eine ganz persönlichen Nachruf

in #deutschyesterday

Heute, nachdem nun fast drei Monate vergangen sind, seit mein Kardiologe aus dem Leben gegangen ist, möchte ich einen ganz persönlichen Nachruf veröffentlichen.

Dr. med. Joachim Schümmelfeder lernte ich das erste Mal vor etwas mehr als drei Jahren kennen, als ich wieder einmal in der Notaufnahme des Klinikums Friedrichroda aufgenommen wurde. Er war dort Chefarzt der Inneren Abteilung, spezialisiert auf Erkrankungen des Herzens. Später erfuhr ich, dass er bundesweit zu den bekanntesten Kardiologen im Bereich der Sportmedizin gehörte. Vor etwa zwei Jahren wurde er sogar zu einem der besten Mediziner Deutschlands in den Bereichen Kardiologie und Sportmedizin gewählt.

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Zu der Zeit, als ich in der Notaufnahme war, ging es mir so schlecht, dass ich keine 10 Meter mehr laufen konnte, ohne nach Luft zu schnappen und eine Pause einzulegen. Es war Winter, und da bei uns kein Winterdienst möglich ist, weil der Zugang zum Haus nur über eine Privatstraße erfolgt, musste ich mein Auto stets auf dem Parkplatz des Freibads in der Nähe abstellen. Wenn ich dorthin gelaufen bin, war mein Zustand so schlecht, dass mein Sohn mit einem kleinen Plastikstuhl hinter mir herging, damit ich mich alle paar Meter hinsetzen konnte. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich innerlich schon: Das war’s jetzt. Mein Ende ist gekommen.

Einige, die gelegentlich in Finsterbergen bei mir auf Besuch waren, wissen vielleicht noch, wie es mir damals ging.

Dr. Schümmelfeder hat mich nach der Aufnahme gründlich untersucht, ein Herzecho gemacht und meine Medikamente abgefragt. Zudem überprüfte er mein implantiertes CRT-D-Aggregat – eine Art Schrittmacher mit drei Elektroden, die direkt zum Herzen führen. Er stellte fest, dass die Einstellungen des Geräts überhaupt nicht zu meinem Krankheitsbild passten, und nahm sich sage und schreibe 30-40 Minuten Zeit, um das Aggregat vollständig umzuprogrammieren und zu optimieren. Dabei war noch eine Schwester sowie ein weiterer Arzt anwesend, die zusätzliche Untersuchungen durchführten, um die Anpassungen so genau wie möglich abzustimmen. Außerdem bekam ich eine komplett neue Medikation.

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Diese Anpassungen und Gespräche mit ihm haben mein Leben verändert. Durch ihn und seine Betreuung war es mir möglich, mein Gewicht von über 120 kg auf unter 90 kg zu bringen. Mit der optimierten Medikation und der neuen Stabilität meiner Gesundheit konnte ich sogar wieder Sport treiben und aktiv am Leben teilnehmen. Dinge, die ich fast schon aufgegeben hatte, wurden dank ihm wieder Teil meines Alltags.

Zu dieser Zeit wurde mir eigentlich die Diagnose bestätigt, dass ich austherapiert war, und ich sollte nach Jena zum HTX-Listing, was bedeutet, auf die Warteliste für ein Spenderherz gesetzt zu werden. Doch durch die Fortschritte, die mit seiner Hilfe erreicht wurden, konnte ich mich sogar vom Listing für ein neues Herz abmelden. Das war ein unglaublicher Erfolg, den ich ihm zu verdanken habe.

Ich entschied mich, weiterhin von Dr. Schümmelfeder engmaschig betreut zu werden. Es wurden kleinere Anpassungen an meiner Medikation vorgenommen, und im Laufe der Zeit sprachen wir auch über persönliche und private Themen. Er erzählte mir, dass er an einer speziellen Nahrungsergänzung arbeitete, und ich berichtete ihm von den Jahren, die ich in Griechenland gelebt hatte. Es ging sogar so weit, dass er Interesse an einer Immobilie in Griechenland zeigte. Ich habe damals einige Immobilien für ihn herausgesucht und ihm vorgeschlagen, da ich dort noch einige Kontakte hatte.

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Auch wenn ich Fragen zu neuen Aggregaten oder speziellen Themen wie der Corona-Impfung in Kombination mit meinen Erkrankungen hatte, konnte ich ihm eine E-Mail schreiben und erhielt immer zeitnah eine Antwort. In einem Fall hat er sich sogar mit einem Virologen abgesprochen und mir die Antwort weitergegeben. Mal ehrlich, welcher Arzt kümmert sich heute noch so um seine Patienten?

Selbst im Wartebereich konnte man beobachten, wie er mit seinen Patienten umging: freundlich, fröhlich und immer mit Zeit – niemand wurde einfach nur schnell „abgefertigt“.

Es hat mich schwer getroffen, als er im letzten Jahr seinen Ruhestand angekündigt hat. Ich hoffte insgeheim, dass er einfach noch verlängern würde, denn er war so fit und voller Tatendrang. Nur wenige Monate später erfuhr ich dann, dass er verstorben ist.

Auch wenn wir nicht befreundet oder verwandt waren, hat mich sein Tod sehr getroffen – nicht nur, weil ich ihn für einen außergewöhnlichen Arzt hielt, sondern auch weil er mir einfach als Mensch sehr sympathisch war.

In der letzten Woche war ich erneut in der Notaufnahme des Klinikums und konnte mich mit einigen der dortigen Mitarbeiter über ihn unterhalten. Es war deutlich zu spüren, dass er dort eine Lücke hinterlassen hat und bei den Kollegen sehr beliebt war. Ich glaube nicht, dass dies einfach nur Worte waren, weil er verstorben ist – man konnte fühlen, dass es ehrlich gemeint war.

Ich persönlich bin der Meinung, dass der Tod nicht das Ende ist. Ich glaube zwar nicht an eine Gottheit oder Ähnliches, aber ich bin überzeugt, dass das, was einen Menschen ausmacht, eine Art Energie ist, die niemals verloren geht. Bei Dr. Schümmelfeder denke ich, dass die positive Energie, die er in sich trug, nun ins Universum übergegangen ist und uns alle irgendwie umgibt.

Manch einer wird jetzt vielleicht denken: Der Jacob spinnt wieder. Aber das ist einfach meine Überzeugung. Und ich denke, dass jemand, der schon zweimal wiederbelebt wurde und einmal ganze 8 Minuten „weg“ war, vielleicht einen anderen Blickwinkel hat. Ein Licht am Ende des Tunnels habe ich zwar nicht gesehen, aber der Gedanke, dass die Energie, aus der wir bestehen, nie verloren geht, gibt mir Trost. Vor allem, wenn man mit dem Thema Tod konfrontiert wird.

Ruhe in Frieden, Dr. Schümmelfeder.

Auf dem Bild könnt ihr mich sehen, wie ich damals in der Notaufnahme lag und auch, was ich für eine Leibesfülle hatte.

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Wenn ein Engel geht - bleibt immer eine Lücke zurück...

Kompetenz gepaart mit Sorgfalt gehen leider in Regel im deutschen Medizinbetrieb aus Planwirtschaft und Leistungsbegrenzung immer mehr verloren - wobei dies vor allem für die Sorgfalt gilt.

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