Happy Birthday Friedrich A. Hayek!

in #deutsch7 years ago

Einer der ersten liberalen Denker, die mir begegnet sind, hätte heute seinen 119. Geburtstag gefeiert: Friedrich August von Hayek.

Wie ich selbst, war Hayek in seiner Jugend zunächst Sozialist, bis ihn "Die Gemeinwirtschaft" (engl. "Socialism") von Ludwig von Mises davon kurierte und er zum einer der wichtigsten Stimmen des Liberalismus wurde. Ich weiß nicht, als wie schmerzhaft Hayek diese Entwicklung empfunden hat, aber ich war schockiert, als ich realisieren musste, dass meine ganzen guten Absichten, wie man denn eine Gesellschaft planen und verbessern könnte, mit recht hoher Wahrscheinlichkeit das genaue Gegenteil bewirken würden und ich zudem ein nützlicher Idiot von Demagogen und Populisten gewesen war, die meine grundsätzliche Empathie mit ärmeren und schwächeren Menschen für ihr grenzenloses Machtstreben ausgenutzt hatten. 

Besonders bitter waren die Pillen, die ich bezüglich der heiligen Kuh "Demokratie" schlucken musste:

  „Der Liberalismus befaßt sich mit den Aufgaben des Staates und vor allem mit der Beschränkung seiner Macht. Die demokratische Bewegung befaßt sich mit der Frage, wer den Staat lenken soll. Der Liberalismus fordert, alle Macht, also auch die der Mehrheit, zu begrenzen. Die demokratische Theorie führte dazu, die Meinung der jeweiligen Mehrheit als einziges Kriterium für Rechtmäßigkeit der Regierungsgewalt zu betrachten. Die Verschiedenheit der beiden Prinzipien wird am klarsten, wenn wir jeweils das Gegenteil suchen: bei Demokratie ist es eine autoritäre Regierung, beim Liberalismus aber der Totalitarismus … Liberalismus ist also unvereinbar mit unbeschränkter Demokratie, genauso wie mit jeder anderen unbeschränkten Macht … Obwohl also die konsequente Anwendung liberaler Prinzipien zur Demokratie führt, wird die Demokratie den Liberalismus nur dann und nur solange bewahren, wie die Mehrheit ihre Macht nicht dazu mißbraucht, ihren Anhängern besondere Vorteile zu verschaffen, die nicht allen Bürgern gleichermaßen geboten werden können.“ (Liberalismus, Tübingen 1979, S. 35)  

Im Namen der Mehrheit bzw. des Volkes, ist leider beinahe alles erlaubt. Das ist keine neue Entwicklung. Für den Ausbau des Pariser Louvre konnten z.B. erst nach der französischen Revolution die umstehenden Häuser "im Namen des Volkes" enteignet werden, während der absolutistische König Ludwig XV vorher damit gescheitert war. Könige sahen sich als Verwalter des (Gott gegebenen) Rechts, während Demokraten meinen Recht unabhängig von Gerechtigkeitsüberlegungen sprechen zu können, bzw. letzere als relativ betrachten ("Rechtspositivismus"). 

Mich erschreckt bis heute die Naivität derjenigen, die das nicht sehen wollen. Mich erschreckt ebenfalls wie unpopulär die Ideen der Freiheit heute sind, erstickt unter einem Schwall von moralisierenden Zweckmässigkeitsargumenten und einem Berg allerbester Absichten  (in dubio pro reo) von Leuten, die ihren Lebensunterhalt damit bestreiten, anderer Leute Leben zu regulieren (aka Politiker). Bis heute lernen Schüler an deutschen Gymnasien und Universitäten praktisch nichts über den Liberalismus (geschweige denn über die Österreichische Schule) und wir führen das Wort "Freiheit" mit einer Beliebigkeit im Munde, die schon Hayek betrübt hat:

 „Für die großen Apostel der politischen Freiheit hatte dieses Wort Befreiung von Despotie bedeutet, Befreiung von der Willkür anderer, Befreiung von dem Gehorsam gegenüber den Befehlen eines Vorgesetzten, von dem es abhängig war. Die neue Freiheit dagegen, die in Aussicht gestellt wurde, sollte eine Freiheit von Not sein, eine Befreiung aus dem Zwang der Umstände, die uns alle nur eine begrenzte Wahl der Lebensgüter lassen, wenn auch für den einen sehr viel mehr als für den anderen … Freiheit in diesem Sinn ist natürlich nur ein anderer Ausdruck für Macht oder Reichtum … Worauf das Versprechen in Wahrheit hinauslief, war die Zusicherung, daß die bestehenden großen Unterschiede in den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Individuen beseitigt werden sollten. Wenn man also die neue Freiheit forderte, so meinte man damit nichts anderes als den alten Anspruch auf gleichmäßige Besitzverteilung.“
(Der Weg zur Knechtschaft, 2. Aufl., München 1971, S. 46/47) 
 „Politische Freiheit im Sinne von Demokratie, innere Freiheit, Freiheit im Sinne des Fehlens von Hindernissen für die Verwirklichung unserer Wünsche oder gar Furcht und Mangel haben wenig mit individueller Freiheit zu tun und stehen oft im Konflikt mit ihr. Das Verständnis für und der Glaube an die Freiheit sind in hohem Maße dadurch zerstört worden, daß die Bedeutung des Wortes so ausgedehnt wurde, daß es jeden klaren Sinn verloren hat.“
(Die Ursachen der ständigen Gefährdung der Freiheit, in: Ordo, Bd. 12, 1960/61, S. 106) 

PS:

Die im Bild vorgetragene Hayek'sche Definition von Freiheit ist "zirkulär". Wer sich dafür interessiert inwiefern:

http://www.libinst.ch/pdf.php?i=freiheit-und-liberalismus-im-wandel

Sort:  

Hallo! Aus irgendeinem Grund hat Ihre Publikation meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, ich brauchte einen Übersetzer, da ich kein Deutsch spreche (ich würde gerne lernen), es gibt Dinge in Ihrem Schreiben denen ich voll und ganz zustimme, wenn sie sich so bewerben, wie sie sein sollten. In meinem Land (Venezuela) gibt es eine etablierte Regierung, die für den Missbrauch der Macht verantwortlich ist und im Namen des "Kommunismus" eine Reihe von Gräueltaten begeht. Sehr gute Post! Grüße von hier. Bis bald

Danke - man kann den Mann gar nicht oft genug und ausreichend würdigen. Ich bin über The Road to Serfdom auf ihn gestoßen seinerzeit ... war einer der Augenöffner und der Einstieg in die Zertrümmerung meines bisherigen Weltbilds.
Jetzt hab ich gar keins mehr :-)

Schon Dein neues Kabinett vergessen??
Wenn das Dein Leben nicht wieder lebenswert macht, dann weiß ich's auch nicht mehr...

Du Ferkel, mein Leben ist lebenswert nicht wegen eines Schattenkabinetts, sondern wegen meiner Kinder, die ich im Rahmen meiner beschränkten Einsichtsmöglichkeiten und Fehler zu denkenden Menschen zu erziehen versuche!! :-)

Ich vergaß, daß ich als Innenminister für das körperliche, nicht aber das seelische oder emotionale Wohlbefinden von Ihro Gnaden verantwortlich bin.
Ziehe mich ehrerbietend in die zweite Reihe zurück...

Bis heute lernen Schüler an deutschen Gymnasien und Universitäten praktisch nichts über den Liberalismus (geschweige denn über die Österreichische Schule)...

Vielleicht nicht am Gymnasium oder an der Uni, aber bei mir an der Berufsschule.

Echt? Wow. Und nicht nur das übliche "Hayek war ein Pinochet Fan"?

Ich bin kein so großer Hayek Fan.
Bei mir gibts hauptsächlich Mises und auch Rothbard.
Viele meiner Artikel verwende ich auch im Unterricht und viele meiner Schüler lesen mittlerweile regelmäßig meinen Blog.
Die bayerische Staatsregierung will bis 2020 das digitale Lernen umsetzen (was auch immer sie darunter verstehen). Ich habe es schon umgesetzt.
Sie wissen aber natürlich, dass sie bei der Abschlussprüfung den ganzen Keynes Schwachsinn hinschreiben müssen.

Gratuliere! Ich wusste garnicht, dass Lehrer so eine Autonomie haben.

Die Lehrpläne in Bayern sind sehr frei und allgemein gehalten (zumindest für die Berufsschule)

Ist zwar weit weg, aber kann man mal als Gasthörer an einer Deiner Unterrichtseinheiten teilnehmen?

Meine Artikel zu lesen reicht völlig.

Das war jetzt keine Einladung. Hab' ich verstanden. :)

Danke für den Artikel! Hayek ist wirklich wichtig, ich muss auch einmal einen oder ein Paar Artikel über seine Werke veröffentlichen.

Ich war nie wirklich Sozialist, weil ich aus meiner Familie stets die Aussage 'wer soll das bezahlen' und natürlich die alten Gebote, von denen eines du sollst nicht stehlen ist, mitbekam. Die lässt das grosse Umverteilen unter Gewaltandrohung schon einmal moralisch und (natur-)rechtlich problematisch erscheinen.

Im Gymnasium und der Universität werden einem die Vorzüge einer plan- und gestaltbaren Gesellschaft in schönem Licht präsentiert und man kann sehen, dass viele auch daran glauben.

Beim Studium der Chemie habe ich allerdings wieder viel Demut gelernt, nicht nur weil ich leistungsmässig absolut kein guter Student war und bis zum Ende viel damit beschäftigt war, die Gründe für das meist lausige Abschneiden herauszuarbeiten. ¨

Die Gründe für die Demut. Nun, mithilfe chemischer Verfahren kann man heute sehr viele Stoffe, Materialien usw herstellen, teilweise sogar unter Einbezug modifizierter Natur, etwa Bakterien usw. Aber für nahezu jeden Prozess braucht es in irgendeiner Art idealisierte Bedingungen. Lösungsmittel, Konzentration, Temperatur, Schutzgas, Druck sind Stellschrauben an denen man drehen kann. Nur wenige Reaktionen finden unter Bedingungen statt, die denen im menschlichen Organismus ähneln. 36,5 °C, wässrig, bei moderatem pH-Wert, dazu verschiedene Ionen gelöst, Kontakt mit der Atmosphäre usw. sind für einen Chemiker Bedingungen, in denen er nur wenig zustande bringt, aber im Menschen laufen so auch komplizierteste Mechanismen ab, von denen man viele noch heute nicht ganz aufgeklärt hat.

Was nehme ich nun daraus? Nun, in meinem Fach sind Möglichkeiten entstanden, resp. entwickelt worden. Aber sie funktionieren zumeist nur in entsprechend gestalteten Umgebungen mit Hilfsmitteln. Es sind künstlich geschaffene, geschlossene Systeme. Die Menschheit, ein Volk, eine Gesellschaft, eine Region, eine Stadt oder Dorf sind nie geschlossene Systeme und können gerade deswegen nicht so umfassend gestaltet werden. Es sei denn, man macht sie zu Gefängnissen.

PS: Ich hab gerade bei Dir gelesen, dass Du Dich mit den Mitrokhin-Papieren beschäftigst. Sehr interessant! Ich hab mich jüngst ein wenig mit Bezmenow und den "Venona Papers" beschäftigt. Mich würde wirklich interessieren, ob es heute noch so etwas ähnliches wie die Propaganda Abteilung des KGB gibt oder ob die heutige marxistische Propaganda da jetzt einfach nur quasi führerlos weiterwirkt.

Ja, in der Tat habe ich damit begonnen. Aber ich bin noch in den Kinderschuhen damit und komme gerade nicht besonders rasch voran. Christopher Andrew ist sicher ein sehr guter Autor und ein grossartig kompetenter Historiker.

Zum Thema KGB-Propagandaabteilung sage ich, dass ich davon ausgehe, dass Desinformationsnetzwerke sehr wohl aktiv sind. Aber da sie wohl am ehesten im Mafia-Stil - lose Kontakte zwischen Einzelpersonen - aufgebaut sind, sind sie sehr schwierig zu erkennen und nachzuverfolgen. Die Ursprünge von Desinformation sind auch kaum leicht herauszufinden. Ich gehe davon aus, dass sich ziemlich viel verselbständigt hat, was ursprünglich auf Desinformationsquellen zurückgeht.

Nur schon die ganzen ÖR-Medien, die zwar immer wieder predigen, wie böse Putin sei, aber kaum mit den wirklich harten Stories aus der UdSSR aufwarten, den Kalten Krieg kleinreden, ganztägig Gesellschaftsgestaltung, Vorschriftenwildwuchs, Aktionismus und Unfreiheit predigen usw. Da kommt viel Desinformation zusammen, aus Deutschland, USA, Grossbritannien, Russland usw. Mir wird das wohl irgendwann zu undurchsichtig.

Vielen Dank für den sehr interessanten Kommentar! Ich hatte überlegt, dieses Thema - Stichwort "Anmaßung von Wissen" - im Artikel zu behandeln, da Hayek mir da auch viel Hybris ("Machbarkeitswahn") ausgetrieben hat.

Lo sto studiando da qualche tempo, insieme alla scuola austriaca e al libertarianismo e il fatto che condividiamo molte idee mi rincuora. Se ti va leggi qualche mio articolo e grazie per i tuoi contributi.

Ich finde den Liberalismus auch super! Die Freiheit für mich und die Sklaverei für alle anderen! Herrlich!

Hast Du diese Auffassung von Liberalismus bei den Jungen Pionieren gelernt?

Haha, nein ich bin kein Kommunist. Aber ich genoss eine Spezialausbildung beim Militär! Ist aber schon lange her! Bin ein Neoliberaler!

Den Begriff würde ja nicht einmal ich versuchen wieder positiv zu besetzen :P

Mein Grundproblem mit dem Liberalismus ist, dass er zwar aus gesetzlichen Zwängen befreit, zugleich aber die Mehrheit der Menschen in neue - finanzielle - Zwänge stürzt. Leider ist das die logische Konsequenz aus der Befreiung von Regulierungen, die die finanzielle Unterdrückung schwächer gestellterer eindämmen sollen.

Die Menschen schert es nicht, wenn sie zwar weniger Gesetze zu beachten haben, sich aber zugleich die Ausbildung ihrer Kinder, die Krankenversicherung, die Miete, etc. vom Mund absparen müssen.

Und das ist leider nicht nur graue Theorie, das wurde mehrmals erprobt. Nicht zuletzt in Chile unter Pinochet, dessen Herrschaft für die Liberalen eigentlich genau das Mahnmal sein sollte, das für die Kommunisten die UdSSR ist.

Wie definierst Du "Zwang"?
Kannst Du das mit Chile oder anderen Ländern mit Daten konkretisieren? Also welche Liberalisierung dort hat wozu genau geführt, das mit der UDSSR vergleichbar wäre? Und wie genau macht der Staat aus Deiner Sicht die Miete und die Krankenversicherung etc billiger?

Dazu bräuchte ich jetzt einen ganzen Post. ;-)

Chile liegt auf der Hand: Pinochet putschte mithilfe der CIA gegen den gemäßigten Sozialisten Allende, und installierte eine Militärdiktatur, deren Wirschaftspolitik sich stark an Hayek anlehnte. Hayek persönlich war beratend tätig und besuchte Pinochet mehrmals. Das Ganze führte dazu, dass sich - genau wie im Realsozialismus - eine kleine Elite bereicherte, während es dem Großteil der Bevölkerung deutlich schlechter ging. Von den zigtausend ermordeten politischen Gegnern und sonstigen Menschenrechtsverletzungen (von denen Hayek übrigens wusste, und trotzdem weiter öffentlich für Pinochet warb), die eine weitere Parallele zu kommunistischen Systemen sind, mal ganz zu schweigen.

Krankenversicherung, Miete usw. usw. werden vom Staat finanziell gestützt. Klassische Umverteilung, die - wie du weißt - darauf basiert, dass Mehrverdiener und idealerweise auch Mehrbesitzer einen größeren Teil zum Staatshaushalt beizutragen haben als Geringverdiener/besitzer. Schafft man das ab, profitieren unterm Strich alle, die einen mehr zum Haushalt beitragen als der Duchschnitt (was aufgrund der Nichtdeckelung nach oben vielleicht die Top 10% sind) und die 90%, die weniger beitragen als der Staat pro Kopf kostet, verlieren. Das - und nicht die böse Systempropaganda - ist dann der eigentliche Grund, warum sich der radikale Liberalismus/Libertarismus auf demokratischen Weg niemals durchsetzen kann. 90% der Stimmberechtigten würden dabei verlieren, und die Mehrheit von ihnen checkt das auch.

Wenn du Quellen oder tiefergehende Analysen willst müsste ich echt in die politischen Posts einsteigen, was ich eigentlich vermeiden wollte...aber ich seh's schon kommen... dammit.

Mir ist das glaub' ich tatsächlich ein eigener Post wert, da ich das chilenische Kapitel von Hayek durchaus sehr kritisch sehe. Allerdings sollte die Kritik fair sein. Chiles Pinochet und die UDSSR haben aus meiner Sicht nach ethischen Gesichtspunkten (und einfach nach Body Count und zahlreichen anderen nackten Fakten) in ganz anderen Ligen gespielt. Ferner möchte ich anmerken, dass es keine Kommunisten, Marxisten und eigentlich garkeine sozialistisch motivierten Interventionisten jedweder Couleur geben dürfte, wenn die UDSSR auch nur irgendwem ernsthaft als Mahnmal dienen würde. Siehe den 200. Marx-Geburtstag. Man kann Hayek oder dem Liberalismus z.B. den Putsch, die CIA etc nicht in dem Maße vorwerfen, wie Marx den realexistierenden Sozialismus oder den Stalinismus in der UDSSR. Hayek hat das stocknüchtern und emotionslos betrachet, ausnahmsweise übrigens mit einer kollektivistischen - also auf die Gruppe statt das Individuum fokussierte Brille als Ökonom gesehen. Und er hat - wenn man denn wirklich versteht wie er es meint - ja nicht Unrecht, wenn er sagt, dass ein liberaler Diktator einer illiberalen (Massen-)Demokratie vorzuziehen sei.

Zur Umverteilung: Sind wir uns denn wenigstens einig, dass es fundamental wichtiger ist, dass allergrößte Sorge getragen wird, dass es überhaupt etwas zu verteilen gibt? Also wenn man denn schon diesen kollektivistischen Big Brother, den imaginierten Träger des Gewaltmonopols als ur-notwendig betrachtet, wie Hayek es leider ja getan hat.
Ich glaube nämlich durchaus, dass selbst Nettostaatsprofiteure (ich bezweifle die 90% massiv an) einsehen könnten, dass es deutlich mehr - freiwillig und dezentral - zu verteilen gäbe, wenn der zentrale Verteilungsapparat massiv verschlankt wird (siehe z.B. die Schweiz, für ein sehr moderat liberales Beispiel).

Wenn du tatsächlich body counting betreiben willst, müsstest du natürlich Tote pro Jahr und auf die Bevölkerungszahl bezogen rechnen. Ich will das echt nicht zynisch durchrechnen müssen, aber ich denke schon, dass man auf ähnliche Zahlen für Pinochets Ära und diverse kommunistische Systeme kommt (Stalin und Pol Pot mal ausgenommen, die spielen wohl tatsächlich eher in der Hitler-Liga). Ich denke schon, dass vielen heutigen Sozialisten die UdSSR insofern ein Mahnmal ist, als sie nicht mehr die Abschaffung der demokratischen Kontrolle über ihr Tun fordern, was sie von den Realsozialisten des 20. Jahrhunderts unterscheidet.
Ich finde, dass ein "liberaler Diktator" ein Widerspruch in sich ist, den Hayek wohl erfunden hat, um sich des demokratischen Dilemmas (dem Volk die Macht zugestehen, die liberalen Befugnisse wieder zu wiederrufen) zu entziehen. Hat real (Pinochet) nicht funktioniert, weil Macht einen liberalen Diktator genauso korrumpiert wie einen kommunistischen. Konzentriert man so viel Macht in nur einer Hand, endet das eigentlich immer im Totalitarismus.
Gegen eine Verschlankung des Staates (an Stellen die Sinn machen) habe ich übrigens absolut nichts einzuwenden. ;-)

Zum Bodycount: Stalin allein, war - wie Du schon sagst - Hitler-Liga. Die UDSSR ging von 1922 bis 1991.
Die heutigen Sozialisten bzw. Sozialdemokraten kennen aber immernoch keine Grenzen und wählen Dinge, die man früher nur Diktatoren zugetraut hat. Es ist eine Art Kuschelsozialismus (oder nackter Klientelismus, was Du ja auch geschrieben hast, i.S. Nettostaatsprofiteure), weil "das Volk" sich selbst zuliebe unfrei wählt (50 Shades of Kollektivismus und Interventionismus halt...).

Natürlich klingt "liberaler Dikator" erstmal wie ein Widerspruch in sich, aber stell Dir z.B. einfach einen König vor, der wirtschaftlich liberal ist, also eigentlich erstmal nur oberster Polizist und Richter und Verteidiger nach außen. Die Frage wäre, ob der wirklich z.B. sowas wie "Hate Speech" Gesetze gegen Anti-Monarchisten erlassen würde, wie es "das Volk" im Moment ja (angeblich, da wird viel aus Stockholm Syndrom heraus rationalisiert) tut.

PS: Anders ausgedrückt: Dadurch, dass sich (leider nicht nur) Sozialdemokraten so sehr auf das Mehrheitsprinzip, statt Prinzipien der Freiheit des Individuums verlassen, lassen wir z.B. Abgabequoten "im Namen des Volkes" zu, die für frühere Alleinherrscher zur Guilotine geführt hätten. Und aus nackten Überlebensgründen - mit der emotionalen Kühle und Rationalität des Ökonomen gesprochen - ist wirtschaftliche Freiheit sehr viel wichtiger als die "politische" (solange z.B. die Meinungsfreiheit, die eng mit der wirschaftlichen verbunden ist), also Abwehrechte, nicht Privilegien auf Kosten anderer), nicht unterbunden wird.

ich bin - wie zu erwarten - schwer anderer Meinung. Egal, war wieder sehr interessant, bis zum nächsten Mal. ;-)

Zum Bodycount: Stalin allein, war - wie Du schon sagst - Hitler-Liga. Die UDSSR ging von 1922 bis 1991.
Die heutigen Sozialisten bzw. Sozialdemokraten kennen aber immernoch keine Grenzen und wählen Dinge, die man früher nur Diktatoren zugetraut hat. Es ist eine Art Kuschelsozialismus (oder nackter Klientelismus, was Du ja auch geschrieben hast, i.S. Nettostaatsprofiteure).

Natürlich klingt "liberaler Dikator" erstmal wie ein Widerspruch in sich, aber stell Dir z.B. einfach einen König vor, der wirtschaftlich liberal ist, also eigentlich erstmal nur oberster Polizist und Richter und Verteidiger nach außen. Die Frage wäre, ob der wirklich z.B. sowas wie "Hate Speech" Gesetze gegen Anti-Monarchisten erlassen würde, wie es "das Volk" im Moment ja (angeblich, da wird viel aus Stockholm Syndrom heraus rationalisiert) tut.

hab den vorherigen Beitrag von dir 'mal kommentiert.

"Schafft man das ab, profitieren unterm Strich alle, die einen mehr zum Haushalt beitragen als der Duchschnitt (was aufgrund der Nichtdeckelung nach oben vielleicht die Top 10% sind) und die 90%, die weniger beitragen als der Staat pro Kopf kostet, verlieren. Das - und nicht die böse Systempropaganda - ist dann der eigentliche Grund, warum sich der radikale Liberalismus/Libertarismus auf demokratischen Weg niemals durchsetzen kann. 90% der Stimmberechtigten würden dabei verlieren, und die Mehrheit von ihnen checkt das auch."

Den Teil sehe ich sehr kritisch. Du suggerierst hier, dass Ökonomie ein Nullsummenspiel wäre. Das ist es nicht.

Ein Beispiel: Die deutsche Krankenversicherung ist staatlich geregelt, weil es eben diesen Ausgleich, von dem du sprichst, geben soll. "Würde man das Ganze privatwirtschaftlich lösen, würden all die Nettoprofiteure verlieren" sagst du nun.

Das ist falsch. Du musst dir der Anreizstrukturen in diesen Systemen bewusst werden. Aktuell haben wir in der Gesundheitsindustrie ein Minimum an (staatlich reguliertem) Wettbewerb. Das führt dazu, dass Preise steigen und die Qualität fällt - wie wir es aus monopolistischen Strukturen kennen.

Würde man die Gesundheitsindustrie nun aber privatisieren, schüfe man die Rahmenbedinungen für die genau gegenteilige Entwicklung: Steigende Qualität und sinkende Preise - was wir z.B. bei Elektronik- und Konsumgütern kennen. Diese Weichenstellung hilft auch den 90%, die du ganz einfach auf der Verliererstraße gesehen hast.

Nimm doch nur einmal die beiden Bereiche aus der Branche, die komplettem Wettbewerb ausgesetzt sind: Das Lasern von Augen und Kontaktlinsen. Beide sind innerhalb von wenigen Jahren selbst für relativ arme Menschen bezahlbar geworden (Lasern lassen kostet in den USA, soweit ich weiß, $400) und das ist dem Wettbewerb zu verdanken. Muss genau dieser Wettbewerb dann nicht auch sozial sein?

Sehr guter Beitrag. Danke dafür.

Bis heute lernen Schüler an deutschen Gymnasien und Universitäten praktisch nichts über den Liberalismus

Weil ich es selber gerade lese, möchte ich hierzu ein Buch empfehlen:
"Über die Freiheit" von John Stuart Mill; ISBN: 9783868204155

Beste Grüße und noch eine sonnige Woche.

Danke für die Buchempfehlung.
Die langen Winterabende können kommen...

Gerade der Begriff Freiheit ist heutzutage ziemlich inflationiert. Die Grünen berufen sich ja heutzutage schon unironisch auf die "freiheitlich-demokratische Grundordnung". Freiheit wird zu so einem Schlagwort, das jeder gut findet, aber niemand wirklich die Konsequenzen ziehen will, nämlich einen schlanken Staat zu haben und Ungleichheit zu akzeptieren.

Echt, heute hat er Geburtstag?
Das hatte ich noch gar nicht auf dem Radar, danke!

Das passt prima, denn heute ist ein geschichtsträchtiger Tag!
Tatata, nix mit "Befreiung der Deutschen" oder so, sondern ein tolles Jubiläum in meiner Partnerschaft. :)

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