Ameisen Roms - Ein Reisebericht der etwas anderen Art
Ich bin wieder da!
Ehrlich gesagt schon seit ein paar Tagen, allerdings fand ich einfach keine Zeit für einen langen Blogpost. Außerdem wollte ich zuerst die Profis des Ameisenforums bei der Bestimmung einiger Ameisen zurate ziehen^^
Wie ihr vermutlich wisst, war ich für eine Woche in Rom (Ministrantenwallfahrt).
Da wir als Gruppe unterwegs waren, blieb leider nicht immer die Zeit für ausgiebige Foto-Shootings, trotzdem habe ich natürlich fleißig Ameisen beobachtet und fotografiert, wenn es die Zeit zuließ.
Wir sind über Nacht etwa 12 Stunden mit dem Bus gefahren, sodass wir um 8 Uhr morgens vor dem Hotel aufkreuzten. Die Zimmer waren natürlich noch nicht verfügbar, und so ließen wir unser Gepäck dort stehen und machten uns schonmal auf den Weg. Der Plan lautete zunächst: Eine der vielen Kirchen in unmittelbarer Umgebung besuchen, zurückkehren, einchecken. Deswegen hatte ich die Kamera auch leider nicht dabei, als ich zum ersten Mal Kontakt mit römischen Ameisen am Rande eines "Parks" hatte.
Die Parks in Rom sind meist eingezäunte, staubtrockene, verdorrte Wiesenflächen mit Kieswegen und vereinzelten Bäumen.
Crematogaster scutellaris
Zum einen sah ich zum ersten Mal eine kleine Crematogaster scutellaris-Arbeiterin, direkt daneben ließen sich auch einige Arbeiterinnen blicken, die meiner Meinung nach einer Aphaenogaster sp. angehören. Beide Gattungen haben keine in D vorkommenden Vertreter, ich war also sehr erfreut, gleich zu Beginn so für mich neuartige Arten vorzufinden!
Später habe ich immer wieder Crematogaster Kolonien gefunden, weshalb ich zum Glück trotzdem mit Fotos dienen kann^^
Charakteristisch ist der rot gefärbte Kopf und die herzförmige Gaster. Bei Gefahr können sie diese senkrecht nach oben biegen und über den Stachel ein Abwehrsekret abgeben. So können Nester, aber auch Nahrung effektiv verteidigt werden. Die Art legt ihre Nester bevorzugt in totem Holz auf Bäumen an und bildet dicht belaufene Ameisenstraßen zu Nahrungsplätzen.
Hier kann man sogar zwei Arbeiterinnen bei der Trophallaxis beobachten, der Nahrungsübergabe von einem Kropf (auch Sozialmagen genannt) in den anderen. Auf diese Weise wird die ganze Kolonie mit Nahrung versorgt, obwohl nur ein Bruchteil tatsächlich die Nahrungsquelle besucht hat!
Ab dem nächsten Tag war die Kamera dann natürlich immer und überall dabei, wenngleich es das Umherziehen in der Gruppe nicht immer zuließ, Fotos zu machen... zumal ich als Ü18 natürlich mit zu den Verantwortlichen gehörte :P
Am nächsten Tag fand der Start-Gottestdienst statt, und der Treffpunkt für alle wurde für mich denkbar günstig gewählt...
Messor minor sp.
... denn wir trafen uns anschließend vor der Kirche auf einer trockenen, von vielen Füßen ständig niedergetrampelten "Wiese". Hier war eine Messor Kolonie gerade dabei, unzählige Grassamen einzutragen. Obwohl ich selbst eine junge Messor-Kolonie habe, ist es doch nochmal etwas anderes, sie in der freien Natur zu beobachten!
Das Licht war nicht ideal, aber die Ameisen sehr schnell, die Fotos sind daher leider alles andere als perfekt.
Allerdings habe ich ein paar schöne Videoaufnahmen, aus denen bald bestimmt auch Videos entstehen werden^^
Messor sp. ernähren sich granivor, sie sind also Körnersammler. Alle Stoffe, die sie benötigen, erhalten sie fast ausschließlich von Pflanzensamen! Daraus stellen sie das sogenannte Ameisenbrot her, eine Art Astronautennahrung, mit der sie sowohl die heranwachsenden Larven, als auch ihre adulten Schwestern füttern.
Die Arten dieser Gattung sind stark polymorph, das bedeutet, dass Arbeiterinnen in verschiedenen Erscheinungsformen auftreten: Von kleinen und zierlichen Minor-Arbeiterinnen über die starken Medias bis hin zu den großen und vor allem großköpfigen Majoren. Die Übergänge sind fließend und die Gruppen daher nicht ganz klar abgegrenzt.
Einer der vielen Eingänge zum Nest. Hier wurden im Sekundentakt Samen abgeliefert, die dann im dunklen Loch verschwanden...
Von der Kuppel des Petersdoms aus waren die Menschen plötzlich klein wie Ameisen...
Im Hotel war es angenehm kühl. Man wurde regelrecht von der heißen Luft erschlagen, wenn man morgens wieder vor die Tür ging. Und trotzdem war ich meistens ein bisschen früher als die anderen draußen, und das hatte einen einfachen Grund.
Pheidole sp.
Erst, als ich eine Weile auf den Boden starrte, entdeckte ich diese kleinen Flitzer. Und mit "klein" meine ich TOTAL WINZIG. Kleiner als jede Ameise, die ich in D bisher gefunden habe. Ich konnte mit freiem Auge nichtmal erkennen, um welche Unterfamilie der Ameisen es sich handelte. Mit dem ersten schwarfen Foto klärte sich das allerdings.
Nach diesem Foto stand fest: Es ist eine Knotenameise (Myrmicinae). Als ich dann später auch noch herausfand, dass diese Art nicht nur diese winzig kleinen Arbeiterinnen hat, sondern auch noch eine circa doppelt so große Arbeiterinnenkaste mit riesigem Schädel aufwies, hatte ich dann auch schon eine Gattung im Kopf: Es musste sich um eine Pheidole sp. handeln.
Pheidole ssp. sind sehr beliebt in der Haltung, da sie sich schnell vermehren, beachtliche Soldaten ausbilden und aggressiv gegen Futtertiere kämpfen. Allerdings sind sie auch Ausbruchskünstler, sodass auf einen guten Ausbruchschutz geachtet werden muss!
Ameisen fand ich an vielen Orten in Rom. Die meisten waren natürlich dort, wo auch die spärliche Vegetation Schutz und Nahrung bot. Aber auch an Plätzen, an denen man es gar nicht erwarten würde, fand sich die ein oder andere Kolonie, sodass ich mich fragte, wie sie dort überhaupt überleben können. Bei einer fand ich schnell die Antwort...
Tapinoma sp.
Flink krabbelten sie über den Boden, am Mülleiner enpor und hinein in's Schlaraffenland! Das geschäftige Treiben der mattschwarzen Arbeiterinnen war sehr schön zu beobachten. Hinein liefen sie mit leeren Händen Mandibeln, und heraus kamen sie mit Krümeln beladen, die sie schnell zurück in's Nest bringen mussten. Fotos musste ich mit Blitz aufnehmen, am hellichten Tag, weil die Kleinen einfach zu schnell waren...
Diese Ameisen sehen auf den ersten Blick der einheimischen Lasius niger (schwarze Wegameise) sehr ähnlich. Sie bewegen sich jedoch nochmal um einiges schneller und sind ein bisschen schmaler gebaut. Außerdem waren stärkere Größenunterschiede bei den Arbeiterinnen erkennbar.
Cataglyphis sp.
Diese Ameise war die Vorlage für die neue Trennlinie^^
Wirklich viel kann ich zu ihr leider nicht sagen, da ich ohne Unkerich aus dem Ameisenforum nicht einmal die Gattung gewusst hätte. Ich habe nur ein einziges Mal ein Exemplar gesehen, zuerst hielt ich sie für eine Crematogaster-Arbeiterin... irgendwie war aber auch die Hälfte aller Ameisen rot und schwarz gefärbt :D
Plagiolepis pygmaea
Gleich neben der Cataglyphis Arbeiterin viel mir eine weitere Ameise auf, deutlich kleiner jedoch. Sogar kleiner noch als die oben beschriebenen Pheidole! Ohne Foto hätte ich nichtmal mit Sicherheit sagen können, dass es sich ÜBERHAUPT um eine Ameise handelt!
Unkerich konnte mit den Bildern jedoch anscheinend etwas anfangen, und bestimmte sie als Plagiolepis pygmaea. Ich zitiere Wikipedia:
pygmaíos bedeutet „Fäustling“, „von der Größe einer Faust“
In diesem Fall bezeichnet der Begriff Pygmäen verschiedene Völker von geringer Körpergröße. Bei den Ameisen heißen die ersten Arbeiterinnen einer claustral gründenen Königin Pygmäen, weil sie kleiner sind und eine geringere Lebenserwartung haben. Der lateinische Name von Plagiolepis pygmaea ist also in hohem Maße nachvollziehbar^^
Während eines freien Nachmittags waren ich und ein paar andere beim Piazza del Popolo. An einer Seite geht es eine steile Treppe und ein paar Serperntinen nach oben auf ein Plateau, von dem aus man den Platz und einen großen Teil der Stadt überblicken konnte.
Wir wechseln also wieder kurz von den Ameisen zu dieser wunderschönen Aussicht...
Camponotus sp.
Anschließend an den "Riesenbalkon" fand sich wieder ein Park, wo ich ein weiteres Mal fündig wurde. Im Wurzelbereich eines Baumes war eine Camponotus-Arbeiterin nicht schnell genug, und ich konnte sie im RG fotografieren. Natürlich sind solche Fotos nicht ganz so ästhetisch ansprechend wie Ameisen in ihrer natürlichen Umgebung, aber da drin hat sie dann wenigstens stillgehalten...
Die genaue Art ist mir leider nicht bekannt, und im Ameisenforum wurde bisher auch noch kein Tipp abgegeben, aber ich vermute, dass sie arboricol sind (baumbewohnend).
ENDE
Tja, das war's wieder einmal. Mir hat die Romfahrt sehr viel Spaß gemacht, obwohl ich gerne mehr Zeit für die Ameisen gehabt hätte. Und kühleres Wetter wäre auch angenehm gewesen, aber man kann wohl nicht alles haben :P
Wenn dir mein Beitrag gefallen hat, würde ich mich sehr über jegliche Art der Rückmeldung freuen! Ich habe da nämlich wirklich viel Zeit und Mühe investiert ^^
Achja, ich hoffe, ich habe in der Zwischenzeit nichts wichtiges verpasst!
Liebe Grüße,
Gabs
Tolle arbeit/toller Post-100% upvote and re-steem!
Hui, vielen lieben Dank! Freut mich wirklich sehr, wenn dir mein Post gefällt!
Meine 100% sind zwar nicht ganz so viel wert, aber das geb ich gerne zurück^^
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Vielen lieben Dank^^
Wahnsinn, so viele verschiedene Arten. Und die ganz kleinen, daß Du auf die geachtet hast ...
Auf unserem THW-Gelände mit seinen Grünflächen leben natürlich auch Ameisen und es ist mehr oder weniger unvermeidbarer Teil der Grundausbildung, diese beim Hantieren mit Sand kennenzulernen ... als gute Kletterer, die vor unserer Schutzkleidung nicht halt machen.
Hi @isarmoewe!
Ich war selbst überrascht von der Artenvielfalt. Und vor allem davon, wie sehr sich die Ameisen-Fauna von der einheimischen unterschied. Ich hatte keine einzige von den Ameisen zuvor gesehen!
Warum müsst ihr mit Sand hantieren?
Das erkläre ich wohl besser in einem eigenen Artikel.
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