Der Reset Button meines Lebens - Genesungstagebuch 2017 - Teil 5
Das Meer ruft!
Motoryacht PRESIDENT, fotografiert in der Nähe von Sibenik, Kroatien, am 18. August 2013
23. Juli 2011. Seit heute bin ich stolzer Besitzer des SBF-See.
Über meine Aktivitäten zum Erwerb des Sportbootführerscheines habe ich hier ausführlich berichtet. Welche Möglichkeiten eröffnet mir nun der Besitz des SBF-See?
Der Sportbootführerschein See (SBF-See) ist der amtliche Sportbootführerschein zum Führen von motorisierten Booten, die für Sport- und Freizeitzwecke gebaut wurden, im Geltungsbereich der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung, d. h. auf den Seeschifffahrtsstraßen (Drei-Seemeilen-Zone und Fahrwasser innerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone). Er ist vorgeschrieben beim Führen von Fahrzeugen mit einer Leistung an der Schraube von mehr als 11,03 kW (15 PS). Anders als in der Binnenschifffahrt gibt es keine Beschränkung der Rumpflänge des Bootes. Quelle: Wikipedia.
Außerhalb der Drei bzw. Zwölf Seemeilen-Zone wäre es dann sicher sinnvoll den Sporthochseeschifferschein (SHS-Schein) zu besitzen. Es gibt dort aber keine Führerscheinkontrollen. Hier zählt Selbstverantwortung. Das Boot bzw. die Yacht (man kann beide Begriffe synonym verwenden) muss natürlich dem Fahrgebiet entsprechend seetüchtig sein.
Für die Beurteilung der Seetüchtigkeit wurden International vier Kategorien festgelegt:
- Boote der Kategorie D dürfen nur geschützte Gewässer mit Wellenhöhen bis zu 0,3 Metern befahren.
- Boote der Kategorie C sind ausgelegt für Fahrten in küstennahen Gewässern, großen Buchten, Flussmündungen, Seen und Flüssen, mit Wellenhöhen bis zu 2 Metern.
- Boote der Kategorie B sind Seetauglich außerhalb von Küstengewässern, bei Wellenhöhen bis zu 4 Metern.
- Boote der Kategorie A sind Hochseetauglich, bei Wellenhöhen über 4 Metern, jedoch nicht bei extremen Wetterverhältnissen (Hurrikans etc.).
Man darf also mit dem SBF-See und der notwendigen praktischen Erfahrung auch die richtig großen Pötte steuern. Allerdings nur zu privaten, nicht zu gewerblichen Zwecken.
Was ich ebenfalls erfahren habe: rechtlich gesehen gilt eine Segelyacht, sobald sie unter Maschine fährt, ebenfalls als Motorboot.
Ich freue mich auf die vor mir liegende Zeit und schmiede große Pläne.
Zeitsprung: 29. Juli 2016. Ich liege im Küchwald Klinikum Chemnitz.
Ich habe Hochrisiko-MDS RAEB-II. Tagsüber, wenn gerade keine Untersuchungen statt finden, informiere ich mich im Internet über die Krankheit und mögliche Behandlungsmethoden oder lese Erfahrungsberichte Betroffener. Nachts bekomme ich Alpträume.
MDS ist ab einem gewissen Stadium (das ich schon erreicht hatte) eine rasch fortschreitende, tödliche Erkrankung. Zum Glück kann die moderne Medizin in den Krankheitsverlauf eingreifen, ihn verlangsamen und das Sterberisiko um einige Jahre hinauszögern. Falls ein passender Spender für eine Stammzellentransplantation gefunden wird, und dieser Eingriff gelingt, ist sogar eine vollständige Heilung möglich. Das war der Strohhalm, an den ich mich klammerte.
Visite
Die behandelten Ärzte Dr. Zolnowski und Frau Dr. Herbst eröffneten mir, das wir baldigst mit einer Chemotherapie beginnen müssen, um die entarteten Zellen zurückzudrängen. Ich diskutiere. "Die Krankheit entwickelt sich bei mir wahrscheinlich sehr langsam! Ich spüre schon seit 7 oder 8 Jahren das etwas nicht stimmt." Ich hatte den Ausdruck eines großen Blutbildes mitgebracht, welches im Dezember 2012 bei meinem Hausarzt gemacht worden war. Darauf waren die Tendenzen (Verminderung der Erythrozyten, Thrombozyten und Leukozyten) schon deutlich zu erkennen. Ich hatte damals die Befürchtungen meines Hausarztes und die Aufforderung mich bei einem Facharzt vorzustellen in den Wind geschlagen. Hab statt dessen meine Ernährung auf sehr gesund umgestellt. Das muss doch auf natürlichem Weg in den Griff zu kriegen sein. Erwähnte ich bereits, das ich ein Arztmuffel bin?
Ich eröffnete den beiden Ärzten zur Visite, das ich vorerst andere Pläne habe. Vom 13. bis 27. August 2016 möchte ich mit meiner Frau und zwei befreundeten Ehepaaren in den Urlaub fahren. Toscana, Italien, dann segeln in der nördlichen Adria und im Golf von Venedig. Da passt mir eine Chemotherapie jetzt überhaupt nicht ins Konzept.
"Ihre Gesundheit ist aber wichtiger", argumentierte Dr. Zolnowski. "Meine Lebensqualität ist mir wichtiger" entgegnete ich. Frau Dr. Herbst zeigte ein gewisses Verständnis. Sie ist selbst begeisterte Seglerin.
Die Ärzte berieten sich. Ich bekam Gelb-Grünes Licht für meine Urlaubspläne. Man würde mich zunächst mit Erythrozyten Transfusionen aufpäppeln. Für den Urlaub würde man mir Tabletten zur antibiotischen Abschirmung und weitere Pillen mitgeben. Die muss ich regelmäßig einnehmen. Weiterhin wurde mir geraten vorsichtig zu sein (Verletzungen), Menschenansammlungen zu meiden und mich nicht zu überfordern. Und ich musste das Versprechen abgeben, am Montag, den 29. August 2016, also unmittelbar nach dem Urlaub hier auf dieser Krankenhaus-Station anzutreten.
Diese Schlacht habe ich gewonnen :-)
Ab in den Süden! Toscana und Venedig, im August 2016.
Unser Quartier I.
Unser Quartier II.
Ausflug nach Pisa.
Florenz
Stillleben mit Hut.
Diese Elan Impression 45 wird für die nächsten acht Tage unser Zuhause sein.
Kurs liegt an. Ziel: Venedig.
Wir erobern Venedig auf dem Seeweg. Vor uns liegt der Markusplatz.
Ausweichregeln beachten.
Ein Wassertaxi.
Hier ist ein günstiger Ort für einen Badestop.
Klar bei Anker!
Ich bin der Größte :-)
Wie wird es weiter gehen...?
Heute ist Dienstag, der 10. Januar 2017. Tag t-15.
Mir geht es Tag für Tag etwas besser, ich bin aber noch meilenweit von dem Befinden eines gesunden Menschen entfernt. Wacklige Beine, hohes Schlafbedürfnis, kann mich nur kurze Zeit auf etwas konzentrieren. Jeden Vormittag fahre ich in die Hämatologische Tagesklinik um mir meine tägliche Infusion abzuholen. Meine Blutwerte müssen engmaschig überwacht werden, deshalb werden mir heute noch drei Röhrchen Blut abgenommen.
In den vergangenen vier Wochen habe ich 20 kg abgenommen. Von 94 kg runter auf 74 kg. Ich muss wieder zu Kräften kommen, mir Reserven für die vor mir liegende Zeit anfuttern. Das Gute ist: ich habe wieder zunehmend Appetit. Ich beschließe ab morgen selbst zu kochen. Schicke meiner Frau, die heute beruflich unterwegs ist, eine Einkaufsliste per WhatsApp (ich kann selbst nichts einkaufen, darf ja nicht unter Menschen). Ich bin ein Gourmet und gutes Essen macht mir Freude. Gleich zwei mal: erstens bei der Zubereitung und zweitens beim Genießen. Ich freue mich auf morgen.
Ich habe Krebs. Einen ganz speziellen. Die blutbildenden Stammzellen im Knochenmark sind betroffen. Konkret: am 29. Juli 2016 wurde bei mir Hochrisiko-MDS RAEB-II diagnostiziert. Ohne die Hilfe der modernen Medizin eine absolut tödliche Krankheit.
So weit ich dazu in der Lage bin, werde ich regelmäßig an meinem Genesungstagebuch schreiben. Sollte sich mein Zustand mal vorübergehend verschlechtern, müsst ihr auf die Fortsetzung eventuell ein paar Tage warten :-)
Mit diesem Genesungstagebuch will ich nicht nur über meine Fortschritte (und eventuelle Rückschläge) berichten. Vor allem möchte Menschen in ähnlichen Situationen Mut machen. Egal ob sie selbst oder Angehörige bzw. Freunde betroffen sind.
Fortsetzung, Teil 6: Club Nautique - Die Maus auf dem OP-Tisch
Die vorhergehenden Artikel findest du hier:
Wunderschöne Bilder und die Botschaft das jeder Tag kostbar ist...danke dafür!
Ich wünsche alles Gute!
Vielen Dank!
Alles Gute für dich, das mit dem Urlaub war definitiv richtig. Für die Prozedur der Behandlung brauchst du viel mentale Stärke. Der Mensch ist mehr als nur die Summe seiner Zellen.
Das war auch mein Gedanke.. gerade die mentale Gesundheit und Stärke ist jetzt wichtig!
Ihr seid so lieb und habt so recht!
Danke für eure mentale Unterstützung.
Thank you for posting @germansailor. Beautiful images...photographs. Appreciate you bringing your travels to Steemit.
Thank you for your support and these lovely posts....hope you do not mind...have saved a few pictures...
Ich sende dir die Engel :-) Alles liebe und weitherhin beste Genesungswünsche.
Resteemed.
Ich danke Dir!