Brauche ich als schreibender Ethik und Moral oder kann das weg?
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Hallo ihr schönen und intelligenten Menschen
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Ich habe mich gefragt, wie wichtig Ethik und Moral für den Schriftsteller und seine Figuren sind. Diese Frage stelle ich mir auf zwei Ebenen.
1. Muss denn immer eine wichtige Botschaft transportiert werden? Ist es auch in Ordnung, einfach ohne tiefere Bedeutung nur zu unterhalten?
2. Wie wichtig ist es, sich über die Ethischen und Moralischen Vorstellungen der eigenen Figuren im Klaren zu sein?
Die erste Frage muss wohl jeder für sich beantworten. Ich persönlich vertrete die Meinung, dass in der Erwachsenenliteratur nicht jedes Werk ein Leitfaden für redliches Leben sein muss. Wer es mag, findet es zuhauf und für jede Lebensweise.
Die zweite Frage scheint mir in Hinblick aufs Schreiben interessanter zu sein. Was bringt es mir, dinge über die Protagonisten zu kennen, die nicht direkt im Text thematisiert werden?
Einleitend möchte ich mir sehr kurz ansehen, was denn die Unterschiede zwischen Ethik und Moral sind. Warum werden sie immer getrennt, aber doch meist im selben Atemzug genannt?
Ich spare euch die Wikipedia Artikel dazu und zitiere die Speakerin Suzanne Grieger- Langer:
„Moral ist das Wie, Ethik das Warum.“
Ob ihr diesem stark vereinfachten Satz zustimmt, weiß ich nicht, aber für meine Protas reicht mir die Definition
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Schön und gut, aber warum soll das nun wichtig sein für mich und mein Buch?
Wenn wir phantastische Welten bilden, ist es ziemlich naheliegend, sich Gedanken darüber zu machen, nach welchen Regeln die Gemeinschaft funktioniert. Doch wie ist es, wenn die Geschichte in unserer Welt spielt? Auch hier könnte man sagen, dass man sich ja nur informieren muss, wie die Begebenheiten an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten waren oder sind und dass man sich dann einfach grob danach richten kann.
Aber bildet so eine Geschichte nicht auch einen eigenen Mikrokosmos ab? Ein Obdachloser in München wird, um sein Leben möglichst gut zu bestreiten, anderen Regeln unterworfen sein als ein Bauer im Wallis. Oder ein Zuhälter in einer fiktiven Stadt. Oder eine Prostituierte in derselben Region. Ist es nicht spannender, wenn man als Leser das Gefühl hat, die Dynamiken in den verschiedenen Gruppen des Buches zu verstehen? Ein Mörder, der einfach nur böse ist, weil er so geschrieben wurde, ist weniger spannend, als ein Mörder, dessen Triebfeder bekannt und nachvollziehbar ist.
Wenn ich also weiß, welche Regeln von Ethik und Moral im Umfeld der Protagonisten wichtig sind, und auf welche dieser Regeln sie warum scheißen, wird es theoretisch ziemlich einfach, ihr Handeln logisch zu beschreiben. So lange sie innerhalb ihrer eigenen Ethik und Moral agieren, werden ihre Entscheidungen für den Leser nachvollziehbar sein. Sie werden wahrhafter, mehr wie echte Menschen. Dann kann auch schon mal die Frage kommen, wer die Vorlage für diese Figur war. Nicht, (nur) weil man uns nicht so viel Phantasie zutraut, sondern vor allem, weil die Figuren real wirken.
Eine Gefahr sehe ich jedoch. Die Versuchung mag groß sein, doch die eigene Ethik, die persönlichen Moralvorstellungen, sollten nicht auf alle Figuren im Buch übertragen werden. Das ist zwar einfach, liest sich aber wenig spannend. Eine Geschichte lebt zu großen Teilen von Konflikten. Und wo könnte größeres Potential für Konflikte sein, als in den grundsätzlichen Vorstellungen von richtig und falsch?
Ob ich das alles auch so umsetzen kann, wie ich es beschreibe? Nö. Ist aber nicht so schlimm. So lange ich schreibe, übe ich.
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Wenn ihr mir eure Gedanken zu dem Thema mitteilt, freue ich mich. Wenn nicht, spart ihr einige Minuten. Eure Entscheidung. ;)
Ich lese zwar auch ab und an aber nicht besonders viel, daher würde ich tatsächlich den Vergleich zu einem Film eher heranziehen, um meine Gedanken dazu mitzuteilen.
Ich denke das Ergebnis ist, dass ich ohne diese tiefere Einsicht der Charaktere vielleicht gut unterhalten wurde, aber mit dem Abspann die Geschichte für mich auch endet.
Konnte ich jedoch einen sehr tiefen Einblick in die Charaktere werfen, beschäftigen mich diese jedoch auch noch weiterhin.
Demzufolge ist die Frage, was man beim Konsumenten denn nun erreichen möchte und natürlich auch, wie man seine Geschichte erzählen will.
Das hängt aber natürlich auch von der Geschichte selbst ab. Sind Charakter Teil der Geschichte oder ist die Geschichte Teil der Charaktere?
Danke für deinen Kommentar.
Ich finde, der Vergleich mit dem Film passt mindestens genauso gut. Dort habe ich ja noch weniger Zeit, um mich mit den Figuren anzufreunden. Wenn das nicht gelingt, bleibt es bestenfalls ein "netter Film".
Ich finde deine Schlussfrage sehr interessant. Meistens hat meine erste Idee für ein Projekt mit der Geschichte zu tun.
Jetzt habe ich richtig Lust, mal einen Charakter zu entwerfen, und zu sehen, welche Geschichte er zu erzählen hat. :)
Ich glaube, es ist sehr SEHR wichtig, sich damit auseinander zu setzen. Man muss seiner selbst bewusst sein und es schaffen, die eigene Moral und Ethik von der des Buches und der der Figuren zu trennen. Natürlich kann ich eine Figur einbauen, die bewusst meine persönliche wiederspiegelt, aber jede Figur muss ihre eigene haben und dazu muss ich meine kennen.
Toller Artikel.
Danke dir :)
Ich finde, dass es einfacher ist, wenn die Figuren in eine komplett andere Richtung gehen, als ich. Je mehr Paralellen sie mit meinen eigenen Wertvorstellungen haben, desto mehr Mühe habe ich, sie mir nicht ganz anzugleichen.
Kann man dich nicht für unsere Saga gewinnen? Deine Ansichten gefallen mir gut und du gehst sehr überlegt an die Schriftstellerei ran
http://steemwald.xn--tften-kva.de
Danke dir :D Ich würde furchtbar gerne. Aber momentan kann ich mich zeitlich nicht gut darauf einlassen und ich will nicht zusagen und nachher nicht oder nur halbgar liefern.
Das mit der Zeit kenne ich auch. Hätten die Tage doch nur ein paar Stunden mehr. Vielleicht irgendwann später Mal 😉
Ich würd gern mal mitmachen :) Jaaaa, so einen Tag zwischen Samstag und Sonntag könnte ich schon brauchen. :D
Gute Wahl. Das wäre ja dann ein Tag mehr Wochenende ;-)
Kann weg.
:D Ist auf dem Sondermüll entsorgt.
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Coole Sache @arzon-cnaster. Danke für den Anteil an einem Baum in meinem Namen. :)
Die Ethik bzw. Moral im Kontext mit einem Mörder als logisch oder nachvollziehbar zu bezeichnen halte ich, in dem konkreten Kontext, für schwierig. Ein Albert Fish, ein Ed Kemper oder J.W. Gacy sind nur teilweise logisch, die Logik hört bei einem Punkt auf und dann sind sie einfach irre, zumindest für mehr oder minder normale Menschen. Bemerkung am Rande, Ed Kemper ist die Blaupause für Hannibal Lecter und Gacy hat u.a. Kings It inspiriert. Wem das zu amerikanisch ist, kann auch einen Firtz Harmann und den Film "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" nehmen.
Ich tue mir schwer mich in solche Leute einzudenken, obwohl sie mich faszinieren. Ein Mafiamord mag saddistisch sein, aber er ist sicher logischer als die Taten der oben genannten Herren.
Grundsätzlich halte ich es beim schreiben wie beim reden und da hab ich kaum Grenzen. Allerdings ist es leichter für mich über sowas nen Witz zu reißen als es in Prosa oder Lyrik zu verpacken.
Danke für deinen Kommentar. :)
Ja, ich sehe das Problem mit dem Wort logisch in diesem Zusammenhang. Allerdings wird es im Buch vermutlich als logisch wahrgenommen, wenn ein Antagonist, der als Mörder aus innerem Drang aufgebaut wurde, die Gelegenheit nutzt, ein geeignetes Opfer umzubringen, wenn sie sich ihm bietet.
Auf der anderen Seite würde ich mich als Leser fragen, warum er es nicht tut, wenn er den Moment ohne Erklärung verstreichen lässt. Dass er sich weit außerhalb meiner ethischen Vorstellungen bewegt, ist dabei gar nicht wichtig für mich.
Wenn ich also hundert Seiten lang gelesen habe, dass er den Drang hat, Frauen mit Damenbart zu strangulieren, werde ich es als nachvollziehbar erachten, wenn beschrieben wird, wie er eine solche Frau umbringt, nachdem er sie auf einer verlassenen Landstraße aufgegabelt hat.
Ich meine damit nicht logisch oder nachvollziehbar im Sinne von verständigem Einfühlen. Ich meine eher, dass er im Universum des Romans für seine Figur stimmig handelt.
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