Hamburg - eine Stadt, zwei Vereine.Ouo Vadis Fußball? Der Erfolg beginnt im Kopf!
Freitagmorgen auf der Zugfahrt von Hamburg in Richtung Regensburg: Wir sind, nach langer Zeit mal wieder auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel des magischen FC St.Pauli. Bei Jahn Regensburg wird morgen nicht nur das Wetter und die Würste heiß sein. Die Bahn macht auf den Schienen ihren Job genau so gut, wie derzeit die Hamburger Kicker auf dem Rasen. Aber irgendwie bin ich nun doch in dem rappelvollen ICE zum Sitzen gekommen und stelle mir die Frage:
Was ist los mit dem Profifußball in Hamburg?
Als Fan des Fußballsports bekomme ich oft um die Ohren: "Wenn du guten Fußball sehen willst, dann geh doch zum FC Bayern!" Mit solchen Aussagen kann ich ebenso wenig anfangen wie mit abgepackten Weißwürsten vom Aldi. Immerhin haben wir die heutigen Überflieger der hohen Rasenballkunst aus München einst am Millerntor legendär aus der Hölle gejagt: Weltpokalsiegerbesieger
Es geht aber bei den Kiezkickern aktuell nicht mehr nur um den "guten Fußball", sondern schlicht und ergreifend um den Verbleib in der zweiten Liga. Wie kann es sein, dass solch ein besonderer Kultverein es nicht schafft, eine beständige gute sportliche Leistung abzuliefern? Man könnte an der Stelle, als einer der Millionen deutschen Bundestrainer, über die sportlichen Ursachen (Trainer, Vereinsführung usw.) debattieren. Ich meine aber: Erfolg beginnt im Kopf. Leider ist wohl der Profifußball noch nicht überall bei dieser einfachen Erkenntnis angekommen.
Gleiches gilt natürlich für den HSV. Auch hier liegen die großen Erfolge Jahrzehnte zurück. Die Parole hier: "Wir steigen nie ab, weil wir sind der HSV!" Dann doch lieber Weißwurst vom Aldi. Im Volkspark könnte man mittlerweile eine komplette Mannschaft ehemaliger Trainer an den Start schicken. Man bekäme wohl auch locker die Auswechselbank voll. Auch beim HSV wird über Jahre an allem Möglichen herumgeschraubt. Zuerst natürlich am Trainer.
Beide Traditionsvereine haben ihre Karren so fest in den Dreck gefahren, dass es wohl mehr braucht, als sich immer wiederholende Taten: Wechsel hier, Wechsel da. Am Ende nur Makulatur.
Der Misserfolg steckt aber mE. nicht nur im Tun. Die Taten sind erstens das Ergebnis des Denkens und zweitens der darauf folgenden Worte. Stimmt der Kopf nicht, in dem Fall besonders der Kopf der Spieler, nützt mE. auch das Drehen der äußeren Stellschrauben nicht viel. Hier zumindest macht der HSV aktuell einiges richtig. Trainer Titz hat freie Hand und kann erfolgshungrige junge Spieler von Beginn an aufstellen. Sogenannte "Stars" haben bei ihm keinen automatischen Anspruch dabei zu sein. Anders beim FC St. Pauli. Hier scheint es, trotz anhaltend grauenhafter Leistung einzelner Spieler für diese einen Stammplatzanspruch zu geben. Der Spruch dann hier: "Es fehlt an Alternativen!" oder "Wir haben zu viele Verletzte!" Auch hier gut zu sehen: Es ist die Suche "im Außen". Ich denke, dass das in solch Krisensituationen der falsche Ansatz ist.
Der mentale Faktor
Henry Ford stellte fest: "Ob du denkst du schaffst es oder ob du denkst du schaffst es nicht - du hast immer recht." Ford sprach also über die Gedanken und nicht über das Tun. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit im Profifußball auch das Mentaltraining auf dem Plan steht. Für mich stellt sich zB. die Frage, warum der FC St. Pauli so schwach im heimischen Stadion spielt. Man will mit "Hells Bells" und dem dazugehörigen Gänsehautflair am Millerntor dem Gegner Angst einjagen. Es sind aber die eigenen "Jungs in Braun", die anscheinend ihre Hosen damit randvoll haben. Hingegen tut die Heimkulisse den Rothosen des HSV wohl eher gut. Liegt das also am Können der Spieler oder ist das eine Kopfsache?
"Macht irgendwie den Ball rein! Auch ein dreckiger Sieg hilft uns!" Ich denke damit ist kein Blumentopf zu holen.
Der Ex FC St. Pauli Coach Ewald Linen bringt den mentalen Faktor im Profifußball bei einem Interview mit "Der Spiegel" auf den Punkt:
"Wir haben es geschafft, das Produkt auszuweiten, um möglichst viel Geld herauszupressen. Und das wird auf dem Rücken der Spieler ausgetragen. Sie müssen jetzt bisweilen über 60 Pflichtspiele pro Saison austragen und werden ausgelutscht. Dieser Raubbau an der mentalen Kraft der Spieler ist unverantwortlich"
Linen meint weiter, dass bei den Spielern aus der Angst heraus, nicht mehr aufgestellt zu werden ein enormer Druck entsteht. Dies bekommen Trainer oft nicht mit, wenn sie immer mehr verlangen. Es ist eben nicht mehr "nur ein Spiel".
Ich denke, hier müsste angesetzt werden. Dies spiegelt schließlich auch nur die Gesellschaft insgesamt wider. Nur: wenn Per Mertesacker auf die hohe Erwartungshaltung vor Spielen mit Brechreiz und Durchfall reagiert, steht dies in der Presse. Immerhin wird dies im Vergleich zu all den anderen, die auch im Job unter enormen Druck stehen, fürstlich entlohnt.
Eine Stadt - zwei Vereine - eine Liga?
An diesem Wochenende wird sich zeigen, wie es mit den beiden Hamburger Fußballclubs weitergehen wird. Weder hat der HSV einen Anspruch auf Liga 1, noch gilt für den FC St. Pauli: ".... doch wenn ich aufwach, fällts mir wieder ein: Du spielst ganz woanders - in Liga 2."
Das ist am Ende alles eine Kopfsache.
Es wird spannend!