Bitcoin in Simbabwe
Wie Bitcoin in Simbabwe zur Krisenwährung ward
Publiziert von James Titcomb auf telegraph.co.uk am 20. November 2017 unter dem Titel »How bitcoin has become Zimbabwe's crisis currency«
übersetzt von @besold
Nach dem Staatsstreich vergangene Woche vervierfachten sich die Transaktionen der Bitcoin-Tauschbörse Golix in Simbabwe. | Bild: AP
Bitcoin hat den Ruf, unberechenbar, unsicher und volatil zu sein. Doch in Simbabwe, wo eine absolute politische Ungewißheit herrscht seit die Armee Robert Mugabe vergangene Woche entmachtet hat, wurde Bitcoin zu einer sicheren Zuflucht für viele Menschen die sich über ihre sich rapide verschlechternde finanzielle Lage besorgt zeigen.
Die Digitalwährung wurde mit bis zu 13.000$ (10.400€) auf Golix gehandelt, der führenden Bitcoin-Tauschbörse des Landes. Das liegt bei mehr als 50% über dem internationalen Preis von etwa 8.000$ (6.400€).
Doch während die Aufmerksamkeit im Westen hauptsächlich dem rapiden Preisanstieg gilt, der letzten Montag ein neues Hoch erreichte, ist das in manch anderen Ländern völlig nebensächlich.
Wie seine Anhänger oft betonen, wird der Bitcoin nicht von irgendeiner Regierung kontrolliert, sondern ist eben dezentralisiert. Die Regeln werden ausschließlich durch den Konsens einer Mehrheit festgelegt, und es gibt eine Bitcoin-Höchstgrenze, welche einen Schutz vor Inflation darstellt. Es gibt auch kaum Gebühren und keinerlei Kontrollen bei Bitcoin-Überweisungen.
In Ländern wie etwa Venezuela wird diese Währung benutzt um die Inflation zu umgehen. In Finanzkrisen, wie etwa 2013 auf Zypern, wurde Bitcoin dazu benutzt Kapitalverkehrskontrollen zu umgehen. In Simbabwe, wo beides der Fall war, hat Bitcoin noch eine neue Bedeutung bekommen, da die Regierung immer mehr die Kontrolle über das Finanzwesen übernimmt.
Simbabwe hat keine eigene Währung mehr seit der Hyperinflation 2009, als das Land Noten mit dem Nennwert von 100 Billionen druckte. Seither werden verschiedene ausländische Währungen genutzt, von denen der US-Dollar die Hauptwährung ist.
Obwohl das theoretisch die Inflation eindämmt, führt nun die Geldknappheit das Land doch wieder dazu eigenes Geld zu Drucken, und zwar in der Form von staatlich garantierten "Anleihen" - mit dem Spitznamen "Zollars". Die sollten eine Begleitwährung zum Dollar sein, aber in Wirklichkeit werden sie weit unter Preis gehandelt, was wiederum zu einer großen Angst vor erneuter Inflation geführt hat.
Die Regierung Simbabwes hat verfügt, daß die Banken ihre US-Dollar bei der Zentralbank im Austausch für Zollars einbezahlen, so daß die Regierung ihre Schulden zurückzahlen und das Handelsdefizit bedienen kann. Kritiker sehen das als heimliche Rückkehr des Simbabwe-Dollars, was der Stabilität der US-Währung im Land ein Ende setzen würde.
Bitcoin - die Alternative für Simbabwe
Die Banken waren dazu gezwungen, die Bargeldabhebungen auf 40$ pro Tag zu begrenzen, und da die Sparkonten auf Zollars laufen und nicht auf US-Dollars, verliert Erspartes sehr schnell an Wert. "Die Liquiditätskrise hat sich dermaßen verschlimmert, daß die meisten Banken die Abhebegrenzen herabgesetzt haben", sagt Alisa Strobel, leitende Ökonomin für Schwarzafrika bei IHS Markit. "Die Banken haben jetzt ihre Geldautomatenservices aufgrund der Geldknappheit vorübergehend eingestellt."
William Chui von der simbabwischen Webseite TechZim sagt: "Die Leute wollen eine Alternative zum Bankensystem, sie sagen sich: 'Ich muß mein Geld aus der Bank herausbekommen bevor es völlig wertlos wird.' Sie klammern sich an Bitcoin, weil Bitcoin nicht zum Bankensystem gehört."
Chui sagt, daß die Menschen in Simbabwe zwar ihr Geld lieber in eine fremde Währung tauschen würden, was jedoch gefährlich geworden ist. Aufgrund eines im Frühsommer verabschiedeten Gesetzes drohen jedem 10 Jahren Haft, der dabei erwischt wird, illegal mit Devisen zu handeln. Eine andere weitverbreitete Option, seine Anleihen loszuwerden ist es, Monatsvorräte von unverderblichen Lebensmitteln zu kaufen. Aber die vorhandene Menge ist ebenso begrenzt, wie die Menge, die eine Person davon vertilgen kann.
"Die nächstbeste Option ist eben Bitcoin", sagt Chui. Obwohl diese Währung von der Regierung nicht anerkannt ist, und die Zentralbank von Simbabwe sie vergangene Woche für illegal erklärt hat, sind die Strafen für den Handel mit Bitcoin vermutlich deutlich milder als die Strafen für den Handel mit Devisen. Der schnell steigende Preis von Bitcoin - von unter 1.000$ bei Jahresbeginn auf internationalen Märkten auf 8.000$ heute - ist auch nicht besonders schmerzhaft.
Die Nachfrage nach Bitcoin scheint in Simbabwe das Angebot bei weitem zu übersteigen. Der Preis auf Golix fing laut der Fachzeitschrift CoinTelegraph vor zwei Wochen an zu steigen, als Robert Mugabe den Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa entlassen hatte, was zum Staatsstreich von vergangener Woche geführt hat.
Bitcoin war in Simbabwe schon immer teurer als woanders, aber die jüngsten Ereignisse haben den Preis auf 13.000$ (10.400€) hochgetrieben wo er sich nun befindet. Als die Armee Mugabe letzten Dienstag entmachtete, vervierfachten sich die Bitcoin-Transaktionen auf Golix. Auch wenn sich es sich noch auf eine relativ geringe Menge von etwa 10 Bitcoins (130.000$ [104.000€]) täglich beschränkt, steigt das Handelsvolumen dennoch rapide an.
Menschen stehen Schlange vor einer Bank in Harare. Auszahlungen sind oft auf 40$ pro Tag begrenzt.
Die Rhodesier [Simbabweaner] horten Bitcoin nicht einfach. Da es ihnen nicht möglich ist, harte Währungen für Importe zu nutzen, ermöglicht es ihnen Bitcoin, bei ausländischen Firmen einzukaufen. BeForward, eine japanische Firma die Autos nach Afrika verkauft, akzeptiert seit neuestem Bitcoin. Die Währung bietet auch Freunden und Verwandten im Ausland die Möglichkeit, Geld in das Land zu schicken, ohne dabei die horrenden Gebühren zu bezahlen, die anfallen, wenn man Geld auf traditionellem Wege verschickt.
"Der Anstieg der Nachfrage nach Bitcoin ist ein Beweis für die zerstörte Wirtschaft des Landes", so Strobel, "Bitcoin hat sehr viel Potential in Afrika, weil man in Bitcoin ein Geldsystem sehen kann für all diejenigen, die aus dem traditionellen Bankensystem ausgeschlossen sind."
Bargeld in Bitcoin zu stecken mag denjenigen verrückt erscheinen, die glauben, daß es sich dabei um eine Blase handelt. Doch im politisch instabilen Simbabwe erscheint Bitcoin wie eine sichere Sache.
The Telegraph (London) - »How bitcoin has become Zimbabwe's crisis currency«
Danke fürs Übersetzen.