Mit Zielen richtig umgehen - underpromise, stretch goals, sandbagging und mehr

in #deutsch7 years ago (edited)

 Viele Unternehmen nutzen Ziele als zentrales Führungsinstrument. Mitarbeitern wird mitgeteilt, was von ihnen in welchem Zeitraum erwartet wird und welche Ergebnisse dabei zu erzielen sind. Auch als junger Berufseinsteiger werdet ihr in vielen Unternehmen früh damit konfrontiert werden. Ihr werdet Aufgaben zugeteilt bekommen, die für eure Rolle angemessen sind. Ziele legen fest, in welchem Zeitraum und mit welchem Ergebnis diese Aufgaben bearbeitet werden sollen.




Management by Objectives

Eine ganze Management-Denkschule hat sich um die Nutzung von Zielen als Führungsinstrument gebildet, sie nennt sich "Management by Objectives", kurz MBO, oder auf Deutsch "Führung durch Zielvereinbarung". Populär geworden ist dieser Führungsstil in den 50er-Jahren durch das Buch "The Practice of Management" des berühmten Managementvordenkers Peter Drucker. Dem Erfolg von MBO liegen folgende Überlegungen zu Grunde:


  • Selbstverantwortung - Ein Vorgesetzter führt regelmäßig mehrere Mitarbeiter oder Teams, die jeweils mit unterschiedlichen Tätigkeiten betraut sind. Für den Vorgesetzten ist es nicht möglich, mit allen diesen Tätigkeiten im Detail vertraut zu sein. Durch das Setzen von Zielen kann der Vorgesetzte es den Mitarbeitern selbst überlassen, wie sie das Ziel erfüllen. Die Entscheidung darüber, was die richtigen Arbeitsschritte sind, um die Ziele zu erreichen, treffen die Mitarbeiter in Selbstverantwortung - entsprechend ihrer Kompetenz.
  • Motivation - Die auf diese Weise erhaltene Selbstverantwortung wird von vielen Mitarbeitern als motivierend empfunden. Sie sind nicht mehr nur Befehlsempfänger, die kleinteilige Anweisungen des Vorgesetzten möglichst genau umsetzen müssen. Stattdessen können sie mit eigenem Entscheidungsspielraum gestalten und das Ergebnis maßgeblich mitbeeinflussen.
  • Verbindlichkeit - Durch die klare Festsetzung von Zielen herrscht eine große Verbindlichkeit im beruflichen Miteinander. Durch Ziele wird überprüfbar, ob ein Mitarbeiter erfolgreich seiner Arbeit nachgegangen ist oder nicht. Der Mitarbeiter kann Fehlschläge nicht mehr einfach mit schlechten oder unklaren Arbeitsanweisungen des Vorgesetzten erklären sondern steht selbst in der Verantwortung.
  • Prioritäten - In einem Unternehmen gibt es immer viele Dinge, die man als Mitarbeiter gerade tun kann. Es mangelt oft nicht an Ideen, die man ausarbeiten könnte oder Analysen, mit denen man sich beschäftigen kann. Ziele können dabei helfen, die unterschiedlichen Aufgaben richtig zu priorisieren. Wenn viele Dinge zu tun sind können sich Mitarbeiter daran orientieren was wirklich notwendig ist, um die Ziele zu erreichen.



Festlegung von Zielen

Für euch als junge Berufseinsteiger ist es zunächst wichtig zu verstehen, welche Bedeutung Ziele in eurem Umfeld haben. Dies wird von eurer Unternehmenskultur aber auch vom individuellen Führungsstil eures Vorgesetzten abhängen. In einigen Unternehmen werden zwar Ziele vergeben, sie werden am Ende aber nicht nachgehalten und es ist letztlich egal, ob man sie erfüllt oder nicht. In anderen Unternehmen sind Ziele ungleich bedeutender und ein mehrmaliges Verfehlen der Ziele kann zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Versteht am Anfang unbedingt, in welchem Umfeld ihr euch befindet.


Große Unterschiede gibt es auch darin, wie eure Ziele festgelegt werden. In einigen Unternehmen werden euch diese durch eure Vorgesetzten vorgegeben. In anderen Unternehmen werden sie mit euch gemeinsam erarbeitet, unter Umständen könnt ihr sogar selbst einen Vorschlag machen wie eure Ziele für die nächste Periode aussehen. Ihr könnt aber mindestens davon ausgehen, dass euch eure Ziele in einem persönlichen Gespräch erklärt werden. In jedem System habt ihr dann spätestens zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, mögliche Einwände oder Vorschläge einzubringen und dadurch eure Ziele zu beeinflussen.



SMART-Prinzip

Wenn ihr selbst in der Situation seid, Ziele für euch vorzugeben, solltet ihr darauf achten, dass die Ziele dem SMART-Prinzip genügen. SMART steht für specific, measurable, accepted, realistic und time bound. Die Ziele sollten also spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und mit einem Zeitziel versehen sein. Das SMART-Prinzip ist in deutschen Führungsebenen weit verbreitet und bekannt. Wenn ihr es in der Formulierung eurer Ziele von Anfang an anwendet, wird das positiv auffallen. Gleichzeitig solltet ihr kritisch darauf hinweisen, wenn euch ein Ziel vorgegeben wird, das nicht dem SMART-Prinzip genügt. Es ist dann nämlich häufig nicht klar, wann das Ziel erreicht ist, was für euch nicht vorteilhaft ist.


Lasst uns beispielhaft einige Zielformulierungen ansehen. Genügen diese Ziele dem SMART-Prinzip?


Beispiel 1 -  "Herr Maier verantwortet die Umsetzung der Service-Initiative mit dem Ziel, das Geschäft zu verbessern."

Diese Zielformulierung hat gleich mehrere Probleme. Das schwerwiegendste ist, dass dieses Ziel komplett unspezifisch ist. Es ist überhaupt nicht klar was es bedeuten soll "das Geschäft zu verbessern". Das SMART-Prinzip ist klar nicht erfüllt.


Beispiel 2 -  "Herr Maier verantwortet die Umsetzung der Service-Initiative mit dem Ziel, die Kundenzufriedenheit zu verbessern."

Diese Zielformulierung konkretisiert, was genau das Ziel der Initiative ist, nämlich die "Kundenzufriedenheit zu verbessern". Es bleibt dennoch unklar, wann genau das Ziel erfüllt ist, da nicht klar wird woran die Kundenzufriedenheit gemessen wird. Das Ziel ist nicht messbar. Es ist auch kein Zeitziel definiert, sodass unklar ist in welchem Zeitraum das Ziel erfüllt werden muss.


Beispiel 3 -  "Herr Maier verantwortet die Umsetzung der Service-Initiative mit dem Ziel, die Kundenzufriedenheit gemessen am 'Net Promoter Score' um 20% innerhalb von 12 Monaten zu verbessern."

Diese Zielformulierung genügt dem SMART-Prinzip, wenn das Ziel grundsätzlich erreichbar (also realistisch) ist und von allen Beteiligten akzeptiert wird.



Taktisches Verhalten als Zielempfänger

Soweit ihr in der Lage seid, auf eure Ziele Einfluss zu nehmen, solltet ihr diesen Einfluss zu eurem Vorteil nutzen. Versucht die Ziele für euch so festzulegen, dass ihr am Ende mit Erfolg aus den Gesprächen rausgeht.


Underpromise, overdeliver

Gerade Berufseinsteiger neigen dazu, sich am Anfang bei der Festlegung von Zielen zu überschätzen. Man will zeigen, dass der Vorgesetzte einem etwas zutrauen kann und man sehr leistungsfähig ist. Oft überschätzen Berufseinsteiger auch die Schwierigkeiten, die in einer größeren Unternehmensorganisation der Umsetzung vermeintlich leichter Ziele im Weg stehen. Gerade Berufseinsteiger sollten zu Beginn ihrer Karriere deswegen dem Prinzip "Underpromise, overdeliver!" folgen. Ihr solltet vermeiden, euch ein sehr ambitioniertes Ziel zu setzten, das ihr am Ende nicht erreicht. Für niemanden ist es vorteilhaft, wenn festgelegte Ziele reißen. Im schlimmsten Fall leidet darunter eure Stellung im Unternehmen und euer Selbstvertrauen. Legt eure Ziele lieber so fest, dass für euch absehbar ist, dass ihr sie erreichen könnt. Im Idealfall gelingt es euch dann, eure Ziele überzuerfüllen, was für euch eine viel angenehmere Situation ist. Underpromise, overdeliver - versprecht zu Beginn weniger, als ihr am Ende leisten könnt!


Stretch goals

In einigen Unternehmen wird mit "stretch goals" gearbeitet, als mit Zielen die besonders ambitioniert sind und von denen klar ist, dass ein Großteil der Mitarbeiter sie nicht erreichen werden. Diese Ziele verstoßen bewusst gegen das Kriterium "realistisch" des SMART-Prinzips. Sie sollen Mitarbeiter motivieren, ungewöhnliche Wege zu gehen und nicht nur in kleinen, schrittweisen Verbesserungen zu denken. Das vermutlich bekannteste System, das auf dieser Philosophie beruht, heißt "Objectives and key results", kurz OKR, und hält momentan Einzug in immer mehr deutsche Unternehmen.


In einem "stretch goal"-System ist es nicht mehr leicht, dem Prinzip "underpromise, overdeliver" zu folgen. Eure Vorgesetzen werden euch unter Druck setzen, sehr ambitionierte Ziele zu wählen. In solchen Unternehmen wird typischerweise schon eine Zielerreichung von 60-70% als Erfolg angesehen. Versteht also für euch, dass ihr nicht gescheitert seid, wenn ihr das Ziel nicht vollständig erreicht habt. Wichtig ist, dass ihr mit eurem Vorgesetzten explizit besprecht, dass es sich um "stretch goals" handelt. Versteht genau, was am Ende des Betrachtungszeitraums wirklich von euch erwartet wird und was nicht.


Sandbagging

Das Gegenteil von "stretch goals" und eine Übertreibung des "underpromise, overdeliver"-Grundsatzes ist ein Verhalten, das sich "sandbagging" nennt. Als "sandbagging" bezeichnet man die Strategie, Ziele so unambitioniert wie möglich zu setzen, damit man gemessen an diesen Zielen regelmäßig Erfolge aufweisen kann. Man nutzt also unambitionierte Ziele wie Sandsäcke, die einen gegen Kritik abschotten - schließlich hat man auf diese Weise bisher immer seine Ziele erreicht. Dieses übertriebene Verhalten hat einen manipulativen Charakter. Mit der Zeit wird für Außenstehende ein Muster in eurem Verhalten erkennbar werden. Niemand mag Kollegen, die sich auf schlechten Leistungen ausruhen und dabei auch noch so tun, als ob sie erfolgreich die Unternehmensziele vorantreiben. "Sandbagging" ist wie ein Bumerang, der euch irgendwann unangenehm einholen wird - verzichtet besser darauf.


In vielen Unternehmen spielen Ziele eine wichtige Rolle. Als Berufseinsteiger solltet ihr schnell versuchen zu lernen, welche ungeschriebenen Regeln in eurem Unternehmen beim Umgang mit Zielen gelten. Versucht euch in diesem Umfeld von Anfang an richtig zu positionieren. Seht Ziele als Hilfe an, die euch dabei unterstützen können euren Erfolg sichtbar zu machen.  

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gut geschrieben! das sollten sich viele Jugendliche heut zu Tage durchlesen und verinnerlichen!

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