Eine Generation zwischen zwei Zeiten – Auszug aus dem Steppenwolf

in #deutsch7 years ago

„Die Grausamkeiten sind in Wirklichkeit keine. Ein Mensch des Mittelalters würde den ganzen Stil unseres heutigen Lebens noch ganzh anders als grausam, ersetzlich und barbarisch verabscheuen!
Jede Zeit, jede Kultur, jede Sitte und Tradition hat ihren Stil hat ihre ihr zukommenden Zartheiten und Härten, Schönheiten und Grausamkeiten, hält gewisse Leiden für selbstverständlich, nimmt gewisse Übel geduldig hin. Zum wirklichen Leiden, zur Hölle wird das menschliche Leben nur da, wo zwei Zeiten, zwei Kulturen und Religionen einander überschneiden. Ein Mensch der Antike, der im Mittelalter hätte leben müssen, wäre daran jämmerlich erstickt, ebenso wie ein Wilder inmitten unsrer Zivilisation ersticken müßte. Es gibt nun Zeiten, wo eine ganze Generation so zwischen zwei Zeiten, zwischen zwei Lebensstile hineingerät, daß ihr jede Selbstverständlichkeit, jede Sitte, jede Geborgenheit und Unschuld verlorengeht. Natürlich spürt das nicht ein jeder gleich stark. Eine Natur wie Nietzsche hat das heutige Elend um mehr als eine Generation voraus erleiden müssen - was er einsam und unverstanden auszukosten hatte, das erleiden heute Tausende.“

Ich habe gerade den Steppenwolf von Hesse zu Ende gelesen. Hier möchte ich wieder ein paar schöne Zeilen aus diesem Werk mit euch teilen.

Ein weiteres folgt diese Tage :-)

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Wundervoll.

Das Hesse-Sammelband "Verliebt in die verrückte Welt" kann ich übrigens auch sehr empfehlen.

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