Florian Bochum, kommen Sie

in #deutsch6 years ago

Einige scheinen sich für meinen Beruf zu interessieren, also schreibe ich mal darüber. Ich fange heute mit der Ausbildung, die ich 2003 in Bochum bei der Berufsfeuerwehr absolviert habe, an. Damals war sicherlich noch vieles anderes als es heute ist. Dennoch ist es bestimmt interessant zu lesen wenn jemand mit dem Gedanken spielt ebenfalls zur Feuerwehr zu gehen.

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Ich hatte schon ein paar Jahre Feuerwehr auf dem Buckel - so fing ich durch Zufall 1989 an zur Jugendfeuerwehr zu gehen und blieb dort bis ich 1997 in die Löschgruppe wechselte. Bei uns kann man als Freiwilliger Dienst bei der Hauptamtlichen Wache tun - quasi als Verstärkung der Wachmannschaft und dies tat ich ab 2002 bis sich dann 2003 der Weg eröffnete das ganze Beruflich zu machen. Natürlich musste ich wie jeder andere Bewerber erst einmal das Auswahlverfahren durchlaufen.

Auswahlverfahren

Wer zur Feuerwehr möchte musste zuerst einmal die Voraussetzung erfüllen bereits einen Beruf erlernt zu haben. In vielen Stellenausschreibungen hieß es damals "... muss eine dem Feuerwehrdienst dienliche Ausbildung absolviert haben". Das bedeutete in der Regel eine handwerkliche Ausbildung wie Elektriker, KFZ Mechaniker oder Schlosser uvm. Heute ist das nicht mehr ganz so starr - einige Feuerwehren bieten mittlerweile eine 3 jährige "duale Ausbildung" an in dem zusätzlich ein handwerklicher Beruf ausgebildet wird, oder es werden auch Bewerber mit kaufmännische Ausbildungen genommen.

Ist die Bewerbung geschrieben und man kommt in die engere Auswahl wird man zu einem Sporttest geladen. Mittlerweile sollte dieser relativ einheitlich sein und man muss einige Übungen absolvieren. Hier handelt es sich um laufen, schwimmen, Übungen wie Klimmzüge, Liegestütz, Seilklettern und ähnliches. Ich musste damals 3000m in einer bestimmten Zeit laufen, einen Parcours aus vielen Übungen absolvieren und durch die Atemschutz-Übungsstrecke.

Ist dieser Test positiv ausgefallen und man hat alles in den geforderten Zeiten bzw. Ausführungen geschafft wird man zu einem Vorstellungsgespräch geladen. Dies läuft wie überall anders auch ab und man versucht herauszufinden ob der Bewerber von seiner Persönlichkeit geeignet ist.

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Berufsfeuerwehr Bochum

So ging es dann im April 2003 los zur Berufsfeuerwehr Bochum. Wir waren Acht Auszubildende aus unserer Region die alle nach Bochum geschickt wurden. So kamen wir zu viert aus Porta Westfalica, drei von der Feuerwache Bad Oeynhausen und einer von der Feuerwache Bad Salzuflen. Auf der Feuerwache 3 in Bochum gab es "Gästezimmer" in denen wir externe Auszubildende untergebracht waren, sodaß wir immer Sonntags am Abend nach Bochum fuhren und Freitag mittags wieder in die Heimat. Die Bochumer waren mit zehn Mann vertreten, dazu kamen noch zwei Bewerber für die Ausbildung des gehobenen Dienstes, die Ihre Grundausbildung mit uns absolvierten. Der B1 Lehrgang 1/2003 umfasste so also 20 Auszubildende.

Ausbildung

Die Ausbildung unterteilte sich in Blöcke wie folgt:

DauerBezeichnungInhalte
7 MonateGrundlehrgangTheorie, Einsatzübungen, Sport
3 MonateRettungssanitäterTheorie, Klinikpraktika, Rettungswachenpraktika
1 MonatMaschinistenausbildungTheorie, Praxisübungen
6 MonateFeuerwachen Praktikum
2 MonateAbschlusslehrgangWiederholung, Laufbahnprüfung

Der Grundlehrgang

Im Grundlehrgang wurden uns erst einmal viele theoretische Inhalte beigebracht. Dies fing an mit Brand- und Löschlehre wo es um physikalische Gegebenheiten des Feuers geht, wie verschiedene Löschmittel wirken, ging weiter über Gerätekunde, Schlauchkunde, Rechtliche Inhalte (Beamtenrecht, Gesetzliche Grundlagen uvm.) Chemie, Physik, Funk, Kartenkunde, Deutsch und Sport.

Montag morgens wurde sich am Schwimmbad getroffen und es wurde für den Rettungsschwimmer trainiert. Dies begann mit Warmschwimmen und danach wurden die erforderlichen Übungen absolviert um die Prüfung zum Rettungsschwimmer abzulegen. Ziel sollte der Rettungsschwimmer in Bronze sein, da wir aber alle ganz gut bei der Sache waren sind wir alle bis Silber gekommen. Dafür mussten verschiedene Stile geschwommen werden, in Kleidung geschwommen werden, eine Person schwimmend abschleppen, Wiederbelebungsmaßnahmen usw. (die einzelnen Übungen kann man sich auf der Seite des DLRG nachlesen)

Nach dem schwimmen ging es dann wieder zur Feuerwache und Unterricht stand an. Die große Challenge war die Augen nach dem doch recht anstrengenden Schwimmstunden bei schlechter Luft und trockener Theorie offen zu halten. Nachmittags ging es dann meistens raus um Einsatzübungen zu machen. Hier wurde lang und schmutzig einstudiert was die Trups jeweils zu tun haben.


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Im Mai kam dann noch ein Block Atemschutz und Absturzsicherung in dem wir zur Wache 1 fuhren, die in Bochum für Atemschutz zuständig ist. Hier machten wir einige Übungen unter Atemschutz in einem Trainingsraum mit Feuer, absolvierten die Atemschutzübungsstrecke und kletterten im Schlauchturm rauf und runter. Auch unter Chemikalienschutzanzug machten wir einige Übungen.

Freitags ging es immer zum Sport um das Sportabzeichen zu erreichen. Hierzu mussten 5000m gelaufen, Kugelstoßen, Weitsprung und 100m Sprint in den vorgegebenen Zeiten bzw. weiten geschafft werden. So wurden wir jede Woche drauf trainiert.

Rettungssanitäter

Mittlerweile lag der Herbst in der Luft und es ging nach Absolvierten Grundlehrgang erstmal in die Heimat um den Rettungssanitäter zu machen. Diesen Lehrgang haben wir - sofern durch Zivildienst noch nicht vorhanden - in Bielefeld an der Rettungsdienstschule gemacht. Der Lehrgang dauerte drei Monate und war in drei abschnitte unterteilt. Im ersten 4-wöchigen Theorieblock wurde in der Schule Anatomie, Pathologie, Medikamente und Maßnahmen vermittelt. Hier und da gab es auch Praktische Inhalte wie Fallbeispiele und Maßnahmen wie Reanimation, Verbinden oder ähnliches.

War die Theorie geschafft ging es dann für vier Wochen in die Klinik. Dort sollte praktisch am Patienten gearbeitet werden. Wir wechselten wöchentlich die Abteilungen und hatte dadurch Einblicke in Unterschiedliche Abteilungen wie Intensivstation, OP Bereich, Notaufnahme oder HNO. Alles in allem sehr interessant zumal ich damals medizinisch ein völlig unbeschriebenes Blatt war.

Am Ende der vier Wochen wurde man für vier Wochen als dritter Mann auf dem Rettungswagen eingesetzt und fuhr ganz normal in 24 Std schichten Regelrettungsdienst. So konnte ich das gelernte praktisch anwenden und bekam die ersten Einblicke in die reale Notfallmedizin. In der Praxis ist das dann doch etwas ganz anderes als in der schnöden Theorie.


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Maschinistenausbildung

Zurück nach Bochum. Nach der Grundausbildung ging es nun darum die verschiedenen Fahrzeuge praktisch kennenzulernen. In diesem Abschnitt wurde sich vorrangig mit der Feuerlöschpumpe der Löschfahrzeuge, dem Rüstwagen und der Dreheiter beschäftigt. Hier wurden natürlich auch Theoretische Inhalte vermittelt die nötig sind. Angefangen über Druckverhaltnisse bei den Pumpen, Saughöhe und Förderleitungen oder Zugkräfte bei Seilwinden, Lastenverteilung. Die Drehleiter braucht ebenfalls viel Theorie, Rettungshöhe, Auslage und Anforderungen an die Aufstellflächen.

Aber, die vielen Praktischen Stunden haben natürlich viel Spaß gemacht, man konnte viel ausprobieren und hat viel Wissen mitgenommen. Zudem fuhren wir oft an die Ruhr, nahmen einen Grill mit und hatten eine gute Zeit.

Feuerwachen Praktikum

In der Theorie (und Übung) hatte man nun schon viel gelernt und war im Prinzip fertiger Truppmann. So ging es zurück auf die Heimatwache um das Feuerwachenpraktikum zu absolvieren. Man fährt praktisch ganz normal im 24 Std Dienst auf den Löschfahrzeugen mit - idealerweise als dritter Mann im Trupp und absolviert die anfallenden Einsätze. Zudem soll sich am Arbeitsdienst auf der Feuerwache beteiligt werden so das man einen Einblick in die täglichen Aufgaben des Berufes bekommt.

Abschlusslehrgang

Nun ging es auf die Zielgerade. Zum Abschlusslehrgang ging es wieder im August zurück nach Bochum. Nachdem man einiges aus dem Grundlehrgang wiederholt hatte stand nun die Lehrgangsprüfung an. Hierzu mussten wir

  • einen Aufsatz über ein vorgegebenes Thema schreiben
  • einen Multiple Choice Fragenkatalog beantworten
  • eine Einsatzübung als Gruppe im Brandschutz absolvieren
  • eine Einzelprüfung im Brandschutz absolvieren
  • eine Einsatzübung als Gruppe in der technische Hilfe absolvieren
  • eine Einsatzübung als Trupp in der technische Hilfe Gefahrgut absolvieren und
  • die Mündliche Prüfung absolvieren

Zur mündlichen Prüfung saß man zu viert vor dem Prüfungskomitee und beantwortete reihum fragen die zunehmend tiefer in die Materie gingen. Auf dem Tisch stand eine Schale mit Keksen - Hatte man die Fragen alle zur Zufriedenheit der Prüfer beantwortet und die Prüfung somit bestanden durfte man sich einen Keks nehmen 😂

Ich weiß noch wie ich dort saß und von einem, kurz vor der Pensionierung stehenden Wachabteilungsführer aus dem Prüfungskomitee gefragt wurde: "So, was meinen Sie denn? Haben'se sich einen Keks verdient?" Eingeschüchtert wie das Lamm auf der Schlachtbank antwortete ich mit "ja..."
"Na denn nehmen'se sich mal einen"

So gingen 18 Monate Ausbildung in Bochum zu ende und man wechselte in den Beamtenstatus "Beamter zur Probe". Die nächste Ausbildung stand schon an denn seinerzeit wurden die Feuerwehrbeamten meistens noch zum Rettungsassistenten Lehrgang geschickt - eine höhere Qualifizierung als der Rettungshelfer um vollumfänglich auf dem Rettungswagen eingesetzt werden zu können.

Ich erinnere mich noch gern an einige Anekdoten aus der Ausbildungszeit, als alles neu und aufregend war. Die Ruhrpott-kodderschnautzen habe ich damals lieb gewonnen und wenn Feuer und Flamme läuft fühlt man sich immer wieder in den Ruhrpott zurückversetzt.


Ich hoffe ich konnte einen kleinen Einblick über die Ausbildung geben und freue mich natürlich wie immer über zahlreiche Kommentare.

Sort:  

Ich hab die neuen Folgen von Feuer und Flamme noch gar nicht geschaut.

Ich bin ja schon n bißchen neidisch. Da schreib ich mir hier die Finger wund über das bißchen Notfallmedizin, das ich kenne, und Du hältst einfach mit dem Berg damit, daß Du n Profi bist. Gemein!
Haste denn den RA bzw. NFS auch noch gemacht?

RA hab ich noch gemacht... 2005 glaub ich... den Notfallsanitäter musste ich aber glücklicherweise nicht mehr machen.

Wir müssen auch seit 2009 keinen Rettungsdienst mehr fahren da man die Stellen für den Brandschutz brauchte. Ich glaub den würd ich gar nicht mehr bestehen 😂 aber ich bin auch eh Verfechter guter basismaßnahmen. Damals hatten wir schon immer solche Heizkisten im Lehrgang die unbedingt intubieren mussten usw.... ich war da immer der Meinung das wenn ich den super mit Maske bebeuteln kann muss ich nicht einen vagusreiz oder fehlintubation riskieren.

Heute - mit den Larynxtuben sieht das ja etwas anders aus. Aber du verstehst was ich mein. Zugänge hab ich auch maximal 1-2 mal probiert wenn ein Patient einen brauchte. Wenn das nicht geht soll sich mal schön der Doc kümmern

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Also dann hast Du aufgehört, bevor ich am Thema gefallen fand. Ich hab ab 2010 Rettungsdienstblogs gelesen und bin seit 2013 als Sani und Mime aktiv (letzteres inzwischen nicht mehr). :-)

Ach, die Diskussion um den Larynxtubus vom Herbst hast Du also auch mitbekommen.

Zugang gelegt hab ich bisher erst einmal - im Rahmen des Übens in der Schule letzten Herbst, als ich den RS-Grundkurs wiederholt habe -, hab leider durch die Vene durchgestochen, aber der Kollege bei mir auch. ^^

Ach, die Diskussion um den Larynxtubus vom Herbst hast Du also auch mitbekommen.

Ne, bei uns sind die nur seit... puh... einigen Jahren auf die Auto's gekommen im Zuge der erweiterten Notkompetenz weil man gesagt hat das diese Variante der Atemwegssicherung definitiv problemloser ist. Die normalen Tuben stehen weiterhin zur Verfügung, sind ja aber besser durch einen NA zu legen der eben aufgrund seiner Anästhesietätigkeit weitaus geübter ist.

Im Klinikpraktikum hab ich auch schon mal intubiert, allerdings bei einem Problemlosen, jüngeren Patienten - Hexenwerk ist das auch nicht aber auch ich denke das gerade "auf der Straße" bei Problempatienten der Larynxtubus eine gute Alternative ist sofern das von Nöten ist.

Zugang gelegt hab ich bisher erst einmal - im Rahmen des Übens in der Schule letzten Herbst...

Da ist natürlich das Klinikpraktikum die Gelegenheit wenn man im OP ist - da konnte ich einige legen und üben. Hat dann auch ganz gut geklappt. In der Schule hatten wir wenig Möglichkeiten dazu... Aber wie schon gesagt: Ich hab mir da in meiner Tätigkeit auf dem RTW halt immer gesagt das wenn es nötig ist versuchen wir das, klappt das nicht so warten wir auf den NA bevor ich da 30 Versuche starte und hinterher gar keine Vene mehr vernünftig zu punktieren ist.

Aber wie gesagt - zu meiner Zeit ging das gerade so los mit Notkompetenz und bis dato war es teils auch gar nicht so gern gesehen wenn Du als RS / RA da ärztliche Maßnahmen versucht hast. Was meiner Meinung nach - gemessen an der Ausbildung damals - auch vollkommen ok war. Heute mit Notfallsani's ne ganz andere Nummer.

Les ich jetzt erst, aber hey, super interessant und da bin ich auch echt mal gespannt mehr zu erfahren. :)

ich bin auch schon ganz gespannt wie ich das weiter gestalte 😂 weiß ich nämlich noch gar nicht so richtig 😂

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