockchain? Das Internet ist mit der realen Welt, die aus einzelnen Kontinenten, Staaten, Ländern, Städten und Haushalten besteht, wenig vergleichbar.

Eine Legislative versucht nun Regeln zu formulieren, um eine technische Infrastruktur zu regieren, die sie kaum versteht. Wieviele Politiker oder Juristen können wohl den Unterschied zwischen Session-Cookie und Third-Party-Cookie erklären? Genau! Es könnte passieren, dass man trotz sorgfältigen Vorgehens aus technisch versierter Sicht Abmahnungen zahlen muss, da man bei der Gerichtsverhandlung der Einzige im Raum ist, der die technischen Zusammenhänge versteht. Das ist beängstigend. Und die am 25.05.2018 kommende DSGVO erweitert die Regeln, erhöht die Komplexität und schafft dadurch ein Interpretations-Chaos, das der ein-oder-andere Anwalt für sich zu nutzen wissen wird.

Fragerunde nach meiner Präsentation

Annette brachte eine interessante Frage auf: Warum hatten wir uns damals für WordPress mit WooCommerce entschieden? Ja, warum eigentlich? Bei einem Projekt dieses Kalibers hatte ich Shopware bevorzugt, zumal das WWS des Kunden einer Modernisierung bedurfte und Shopware zusammen mit Pickware wahrscheinlich die bessere Wahl gewesen wäre. Die Entscheidung war jedoch gefallen, als der Designer im Team anfing, hübsche WordPress-Themes in den Raum zu werfen. Damit war der Entscheidungsprozess plötzlich nicht mehr WooCommerce vs. Shopware, sondern welches WordPress Theme ist das schönste. So schnell können sich Entscheidungsprozesse verselbständigen.

Weiter mit Datenschutz

Im Anschluss an meine Präsentation ging es weiter mit Udo und Max und der DSGVO, die im Mai auf uns zukommt. Ich glaube, Datenschutzbeauftragter ist derzeit ein Beruf mit Zukunft.

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