Oh weh oh weh, ein See! - Meine dritte Kurzgeschichte

in #deutsch6 years ago

Ich habe mich mal an der Lyrik versucht und das ist dabei herausgekommen. Bin gespannt was ihr davon haltet :D

Die vorgeschlagenen Wörter sind See (@bozo), Parkbank (@joe.backpacker) und Tintenfisch (@sabrina.jayharp). Wer möchte kann mir für die nächste Geschichte ein weiteres Wort vorschlagen :)

Viel Spaß!


Bild von pixabay.com : https://cdn.pixabay.com/photo/2016/10/15/12/30/calamaro-1742361__340.jpg


Oh weh oh weh, ein See!

Unangenehm, das ist es. So eingesperrt im kleinen See, ohne Freiheit, ohne tiefe, ohne Gleichartige.
Die Höhlungen als Schutz, sie fehlen. Hier eingesperrt im süßen See, ohne Salz, und mit so viel Licht.
Die Lebensfeinde sind auch nicht da. So eingesperrt im ruhigen See, ohne Krach, ohne Verteidigungsnot.
Doch auch die Nahrung, die ist knapp. Hier eingesperrt im winzigen See, mit wenig Fischen, und auch nur kleinen.
Wie konnte es nur dazu kommen? Plötzlich spürte ich ein komisches Gefühl und ehe ich mich versah, war das Wasser um mich herum gar nicht mehr da.

Damals in der großen Freiheit. Da war alles was ich brauchte, Futter, Bekannte und Tentakelfreiheit.
Damals in dem unendlichen Meer. Dort war alles wie gewohnt, mit Tiefe, Behausung, mit Salz und Leben.
Damals im gefüllten Meer war's auch gefährlich. Da waren Feinde, doch ich hatte meine Taktiken.
Hier brauch ich diese nicht mehr doch, es ist auch so gefährlich hier. So ohne Nahrung und ohne Auslauf, das kann nicht lange mehr gut gehen.
Wie konnte es nur hierzu kommen? Nur kurz war ich ganz hüllenlos, doch danach im neuen Wasser nur eingesperrt. Bewegen konnte ich mich nicht weit, doch zu sehen waren die Barrieren nicht. Außerhalb dieser sah es komisch aus, mit komischen Fischen, mit komischen Bewegungen.

Dort war ich nun gefangen, in meinem kleinen Käfig, den ich nicht als solchen erkannte.
Doch war es einer auf einem Schiff, welches ich auch nicht als solches sah.
Doch war es eines, mit rasender Geschwindigkeit, die ich nur durch komische Bewegungen erahnen, aber nicht verstehen konnte.
Geredet wurde über mich, ohne mich, ohne mein Verständnis:
»Ha! Wir haben einen, ein Prachtexemplar. Seht euch nur diesen Tintenfisch an!«
»Ha! Na endlich, er scheint mir aber gar nicht glücklich.«
»Ach was, der kommt doch bald in einen See, dort wird es ihm schon besser gehen!«
»Ach was? Im Meer hatte er so viel mehr als in unserem Testsee. Dort ist kein Platz und normale Nahrung wird weniger als rar nicht sein.«
»Das werden wir ja sehen! Er wird dort der einzige große Fisch sein und Platz genug für sich haben. Er wird auch genügend Nahrung finden, auch wenn sie etwas anders ist.«
»Das werden wir ja sehen. Ob es ihm gut tun wird, so ohne Feinde, so im Süßwasser, so alleine.«

Nun irgendwann hielten wir an, ich fühlte mich ganz komisch an.
Nun irgendwann, nach einiger Zeit, da fing ich an nichts mehr zu spüren.
Nach einiger Zeit da ging es los, vom Schiff hinunter, in ein Landgefährt hinein.
Nach weiterer Zeit war's auch dort nicht schön, so laut, so laut, so ruckelig.
Ich wusste nichts von alledem, ich sah es nur und spürte es.
Ich verstand auch nichts von alledem, so unbekannt, so überwältigend.
Geredet wurde immer weiter, von diesem und jenem, von mir, von meinem neuen Zuhause:
»Mach dir doch nichts draus! Und wenn was passiert, war's auch nur ein Tier.«
»Auch Tiere haben Gefühle! Gerade diese haben sogar ein sehr ausgeprägtes Nervensystem!«
»Ach mach dir da nichts draus. Es ist doch nur ein Experiment!«
»Auch Tiere haben ein Recht auf Leben! Experiment hin oder her, es ist doch eh nur für unsere Ästhetik!«

Bald sollte auch diese Höllenfahrt vorbei sein, wir waren angekommen.
Bald sollte ich meine Ruhe zurück, und mein neues Zuhause bekommen.
Doch vergessen haben die Tester etwas, sie stellten mich auf der Parkbank ab.
Doch vergessen haben sie etwas wichtiges, das Messgerät und die Kameras.
So stand ich dort allein gelassen, und konnte die Gefühle sammeln.
So stand ich dort auf der Parkbank, und wartete im kleinen Käfig, ohne Freiheit, ohne Verständnis.
Nach einiger Zeit, da fing ich an, mich zu wundern, was war das nur?
Nach dieser Zeit, da dachte ich mir: »Wie konnte es nur dazu kommen?«

Nun war es so weit, alles war bereit, ich wurde im Wasser ausgesetzt.
Nun war es so weit, die Qualen würden bald schon anfangen.
Noch hatte ich es nicht verstanden, noch war ich einfach wie ein Klumpen Etwas.
Noch bemerkte ich die Qualen nicht, die ich dann bald verspüren würde.

Hier ist's echt schlimm, so eingesperrt, im kleinen See, ganz allein oh weh oh weh.
Doch lange wird es auch nicht sein, so ohne Nahrung, so ohne Bewegung.
Doch lange wird es auch nicht sein, dann werde ich befreit sein.
Doch lange wird es wirklich nicht sein, die Forschen werden enttäuscht sein.
Doch interessieren wird es mich nicht, sie haben mir mein Leben zerstört und mein Leben genommen.

Ach ist es schön, so angenehm, im großen weiten Ozean.
Ach ist es weich, so wunderschön, im großen weiten Todesreich.


Auch mal was anderes ausprobieren :D

Es gibt leider keinen zweiten Teil, da ich die Geschichte ziemlich ausgefüllt habe und Lyrik echt nochmal deutlich anstrengender zu schreiben ist, als einfach eine normale Erzählung.

Anmerkungen gerne in die Kommentare :)

Sort:  

Salzwassertiere im Süßwasser? Der arme :( das ist doch nur Tierquälerei.

Eben darum geht es ja, hierbei nicht direkt im belehrenden Sinne. Aber generell wird, zum Beispiel für die Nahrungsmittel Industrie, ganz schön viel Tierquälerei betrieben, sag ich mal so. Hier ist mir bei den Worten See und Tintenfisch aber genau das eingefallen und dann hat sich eine etwas traurigere Geschichte ergeben. Ich hoffe es hat dir trotzdem gefallen :D
Grüße, Tom

Das hat es, auch wenn es natürlich etwas traurig ist ;)
Nahrungsmittelproduktion ist eine schmutzige Angelegenheit. Es macht wenig Freude, sich damit zu befassen, aber verhungern ist auch eher eine mäßig gute Alternative.

Ich bin seit über fünf Jahren Vegetarier und seit knapp einem halben Jahr Veganer.
Verhungern tu ich trotzdem nicht ;)

"So stand ich dort auf der Parkbank, und wartete im kleinen Käfig, ohne Freiheit, ohne Verständnis."

Der arme Tintenfisch ... ich konnte mitfühlen. Eine traurige Geschichte, welche einem vor Augen führt, dass Tiere auch Gefühle haben und leiden können, wenn man sie ihrer gewohnten Umgebung entreißt. Neulich habe ich eine Auswanderersendung gesehen. Da waren zwei Menschen, die sich ein Haus in der Natur gebaut haben. Sie hatten auch einen Papagei, der immer neugierig rumgeflogen ist. Da dachte ich auch kurzzeitig: Muss eigentlich schlimm sei, wenn ein Vogel im Käfig eingesperrt ist und nicht fliegen kann. Das, was ihn ausmacht.

Da hast du wohl recht, Haustiere zu halten, so im Allgemeinen, ist meist schon ziemlich doof für die Tiere. Und gerade Tierversuche, zum Beispiel mit Ratten, sind ja echt grausam. Das ist so ähnlich wie beim Tintenfisch.
Ursprünglich war das gar nicht so richtig geplant, aber ich plane die Geschichten ja eh nicht, sie kommen von alleine. Ich bin quasi nur der Rechner, der aus der Geschichte etwas anschauliches macht und sie zu Papier bringt :)
Liebe Grüße, Tom

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