ICH, TINDER und was es bewirkt hat! Fluch oder Segen?
Ich selbst war in meiner Kindheit immer der tolle beste Freund aber nie jemand mit dem man schlafen wollte. Mein Schulter war optimal zum ausheulen und meine Gesellschaft gut um nicht allein auf eine Party zu gehen. Oft genug war ich der Kerl, der anderen im
Club klar machen konnte, dass es hier nichts zu holen gab. Klar ich war fett und hatte keine große Klappe, dafür viel Geduld, ein offenes Ohr und ein zu gutes Herz, welches mich oft blind werden ließ. Zumal war irgendein Platz im Leben der Angebeteten besser als gar kein Platz.
Dann folgte eine langjährige Beziehung und im Anschluss stand ich da. Keine Erfahrungen zu haben im Umgang mit Frauen auf sexueller Ebene war etwas dem ich nachtrauerte. Mein Selbstbewusstsein so gut wie nicht ausgeprägt. Weitere Jahre später lernte ich mich besser auszudrücken und fand meine eigene Art mit Gesprächen umzugehen, jedoch war ich auch jetzt noch nicht in der Lage auf Frauen zuzugehen. Glücklicherweise hatte nun jeder ein Smartphone in der Tasche und findige Entwickler machten sich das Spiel mit den Gefühlen zur dicken Einnahmequelle, welche von der breiten Masse dankend angenommen wurde.
Auch ich fand den Weg! Das Profil ist schnell angelegt und die ersten Klicks schnell gemacht. Auch hier bin ich alles andere als auffällig. Nicht der Schönling dessen Trefferquote bei über 50 Prozent lag und das schon gar nicht bei Frauen die mit selbst gefielen. Sehr schnell klickte ich nun schon während der Autofahrt oder beim Zähneputzen blind auf den like Button. Erst im Nachhinein selektierte ich zwischen ja und nein.
Aber auch hier Ernüchterung. Nach gefühlten 100 Klicks kommen 10 likes zurück. Von diesen sind 3 Fake Profile, weitere 4 sind nicht aktiv oder Antworten nicht, bei zweien kommt das Gespräch nicht über den Standard hinweg und verreckt noch bevor es angefangen hat und mit etwas Glück bleibt eine übrig! Hier entscheidet das erste Treffen wie man sich versteht. Habe ich vorher mit jemanden geschrieben, dann fällt mir das erste Gespräch nicht schwer und dennoch bleibt auch hier noch alles offen. Kein Wort wechseln zu können ist genauso möglich wie den Abend durch zu lachen. Fast jedes Date verlief aber über die Zeit im Sande, brachte eventuell etwas sex oder einen netten Abend.
Was macht es kaputt? Lief doch gut!
Das habe ich die erste Zeit auch gedacht, aber was kann ich rückwirkend dazu sagen.
Man wird bekloppt! Ständig wartet man die 12 Stunden ab, nur um dann wieder für einen Moment die nächsten Gesichter wischen zu können.
Mal abgesehen vom enormen Akku und Internetverbrauch klebt man nur noch an diesem Gerät. Teilweise habe ich noch bei Dates weitere Mails beantwortet.
Bei so viel Oberflächlichkeit verliert man schnell den Überblick. Ich musste mir teilweise vor den Dates Listen zusammenstellen und lernen. Darin standen Fakten, welche im
Verlauf des Gespräches zur Sprache kamen.Ständige Terminierungen lassen kaum Platz für Spontanität und Freunde. Die Prioritäten verschieben sich. Hier gab es einen Tag, an dem habe ich 4 Dates gehabt. Von diesen endete eines mit Sex mitten in der Nacht!
Immer der selbe Ablauf. Klar kann man in ein Café oder eine Bar gehen, spazieren oder gleich Zuhause treffen. Aber es bleibt immer ein verdammtes Interview. Anfangs sah ich die Sache als Training und hatte Spaß, zum Ende hin war ich nur noch genervt und empfand es als Zwang.
Ständige Kontrolle sorgen für Zwänge. Heutzutage braucht man keinen Privatdetektiv um Personen zu studieren. Oft reicht aufmerksam das Nutzungsverhalten zu studieren (das geht schon nebenbei) und wenn man dann noch Informationen aus einem Gespräch zieht, dann hat man alles was man braucht.
Zum Ende hin war ich in der Lage von fast jeder Person mit der ich mehr geschrieben habe, zu sagen was sie macht und wo die sich befindet. Und das nicht weil ich es wollte. Zu schnell hat man einen Automatismus im
Ablesen von Informationen den man nun aktiv bekämpfen muss!
So geben whatsapp und Facebook Informationen über den letzten Login, ob eine Nachricht nicht ankam oder ob sie gelsen wurde. Tinder lässt sogar erkennen wie viele Kilometer eine Person von einem entfernt ist!
Bestätigung und Ablehnung liegen hier nah beieinander. Sehr oft hat mich ein Date welches im Sex endete in meinem Ego bestärkt. Viel häufiger war es aber die Ablehnung die einen noch viel schneller beeinflusst. So konnten es drei positive Dates schaffen mich auf eine Ebene zu bringen bei der ich anfing mich selbst zu mögen. Jedoch reichte nur ein blödes Date, oder 100 likes ohne Resonanz aus, um einen tiefer zu reißen wie zu Beginn.
Im übrigen sorgen die Informationen aus Punkt sechs auch dafür, dass man durchweg unentspannt ist. Aber auch das bemerkt man nicht von heut auf morgen. Haben sich jedoch die ersten Enttäuschungen eingestellt, ist man bestrebt diese in Zukunft schon im Keim zu ersticken. Man fängt an Sachen zu interpretieren und zu deuten und um daran nicht kaputt zu gehen, versucht man sich das irgendwie auch schön zu reden. Jetzt kann eine gelesene aber nicht beantwortete Nachricht bedeuten, dass sie keine Lust hat mit dir zu schreiben und das der Beginn ist einen Kontakt abzubrechen (und schon denkt man was habe ich getan...), aber vielleicht ist es auch einfach nur ein Zeichen das sie keine Zeit hat zu antworten. Vielleicht hat sie es gerade so geschafft einen flüchtigen Blick zu werfen, wurde dann aber unterbrochen. Vielleicht hat sie das Handy im Halbschlaf bedient und gar nicht aktiv gelesen. Dieser Punkt ist eigentlich das schlimmste was ich daraus ziehen kann. War man vorher doch recht entspannt, wird nun einfach alles hinterfragt!
Fazit:
Ich habe Tinder gelebt, meine Erfahrungen gemacht und mich in mancher Hinsicht weitergebildet. Aber nun habe ich die Zwänge in mir drin, bin dabei eine andere Beschäftigung zu finden die nicht im online Dating endet und habe noch immer nicht gelernt, im
Club über meinen Schatten zu springen und die anzusprechen, die mir gefällt.
Aber nicht alles war schlecht, denn hier habe ich auch eine Frau kennengelernt, welcher ich sonst wohl nie begegnet wäre. Mit ihr habe ich Unmengen an Zeit verbracht und durchgehend genossen und ich hoffe das sich daran auch in Zukunft nichts ändern wird. Also wenn du das hier ließt, dann danke ich dir sowohl für deine Zeit als auch für deine Geduld.
Schöner Post, darf ich fragen wie alt Du bist?
Dankeschön und ja
Jetzt 30
Ich habe vor einem Jahr Tinder gelöscht und mich der alten Schule gewidmet. Habe echt das Gefühl dass viele meiner Leute um mich herum das ganz normale Flirten verlernt haben. Andauernd heißt es nur Match hier, Match da. Das ist schlimm. Und das gerade in einer Großstadt wie hier bei mir in München. Ich für meinen Teil habe viel mehr Spaß die Menschen ohne Apps kennen zu lernen :-)
Na aktuell bin ich eh in einer glücklichen Beziehung und habe die App auch gelöscht. Tatsächlich hat es mir ein Akkord Daten ermöglicht, was mich ein Gefühl bekommen ließ, wie ich denn wirken kann und Zeichen interpretieren muss. Das machte mich mutiger und auch lockerer, wenn auch etwas abgestumpft.
Jetzt einige Zeit nach dem Artikel könnte auch ich endlich in Bars und Clubs normal ins Gespräch kommen.
Aber tatsächlich scheint es keinen zu geben der diese Apps nicht genutzt hat oder nutzt.
Musste oft Schmunzeln, Tindere auch noch abundzu, aber aus reiner LAngeweile & Beschäftigungstherapie...meine Erfahrung ist, alles was hübsch ist, entweder fake, Nutte oder camgirl, dass Dich auf andere Pay-Sides locken will ;-)