Selbstjustiz - Teil 1
Kapitel 1: Hier und jetzt
Da stand ich nun. Vor ihm. Dem Mörder meiner zwei besten Freunde und einigen anderen guten Bekannten. Ich hatte ihn an einem Stuhl gefesselt. In einer verlassenen Lagerhalle für Maschinenteile, wo ich früher einmal gearbeitet habe. Er atmete sehr schwer durch seine blutende Nase. Vermutlich durch die starken Verletzungen die ich ihm zugefügt habe. Sein linkes Auge zugequollen von meinen Faustschlägen. Seine Füße zertrümmert mit einer Brechstange. Schreien konnte er nicht. Sein Mund war mit Klebeband überdeckt. Sein Oberkörper war übersäht mit Tätowierungen. Totenköpfe, Schlangen, okkulten Symbolen und Sprüchen.
Seine Tage sind gezählt. Er wusste es. Aber auch meine. Ich hatte nicht mehr viel Zeit. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln. In der Ferne konnte man schon die Polizeisirenen hören. Ich musste es jetzt zu Ende bringen, um endlich meinen Frieden zu finden. Und ihren Mord zu rächen.
Es war ein langer und schmerzhafter Weg bis hierhin...
Kapitel 2: Ein Jahr zuvor
Mein letzter Lohn. Heute war mein letzter Arbeitstag. Die Firma war in finanziellen Schwierigkeiten und konnte sich so viele Arbeiter nicht mehr leisten. Immerhin waren sie so fair und hatten uns schon vor drei Monaten vorgewarnt, damit wir Zeit hatten uns woanders eine neue Stelle zu besorgen. Leider war es sehr schwierig für die Meisten von uns. Nur die Wenigsten hatten eine gut abgeschlossene Berufsausbildung genossen. Meine zwei besten Freunde, Jason und Kevin, die mit mir hier gearbeitet haben, sind nun wie ich auch arbeitslos.
In den ersten Tagen waren wir noch bei guter Laune. Es war noch ein bisschen wie Urlaub. Genug Geldreserven hatte ich noch vom Pokerspielen und einigen illegalen Geschäften. Doch dieses Gerüst drohte bald zusammenzubrechen. Wir hingen fast jeden Abend in unserer Lieblingsbar, Billy's Pub ab, spielten Billard und verdienten uns dabei ein paar Dollar. Doch das Ganze war auf Dauer nicht mehr befriedigend für mich. Irgendwas fehlte mir. Fühlte mich einsam, trotzdem ich mit meinen Kumpels unterwegs war. Mir war bewusst, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Zog mich eine Weile zurück, fing an härteren Alkohol zu trinken. Bei einem Pokerspiel verlor ich an einem Abend 2.000 Dollar. Ich Idiot. War nicht richtig nüchtern.
Es war ein gewöhnlicher Freitag Abend. Kevin und Jason klopften an meiner Tür und wollten mich zum Billardspielen abholen. Ich sagte ihnen, dass ich was anderes geplant hatte aber morgen Abend dabei wäre. Ich hatte an diesem Abend nichts vor. Hatte gelogen, wollte lieber alleine sein und meinen Whisky trinken. Doch wenige Stunden später stellte sich heraus, dass diese Lüge mir das Leben rettete.
Ich schlief gerade, als es an meiner Tür hämmerte. "Aufmachen, Polizei." schallte es durch die Tür.
Müde stand ich auf. "Moment, bin sofort da. Keine Hektik." stöhnte ich. Ich öffnete die Tür und vor mir standen zwei Polizisten. "Was gibt es denn?" fragte ich. "Ich bin Officer Peters, das ist mein Partner Officer Jenko. Sind sie Jacob Heller?" fragte mich der weibliche Officer. "Ja, der bin ich." antwortete ich ihr. "Es gab eine Schießerei in Billy's Pub." sagte mir der männliche Officer. "Was?" fragte ich perplex. "Ein Freund von ihnen liegt mit Schussverletzungen im Krankenhaus. Kevin Franks. Er hatte Sie als Kontaktperson angegeben." sagte mir Officer Peters. "Wir fahren Sie zu ihm. Ziehen Sie sich was an, wir warten unten am Wagen." sagte Officer Jenko. Verwirrt sah ich mich nach meinen Klamotten um. "Ja, natürlich. Bin gleich soweit. Verdammt." stammelte ich geschockt. Ich zog mir schnell ein paar Sachen an und ging runter zum Streifenwagen.
Ich saß auf der Rückbank und starrte aus dem Seitenfenster. "Was ist mit Jason Thomas?" fragte ich die beiden Officers. Sie schwiegen. Das sagt schon alles. Aber ich hätte es sowieso nicht hören wollen. Mir wuchs ein Klos im Hals. "Wir sind gleich da. Ich begleite Sie noch zu ihrem Freund. Hätten auch einige Fragen zu klären." sagte Officer Peters.
Ich war immer noch etwas benommen. Es wirkte wie in einem Traum. Oder Albtraum. Es ging Richtung Intensivstation. Wir gingen in ein Zimmer. Dort lagen vier Personen, einer davon war Kevin. Ich ging zu ihm. Er sah nicht gut aus. Kaum bei Bewusstsein. "Er hat viel Blut verloren." sagte mir Peters. Er bekam Bluttransfusionen. Zwei Beutel hingen über ihm. "Verdammt Kevin, was ist da passiert?" fragte ich ihn mit ruhiger Stimme. "Jason ist tot. Eine Kugel ging in seine Brust. Diese Schweinehunde." flüsterte er uns zu. "Gut, dass du nicht dort warst."
"Können Sie mir noch etwas darüber erzählen, Mister Franks?" fragte Officer Peters. "Es waren Diego und ein paar Leute. Sie waren zu Fünft glaub ich. Es ging so schnell. Sie kamen rein und ballerten sofort um sich. Erschossen die Leute, zerstörten die komplette Einrichtung. Ich habe noch mitbekommen, wie Diego was zu Billy sagte. Irgendwas wie 'Du verarscht mich nicht noch einmal.' Dann hat er ihn in den Kopf geschossen. Argh..." "Ganz ruhig Kumpel, das wird schon wieder." sagte ich ihm.
"Diego Sandino. Zwei weitere Zeugen hatten uns den Namen auch genannt. Das ist gut. Damit können wir ihn definitiv festnehmen!" erklärte uns Officer Peters.
"Es tut mir sehr Leid um ihren Freund Jason. Ich kann nur hoffen, dass es ein kleiner Trost für sie ist, dass wir dieses Monster nun hinter Gittern bringen können." Ich nickte ihr zu. "Wenn noch irgendetwas sein sollte, melden sie sich bei mir. Hier meine Karte." sagte sie. Ich nahm sie an mich.
"Danke Officer. Ich werde die Nacht über bei ihm bleiben." "Gute Besserung, Mister Franks." sagte sie und verließ den Raum.
Eine Schwester betrat unmittelbar nach ihr den Raum. "Sind Sie ein Angehöriger des Patienten?" fragte sie mich. "Ein guter Freund." antwortete ich ihr. "Tut mir Leid, aber Sie dürfen hier über Nacht nicht im Raum bleiben. Sie können aber im Wartebereich den Korridor entlang übernachten. Ich kann Ihnen auch eine Decke bringen." erklärte sie mir.
"Ich bin sowieso müde. Geh ruhig." sagte Kevin. "OK, vielen Dank Schwester. Ich nehme ihr Angebot gerne an." sagte ich ihr. "Wir sehen uns dann morgen früh, Kevin. Schlaf gut." Ich griff mir seine Hand und drückte sie.
Die Schwester zeigte mir den Wartebereich und brachte mir eine Decke. Es war eine kleine Couch vorhanden, die ich sofort für mich beanspruchte. Ich war auch sehr müde und schlief schnell ein. Ich sah Diego vor mir. Stellte mir vor wie er in einer kleinen, dunklen Zelle saß. Er sollte für immer eingesperrt werden. Allein. Ohne Aussicht auf Gnade. Es hätte schon früher geschehen müssen. Er war ein brutales Schwein. Wurde aber von vielen Leuten aus seiner Gegend verehrt. Diese Idioten. Er handelte mit Drogen, Waffen und Diebesgut. Allerdings kam es nie zu einer Verurteilung, aus Mangel an Beweisen. Er hatte Mädchen, die für ihn anschafften. Einige davon waren kaum 16. Selten ging jemand mal zur Polizei. Aus Angst. Einer, der es mal versucht hatte, wurde einen Tag darauf tot aufgefunden. Überfahren. Fahrerflucht. Und Niemand hat irgendetwas gesehen.
Mein Hass wuchs. Er hatte Jason auf dem Gewissen. Er muss verurteilt werden. Mit Todesstrafe. Das hätte er verdient.
Ich wachte auf. Es wurde unruhig auf dem Flur. Aus Kevins Zimmer ertönte ein schnelles Piepen. Ein Arzt und zwei Schwestern rannten hinein. Die Tür ging zu. Ich stand auf und war wie erstarrt.
Ein ungutes Gefühl kam in mir hoch. Mir wurde schlecht. Das Piepen verstummte. Nervös ging ich den Flur auf und ab. Bitte nicht, bitte nicht. Die Minuten kamen mir wie eine Ewigkeit vor.
Die Tür ging auf. Die Schwester und der Arzt kamen direkt auf mich zu. Oh nein, bitte nicht. Die Zeit verlief langsamer. Aber nicht langsam genug. Die Beiden standen direkt vor mir. "Es tut uns sehr Leid. Sein Herz hat aufgehört zu schlagen. Wir konnten ihn nicht reanimieren." sagte der Arzt zu mir. Meine Beine wurden schwach. Ich fiel nach hinten auf die Couch.
"Vorsicht, Vorsicht. Schwester, holen Sie ihm doch bitte etwas zu Essen und zu Trinken." sagte der Arzt. Sie ging weg. Er setzte sich vor mir auf einen Stuhl. "Das ist ein schwerer Schock. Einen Freund auf so eine Weise zu verlieren. Ich weiß das aus persönlicher Erfahrung." "Haben Sie Kontakt zu seiner Familie?" fragte er mich. "Er hat eine Tante hier in der Nähe. Dort wuchs er auf." antwortete ich ihm. "Ich gebe Ihnen mal die Nummer eines Therapeuten. Ein guter Freund von mir. Sagen Sie ihm, dass ich sie schicke. Er hat oft mit solchen Fällen zu tun. Reden Sie mit ihm. Das hilft. Glauben Sie mir." sagte er. Ich nickte. Er schrieb mir den Namen und die Nummer auf einen kleinen Zettel. Die Schwester kam an. Sie brachte mir ein belegtes Brötchen und eine Flasche mit Orangensaft. "Danke sehr." Die Schwester schob mir einen kleinen Tisch vor die Couch und stellte die Sachen darauf ab. "Wenn Sie noch was brauchen, ich bin ein paar Meter den Gang runter im Schwesternzimmer." Ich nickte ihr zu. "Ich muss auch noch zu einem Patienten. Rufen Sie meinen Freund ruhig mal an." sagte der Arzt. "Mach ich." antwortete ich ihm. Er ging weg. Ich nahm einen großen Schluck aus der Flasche. Während ich das Brötchen aß, blickte ich in die Leere vor mich hin.
Ich dachte an Kevin und Jason. Wäre ich doch mal mitgegangen. Dann wäre ich jetzt nicht alleine.
Solche Gedanken sind falsch, aber in diesem Moment wünschte ich es mir einfach. Ich dachte an Diego Sandino. Sie sollen ihn sich schnappen. Verurteilen. Lebenslänglich.
Als ich alles verzehrt hatte, legte ich mich wieder hin. Ich schlief ein.
"Guten Morgen. Hallo." Ich wachte auf. Es war die Schwester. "Wie geht es Ihnen?" fragte sie mich. "Guten Morgen." sagte ich zu ihr. "Meine Schicht ist um. Kann ich Sie nach Hause fahren?" fragte sie. "Äh, ja. Gerne. Vielen Dank." Ich hatte gehofft es war nur ein böser Traum. Leider war alles real. Meine beiden besten Freunde waren tot.
Ich lief mit ihr zum Parkplatz. Sie hatte einen alten Volkswagen. Ein deutsches Auto. "Ich heiße Sophia." sagte sie mir. "Jacob." Ich sagte ihr meine Adresse. Sie fuhr mich nach Hause. Sie redete viel, doch ich war in Gedanken ganz woanders. Als wir ankamen bedankte ich mich. Sie steckte mir noch einen Zettel zu. Ihre Telefonnummer. "Ruf mich mal an." sagte sie. Ich stieg aus und ging zu meiner Wohnung. Innen drin war Chaos. In letzter Zeit stand ich sowieso schon nur neben mir. Betrank mich. Doch dieses Ereignis war wie ein Messerstich in die Brust. Ich wollte es nicht wahrhaben. Auf meinem Nachttisch stand noch eine halbe Flasche Whiskey. Ich nahm einen kräftigen Schluck und legte mich aufs Bett.
Das Telefon klingelte. Ich erschrak. War wieder eingeschlafen. Es war 14 Uhr. Habe sechs Stunden gepennt. Traumlos. Ich nahm den Hörer ab. "Hallo?" fragte ich. "Hallo Jacob. Hier ist Officer Jane Myers. Ich habe es vorhin erfahren. Tut mir unendlich Leid." sagte sie. "Ich weiß. Danke." murmelte ich in den Hörer. "Aber wir haben ihn. Diego Sandino wurde festgenommen. Am Montag in drei Wochen um 9 Uhr ist die Gerichtsverhandlung. Wenn Sie dabei sein wollen." "Ich werde da sein. Danke." sagte ich. "Dann sehen wir uns dort." meinte sie. "Ja. Gut." "Ich muss wieder los. Bis dann." "Bis dann." sagte ich. Sie hatte aufgelegt.
Ich ging ins Bad und duschte mich erst einmal. Rasieren war auch wieder nötig. Ich haute mir ein paar Eier in die Pfanne, mit Speckwürfelchen und etwas geriebenen Käse. Vermischte alles. Optisch kein Highlight aber mir schmeckte es sehr gut. Musste einen Moment schmunzeln. Jason konnte es nie mit ansehen, wenn ich das gegessen habe. Ich spülte nach dem Essen den Teller und die Pfanne. Mein Kühlschrank könnte auch wieder etwas aufgefüllt werden.
Ich zog mir frische Klamotten an und nahm meinen Rucksack. Ein paar Minuten zu Fuß war ein Supermarkt. So aktiv, wie in den letzten 30 Minuten, war ich seit Tagen nicht mehr. Ich versuchte mich wohl irgendwie abzulenken. Bevor ich zum Supermarkt ging, lief ich zu Billy's Pub. Der Bürgersteig davor war mit Polizeiband abgesperrt. Ein Officer stand davor und hielt Wache. Ich schaute es mir von der anderen Straßenseite aus an. Schüttelte den Kopf. Ich beschloss umzudrehen um einzukaufen.
Ich streifte durch die Gänge. Eine Packung Milch, frische Eier, Toastbrot, einen Beutel Makkaroni mit Bolognesesoße und ein Sixpack Orangensaft. Bin wieder auf den Geschmack gekommen.
Ich bezahlte alles an der Kasse und ging hinaus. Auf dem Rückweg blieb ich am Spirituosenladen stehen. Zögerte etwas, ging aber trotzdem nicht hinein.
Zuhause verstaute ich die Lebensmittel. Ich atmete tief durch, griff mir die Whiskyflasche und schüttete den Rest in den Ausguss. Die leere Flasche schmiss ich mit voller Wucht gegen die Wand.
Aus der Nachbarwohnung hörte ich den alten Mann brüllen. Aber ich ignorierte ihn. Der beschwerte sich sowieso über alles.
Ich schnappte mir mein Kehrblech und fegte die Scherben zusammen. Ich versuchte mir einzureden, dass alles wieder gut wird. Doch ich hatte eine fürchterliche Wut in mir. Ich konnte es kaum bis Montag abwarten.
Ich versuchte mich zusammen zu reißen. Die Wohnung musste mal wieder aufgeräumt werden. In letzter Zeit hatte ich wenig Lust dazu, doch jetzt musste ich mich durch Arbeit ablenken. Ich sammelte die Wäsche auf und sortierte sie. Packte sie in die Waschmaschine. Pizzaschachteln und anderen Müll brachte ich runter zum Container. Küchenfliesen und Badezimmer wurden gefegt und gewischt. Fenster mal wieder geputzt. So konnte sich die Wohnung wieder sehen lassen.
Wahrscheinlich ist sie die Sauberste im ganzen Haus.
Von außen sah das Haus aus wie ein Motel. Drei Etagen. L-förmiger Grundriss. 30 Wohnungen.
Innen drin ein großer Wohnraum mit Doppelbett, einer Nische für die Küche und ein Badezimmer.
Ausreichend für zwei Personen, aber der Großteil der Bewohner ist alleine, wie ich. Mir reicht sie auch aus. Leicht sauber zu halten, eigentlich.
Kevins Tante wohnte 20 Minuten zu Fuß entfernt. Wir Drei waren gelegentlich mal zum Essen dort. Sie konnte gut kochen. Ihr Mann starb vor wenigen Jahren. Lungenkrebs. Ich nahm den Weg durch den Park. Als ich an ihrem Haus ankam, öffnete sie schon die Tür. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Ich ging zu ihr. Sie umarmte mich. Auf einmal kam alles raus. Ich brich ebenfalls in Tränen aus. "Oh mein Gott, Jacob. Ich versteh es nicht." weinte sie. "Ich weiß." schluchzte ich. Wir gingen hinein und setzten uns an ihren Küchentisch. "Hier, ich hab noch was zu Essen gemacht. Nimm." sagte sie. Ich hatte zwar keinen Hunger, wollte ihr aber den Gefallen tun. Sie war immer glücklich, wenn wir alles aufgegessen haben und es geschmeckt hatte. "Köstlich wie immer, Misses Franks." sagte ich. "Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du mich Mary nennen sollst!" meinte sie. Ich schmunzelte. "Verzeihung."
Wir saßen still da und beruhigten uns wieder. "Sie haben das Schwein gefasst." sagte sie mir. "Ich weiß. Montag morgen ist schon die Verhandlung. Ich gehe dahin. Möchtest du mitkommen?" fragte ich. "Natürlich." antwortete Mary. "Soll ich dich dann mit dem Auto abholen?" fragte sie. Ich nickte.
Wir erzählten uns ein paar nette und lustige Geschichten über Kevin um den Schmerz zu überdecken. Die Zeit verging dabei wie im Fluge.
"Achja, ich werd' dann mal wieder. Nochmals danke fürs Essen." sagte ich und stand auf. Sie umarmte mich nochmal. "Bis Montag dann, Jacob."
Ich lief wieder Heim. Legte mich auf mein Bett und schaltete den Fernseher ein. Mittlerweile war es schon fast 21 Uhr. Es lief 'Auf der Flucht'. Ein alter Film mit Harrison Ford. Guter Film. Ich schlief trotzdem dabei ein. Am nächsten Morgen wurde ich durch die Sonne geweckt. Hatte vergessen die Vorhänge zu zuziehen.
Die Klamotten, in denen ich geschlafen habe, waren durchgeschwitzt. Ich zog sie aus und duschte mich. Zum Frühstück gab es vier Scheiben Toast mit Käse.
Ich schaute auf die Uhr. Viertel vor Zehn. Wenn ich mich schnell anziehe, könnte ich es noch zur Messe schaffen. Ja. Mach ich. Sauberes Hemd und eine schwarze Hose. Meine schicken Schuhe, etwas verstaubt, aber schnell abgewischt. Das Sakko war auch noch in Ordnung. Schon länger nicht mehr getragen. Ich machte mich auf den Weg zur Kirche.
Die kleine Kirche war gut besetzt. Ich hatte noch einen Platz weiter hinten gefunden und nahm dort Platz. Das letzte Mal war ich als Kind in der Kirche. Die Trauerfeier für meine Oma. Ich mochte Kirchen nie wirklich, weil sie mich immer direkt an den Tod erinnerten. Und nun bin ich wieder da.
Und in einigen Tagen sicherlich noch einmal, für Kevin. Mary sagte mir gestern Abend, dass sich der Pfarrer um vieles kümmert. Hoffentlich können wir Jason mit dort unterbringen. Er hat hier keine Familie in der Nähe. Wohnt seit er 16 ist alleine. Mutter früh gestorben, Vater Alkoholiker. Kann nicht einmal sagen, ob er noch lebt.
Die Messe war nett, auch wenn ich gedanklich eher abwesend war. Im Anschluss daran ging ich noch zum Pfarrer. "Hallo Vater." begrüßte ich ihn. "Hallo mein Sohn. Was kann ich für dich tun?" fragte er mich. "Ich bin Jacob Heller. Es geht um die Bestattung von Kevin Franks. Wäre es möglich noch eine weitere Person einzubinden?" "Um wen geht es?" fragte er wieder. "Jason Thomas. Auch ein Opfer der Schießerei in dem Pub. Er war ein sehr guter Freund von mir und Kevin. Ihm gebührt ebenfalls eine Trauerfeier." antwortete ich. "Hat er Familie?" fragte er. "Kevin und ich waren seine Familie. Er wohnte auch eine Weile bei Mary Franks. Jasons Mutter starb und zu seinem Vater habe ich keinen Kontakt." antwortet ich. "Verstehe. Die Zeremonie war für Mittwoch Nachmittag gedacht. Wenn er so ein wichtiger Mensch für sie war, werde ich mich darum kümmern." sagte er mir. "Haben Sie vielen Dank. Wenn ich Ihnen dabei behilflich sein kann, melden Sie sich bitte bei mir." dankte ich, und schrieb ihm meine Telefonnummer auf.
"Auf Wiedersehen, Vater." "Auf Wiedersehen, mein Sohn."
Ich verließ die Kirche und ging Richtung Park. Die Sonne schien am wolkenlosen Himmel. Ein richtig schöner Tag eigentlich. Eine Sitzbank am See war noch frei und ich nahm dort platz. Ich starrte auf den See. Einige Enten und Schwäne schwammen herum. Wie bewusstlos saß ich dort. Regungslos. Als ich auf die Uhr sah, war es schon 13. Fast zwei Stunden sind vergangen. Ich bekam Hunger. Nicht weit von hier gab es ein Café. Viele Tische waren zu der Zeit besetzt, doch ich fand noch einen Platz. Die Kellnerin bediente mit einem netten Lächeln alle Gäste. Als sie zu mir kam versteckte ich meine Trauer und lächelte zurück. Ich bestellte eine Tasse Kaffee und ein großes Stück Blaubeerkuchen mit Sahne. Sie beeilte sich, so dass ich nicht lange warten musste. Ich genoss den Kuchen, er war wirklich lecker. Diesmal war ich nicht geistesabwärtig, vertrödelte keine Zeit.
Nachdem ich mit Kaffee und Kuchen fertig war, legte ich das Geld dafür auf den Tisch. Ein kleines Trinkgeld gab es auch.
Ich machte mich auf den Weg nach Hause. Wollte in ein paar andere Klamotten schlüpfen. In Anzügen fühlte ich mich nie lange wohl. Fand sie immer zu gut für mich. Und immer diese Vorsicht sie nicht zu beschmutzen. Zuhause angekommen zog ich mich um. Müdigkeit überrannte mich. Hatte eh nichts mehr geplant und legte mich deshalb ins Bett und schlief noch eine Weile. Wartete sowieso nur auf den Montag. Abends machte ich mir noch was zu essen. Ein Sandwich. Reichte mir auch. Schaltete den Fernseher ein und schlief dabei später wieder ein.
Hallo @mcbonnes, willkommen auf Steemit. Wenn Du Fragen zu Steemit hast, oder Dich mit anderen deutschen „Steemians“ austauschen magst, schaue einfach mal in unserem Chat vorbei: https://steemit.chat/channel/deutsch
Ein echter deutschsprachiger Autor hier. Sehr geil. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg. Es war die absolut richtige Entscheidung diese Plattform zu nutzen. Ich folge dir mal gleich, um deine Geschichten nicht zu verpassen. Viele Grüße, Tino
Danke schön. =)
Leider vergessen paar Infos zu geben.
Dies ist Teil 1 von 4. Die Geschichte ist auch komplett hier zu lesen.
Hier geht es wie zu erwarten um Selbstjustiz aus Rache. Einige Szenen sind auch brutal und detailliert beschrieben und ist vielleicht nicht für jeden was.
Ich hoffe trotzdem, dass es gefällt.
Schönen Gruß, Matt. :)