Braucht die Welt Bitcoin? von coin-trainer.com

in #bitcoin6 years ago

Braucht die Welt Bitcoin?

Kürzlich war ich auf der Geburtstagsfeier einer Freundin. Sie feierte ihren 30. Geburtstag in ihrer kleinen Dachgeschosswohnung in München und einige ihrer Freunde und Bekannte waren eingeladen. Plötzlich tippte mir eine unbekannte Frau von hinten auf die Schulter, lächelte mich freundlich an und sagte: „Ich kenne dich! Ich habe letztens ein Video von euch gesehen. Ihr macht doch dieses Bitcoin-Zeug, oder? Was ist das eigentlich und wofür braucht man Bitcoin? Ich habe doch schon Euro.“ Die Frage ist absolut berechtigt. Daher geben wir euch in diesem Beitrag eine ausführliche und gleichzeitig verständliche Antwort dazu.

Was ist Bitcoin?
Einfach gesagt ist Bitcoin Zahlungsmittel (digitales Geld) und Wertspeicher (digitales Gold) zugleich. Es kommt ohne Mittelsmänner aus, weil es dezentral funktioniert (keine Zentralbank oder Bank überhaupt) und grundsätzlich jeder Mensch auf diesem Planeten kann an diesem Geldsystem teilnehmen. Neu daran ist, dass der Bitcoin rein digital ist und nach streng vorgegebenen mathematischen Regeln abläuft. Darin ist auch festgelegt, dass die maximale Menge an Bitcoin fix auf 21 Millionen Einheiten limitiert ist, was vor ungewünschter Inflation (Geldentwertung) schützen soll. Wer noch mehr dazu Wissen möchte der findet in unserem Beitrag „Was ist eigentlich Bitcoin?“ eine ausführlichere Beschreibung.

Eignung als Zahlungsmittel

Geld als funktionierender Kreislauf
So ziemlich alles was ich besitze habe ich mit Geld gekauft. Das heißt im Tausch zu meinen neuen Schuhen hat der Verkäufer von mir einen bestimmten Geldbetrag in Euro erhalten. Damit ich mir das leisten konnte habe ich mir durch Arbeit ein Gehalt verdienen müssen und auf mein Girokonto zahlen lassen usw. Geldsysteme sind in der Regel Kreisläufe und basieren auf einem „funktionierenden“ Finanzsystem. Glücklicherweise können wir im deutschsprachigen Raum von einem sehr gut ausgebauten Finanzsystem sprechen. Ob in der Schweiz mit Franken oder in Deutschland und Österreich mit Euro können wir mit den (beliebten) Geldscheinen so ziemlich alles kaufen was unser Herz begehrt. ‚An jeder Ecke‘ befindet sich ein Geldautomat, der uns mit frischen Geldnoten versorgt, damit der Kreislauf immer im Fluss ist. „Geld regiert die Welt.“

Der Euro funktioniert…noch
Tatsächlich ist der Bedarf nach einem weiteren Zahlungsmittel wie Bitcoin in hochentwickelten Ländern, bspw. Deutschland aktuell nicht zwingend gegeben. Zumindest noch nicht. Denn auch die Akzeptanz von digitalen Zahlungsmitteln wie PayPal, Kreditkarten oder neuen Zahlungs-Anbietern wie Apple Pay sind zunehmend präsent. Jeder Einkauf kann in Euro getätigt werden. Das System funktioniert vom Bäcker bis zum Zahnarzt, in Bargeld oder eben digital. Dagegen sind Akzeptanzstellen die Bitcoin als Zahlungsmittel anbieten noch rar gesät. Solange der Euro also nicht zusammenbricht besteht kein Grund zur Sorge. Diesen Zusammenbruch wollen wir alle nicht hoffen, aber betrachtet man die Lage in einigen EU-Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien, dann macht einem die Entwicklung durchaus Sorgen. An dieser Stelle verlassen wir uns voll und ganz auf die Europäische Zentralbank (EZB), die es hoffentlich schafft, die großen Herausforderungen aller beteiligten Länder in Bezug auf Staatsverschuldung, Inflation, Zinsen, Preisstabilität etc. aufrecht zu erhalten bzw. das System am Leben zu erhalten.

Wie ist mit Privatsphäre?
Wer sich darüber hinaus auch Sorgen über seine Privatsphäre macht, der findet durchaus Gründe kritisch auf den Euro zu schauen. Denn schon länger kursiert das Gerücht nach Plänen das Bargeld abzuschaffen. Damit wäre jede Zahlung für Banken und staatliche Institutionen transparent einsehbar. Zwar haben die meisten Menschen nichts zu verheimlichen, aber für Viele ist es dennoch so etwas wie ein Grundrecht, für sich behalten zu können, für was man sein Geld ausgibt. Mit Bitcoin sind alle Zahlungen pseudonymisiert. Das heißt man sieht zwar auf der Blockchain alle durchgeführten Transaktionen, aber man weiß in der Regel nicht wer dahinter steckt, weil Sender und Empfänger mit kryptischen Zeichen verschleiert sind. Darüber hinaus werden derzeit einige Programmierungen umgesetzt, die die Nutzung mit Bitcoin noch deutlich anonymer machen sollen. Schon jetzt gibt es dazu Alternativen wie Monero oder Zcash, die auch ‚Privacy Coins‘ (Anonyme Coins) genannt werden, weil auf deren Blockchain fast alle Informationen verschleiert sind.

Bitcoin als Lösung für die Schwächsten?
Einen noch höheren Mehrwert als Zahlungsmittel kann der Bitcoin in Ländern anbieten, in denen das Finanzsystem nicht ausreichend vorhanden oder extrem desolat ist. Darüber wird aktuell häufig aus Venezuela berichtet. Dort ist daher der Bitcoin bei vielen Menschen schon als tägliches Tauschmittel angekommen und erreicht immer größere Beliebtheit. Und darüber hinaus gibt es viele, häufig auch sehr arme Länder in Teilen Afrikas, Südamerika, Asien und mehr, in denen ein gewöhnlicher Bürger nahezu keinen Zugang zu (Bar-)Geld hat. Laut Weltbank sind es knapp 60 % der Erwachsenen Menschen auf der Erde, die kein Bankkonto besitzen.

Für diese Menschen stellt Bitcoin eine Chance dar, weil keine bürokratischen Hürden vorliegen: Bitcoin ist neutral gegenüber Abstammung, Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, sexuelle Orientierung oder sonstigen Bewertungen und somit frei von Vorurteilen gegenüber dem Menschen. Außerdem ist es offen für jeden und erfordert keine Identifizierung. Es wird lediglich ein Wallet benötigt, welches auf einem handelsüblichen Smartphone installiert werden kann und scheinbar sind Handys in der Welt weiter verbreitet als das Finanzsystem. Doch wie sieht es als Wertspeicher aus?

Eignung als Wertspeicher
Die Entwicklung des Euro
In Deutschland wird noch richtig gespart! Seit vielen Jahren (Werte liegen seit 1995 vor) liegt die Sparquote hierzulande bei ca. 10 %. Damit sind wir in der EU führend und nur die Schweiz erreicht höhere Quoten.

Im gleichen Zeitraum sind die Leitzinsen der Notenbank im Euroraum von 3,00 % (1995) auf aktuell 0,00 % (seit 2016) gesunken.

Auch bei Staatsanleihen sind die Umlaufrenditen in Deutschland von 6,9 % (1995) auf 0,4 % (2017) deutlich zurück gegangen. Betrachtet man dabei auch die Inflationsrate im Euroraum (ca. 2,2 % in 2017) stellt man sich die Frage: „Was bleibt denn da noch übrig auf dem Konto?“

Das ist in der Tat nicht wirklich aussichtsreich und vielversprechend. Daher wagen wir einen Blick auf die Entwicklung des Bitcoin.

Die Entwicklung von Gold
Gold gilt als der Wertspeicher „schlecht hin“. Das scheint auch nicht verwunderlich, denn das beliebte Erdmetall war schon etliche Jahre vor Christus ein beliebtes Metall, weil es nicht korrodiert, leicht weiterzuverarbeiten war (bspw. Schmuck), es sehr selten vorkam und vor allem Unvergänglich ist. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts waren viele Staatswährungen an den Goldpreis gekoppelt. Allerdings setzte die Begrenztheit von Gold den gängigen Fiat-Währungen eine entsprechende Wachstumsgrenze vor. Im 1. Weltkrieg wurden die ersten Währungen dann teilweise vom Gold losgelöst, weil das Papiergeld zur Aufrüstung in weitaus größeren Mengen schneller gedruckt und in Umlauf gebracht werden musste. Diese Maßnahme verstärkte sich in den 1970er Jahren, als die USA den US-Dollar gänzlich von Gold los sagte.

Dadurch begann allerdings auch das Kapitel der enormen Staatsverschuldung, was unser Generation heute unermessliche Geldmengen beschert. Der Preis pro Feinunze Gold gemessen in US-Dollar entwickelte sich folglich in den letzten Jahrzehnten konstant aufwärts und erlebte nach der Finanzkrise 2008/2009 einen Höhepunkt von knapp 1.900 $ pro Unze. Der aktuelle Wert je Unze Feingold liegt bei ca. 1.280 $ und erreichte damit eine durchschnittliche Rendite von ca. 42 % in den letzten 10 Jahren. Gemessen an Bitcoin wurde der in US-Dollar gehandelte Preis pro Einheit Gold allerdings von der Kryptowährung deutlich übertroffen. Dabei lohnt ein Blick auf die Entwicklung von Bitcoin.

Die Entwicklung von Bitcoin
Wie ihr in unserem Beitrag zu den Grundlagen von Bitcoin nachlesen könnt wurde das Whitepaper zu Bitcoin in 2008 veröffentlicht und im Januar 2009 wurde der erste Block, der Genesis Block geschaffen. Wir blicken also auf eine Entwicklung von knapp 10 Jahren Bitcoin. Allerdings wurde der erste Preis von Bitcoin deutlich später gemessen. Eine der ersten Meldungen berichtet aus März 2010: Dort wurde der erste offizielle Kauf auf einem Bitcoin Exchange für damals 0,003 $ pro Bitcoin durchgeführt. Kurz darauf, im Mai 2010, wurde der erste Kauf von zwei Pizzen mit Bitcoin durchgeführt. Der Wert der beiden Pizzen lag damals bei 25$ und wurde für 10.000 Bitcoin durchgeführt. Damit lag der Wert pro Bitcoin bei 0,0025 $. Im Laufe der Zeit gewann die Kryptowährung dann immer mehr am Beliebtheit.

Die 10$ Marke pro Bitcoin wurde im Februar 2011 geknackt, die 100$ Marke im April 2013. Im November 2013, also nach knapp 5 Jahren Existenz wurde ein Bitcoin für mehr als 1.000 $ gehandelt. Und trotz einiger Preis-Rückgänge hat sich der Preis pro Bitcoin immer weiter nach oben entwickelt. In 2017 stellte sich dann ein bedeutendes Erfolgsjahr heraus: In diesem Jahr erreichte der Preis pro Bitcoin wiederkehrend neue Höchstmarken wie zunächst 2.000$ im Mai, 4.000 $ im August und im Dezember schließlich knapp 20.000 $. Seit diesem Allzeithoch hat sich der Preis deutlich abgekühlt und ist über die folgenden Monate wieder auf einen Wert von ca. 3.100 $ im Dezember 2018 gefallen. Seither versucht sich der Preis wieder zu stabilisieren und wird Stand April 2019 zu einem Tagespreis von ca. 5.450 $ gehandelt. Hätte man also in 2010 die beiden Pizzen für 10.000 Bitcoin ausgeliefert und die Kryptowährung erst am heutigen Tag verkauft, wäre der Erlös 54,5 Mio. $ oder in Rendite ausgedrückt ein Zuwachs von mehr als 2,18 Mio. %!

Fazit
Liebe Freunde und Leser, dieser Artikel ist nicht als blinde Kaufempfehlung von Bitcoin zu verstehen! Wir haben versucht so objektiv wie möglich die Fakten darzustellen. Nach wie vor gelten Bitcoin und Kryptowährungen als Hoch-Risiko-Anlage, weil vor allem die Volatilität sehr stark schwankt. Wenige Länder haben überhaupt Regularien für diese neuen digitalen Währungen auf den Weg gebracht, sodass die Besteuerung auf Gewinne nach der Veräußerung von Bitcoin häufig sehr schwammig formuliert sind. Die Verlustrisiken sind nicht zu unterschätzen und jeder Einzelne trägt stets das volle Risiko selbst.

Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass Bitcoin als Wertspeicher eine Alternative zu klassischen Anlageformen bietet und teilweise auch als Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. Weil der Bitcoin aber noch sehr jung ist und vielen Herausforderungen erst noch stellen muss, kann man durchaus von einem Experiment sprechen. Ein Experiment, dass gleichzeitig viele Hoffnungen trägt, möglicherweise eines Tages als funktionierendes Geldsystem in der gesamten Welt etabliert zu sein. Vielleicht auch, um die Welt ein Stück besser zu machen?

Original: https://coin-trainer.com/fuer-was-brauchen-wir-bitcoin/

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