Sprache als Kontroll- und Machtfaktor

in #deutsch2 months ago

Welche zentrale Bedeutung die Sprache hat, dessen ist sich der Mensch meist gar nicht bewusst. Sieht man von der akademischen Welt, die sich damit befasst, mal ab, merkt es der Normalbürger meist erst, wenn er sich aus irgendeinem Grund nicht mehr in seinem vertrauten, sondern in einem für ihn unverständlichen Sprachraum befindet. Das ist der Fall, wenn eine ihm nicht verständliche Fremdsprache gesprochen wird. Aber auch, wenn zwar seine Sprache gesprochen wird, er aber nicht oder nur sehr unzureichend in der Lage ist, den Sinn des Gesprochenen bzw. Geschriebenen zu erfassen. Hier denke man etwa an die Fachsprache der Experten in der Wissenschaft. Manche Wörter haben hier auch eine andere Bedeutung als im allgemeinen Sprachgebrauch. In diesem Kontext sei auch der Dialekt bzw. die Mundart erwähnt. Dieser ist größtenteils sehr facettenreich und oft innerhalb eines Raumes mit der gleichen Schriftsprache nur für jene verständlich, die in dieser Region aufgewachsen sind, wo er gesprochen wird. Menschen, die im Alltag nur Dialekt sprechen, haben oft auch Schwierigkeiten, wenn sie gezwungen sind, nach der Schriftsprache zu sprechen. Ihr Sprachfluss gerät ins Stocken.

So weit, so trivial. Welcher Eingriff in die persönliche Freiheit mittels Sprache möglich ist, wird ersichtlich, wenn man ihre Verwendung den Menschen verbietet. Dieser Linguizid ist uns aus der Geschichte vielfach bekannt. Und auch in der Gegenwart sind wir damit konfrontiert, wie das Beispiel Ukraine zeigt, wo die russische Sprache mehr oder weniger verboten wurde.1 Das ist die deutlichste Form der Macht- und Kontrollbusübung mittels der Sprache. Aber es gibt auch subtiler Formen, wo zwar die Sprache als solche nicht verboten wird, aber eingeschränkt und in eine gewünschte Bahn bzw. Form gelenkt. Hier sind in erster Linie die Sprachtabus zu erwähnen. Dabei handelt es sich um sogenannte Tabuwörter, deren Verwendung man aus sittlichen Gründen unterlässt oder sie euphemistisch umschreibt. Eine Verletzung dieser meist tradierten und von Land und Kultur unterschiedlichen gesellschaftlichen Norm stellt keine Verletzung eines Gesetzes dar, sondern einen Verstoß gegen das gute Benehmen oder den Anstand, wie es so schön heißt. Das, was gemeinhin als Anstand oder gutes Benehmen gilt, ist nicht ein legistisches Produkt, sondern Normen, die innerhalb einer gesellschaftlichen Gruppe sich herausgebildet haben und dort auch ihre Anwendung finden.

Die Verwendung der Sprache und die Antwort mit dem Strafgesetzbuch

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Natürlich kann die Sprache in einer Form verwendet werden, dass sie eine Normverletzung darstellt, die strafrechtlichen Konsequenzen zur Folge haben können. Gesetze stellen in einer Gesellschaft sogenannte Mussnormen dar. Also eine von der Gesellschaft ausgehandelte Norm, deren Einhaltung für ein funktionierendes Zusammenleben als so wichtig erachtet wird, dass eine Normverletzung ahndet. Die Sanktion kann je nach Schwere von einer Abmahnung über eine Geldstrafe bis hin zu einer Haftstrafe reichen. Die entsprechenden Straftatbestände sind z. B. üble Nachrede, Verleumdung, Kreditschädigung oder Ehrenbeleidigung. Inwieweit diese Straftatbestände in den letzten Jahrzehnten durch ideologische Interventionen, die unter dem Namen Political Correctness geführt werden, eine völlig andere Gestalt erfuhren und somit auf die gewöhnte Kommunikation einwirken, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Jedoch sollte aufgrund des aktuellen Urteils gegen den AfD-Politiker Höcke2 auf eine Besonderheit der Sprachkontrolle eingegangen werden, die in dieser Form nur im deutschsprachigen Raum, konkret in Deutschland & Österreich, vorkommt. Nach dem Ende des 2.Weltkrieges wurde von den Besatzungsmächten in Deutschland eine sogenannte Entnazifizierung durchgeführt. Nach dem Krieg ging es dabei vor allem um die Entferung von Nationalsozialisten aus der Verwaltung, dem Militär und sonstiger öffentlicher Institutionen. In Österreich wurde das Verbot der NSDAP und die Entnazifizierung im 1947 erlassenen Verbotsgesetz3 geregelt. Im deutschen Strafgesetzbuch sind dafür vor allem die Paragrafen § 86 & § 86a StGB zuständig.3,4 Darin sind Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen & Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen geregelt. Die verbotenen Symbole wären ein eigenes beinahe unerschöpfliches Thema, da diese meist nicht von den Nazis kreiert wurden, sondern sie sich dieser einfach bemächtigten. Beim wohl bekanntesten Symbol, nämlich dem Hakenkreuz, handelt es sich z. B. ursprünglich um ein Fruchtbarkeitssymbol aus dem asiatischen Kulturraum. Und die von ihnen verwendeten nordischen und germanischen Runen gab es selbstredend auch schon vor ihrem Erscheinen. Welche Symbole heute davon verboten sind oder nicht, ist für den Laien beinahe unüberschaubar, da sie laufend erweitert werden. Ein Blick auf die Seite des Verfassungsschutzes6 kann da etwas Licht ins Dunkel bringen.
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Die deutsche Gesellschaft wurde von den Besatzungsmächten nicht nur von den Nationalsozialisten gesäubert, sondern auch umerzogen. Die Grundlage dazu bildete der 1946 erlassene Befehl Nr.47 Dieser Prozess der Umformung der Gesellschaft durch die Bildungsinstitutionen und die Medien hält bis heute an. Und hier kommt die Sprache wieder ins Spiel. Parolen und Grußformeln, die in dieser Zeit geläufig waren, wurden in den folgenden Jahrzehnten verboten.
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"Alles für Deutschland“ist mit dem Urteil gegen Höcke nun auch unter Strafe gestellt, sofern in der Berufung das Urteil nicht aufgehoben wird. So wie die Symbole haben die Nazis (SA) sich bei dieser Losungen Vorhandenem bedient. König Ludwig I. von Bayern schloss seine königliche Proklamation 1848 mit den Worten ab: "Alles für Mein Volk! Alles für Teutschland!"8 Dieses Beispiel zeigt schön, wie in diesem Fall die Justiz in Orwellschen Manier die Definitionsmacht an sich gezogen hat. Im Grunde positiv besetzte Aussagen werden als böse verdammt und mit Strafe belegt. Wäre man hier konsequent, müsste eigentlich die deutsche Sprache gänzlich verboten werden, da sie ja von den Nazis zwar nicht geschaffen, aber verwendet wurde. Dass diese Parole von vielen Politikern davor auch verwendet wurde, sei nur am Rande erwähnt. In diesem Kontext sei auch auf das Vid von Herrn Sichert verwiesen.https://t.me/oliverjanich/137944

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Fazit: „Im Jahr 2030 werden Sie nichts besitzen und glücklich sein.“prophezeit Klaus Schwab. Gilt das auch für unsere Sprache?

U.a. verwendete Quellen
1)https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-selenskyj-unterzeichnet-gesetze-zum-verbot-russischer-ortsnamen-a-217ef92c-523d-4830-b21d-aa3160c73ef6
2)https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/urteil-wegen-verbotener-nazi-parole-hoecke-geht-in-revision,UCwu5Ik
3)https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2023_I_177/BGBLA_2023_I_177.pdfsig
4)https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86.html
5)https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__86a.html
6)https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/rechtsextremismus/2022-02-rechtsextremismus-symbole-zeichen-organisationen.pdf?__blob=publicationFile&v=16
7)https://portal.dnb.de/bookviewer/view/1026627214#page/ohne+Z%26auml%3Bhlung+(Titelblatt)/mode/1up
8)https://hdbg.eu/koenigreich/index.php/objekte/index/herrscher_id/2/id/687

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Wenn die Kontaktschuld immer mehr auf die Sprache angewendet wird, dann haben wir irgendwann gar keine Sprache mehr. Man stelle sich vor, Hilter hätte gesagt: "Ich liebe den Sonnenschein." Das wäre dann auch heute verboten. Das Recht ist so dermaßen durch ideologisiert, dass es eigentlich kein Recht mehr ist.

Genau das war Gegenstand meines Artikels.

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