Die schlimmsten Krankheiten: Erziehung, Sozialisation und vor allem Ego
The link to the original text of my website//Der Link zum Originaltext meiner Website: https://burnoutside.com/diagnose-ego/
SINNLOS WIE DER BLINDDARM. AGGRESSIV WIE EIN TUMOR UND HEIMTÜCKISCH WIE EIN SELBSTMORDATTENTÄTER. DAS EGO.
Kevin ist ein Held. Er weint, wenn ihm danach ist, macht sich keine Sorgen, weil er keine Gedanken an die Zukunft verschwendet, oder sein Ego, ist leicht zu überraschen, weil er nichts erwartet. Er handelt intuitiv, er kann gar nicht anders, sagt was er denkt, weil er keine Konsequenzen fürchtet. Die Menschen in Kevin’s Leben lieben ihn wie er ist.
Er möchte niemandem Gefallen, achtet bei Anderen nicht auf das Äußere, das interessiert ihn nicht. Für Kevin ist das, womit er sich gerade beschäftigt, die Welt. Alles andere existiert für ihn nicht.
Kevin ist sieben Jahre alt. Also in einem Alter, in dem wir alle mal waren. Er ist kein besonderes Kind, manchmal wirft man ihm Verhaltensauffälligkeit vor. Weil er nicht weiß was das ist, lacht er.
Image is CC0 (www.pixaby.com)
KEVIN WIRD ERWACHSEN
Bald wird sich Kevin einige schlimme Krankheiten einfangen. Er bekommt Erziehung, Sozialisation, gelegentlich Grippe und Durchfall. Und, Ego.
Fiese Glaubenssätze übernehmen seinen Verstand, wie Hyänen ein Stück vom verwesten Zebra. Mit zunehmendem Alter wird Konjunktitis dazukommen und ihn dazu bringen, nur noch in hätte, wäre, bräuchte, könnte, müsste zu denken, zu reden und zu handeln, also zu nichthandeln.
Der arme Kevin. Er wird wie wir. Erwachsen.
DIE DEFINITION VON EGO
Wir wollen alle ein Kevin sein. Deshalb begab ich mich auf eine tagelange Recherche, um herauszufinden, was dieses Ego ist.
Um es kurz zu machen: Die ganze Sucherei führte zu keiner eindeutigen, auf den Punkt gebrachten Erklärung. Zu abstrakt sind die wissenschaftlichen Aussagen auf der einen und die spirituellen Weisheiten auf der anderen Seite.
Bis hin zum Philosophen Descartes, der mit seinem coolen Spruch Cogito ergo sum, Ich denke, also bin ich, ebenfalls mehr Verwirrung stiftet, als einen Beitrag zum Verständnis von Ego liefert.
Kein Wunder, dass die Meisten von uns an Ego leiden. Es gibt schlicht kein Medikament dagegen. Die Wissenschaft hat keine Ahnung was uns da getroffen hat und redet deshalb verwirrendes Zeug.
DEINE REALITÄT, MEINE REALITÄT. EIN EINZIGER GEGENSATZ
Lass uns pragmatisch sein, halten wir uns an den Hausverstand. Jeder wird für sich wissen, was Ego ist. Meist erkennen wir es an unserer emotionalen Reaktion auf Kritik oder ein Kompliment. Also der Abweichung eines äußeren Zustands zur eigenen Realität.
Ist diese Abweichung groß, fühlen wir uns schlecht. Ist sie gering, fühlen wir uns gut. Beides ist Ego. Beides ist wie eine brüchige Mauer, die jederzeit eingerissen werden kann.
Jeder lebt in seiner eigenen Realität. Somit prallen ständig Gegensätze aufeinander und verursachen Leid. Einfach klingende Lösung: Befreie ich mich vom Ego, befreie ich mich vom Schmerz.
ERKENNTNIS AM BEISPIEL AUTHENTIZITÄT
So einfach ist es natürlich nicht. Und doch wollen wir genau das. Keine Schmerzen, vor allem keine emotionalen Schmerzen.
Ich wollte immer als authentisch wahrgenommen werden. Gesellschaftliche Akzeptanz ist Befreiung von Schmerz. Ich dachte viel darüber nach, um das zu erreichen. Schließlich stellte ich fest, dass es nicht darum ging etwas zu tun, sondern darum, etwas nicht zu tun.
Mein Ego verlangte bestimmte Meinungen zu übernehmen, bestimmte Kleidung zu tragen, bestimmte Dinge zu tun und bestimmten Konventionen zu entsprechen. Fuck you!
KEVIN IST MEIN VORBILD
Ich muss das alles nicht denken, tragen, tun oder jemandem entsprechen. Ich will wie Kevin sein, bevor er sich Erziehung, Sozialisation und Ego einfing.
Heute ist mir egal wie andere über mich denken. Ein unbeschreiblicher Befreiungsschlag. Ich war getrieben von meinem Ego, heute bin ich kein Opfer mehr und weiß, dass ich selbst für mein Wohlbefinden verantwortlich bin.
Herzlichen Dank für diesen Artikel!
Das Ego ist ein schwieriger Fall, war es auch bei mir. Beim Studieren von Naturwissenschaften oder IT ist klar, dass man den Verstand braucht, um abstrakte Mechanismen, Algorithmen und Mathematik nachvollziehen zu können. Dort kann man auch gut die Grenzen des eigenen Verstandes erkunden. Eigentlich ist die Begrenztheit des Verstandes und des Egos offensichtlich. Wer versucht, seine zufälligen Begegnungen, die er täglich macht, zu planen und durchzudenken, merkt, dass er nicht darum herumkommt, der Spontanität und Intuition genügend Raum zu geben, um sich auf unerwartetes rasch einstellen und aus Begegnungen viel mitnehmen zu können, um letztlich ein erfülltes Leben zu haben.
Dann noch eine Anmerkung, ich bin Chemiker, der sich über sich selber viele Gedanken gemacht hat, Psychologe oder Psychiater bin ich definitiv nicht, aber versuche, mir vieles verständlich zu machen. Die folgenden Abschnitte sind ziemlich deutlich geschrieben, aber er beinhaltet das, was ich bisher glaube, verstanden zu haben. Ich habe in dieser Sache kein sogenanntes Urvertrauen, bin also voll auf mich selbst angewiesen.
Es besteht die akute Gefahr, dass der Verstand und das von ihm produzierte Ego die Kontrolle über den ganzen Menschen erlangt, was zu einer wahren inneren Tyrannei werden kann. Dazu gibt es heute fast unbegrenzte Möglichkeiten, sich von sich selber abzulenken via externe Stimulation und Konsum. Man kann sein ganzes Leben auf eine Weise führen, ohne je bei sich selber anzukommen und sein eigenes Wesen zu verstehen und es wirklich aushalten zu müssen. Ich habe schon viele (unglückliche, aber dogmatische) Erwachsene erlebt, die von sich selber keine Ahnung hatten, die in ihren Reden gar keinen Platz hatten. Als Meinung plappern sie das auswendig nach, was ihnen TV-Radio-Zeitung verkünden. Für mich ist klar, dass ich von solchen Menschen vielleicht spezifisch über ein Fach lernen kann, aber nichts über das Leben. Dies gilt u. a. für sehr viele der Menschen der Generation meiner Eltern (ca. Jahrgänge 1945-1965), die ich kenne und von solchen ich erzogen wurde. Bei jüngeren ist es oft nicht besser, aber die haben mich zumeist nicht erzogen und stellen sich eher mal Fragen.
Wenn solche Leute über psychische oder nervliche Probleme klagen und teilweise davon reden, dass alles nur «Kopfsache» sei - «der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach» - bietet sich mir meist ein Bild, dass diese Leute sich selbst gar nicht ertragen können und auf der Flucht sind. Dass sie nicht verstehen, wie ihr Körper funktioniert und ihr Energiehaushalt. Statt von Erholung reden sie von «abschalten». Was wollen sie abschalten? Solange man als Mensch funktioniert, kann man gar nichts abschalten, nur verstehen und damit klarkommen. Wer sich in ein Gefängnis begibt, etwa durch die Tyrannei des eigenen Egos, was meist unbewusst und durch die (staatliche) Erziehung geschieht, braucht sich nicht wundern, wenn ihm dieses eines Tages öde vorkommt. Davon lösen kann man sich, indem man das Gefängnis zerstört.
Es gibt ein schönes Zitat von Osho, von dem ich zwar nicht viel weiss, aber das folgende Zitat hat mich wirklich beeindruckt. Weil es zeigt, wie man nachhaltig soviel aus sich selber schöpfen kann. Dass man nicht darauf angewiesen ist, andere auszusaugen und keinen Drang verspürt, andere zu kontrollieren. Dass man wirklich geben kann und auch mit Begegnungen klarkommt, die vielleicht nicht ausschliesslich positiv sind.
Zitat gefunden mittels Google-Bildersuche "osho allein sein lieben", sonst weiss ich nicht, wo es zu finden ist.
Das ist unfassbar, was du da schreibst, danke!
Was mich vor allem beeindruckt: "Man kann sein ganzes Leben auf eine Weise führen, ohne je bei sich selber anzukommen und sein eigenes Wesen zu verstehen und es wirklich aushalten zu müssen"
Genau das stelle ich bei so vielen Menschen fest, seitdem ich bei mir selbst diesen Zustand erkannte. Mein Leben zog früher an mir vorbei, wie ein Film, ohne zu merken, dass ich das Geschehene nicht einfach über mich ergehen lassen muss. Es gibt viel mehr, als das was ich sehe, höre und angreifen kann. Ich nenne es Gegenwärtigkeit, Bewusstheit und Achtsamkeit. Ich kann hinter die Kulissen spüren und erkenne dabei meine wahre Natur.
Dass ich dafür erst Depressionen erleben musste, erscheint mir mittlerweile wie ein Geschenk. Klingt vielleicht eigenartig, weil Depressionen alles andere als lustig sind. Aber ohne sie, würde ich immer noch wie ein sehender Blinder durch's Leben laufen.
Ich danke dir für deinen tollen Kommentar!
Ich hoffe, dass das unfassbar nicht auf Schockzustände beim Lesen hindeutet...
Den dritten Abschnitt deiner Antwort finde ich sehr beeindruckend. Wer sagt, wie im kleinen, so im grossen, kommt eigentlich kaum darum, auch kleine Dinge zu beachten und wertzuschätzen.
Normalerweise möchte ich nicht Kommentare schreiben, die fast so lang oder gar länger sind, als der Artikel selbst. In diesem Fall habe ich einfach viel zusammengebracht, was ich sicher auch in einen eigenen Artikel einbauen kann.
Nein :) Das "unfassbar" bezieht darauf, dass du ein an sich hochkomplexes Thema in wenigen Absätzen absolut verständlich auf den Punkt bringst.
Du scheinst nicht nur sehr viel Lebenserfahrung zu besitzen und/oder sehr viel über das Leben nachgedacht zu haben. Darüber hinaus verfügst du über analytische Fähigkeiten und bringst das auch noch in beeindruckender Form kompakt in einen Text unter.
Echt beeindruckend!
du beschreibst die Eine Sichtweise darauf. Da du das offenbar so siehst, müsste dir der Film "Revolver" von Guy Ritchie gefallen, der mir früher auch sehr gut gefallen hat. Allerdings gibt es auch eine gegensätzliche Sichtweise zum Ego. Ich würde dir mal empfehlen, dich unvoreingenommen mit Ayn Rand, im speziellen mit "the virtue of selfishness" zu beschäftigen. Ich würde gern deinen Text als Basis für einen Beitrag meiner Sichtweise nehmen. Ist das okay für dich?
Ganz ehrlich, ich habe "Revolver" nie richtig verstanden, ist schon ein sehr verwirrendes Werk :)
Danke für den Tipp zu "The virtue of selfishness"!
Sehr anständig von dir mich zu fragen, ob du meinen Text als Basis verwenden kannst! Es ist absolut okay für mich. Ich folge dir und bin schon gespannt auf den Artikel!
Hm ich bin jetzt echt am grübeln.
Ich habe uns Menschen immer als Inseln empfunden, ziemlich so wie die gute Vera Birkenbihl es erklärt.
Mein Insel ist nicht deine Inseln. Meine Realität die mein Ego bestimmt, ist geformt durch mein ganzes Leben. Natürlich weichen da die Realitäten massiv voneinander ab.
Ich habe weder den Wunsch noch den Anspruch mit meinem Ego mit anderen Menschen kompatibel zu sein.
Ich find es völlig ok einzigartig zu sein und zu akzeptieren das jeder Mensch in einigen oder vielen Punkten komplett anders empfindet und denkt als ich. Jedem sein Ego, damit habe ich kein Problem. Pisst mir einer ans Bein, geh ich einfach weg. Gibt genug Menschen auf der Welt, was solls.
Zum Schmerz, da empfinde ich ganz anders.
Ich finde körperlichen Schmerz in einem gewissen Rahmen sehr anziehend. Er führt mich ganz nah zu mir selbst und bringt irgenwie meine Seele auf den Punkt.
Aber auch Schmerz im Leben empfinde ich als Geschenk. Er zeigt uns wo wir wachsen möchten, führt uns zum Wesentlichen im Leben und kann uns eine unglaubliche Stütze sein, unseren Weg zu gehen.
Ich umarme den Schmerz und empfinde ihn als treuen Begleiter, der mir zeigt, wo ich mir selber zuhören darf und gütig mit mir selber sein sollte.
Danke für deinen Beitrag.
Mein Ansatz ist der, dass wir Menschen uns von unserem Ego dominieren lassen. Wir wunderen uns, dass Vieles in unserem Leben nicht funktioniert, falsch läuft, uns nicht glücklich macht usw. Auf die Idee, dass wir selbst dafür verantwortlich sind, kommen wir aber nicht.
Dazu kommt, dass das Ego so unfassbar viel Schaden anrichtet. Schau dir nur mal all die Politiker und Manager an. Die folgen ausschließlich ihrem Ego und reissen Millionen Menschen mit.
Ich selbst habe das Spiel mittlerweile (ZUM GLÜCK) durchschaut und bin auf einem guten Weg, auf meine Gefühl, meine Intuition zu hören und meinem Verstand nicht die Macht zu geben, die er immer wieder einfordert.
Du bist in diesem Punkt offensichtlich schon viel weiter! Ich beglückwünsche dich dazu!