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RE: Etwas Außergewöhnliches geschieht gerade in der Welt und die meisten Menschen bemerken nichts davon

in #deutsch7 years ago

Eigentlich wollte ich gerade folgendes schreiben:
Ich glaube, Du überbewertest die beschriebenen Umbruchsszenarien. Ich möchte damit nicht sagen, daß sie nicht stattfinden, aber auf viel kleinerer Skala, als der Artikel suggeriert. Schon allein die Sätze "viele sind sich der Veränderungen nicht bewußt" und "keiner hält das aktuelle Arbeitsmodell mehr aus" widersprechen sich. Wenn keiner das Arbeitsmodell mehr aushält, welcher Personenkreis ist dann nicht informiert? Vielleicht die Arbeiter am Fließband bei BMW? Die Verkäuferinnen und Verkäufer in den vielen Imbißläden an den Flughäfen und Bahnhöfen? Die Schichtarbeiter, die diese Infrastrukturen (also alles, was mit Transport zu tun hat), bereitstellen und warten? Allein die Zunahme der besagten Lebensmittelverkaufseinheiten an Verkehrsknotenpunkten zeugt überhaupt nicht von einem Rückgang des Konsums, die sich jährlich ändernde Mode auch nicht. (Oder wer hat 2016 schon in großer Zahl Menschen mit Jeans mit aufgerissenen Knien herumlaufen sehen?) Ich wohne auf dem Land, hier nimmt die für Neubauten vergebene Grundstückgröße derart ab, daß keine Kleingärten mehr vorgesehen sind. Im Gegensatz zu München und vielen anderen Städten gibt es hier aber auch keine Gemeinschaftsgärtnereiprojekte. Die Menschen hier gehen also traditionell arbeiten und haben gar keine Zeit für solche umfangreichen Hobbys. Und gegen das Argument "Das Internet hilft Afrika, sich wirtschaftlich zu entwickeln" sprechen schon die aktuellen Flüchtlingszahlen.

Doch dann ist mir beim Hoch- und Runterscrollen die wirklich leicht zu übersehende "Quellenangabe" aufgefallen. Und nach etwas Googlen bin ich auch auf den Originalartikel gestoßen:
http://www.huffingtonpost.com/gustavo-tanaka/something-extraordinary-happening-in-the-world_b_8820154.html
Ich wage zu bezweifeln, daß die anderen Leser diese wahrgenommen haben. Glückwunsch zu soviel schlechtem journalistischen Stil!

Der Artikel ist von 2015. Er spiegelt tatsächlich eine Entwicklung im englischsprachigen urbanen Raum wieder. Eine, die in Deutschland (noch?) nicht passiert und ganz sicher auch nicht in den Gegenden der USA, in denen tatsächlich noch Güter hergestellt werden. Wäre der Autor mal vor die Tür gegangen und hätte nicht nur über Youtube-Trends und die Lebensentwürfe seines Bekanntenkreises geschrieben, wäre der Artikel realistischer. Und das gilt in noch größerem Maße für Dich als Aneigner dieser Inhalte. Wie schon gesagt, ich wohne im Speckgürtel von München. Hier verzichten vielleicht 20-30% aufs Auto, über 50% arbeiten im Schichtsystem, etwa 75% pendeln zur Arbeit, mit dem Konzept von Foodsharing will kaum einer im Ort etwas zu tun haben (da kann ich mir den Mund fusselig reden, daß es nicht explizit für Bedürftige ist!). Wie unsympathisch Leuten das Konzept "freien Lernens" ist, kann man gut an den Kommentaren zu entsprechenden Videos auf dem Kanal von "Hannah Dette" beobachten; als Vergleich aus dem internationalen Youtube bietet sich der Kanal "Life with Beans" an, bei dem der Tenor der Kommentare eine völlig anderer ist. Ein Bekannter von mir hat sich über ein Jahr lang in einem alternativen Schulprojekt eingebracht, das nicht zur Realisierung kommt, weil es nicht genehmigt wurde. Er ist einer der wenigen Veganer, die ich persönlich kenne, mehr als ein halbes Dutzend sind es nicht. Und was diese Bevölkerungsgruppe angeht: vegan essen gilt ja als DAS gesunde Essensmodell dieser Zeit. Dabei lebt genau seit den 2 Jahren, die der Originalartikel alt ist, die deutsche und europäische Lebensmittelindustrie sehr gut von diesem Trend. Ein Industrielebensmittel - Wurst und Fleischwaren, Käse - wird durch ein anderes Industrielebensmittel ersetzt und die Fleischesser, die sich wirklich wundern, warum Leute das tun, sich vom Regen in die Traufe zu begeben, müssen sich angreifen lassen mit Argumenten, daß man als früherer Fleischesser doch an den Geschmack von Braten etc. gewöhnt ist. Als jemand, der vor 20 Jahren auch mal zwei Jahre vegetarisch gelebt hat und noch heute lieber indisch oder mediterran als deutsch essen geht, greife ich mir da an den Kopf!
Nein, es findet keine globale Veränderung statt, nicht einmal in den Industrieländern. Sondern nur eine Spaltung der Gesellschaft.

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Hast ja recht das es zu euphorisch klingt! Ich finde allerdings, dass man solche Aufsätze schon positiv sehen sollte. Zumindest zeigen sie recht schön, dass es viele Arten gibt etwas zu verbessern. Und wenn man die Meinung nicht teilt, so sollte man doch versuchen für sich selbst etwas gutes daraus zu gewinnen.

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