Parlament stimmt für Beibehaltung der jährlich automatischen Diätenerhöhung.

in #deutsch7 years ago (edited)

Parlament bestätigt automatische Diätenerhöhung.


Über die kürzliche Entscheidung des Parlaments, an der Regelung festzuhalten, die Diäten der Abgeordneten jährlich automatisch zu erhöhen, wird kontrovers diskutiert. Während die Linken und die AfD dagegen stimmten, waren Union, SPD, FDP und Grüne dafür. Derzeit erhält ein Bundestagsabgeordneter 9541,74 € Euro pro Monat, wobei sich diese Bezüge an der Besoldung eines obersten Bundesrichters orientieren.


Bundestag, Plenarsaal:

Quelle: Von Times.


Eine Prise Polemik gefällig? :)


Da ein bisschen Polemik Leben in jeden Artikel bringt, möchte ich zunächst diesen Absatz den merkwürdige Assoziationen weckenden Bezeichnungen der Politikerbezüge widmen: "Abgeordnetenentschädigungen"? "Diäten"?
"Die Abgeordnetenentschädigung ist neben der Amtsausstattung ein Bestandteil der Diäten".
Wenn ich das lese, frage ich mich, wofür die armen Politiker eigentlich "entschädigt" werden sollen? Werden sie etwa täglich gefoltert oder dürfen nur Wasser trinken und trockenes Brot essen? Dem Aussehen nach oft ja wohl eher nicht ... womit wir beim nächsten Punkt wären: "Diäten"? Auch wenn "dieta" im Mittellateinischen wohl "Tagelohn" bedeutet, assoziiere ich damit etwas anders. Für mich hat es einen ungewollt zynischen Beiklang, wenn Politiker, die von anderen ständig fordern, in den harten heutigen Zeiten "den Gürtel enger zu schnallen", ausgerechnet "Diäten" erhalten - muss man wirklich fast verhungern, wenn man nur 9541,74 € pro Monat erhält? Nun gut, sie mögen keine Bitcoins besitzen, so wie wir, aber ganz so arm, wie sie sich selbst darstellen, sind sie nun auch wieder nicht! :)

Die Kritikpunkte Selbstzuteilung und Automatismus.


Über die Höhe dieser Diäten lässt sich trefflich streiten (dazu später mehr), was mir jedoch ganz erheblich missfällt, ist, dass ...

  • ... die Abgeordneten ihre Bezüge selbst festlegen (ein Traum jedes Arbeitnehmers) - es ist letztlich keine Kontrolle durch den die Politiker mit seinen Steuern alimentierenden Bürger möglich.

  • ... die Erhöhung der Diäten seit 2016 jedes Jahr automatisch erfolgt, wogegen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (wie z. B. aus früheren hitzigen Diskussionen hervorgeht) - und abgesehen vom juristischen Aspekt sollte meiner Meinung nach eine transparente öffentliche Diskussion, wobei die Abgeordneten sich für die selbst zugeteilte Bezugserhöhung vor dem Steuerzahler zu rechtfertigen hätten, eine Selbstverständlichkeit sein.

"Aber Abgeornete müssen doch unabhängig und unbestechlich sein!"


Die Höhe der Diäten solle "der Bedeutung des Mandats und der damit verbundenen Verantwortung und Belastung angemessen sein. Weiterhin müsse die Entschädigung eine ausreichende Existenzgrundlage für die Abgeordneten und ihre Familien während der Dauer der Parlamentszugehörigkeit bieten."
Ausreichende Existenzgrundlage? Oh, das wird knapp bei nur etwas über 9000 Euro ... Und ja, ich stimme zu, dass Politiker, die ihre Aufgabe ernst nehmen (und nicht einen Großteil ihrer Zeit lukrativen Nebenerwerben widmen) einen durchaus harten und anspruchsvollen Job verrichten, aber das gilt für viele andere Berufsgruppen, die weitaus schlechter bezahlt sind (Polizisten, Krankenpfleger, ...), eben auch ...
Oft wird argumentiert, mittels relativ hoher Bezüge, die Unbestechlichkeit der Mandatsträger zu garantieren ... In der Realität zeigt sich jedoch, dass auch eine noch so hohe 'Entschädigung' niemals hoch genug sein könnte, um einen Politiker der gierigen Sorte davon abzuhalten, kurze Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament bei genau der Firma im Aufsichtsrat zu sitzen, der er während seiner aktiven Zeit im Bundes- oder einem Landtag noch großzügig Vorteile gewährte. Ich gehe davon aus, keines der leider so zahlreichen Beispiele nennen zu müssen ... (An dieser Stelle möchte ich betonen, dass es mir nicht darum geht, Politiker pauschal zu verurteilen; es gibt sicherlich auch in der Politik immer noch viele Idealisten, die ihr Bestes geben, um dem Land und seinen Bürgern zu dienen, was aber nichts an meiner Kritik am üppigen Politiker-Versorgungssystem ändert.)

"Bei zu geringen Abgeordnetenbezügen wenden sich die Besten der freien Wirtschaft zu!"


Relativ häufig vernehme ich das Argument, Politikerbezüge müssten so hoch sein, weil sonst die "besten Leute" lieber in die freie Wirtschaft gingen. Es ist sicher richtig, dass man als Selbstständiger mehr verdienen kann als unsere Abgeordneten ... allerdings heißt "kann" nicht automatisch, dass das in der Regel auch tatsächlich geschieht! Vor allem jedoch ist das Risiko, komplett zu scheitern, viel höher. Dafür, dass Politiker ein deutlich geringeres persönliches Risiko auf sich nehmen, halte ich ihre, sich am Verdienst eines Spitzenjuristen orientierenden Bezüge für durchaus üppig. Im Gegensatz zu Letzterem, ist nicht einmal eine qualifizierende Berufsausbildung vonnöten, um Abgeordneter werden zu können. Ich gehe davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten in ihren ursprünglich erlernten Berufen kein annähernd so hohes Einkommen erzielen würde wie als Politiker.

Eine für mich jedoch weitaus wichtigere Frage als diejenige, ob ein Politiker in der freien Wirtschaft nun mehr verdienen könnte oder nicht, ist, ob die "besten Leute" tatsächlich die sind, welche einen Einstieg in die Politik davon abhängig machen, dort dann auch entsprechend viel Kohle scheffeln zu können. Wie wäre es stattdessen mit Idealisten, die - bei durchaus guten Bezügen - Politik der Politik wegen betreiben, weil sie etwas zum Guten verändern und der Gesellschaft dienen wollen? Ganz normale, intelligente Menschen mit moralischen Grundsätzen und Köpfen voller innovatier Ideen? Das wären meiner Meinung nach die "besten Leute", bei weitem besser als irgendein superreicher Mehdorn, den es möglicherweise in die Politik zöge, wenn er dort genauso viel verdienen könnte wie für das Ruinieren der Deutschen Bahn, Air Berlins oder diverser Flughäfen. :)

Das Gesamtpaket zum Wohle eines Abgeordneten kann sich sehen lassen!


Im Rahmen der Diskussion über Abgeordnetenbezüge sollte man das 'Gesamtpaket' nicht aus dem Blickfeld verlieren. Jeder Bundestagsabgeordnete verfügt über Privilegien, von denen ein Normalbürger nur träumen kann. Wikipedia listet (unter anderem) folgende Begünstigungen auf:

  • Eine zusätzliche monatliche Kostenpauschale in Höhe von 4.318,38 € zur Bezahlung von Bürokosten.

  • "Art. 48 Abs. 3 Satz 2 GG sichert den Abgeordneten die freie Nutzung aller staatlichen Verkehrsmittel. Zurzeit erhält jeder Bundestagsabgeordnete im Rahmen der Amtsausstattung eine Bahncard 1. Klasse der Deutschen Bahn."

  • Jeder Abgeordnete erhält "Übergangsgelder" nach seinem Ausscheiden aus der Politik. Pro Jahr im Bundestag sind das 9.541,74 €.

  • Neben signifikanten Zuschüssen zur Krankenversicherung finde ich vor allem noch die "Altersentschädigung" bermerkenswert: Sie "bemisst sich nach der monatlichen Abgeordnetenentschädigung (§ 11 Abs. 1 AbgG). Der Steigerungssatz beträgt vom 1. Januar 2008 an für jedes Jahr der Mitgliedschaft je 2,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung nach § 11 Abs. 1." Wie schön, nicht nur für das harte Politikerleben, sondern auch noch fürs Älterwerden im Bundestag großzügig 'entschädigt' zu werden.

Das Sahnehäubchen obendrauf ist dann noch ihre Immunität, welche Bundestagsabgeordnete vor Strafverfolgung schützt. Praktisch das ... :)

Eure Meinung ist gefragt!


Mir ist bewusst, dass ich in diesem Artikel das Thema Politikerbezüge und -versorgung nicht gerade sachlich-objektiv, sondern aus meiner persönlich-subjektiven - und sehr kritischen - Sichtweise präsentiert habe. Mich ärgert es, mit welcher Selbstverständlichlkeit sich unsere Volksvertreter diverse Privilegien selbst gewähren. Es kann aber gut sein, dass nicht jeder von euch das genauso sieht. Sind die Abgeordneten vielleicht tatsächlich eher unterbezahlt?
Lasst uns Standpunkte austauschen und ergebnisoffen diskutieren - ich werde mir auch alle Mühe geben, bei abweichender Meinung nicht versehentlich den Flag-Button zu berühren ... (kleiner Scherz ...). :-)

Sort:  

Das Wort "Diäten" hat hier wirklich einen süffisanten Beiklang. Vielleicht sollten einige Abgeordnete - wie du schon schreibst - tatsächlich mal eine machen. Ich finde diese Selbstbedienungsmentalität auch sehr verwerflich und sie sollte durch ein möglichst unabhängiges Gremium ersetzt werden. Aber damit es nicht nur bei der Selbstbedienungsmentalität bleibt, setzen diesselben Leute das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 auf 44,3% herunter (siehe hier: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/Allgemeines/FAQ/Rente/_%20rentenniveau/rentenniveau.html); das ist doch dann gerecht /zynismus Ende/

Vielen Dank für deinen Artikel. Der spricht mir aus der Seele. Eigentlich bleibt einem bei den Fakten die du beschrieben hast nur der Zynismus übrig um nicht ausfällig zu werden. :-)

Je älter ich werde, um so sympathischer finde ich das Modell aus dem alten Athen: die Abgeordneten wurden nicht gewählt sondern per Losverfahren bestimmt.

Ja, warum nicht ... vielleicht sollte unter Bewerbern, die bestimmte Mindestqualifikationen erfüllen, dann einfach gelost werden ...

Manchmal frage ich mich auch, ob nicht einfach unbestechliche KI, die gar kein Gehalt verlangte und sachlich-nüchtern ihre Entscheidungen treffen würde, in vielen Fällen klüger vorginge als ausschließlich auf Homo sapiens-Gehirnen basierende Regierungsformen ... ;-)

Du sprichst mir aus der Seele. Ich habe mich auch sehr darüber aufgeregt und kann Dir nur zustimmen. Vielen Dank für den Artikel.

Das monatliche "Gehalt " ist ja die eine Seite, die ander eist dass jedes Jahr diese Leute 30 000€ ihn Nachweise wieder zurück holen können durch den Steuerbescheid. So wie bei Normalverbraucher es bei der Steuererklärung um die 1000 oder was es sind gilt, ist es bei denen das 30fache.... Nicht schlecht sag ich da. Jedes Jahr kommt ein Kleinwagen zurück ins Haus gefahren und das bei eine eh schon ordentlichen Gehalt ;-) Super Beitrag @jaki01

"Bei zu geringen Abgeordnetenbezügen wenden sich die Besten der freien Wirtschaft zu!" Da kommt mir nur mehr ein sarkastisches Lachen über die Lippen. Bei den Zuständen in D, wenn das die Besten sind; Gute Nacht. Vollkommen unberechtigt diese Erhöhung, nicht mal eine Regierung steht; und zusätzlich hat es massive Auswirkungen auf deren Pensionen. Manche kriegen den Hals einfach nicht voll; selbst wenn nichts weiter geht und wissentlich geltendes Recht gebrochen wird.

Ja, ich bin schon auch Deiner Meinung, vor allem weil es den kleinen Leuten so schwer fällt überhaupt eine Rente zu erhalten von der man leben kann, und durch die Zinspolitik wird es gleich nochmal schwieriger.

The political element, yeah maybe not only in our country that experienced this Sir @jaki01. After translating your article I just know that it's about the desire of the political State officials about the compensation which they submitted. In fact this problem also happens in our country Sir @jaki01, too many request of the parliamentary Board of compensation, so that the greater the money their income compared to the pulse of the community itself. Always like about your post Sir.

Immerhin gibt es jetzt auch in diesem Punkt endlich eine Opposition. In Österreich wird - so habe ich kürzlich irgendwo gelesen - keine Erhöhung der Bezüge für das ebenfalls neu gewählte Parlament vorgenommen.

tja, unterbezahlt sind die Abgeordneten wohl eher weniger, wenn man sieht wie oft der Plenarsaal leer ist und auch leer bleibt ...
In Brüssel ist das sogar noch viel schlimmer als in Berlin, letztlich kriegt jedes Volk die Politiker die es sich redlich verdient hat...
Sicherlich ist Bestechlichkeit ein Thema, aber kann man das mit den Bezügen verhindern? In Zeiten in denen Firmenkonglomerate sicherlich Millionenbeträge locker aus der Portokasse nehmen können um sich Einfluss zu kaufen ?
Ich denke das ist Augenwischerei, angesichts der dagegen dann doch sehr sehr überschaubaren Bezüge.
LG
Jan

Aus Schleswig-Holstein wandern "die Besten" gerade mitten in der Legislaturperiode nicht in die Wirtschaft sondern nach Berlin. Selbstverständlich müssen wir davon ausgehen, dass dies nur geschieht, weil die berufliche Herausforderung in der Bundeshauptstadt viel größer ist...

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