Eine unheilvolle Allianz - Wenn Staat und Banken gemeinsam Geschäfte machen
Wir schreiben das Jahr 1705. In diesem Jahr veröffentlichte der passionierte Spieler und spätere Finanzberater des französischen Finanzministers John Law seine Abhandlung „Geld und Handel unter der Berücksichtigung, die Nation mit Geld zu versehen“. Sein damaliger Vorschlag basierte darauf, das Geld von seinem bisherigen Stoff – dem Gold – zu lösen und stattdessen Papier zu verwenden. Law hätte seine helle Freude am heutigen Geldwesen, er würde glauben, alle wichtigen Menschen dieser Welt hätten seine Schrift gelesen. Denn schließlich hat sich jedes Land dieser Welt eine Papierwährung zugelegt.
Das damals größte westliche Papiergeldexperiment nahm Ende 1718 mit der Verstaatlichung der Banque Général seinen Lauf und endete – um es gleich vorwegzunehmen – kaum zwei Jahre später in einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes. Seitdem suchen derartige Katastrophen die Menschheit immer wieder in unregelmäßigen Abständen, aber doch mit großer Gewissheit, heim.
Neu war Laws Idee nicht, aber die Umsetzung seines Plans war konsequent und von ungeheurer Dimension. Law versprach dem französischen Finanzminister Desmaretz nichts weniger als die komplette Entschuldung Frankreichs! Dies würde seiner Verlautbarung nach, jedoch nur mithilfe einer staatlichen Bank gelingen.
Eine einseitige Entschuldung des einen Vertragspartners auf Kosten eines anderen ist nur dadurch möglich, dass die Annahme des von der staatlichen Bank herausgegebenen Geldes kraft Gesetzes vorgesehen ist (in Deutschland seit 1909). Für die Benutzer dieses Geldes hat das einschneidende Konsequenzen, die schlussendlich in die Armut führen.
Seit diesen Tagen, da John Law sein Unwesen in Frankreich trieb, erfreuen sich staatliche Geldexperimente unglaublicher Beliebtheit. Zumindest bei Politikern und Bankern. Wer nicht in diese Falle laufen will, dem sei die Historie ans Herz gelegt. Wir können mittlerweile auf eine lange Reihe derartiger Experimente zurückblicken und noch scheint diese Liste nicht vollendet zu sein.
Die folgende Liste der bekanntesten staatlichen Zentralbanken und deren Zusammenbrüche sollte uns als Warnung dienen:
Bank | Bankrott |
---|---|
Bank von Stockholm | 1656 gegründet. 1664 Bankrott. |
Bank von England | 1694 gegründet. 1696 1. Bankrott durch Zahlungseinstellung und Umprägung des Geldes. 1914 Bankrott durch Aufhebung der Goldeinlöseverpflichtung. |
Banque Royal | 1718 gegründet. 1720 Bankrott. |
Bank von Nordamerika | 1781 gegründet. 1783 Bankrott. |
Erste Bank der Vereinigten Staaten | 1791 gegründet. 1811 Bankrott. |
Banque de France | 1800 gegründet. 1806 1. Bankrott durch Aufhebung der Goldeinlöseverpflichtung. 1914 Bankrott durch Aufhebung der Goldeinlöseverpflichtung. |
Zweite Bank der Vereinigten Staaten | 1816 gegründet. 1841 Bankrott. |
Deutsche Reichsbank | 1876 gegründet. 1914 Bankrott durch Aufhebung der Goldeinlöseverpflichtung. 1923 Bankrott durch Währungsreform. |
Federal Reserve | 1913 gegründet. 1933 Bankrott durch Aufhebung der Goldeinlöseverpflichtung (nur für Bürger). 1971 Bankrott durch Aufhebung der Goldeinlöseverpflichtung (nun auch für ausländische Zentralbanken). |
Interessant und erwähnungswert ist auch die Tatsache, dass sich Menschen gerade für die Insolvenz eines Bankinstituts das Wort „Bank-rott“ auserkoren haben. Es ist dem Italienischen des 15. Jahrhunderts entlehnt und bedeutet so viel wie „zerbrochener Tisch eines Geldwechslers“. Scheinbar ist diese intensive und leidvolle Erfahrung so tief im kollektiven Gedächtnis verankert, dass eine fast 600jährige Verwurzelung in vielen Sprachen der Welt nicht weiter verwunderlich ist.
Trotz dieser unvollständigen Liste, hinter der sich namenloses Leid verbirgt, gibt es immer noch Volkswirte, Geldsachverständige und natürlich Politiker, die der Auffassung sind, eine zentrale Steuerung der Geldmenge durch einige wenige Personen für eine Volkswirtschaft von unermesslichem Nutzen wäre. Anhand der historischen Erfahrungen ist diese Meinung jedoch nicht logisch, sondern scheint eher ideologisch bedingt zu sein.
Die heute oft vertretene Ansicht, der Staat hätte überhaupt nichts mit der unsäglichen Geldschöpfung zu tun, gehört ins Reich der Märchen. Im Einzelnen lege ich dar, welche Vorteile der Staat durch die „Arbeit“ des Bankenwesens genießt und er es daher auch nach Kräften fördert.
- Profitiert die Regierung durch die Aufnahme von Krediten bzw. durch den Verkauf von Staatsanleihen. Immerhin kommt sie so an frisch geschöpftes Geld und kann zu alten Preisen konsumieren, während die Letzt- bzw. Garnichtempfänger des Geldes das Nachsehen haben. Dieses Phänomen kennt man in der Wirtschaftswissenschaft auch unter dem Begriff Cantillon-Effekt.
- Die Geldschöpfung ist zwar im Großen und Ganzen eine Sache der Privatbanken, aber wie wir bereits in Punkt 1 feststellen konnten, kommt dem Finanzminister das neu geschöpfte Geld zugute. Die privaten Banken können nur deshalb ungehindert durch Nichts gedecktes Geld erzeugen, weil die Geldschöpfung auf den gesetzlichen Grundlagen fußt, die der Staat erst mit der Verabschiedung der entsprechenden Gesetze (Bundesbankgesetz, jetzt AEUV. In den USA: Federal Reserve Act) ermöglicht hat.
Aber warum verschuldet sich denn der Staat bei privaten Banken, wenn er doch die Macht hätte, das Geld selbst zu erschaffen? Ganz einfach. Er hat es sich selbst untersagt! Per Gesetz ist es ihm verboten, die Zentralbank anzuweisen eine direkte Staatsfinanzierung zu betreiben. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich dabei auf die historische Erfahrung berufen, nach der die Staatsfinanzierung immer für Millionen Menschen in unvermeidlicher Armut endete. Ich weise ausdrücklich auf § 123 Abs. 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union) hin. Das sich allerdings die EZB seit einigen Jahren nicht daran hält und fortgesetzten Rechtsbruch begeht, steht auf einem anderen Blatt Papier. - Punkt 2 zielt also auf eine vom Gesetzgeber gewollte Neutralität der Zentralbank ab. Wie neutral aber konnte die Geldpolitik der Bundesbank sein, wenn die Bestellung des Vorstandes durch den Bundespräsidenten vorgenommen wird, der auf Vorschlag von Bundesrat und Bundesregierung hin die Ernennung vollzieht? Auch in den USA hat der Präsident die Macht, einzelne Mitglieder in das Führungsgremium der Fed zu berufen. Das Prozedere ist in Bezug auf die EZB das gleiche. Das EZB-Direktorium wird auf Empfehlung der Finanz- und Wirtschaftsminister der Eurostaaten vom EU-Parlament gewählt. Der EZB-Rat – das mächtigste Organ innerhalb der EZB – setzt sich aus dem Direktorium und allen nationalen Zentralbankpräsidenten zusammen. Der Installation von willfährigen Beamten ist damit Tür und Tor geöffnet.
- Führt die Bundesbank ihre jährlichen Gewinne lt. § 27 Abs. 2 Bundesbankgesetz zu 100% an das Finanzministerium ab. In den USA überweist auch die Fed nahezu den kompletten Gewinn an das Finanzministerium. Auch die EZB entrichtet ihre Gewinne an die nationalen Zentralbanken.
- Zudem hat der EZB-Rat bestimmt, dass Staatsanleihen der Euroländer immer als Sicherheiten im Rahmen der Refinanzierung akzeptiert werden, was von den Banken nur allzu gern umgesetzt wurde und immer noch wird. Die Bankbilanzen sind voll von Staatspapieren. Man könnte meinen, sie wären allesamt Staatsbanken.
- Der letzte Punkt, der zeigt, wie sehr die Finanzbranche mit dem Staat verwoben ist, betrifft die gesetzliche Verpflichtung deutscher Lebens- und Rentenversicherer, den größten Teil der Sparergelder in „ausfallsichere“ Staatsanleihen zu investieren.
Mithin wird deutlich wie eng Zentralbanken und Staaten verknüpft sind. Dem Staat ist es zwar formal untersagt, sich mittels seines öffentlich-rechtlichen Instituts – der Zentralbank – zu finanzieren, jedoch verpflichtet er die Finanzinstitute dazu, seine Schuldverschreibungen in großem Stil aufzukaufen oder erlaubt ihnen diese als Sicherheiten bei der EZB hinterlegen zu können. Also wenn das kein klassischer Umgehungstatbestand ist.
Bleibt die Frage: Warum machen da die Banken und Versicherungen mit? Ganz einfach.
- Machen Sie üppige Geschäfte. Immerhin betragen die Geldschöpfungsgewinne pro Jahr allein in Deutschland ca. 100 bis 150 Mrd. €. Das ist genau die Summe, die den Letzt- bzw. Garnichtempfängern des Geldes jedes Jahr verloren geht.
- Was jedoch viel entscheidender ist. Wenn sich die Wertpapiere als unrentabel erwiesen haben und die Banken gezwungen sind Abschreibungen darauf vorzunehmen, in deren Folge das Eigenkapital unter die Räder kommt, so dürfen die Banken darauf spekulieren durch die billigste (weil kostenlose) und komfortabelste Versicherung der Welt gerettet zu werden. Durch die Versicherung der Steuerzahler.
Eine Fiat-Money-Bank trägt also zu keiner Zeit das übliche Geschäftsrisiko wie alle anderen Unternehmen. Sie sorgt nicht dafür, dass sie genug Geld haben wird, um ihre Verbindlichkeiten zum Stichtag zu begleichen. Vielmehr ist ein Großteil ihrer Verbindlichkeiten sofort fällig, aber ihr Vermögen ist nicht sofort verfügbar. Die Bank schafft neues Geld aus dem Nichts und muss es nicht wie alle anderen Unternehmen durch Produktion und Verkauf erwerben. Kurzum ist die Bank bereits zum Betrachtungszeitpunkt und zu jeder anderen Zeit bankrott. Doch diese Zahlungsunfähigkeit kommt nur zum Vorschein, wenn die Kunden Verdacht schöpfen und sie im Zuge eines Bank-Runs ruinieren. Bei keinem anderen Unternehmen läßt sich das Phänomen beobachten. Kein anderes Unternehmen kann über Nacht in den Bankrott getrieben werden, nur weil die Kundschaft beschließt, ihr Eigentum zurückzufordern. Kein anderes Unternehmen schafft fiktives Geld, das sich in nichts verflüchtigt, sobald man beginnt es zu analysieren. Aber auch keinem anderen Unternehmen ist es gestattet ein derartiges Schwundgeld zu erschaffen. Nur der Staat hat die Macht das Kartell der Banken zu schützen und er tut es bedauerlicherweise zum Leidwesen aller Nutzer.
Folglich führt die Einrichtung eines gesetzlichen Zahlungsmittels mit Annahmezwang immer zu staatlicher Geldschöpfung. Daraus folgt wiederum die Erkenntnis, dass Geldmonopole – die immer nur von wenigen Beamten oder Bankiers verwaltet werden – zur Inflationierung der Währung und damit zu schleichender Eigentumsübertragung von unten nach oben führen.
Ach übrigens, fast hätte ich es vergessen. Im Dezember 1720 musste der erste moderne westliche Papiergeldkönig John Law auf seiner Flucht die Grenze zum heutigen Belgien passieren. Und was glaubt Ihr, was der Grenzbeamte – der Law 24 Stunden lang festsetzte – mit ein wenig Schadenfreude beschlagnahmen konnte? Sein letztes Geld, bestehend aus 800 Louis d’or! Das waren fast 5kg reinstes Gold! Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Denn schließlich war Law es selbst, der die Ausfuhr von Gold verboten hatte.
Wenige Jahre nach seiner Flucht starb Law völlig verarmt und desillusioniert in Venedig. Den Millionen Opfern, die seine Finanzpolitik hinterlassen hatte, half das freilich wenig. Sie starben ebenso verarmt.
Wer dieses Schicksal nicht teilen will, der sollte sich heute mit alternativen werthaltigen durch eine Art Gelddemokratie (durch Interaktion der Vielen) gedecktes Geld zulegen. Das könnte natürlich Gold, aber vor allen Dingen Kryptowährungen sein.
Leseempfehlung meines Artikels über John Law:
https://steemit.com/deutsch/@eisenbart/der-erste-keynesianer-john-law-und-sein-totalitaeres-geldexperiment-in-frankreich
Dieses mal wird alles anders werden, denn nie hatten wir so viel Fachpersonal in den Stellen wie heute. Amen :-)
Du sprichst viele richtige Dinge an, aber leider klagst Du den falschen Schuldigen an.
Das Problem ist nicht das angeblich ungedeckte Geldsystem (welches in Wirklichkeit durch das Tilgungspotential der Schuldner gedeckt ist).
Buchgeld, Papiergeld, Talley-Sticks gab es lange bevor man Gold oder Silber benutzt hat.
Es ist auch das Einzige was wirklich Sinn macht.
Welchen Sinn hat es, dass man anstatt vernünftige Dinge zu produzieren, Gold oder Silber aus dem Boden gräbt (oder ganze Völker ausrottet, um es ihnen zu rauben) und dann in Tresoren unter Tage lagert.
Oder sinnlos Strom verpulvert, um den zweitausendsten Märchentaler zu minen.
Gold ist das Arbeitsprodukt der Vergangenheit, mit Kreditgeld bewertet man die Produktion der Zukunft.
In Wirklichkeit haben wir es mit einem Verschuldungsproblem zu tun (das Tilgungspotential der Staaten wurde nie richtig bewertet und ist in Wirklichkeit Null), dazu kommt noch das Problem, dass der Staat sein Gesetzgebungsmonopol nutzt, um Banken und Investmentfonds dazu zu zwingen, Dinge zu tun, die sie in einem freien Markt niemals tun würden.
Danke... Dazu nehme ich nochmal separat Stellung
Posted using Partiko Android
Sehr interessanter Artikel!
Starte doch eine Serie zu diesem Thema?
Grüsse
Posted using Partiko Android
Lies den hier nochmal: https://steemit.com/deutsch/@eisenbart/der-erste-keynesianer-john-law-und-sein-totalitaeres-geldexperiment-in-frankreich
Es ist so offensichtlich und trotzdem opfern die Menschen immer mehr ihrer kostbaren Lebenszeit dazu, die mittlerweile 40% Zinsen, die in unseren Lebenshaltungskosten enthalten sind, zu erarbeiten. Deshalb wird der Geldhaufen der Wenigen immer größer.
Wir brauchen Vielfalt beim Geld, kein Monopol. Regionalwährungen und Kryptowährungen könnten die Zukunft sein. Silber und Gold sind auch wichtig. Geld ist nur ein anderes Wort für Tauschmittel. Und Tauschmittel kann alles sein was einen echten inneren Wert hat.
Alles richtig gemacht, weiter viel Erfolg...
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