Geschichte und Vorgeschichte der Deutschen 25
Guten Abend allerseits.
Heute möchte ich über die Stadtentwicklung im Mittelalter schreiben. Man kennt ja den berühmten Satz, „Stadtluft macht frei“. Da mindestens 1/2 aller heute bestehenden Städte im Mittelalter entstanden sind, ist das ganze kein uninteressantes Thema. Auch aus Sozial- und Rechtswissenschaftlicher Sicht ist die Stadtentwicklung von großer Bedeutung. Da die Thematik aber recht umfassend ist, habe ich mich entschlossen sie in zwei Teile zu unterteilen.
Viel Vergnügen beim Lesen von Teil 1.
Quelle Lübeck, Musterbeispiel für eine mittelalterliche Stadt. 1143 gegründet und 1159 von Heinrich dem Löwen planmäßig erbaut.
Zunächst muss festgehalten werden, dass eine mittelalterliche Stadt nach anderen Kriterien gemessen wurde und wird, als dies mit heutigen Städten der Fall ist. Ist heute zuallererst wichtig wie groß die Anzahl der Einwohner ist, so gab es im Mittelalter mehrere Gesichtspunkte die darüber entschieden ob eine Siedlung eine Stadt war oder nicht.
Der augenfälligste davon ist natürlich das Stadtrecht und die Stadtbefestigung. Hier aber gilt es den zweiten großen Unterschied zu beachten. Das Mittelalter war die längste Zeit ein mündliches (orales) Zeitalter. Damit meint man, dass Überlieferung in dieser Zeit zuallererst mündlich stattfand, und dann erst schriftlich. Dies gilt es auch bei den Stadtrechten zu beachten. So sind denn auch bei den meisten alten Städten, vor allem den antiken Städten wie zum Beispiel Köln oder Trier, aber auch Rom, die Stadtrechte erst Jahrhunderte später niedergeschrieben worden, ohne dass man deswegen den Stadtcharakter dieser Siedlungen in Frage stellen würde.
Weil dies so ist kann man nur ein Bündel von Bedingungen nennen. deren mehrheitliche Erfüllung es erlaubt von einer mittelalterlichen Siedlung als Stadt zu sprechen.
Quelle copyright Stadtarchiv Salzburg. Auszug aus dem Salzburger Stadtrecht von 1368.
Diese sind:
Die Benennung als Stadt (lat. „civitas“, oder als stat).
Die Nennung von Bürgern (lat. „burgenses“ oder „cives“).
Das vorhanden sein eines mündlichen oder schriftlichen Stadtrechtes.
Zumindest Anfänge einer, wie auch immer gearteten, Stadtverwaltung (es gibt nämlich unterschiedliche Titel für die städtischen Amtsträger).
Eine Befestigung welche einerseits den Sinn eines Wehrbaues, andererseits aber auch den Sinn der Grenze des Stadtrechtes hatte.
Ein Symbol für die Stadt, sei es nun ein Siegel, eine Fahne oder ein Wappen, an welchem man selbige Siedlung zweifelsfrei erkennen konnte.
Die Verpflichtung der Bürger zur Verteidigung.
Ein Burgfried (auch Weichbild genannt). Also ein genau abgesteckter Bereich in welchem das Stadtrecht gültig war.
Ein Stadtrichter.
Ist die Mehrzahl dieser Bedingungen erfüllt, so kann man von einer mittelalterlichen Stadt sprechen.
Quelle Wappen der Stadt Aachen. Seit dem 16. Jahrhundert ziert ein Adler das Wappen. Davor, seit dem 12. Jahrhundert, zeigte es Kaiser Karl auf dem Thron.
Die Bewohner einer Stadt.
Grundsätzlich waren die meisten Bürger keine Freien. Ursprünglich waren die meisten Bürger in irgendeiner Art einem Grundherrn verpflichtet, sei es nun als Vasall oder als Höriger.
Als später die Bedeutung der Städte wuchs ging man dazu über Neuankömmlingen binnen Jahr und Tag die Freiheit zu schenken, wenn sie bis dahin von ihrem Grundherrn nicht zurückgefordert wurden. Stadtluft macht frei!
Der Grund hierfür war, dass eine Siedlung welche eine gewisse Größe und Bedeutung erreicht hatte nicht mehr in der Lage war, zig unterschiedliche Rechte und Rechtsverhältnisse wahren zu können. Denn, im Mittelalter hängt das Recht zuallererst an der Person, und ist weniger auf ein bestimmtes Territorium begrenzt. So wurde es immer mehr Notwendig die einzelnen Rechte zu vereinheitlichen. Dazu kam noch, immer neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen, sei es nun der Entwicklung der einzelnen Ämter, des wachsenden Handels, der Schutz der Siedlung oder das allgemeine Seelenheil.
Quelle Rathaus von Straubing, erbaut 1382.
Unterteilen lässt sich die Stadtbevölkerung in drei Teile, Patrizier, Bürger und Insassen, oder Inwohner.
Man darf sich allerdings solche Städte nicht als Demokratien vorstellen. Eher entsprechen sie oftmals dem Charakter einer Republik.
Grundsätzlich ist es so gewesen, dass die Patrizier den Großteil der Regierungsgeschäfte innehatten. Das hatte neben rechtlichen und finanziellen Gründen auch ganz praktische Gründe. Ein Amt auszuüben war oft mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden. Wer also ein Amt ausüben wollte, musste sich das erstmal leisten können. Und das waren eben die Patrizier. Diese waren zumeist Adelige, Geistliche, Grundherren oder Kaufleute.
Die Bürger wiederum, bildeten das was wir heute unter einer Mittelschicht verstehen. Hierzu zählten vor allem die Handwerker, Beamte und freien Berufe.
Die unterste Schicht bildeten die Insassen. Also Menschen welche zwar innerhalb der Stadtmauern leben durften, aber kein Stadtrecht besaßen. Diese waren Knechte und Mägde, Lehrlinge, Taglöhner und Bettler.
Vielen Dank fürs Lesen des ersten Teils
Euer parzifal1
Gut gemacht
Danke Dir.