Chaos, Gefühle und der 1. Termin beim Trans-Spezialisten steht an.

in #deutsch7 years ago (edited)


Bhuuu, wo fang ich heute an?

Im Moment bin ich ziemlich unsicher, innerlich. Gut, äußerlich bin ich sicher, wo es hingehen soll, aber ich fühle mich gerade maximal unwohl in meinem Körper und das bringt viel Verunsicherung mit sich. Ich fühle mich so falsch in meinem Äußeren und dieses Gefühl, nicht richtig zu sein, überträgt sich auf mein Inneres. Dadurch stelle ich automatisch meinen seelischen Wert in Frage und fühle mich irgendwie wertlos und als Belastung für die Menschen, die mir zur Seite stehen. Dabei weiß ich verstandesmäßig natürlich, das ist Bullshit, oder doch nicht? Bin ich nicht doch eine Zumutung mit all meinen Problemen, darf ich das Anderen überhaupt anhängen oder sollte ich es doch nicht besser wie früher, nur mit mir alleine klären und niemandem damit auf die Nerven gehen?

Ich kenne diese Ängste, Gedanken und Gefühle seit ich klein bin und versuche, dieses mal bewusster damit umzugehen und meine alten Verhaltensmuster zu durchbrechen. Wie es mir gelingt, kann ich euch erst hinterher sagen, so etwas erkennt man je meist erst im Rückspiegel des Lebens.

Am 05. März habe ich in Basel meinen ersten Termin bei einem Psychiater, der auf Transsexualität spezialisiert ist.


Mit der Krankenkasse ist soweit alles geklärt, sprich, es kann dann relativ schnell losgehen mit der praktischen Angleichung. Zumindest hypothetisch.

Ich freue mich unglaublich drauf und zeitgleich verunsichert mich das Ganze.
Wenn ich mir vorstelle, dass ich das wirklich tun darf und kann, dann ... dann fängt mein Herz an zu rasen und ich kriege das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
Eine unglaubliche Freude erfüllt mich und ich spüre mein 12 jähriges Ich in mir Luftsprünge machen vor Begeisterung. Ich darf wachsen ... mein Leben wirklich ausfüllen, ich darf endlich richtig Leben .... Wenn ich meine Augen schließe, dann sehe ich diesen Traum den ich mein ganzes Leben lang in mir trage, endlich Realität werden.

Und doch spüre ich auch einen gewissen Schmerz in mir. Denn das Neue, was auch immer ich da gewinnen werde, ist ungewiss. Mit dem Prozess werde ich mich verändern und verliere zeitgleich meine Identität der letzten 20 Jahre.

Jemand macht mich immer wieder darauf aufmerksam, dass ich erst mal Boden unter die Füße bekommen und meine Mitte finden muss.

Aber ehrlich, wo ist meine Mitte, wer bin ich überhaupt?
Gewisse Eckdaten von mir weiß ich natürlich, keine Frage. Manche Eigenschaften, Charakterzüge und Fähigkeiten gehören zu meinem Kern, dem Teil in mir der gar kein Geschlecht braucht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wer ich bin, wenn ich endlich diese äußere Hülle ablegen darf. Wie wird es sich anfühlen, wie werde ich sein. Wie wird es meine Wirkung nach Außen verändern und mein Gefühl für mich selber?
Wer bin ich, wenn ich mich selber im Spiegel erkennen kann, wer bin ich wenn ich meinen Körper liebe und nicht diese tiefe Ablehnung meinem Äußeren gegenüber empfinde? Woher sollte ich das jetzt wisse, diese Antworten kann ich erst dann finden, wen ich den Weg Schritt für Schritt gegangen bin.

Ich kann noch gar nicht wissen, wer ich bin, weil ich noch gar nicht richtig existiere ... es existiert nur eine Art Raupe von mir, der Schmetterling der steckt gerade noch im Kokon fest. Ich sehe eine Zukunft vor mir, aber sie besitzt noch alle möglichen Optionen und Farben, sie ist nicht festgelegt sondern frei. Und ich freue mich unglaublich darauf, dass ich mich endlich wirklich kennen lernen darf und so langsam merk ich, dass ich mein Leben als Rachel loslassen muss, um den neuen Weg wirklich gehen zu können.

Dieser Termin beim Psychiater ist ein großer Schritt für mich.
Natürlich zwingt er mich zu nichts aber er eröffnet das Spiel.

Klingt blöd, aber dann ist es irgendwie ... Realität. Wie wird es sich anfühlen, mit dem Onkel Doktor über meine Gefühle zu sprechen, so viel offenlegen zu müssen und das immer wieder. Ich werde für den Prozess ja nicht nur ein Gutachten brauchen, sondern mehrere und ich muss mir eine Krankheit Diagnostizieren lassen, obwohl ich mich gar nicht als krank empfinde. Ich komme mir eher vor wie ein Fehler in der Matrix, ein kleines Codschnippselchen, das aus Versehen falsch zusammengeknüpft wurde, mehr nicht.

Wie es mir gerade damit geht?
Keine Ahnung, ehrlich nicht. Ich freue mich, bin verwirrt, fühle mich aufgelöst. Eben weil sich meine Identität ja de facto eben wirklich gerade auflöst. Da kommt mir das Lied in den Sinn, welches @jedigeiss mal für den #openmic gespielt hat.

Avicii - Wake Me Up. Irgendwie trifft das meinen Zustand ziemlich gut und ja... .ich warte darauf, dass ich irgendwann aufwache und mich selbst gefunden habe.

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(Bildquelle Pixabay CC0 Lizenz)

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Ich denke, du wirst bei dem Weg, der vor dir ist, nicht deine Identität verlieren, du wirst immer das bleiben, das tief in dir dein Wesen ausmacht. Hab also keine Angst oder Furcht davor, etwas zu verlieren, was du nicht verlieren kannst. Und lass es nicht zu, dass in diesem Zusammenhang von Krankheit gesprochen wird. Ich weiß, Psychiater greifen sehr schnell zu dieser "Diagnose", aber lass sie oder ihn einfach wissen, dass du dich in keiner Weise krank fühlst, wie du ja selbst schreibst. Das Innere mit der äußeren Hülle in Einklang zu bringen, ist letztendlich dein sehnlichster Wunsch . . . was soll daran falsch oder krank sein?

Danke für deine lieben Worte.
Ich werde schon meinen innersten Kern behalten, dass stimmt und doch wird sich etwas massgebliches verändern. Ja, leider muss man sich Diagnostizieren lassen, ohne das man sich vor dem Gesetz und der Krankenkasse als krank deklariere lässt, kann man nix machen. Aber ich fühle mich nicht krank, keineswegs.

Übrigens werde ich am 14.03 nach München ans Meetup kommen, würde mich wirklich sehr freuen, dich dort zu sehen <3

Ja, die Veränderung wird für dich radikal sein, aber zum Guten! Du bist stark und am Ende des Tages wirst du glücklich und froh sein, diesen Weg gegangen zu sein. Ich werde am 14.3. beim meetup sein. Freue mich dich wiederzusehen. :-)

Ohhh toll, das sind super Neuigkeiten, da freue ich mich drauf!

Deine Texte zu lesen ist mir immer wieder eine Freude!
Ich bin mir aber nicht sicher ob es am Inhalt liegt.
Ich denke es sind die Gefühle die aus deinen Texten sprechen!

Sehr schön!

Oh danke, dass freut mich sehr.
Ich versuche immer, meine persönliche emotionale Note in meine Texte einfließen zu lassen, neutral schreiben kann ja jeder :)

Du wirst neu sein. Anders als heute. Vielleicht befreit. Zurück auf Los, und dennoch ausgestattet mit vielen Erlebnissen und Erkenntnissen, verstaut im Gepäckfach der Erinnerungen. Und in Begleitung von Menschen, die Rachel kannten.

Ich hoffe es mein Lieber, genau dass ist ja auch das Geschenk. Diesen Weg gehen zu dürfen mit all den Lebenserfahrungen im Gepäck und mit lieben Menschen, die mir wertschätzen wie ich bin <3

Danke für deine lieben Worte.

Ich denke dass man Menschen denen man wichtig ist und die einem zur Seite stehen nie eine Last sein kann. Ich finde es ist sehr wichtig Menschen um sich zu haben mit denen man über alles reden kann und die einen Kraft geben und mit guten Ratschlägen zur Seite stehen.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Glück und das der Schmetterling bald seinen Weg findet.

Ja das hoffe ich auch immer :)
Meine Kindheit wurde von einem anderen Gefühl geprägt und das merk ich immer noch stark.
Dennoch weiss ich natürlich, dass für mich Menschen die ich Liebe niemals eine Last sind oder mir zu nahe kommen.

Danke für deine lieben Worte :)

naja ablegen wirst du an dieser Stelle nix, deine Haut wird immernoch deine Haut sein, aber du wirst das Bild das du außen hast dem inneren angleichen.
Ich bin gespannt :)
LG
Jan

Also wenn wir es genau nehmen, werde ich schon haut ablegen, aber eben nicht all zuviel sondern nur an einer Stelle, sozusagen. Und ja, genau das ist der Punkt, ich kann dann nach aussen zeigen wie ich mich innerlich wahrnehme.

Wenn ich glück hab und alles glatt läuft, werden wir in 2-3 Monaten schon grosse Veränderungen sehen. Dass wär super.

Das hört sich an, als ginge das ja jetzt doch ganz schnell! 2-3 Monate bis man schon was sieht/merkt, ist ja nicht lange!

Ich wollte dich noch Fragen ob du auch Angst hast. Allerings ist Angst ja morgen dein Thema, dann wart ich lieber mal, was du so schreist! ;D
Liebste Grüße, Mo

Hm ja, das kann schnell gehen, ob ich es so schnell mache, ist wieder ein anderes Thema :)
Hm Angst...nein ich würde das Gefühl nicht als Angst bezeichnen. Es ist mehr.... viele Gefühle aus meinem Leben kommen hoch, all die Dinge die ich in den 32 Jahren weggedrückt habe mit ungesundem Verhalten, wollen jetzt gesehen und gefühlt werden, dass ist anstrengend für mich und mein Umfeld. Und ich fürchte, da wird noch mehr kommen, wenn der Prozess dann los geht. Aber auch davor habe ich keine Angst. Es ist einfach wie es ist :) Anspruchsvoll.

Liebe Rachel,
ich finde dein gewähltes Bild des Schmetterlings sehr schön! Nur das "Feststecken" im Kokon gibt ihm einen leicht negativen Beigeschmack. Ich glaube nicht, dass er feststeckt, sondern sich einfach immer noch im Reifungsprozess befindet. So eine Raupe braucht ganz viel Nahrung bevor sie sich in den Kokon begibt und ihre Metamorphose entwickelt. Die Nahrung hast du ihr gegeben, du hast sie mit deiner bisherigen Lebenserfahrung gefüttert und ihr gesagt, dass es jetzt Zeit für ein Leben im anderen Körper ist. Die Seele bleibt dieselbe! Wenn sie in ihrem neuen Körper aus dem Kokon schlüpft, hat sie die Zeit darin genutzt, sich in ihren Vorstellungen mit einem ganz anderen Aussehen anzufreunden. Sie wird nicht sofort als Schmetterling losfliegen können, muss sich erst ein wenig berappeln. Aber dann...!!!
Du bist so stark, du wirst fliegen!
LG, Chriddi

Danke für deine lieben Worte.
Du hast recht. Es wird so oder so alles zu seiner Zeit kommen, wie es kommen soll.
Die Seele bleibt dieselbe und man kann vorher nie mit Gewissheit sagen, wie der Weg verlaufen wird.

Ja viel Kraft! Wenn es für dich der richtige weg ist, dann mach dir nicht all zu viele Gedanken oder Sorgen. Am ende musst du Glücklich sein. Glück kann dir keiner geben, dass entsteht nur in dir selbst ;) LG Upvoted

Danke, sehr schön gesagt.
Der Weg ist absolut der Richtige, daran zweifle ich keine Sekunde.
Ganz einfach ist er dennoch nicht aber das ist ok, einfach ist langweilig und kann jeder ;)

Ja ist nicht einfach, aber dir selbst wird es besser gehen 100% :)

ich wünsch dir für den Termin mal viel Erfolg, das alles so wird wie es sein soll.... Egal was passiert du wirst für dich die richtige Entscheidung treffen. Da bin ich mir sicher...

Das Bild passt wie die Faust aufs Auge irgendwie. Katze / Löwe

Danke, es wird definitiv so kommen, wie es sein soll, dass tut das Leben doch immer :)

Hehe danke, ich fand es auch sehr passend zu meinem Gefühl.

Danke für den lieben Kommentar, wünsch dir einen schönen Tag mein Lieber.

Die Seele ist empfindliches Wesen. Wie sah es in der Kindheit aus? Liebe? Narzissmus? Wie war das Verhältnis zu Mutter und Vater?

Gab es die ersten Jahre im Leben die uneingeschränkte Zuwendung und Liebe der Eltern? Oder ist der Wunsch nach Transit eher ein Kompensationsversuch eines narzistischen Leidens, das seinen Ursprung in nicht bewussten Trauma frühkndlicher Erlebnisse hat?

Wenn letzteres der Fall ist, wird auch der Transit keine Antworten auf die Fragen bringen, die SIe sich stellen.

Es hilt nicht weiter das Symptom zu behandeln, wenn die Ursache nicht erkannt wird.

Viel Erfolg bei der Selbstfindung.

Ich glaube, da liegen sehr viele Ursachen und Emotionen dahinter und es gibt auf die Frage keine eindeutige Antwort. Die Transition ist ein Teil des Weges, kann aber niemals die alleinige Antwort sein.

Der Transit ist nicht die Antwort - der Weg vielleicht nur einen unbewusste Flucht vor den Bedürfnissen der eigenen Seele.

Die Antwort findet man nur in seiner Seele - nicht im Außen und den Äusserlichkeiten. Erforsche Deine Gefühle und wenn Tränen fliessen, dann bist Du nah dran, an dem was Dich bewegt und auf die Reise schicken will. Am Ende könnte es passieren, dass Du einen ganz anderen Weg beschreitest als den den Du jetzt gehen willst.

Viel Glück - egal wie die Entscheidung am Ende ausfällt.

Tut mir leid aber du kennst weder meine Frage noch meine Antwort.
Ob eine Transition der richtige Weg sein kann, weisst du einfach nicht für fremde Menschen. Ich finde es immer etwas unangemessen, wenn Menschen über, für sie, unbekannte Situationen urteilen und glauben, sie wüssten irgendetwas.

Vielleicht solltest du da bei dir prüfen, warum du dich so verhält?

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