Ich möchte mal dagegenhalten. :)
Ich hatte seit meinem Auszug aus dem Elternhaus vor 20 Jahren nur etwa eineinhalb Jahre einen Fernseher in der eigenen Wohnung. Das war lange vor Youtube und ähnlichen Plattformen, auch die Mediatheken gab es noch nicht. Ich fühlte mich durch Radio und Zeitung gut genug informiert, obwohl ich die auch nicht besonders intensiv nutzte, weil mir auch die Geduld fehlte.
Ab 2002, nach den besagten eineinhalb Jahren, habe ich nur an Wochenenden, an denen ich bei meinen Eltern war, deren Fernseher, der eigentlich mein alter war, genutzt. Ab 2007 oder 2008 war mir der dortige Fernseher geistiger Begleiter, wenn ich an Wochenenden mal wieder mit der Hand an irgendeinem Nähstück arbeitete. Vorzugsweise dann, wenn gerade die Zusammenfassung der Küchenschlacht lief oder (abends) NCIS. Auch bin ich eigentlich über das wochenendliche Fernsehen erst auf die Idee gekommen, selbst Steptanz auszuprobieren - 2004 gab es ja noch MTV und in einer Serie, in der sich junge Leute einer Herausforderung, die sich aus ihren Wünschen ergab, stellen sollten, nahm eine Studentin Anfang 20 ohne Vorerfahrung Stunden bei einem Lehrer, um sich 3 oder 4 Wochen später bei einem Vortanzen für ein Musical zu präsentieren. (Sie flog in Runde 2 raus.) Ich hatte das Glück, an meiner Universität einen Kurs zu finden, und habe es nicht bereut.
Aktuell habe ich gar keinen Kabelanschluß, suche mir seit Jahren zielgerichtet Themendokus aus den Mediatheken zusammen, seit einem Jahr auch zunehmend über Youtube. Und bin jetzt doch ein wenig gefrustet. Youtube beschwert sich nicht, wenn ich zum 100. Mal das Making-Of des Films "Der Hobbit" gucke oder bestimmte Musikvideos mit oder ohne filmische Gestaltung. Will ich live die Tagesschau gucken, bricht mir regelmäßig der Stream nach spätestens 2 Minuten ab (reagiert nicht mehr). ZDF ist etwas besser, aber eine Zeitlang hab ich mir dann nur noch mit Mediatheken-Videos geholfen. Irgendwie ist mir aber daran in den vergangenen 12 Monaten auch die Lust vergangen, es folgte, wie schon erwähnt, Bingewatching bei Youtube, meistens Musical-Videos (der Film zu Cats von 1998 ist wirklich schön :)). Lange Rede, kurzer Sinn. Ich würde gern einfach nur mal wieder zu einer festen und nicht zu späten Zeit am Abend die Tagesschau und dann vielleicht noch den Tatort gucken oder was gerade auf ARTE kommt.
Ich finde, es ist schwerer geworden, aus dem Medienangebot das wirklich brauchbare herauszuziehen.
Meine Eltern haben 2015 den von mir mitgebrachten Fernseher durch einen Flachbildschirm mit weitaus größerer Diagonale ersetzt, nachdem mein Vater diese durch seine Hotelaufenthalte zu schätzen gelernt hat. Ich selbst bin auch schon mal bei einem Hotelaufenthalt einem solchen Gerät derartig verfallen, daß ich mich, die allein reiste, schwer zu Tagesausflügen aufraffen konnte. Ich hab übrigens NDR geschaut, nicht Sat1 oder ProSieben und wie sie alle heißen ...
Es ist ja auch die Freiheit des Konsumenten, sich Filme oder auch Spiele auf 30 statt 21 Zoll Bildschirmdiagonale "reinzuziehen", weil es mehr Spaß macht.
Mich beschäftigt auch gerade der Gedanke, daß man vielleicht auch aus optischen Gründen immer noch am Fernseher als Mobiliar festhält wie an einem Bücherregal oder Gardinen am Fenster ... alles technisch nicht unbedingt notwendig, aber es bietet in seiner Konstanz seelische Sicherheit. Ich hab in den vergangenen 20 Jahren immer einen Großteil meiner Freizeit außer Haus verbracht, aber damit bin ich weiß Gott nicht die Regel. Jetzt bin ich in einem Alter, wo ich merke: ich habe nicht gelernt, mir eine Wohnung wohnlich einzurichten. Damit mache ich es mir selbst schwer, das leerstehende Zimmer zu vermieten.