RE: An Experiment in Passivity -- Day 20 -- Ist eine spezfisch deutsche Kultur indentifizierbar?
Schöne Anregung, über sich als Deutschen nachzudenken. Ich habe das mal versucht und dann musste ich über Europa schreiben und daraus ist eine recht lange Abhandlung geworden. Hier zu finden:
https://steemit.com/deutsch/@erh.germany/europa-du-wunderschoenes-biest
Ich selbst bin Aussiedlerin bzw. Heimkehrerin aus Russland. Wir kamen 1974 nach Deutschland. Ich bin so gesehen Deutsche - der Abstammung wegen und weil ich seit meinem 4. Lebensjahr hier lebe. Daher finde ich es schwierig, einen Blick auf mich selbst zu tun und zu sagen, was eigentlich typisch Deutsch ist. Ich finde, das können andere - so wie du - besser. Eine Zeitlang lebte ich in den USA, Californien.
Typisch für Californien finde ich - und das sind jetzt subjektive Eindrücke:
- man wird in der Supermarktschlange angesprochen
- man kommt viel schneller in den Kontakt mit Menschen
- Die Leute beobachten dich im öffentlichen Raum, ich hab das Gefühl, alle sind mehr "cautious" (das kann gut und schlecht sein)
- Amerikaner sind exzellente Selbstdarsteller und Verkäufer und von sich überzeugt, wenn sie etwas geleistet haben worauf sie stolz sind
- sie sind geübter und selbstbewusster vor der Kamera und dem Mikro
Ich finde, einen Unterschied solltest du beim Thema Einwandern machen. Ob jemand hier freiwillig ist oder hierher geflüchtet ist. Für Menschen, die es sich nicht ausgesucht haben, ihr Land zu verlassen, ist die Anpassungsleistung die von ihnen verlangt wird, enorm schwierig. Wie ein Identitätsverlust.
Deine Punkte über America/California entsprechen meine Wahrnehmung.
Statistisch gesehen sind anerkannte Flüchtlinge sowieso eine Ausnahme. In solchen Fällen gebe ich dir Recht, aber sogar da ist zu bemerken, dass sie bereits in mehreren sicheren Ländern gewesen sind, bevor sie hier ankamen. Ich verstehe warum sie nach Deutschland weiterreisen, die Unterstützung ist großzügiger. Dennoch sind sie freiwillig hier.
Mein Eindruck ist, dass wir überwiegend mit Wirtschaftsmigranten zu tun haben. Klar, in dieser Situation kann ich ihre Beweggründe voll verstehen ... aber das ist eine komplexe Angelegenheit, die ich nicht kurz als "Reply" beantworten kann. Bei Gelegenheit empfehle ich dieses Clip von Altkanzler Schmidt über Einwanderung und Integration