Zum Verfassungsschutz-Gutachten über die AfD
unlängst wurde ein "Gutachten" des Bundesamts für Verfassungsschutz über die AfD, offiziell unter Verschluss, aber offenbar vom Amt selbst geleakt und auf netzpolitik.org veröffentlicht. Vorab: Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird von einem CDU-Mann geführt und untersteht dem Innenministerium, das wiederum von einem CSU-Mann geleitet wird. Das "Gutachten" ist also ein Instrument des politischen Kampfes herrschender Parteien gegen eine gefährlich werdende Konkurrenz. Das ist nichts besonderes, sondern politischer Alltag, aber man muss sich dessen bewusst sein!
Das "Gutachten" steht deswegen in Anführungszeichen, da der Begriff selbst eine Irreführung darstellt, die dem Dokument besonderes Gewicht verleihen soll. Unter Gutachten versteht man normalerweise die Analyse und Bewertung unabhängiger Fachleute, hier also die von Staats- und Verfassungsrechtlern. Stattdessen wurden auch - offenbar ungeprüft - etliche Antifa-Quellen einfach übernommen, wodurch sich viele faktische Fehler eingeschlichen haben (siehe z.B. eine Richtigstellung hier). Methodisch sehr bedenklich, wenn man vermeintliche Verfassungsfeinde damit aufdecken will, dass man bei anderen Verfassungsfeinden abschreibt, denn die Antifa steht nämlich selbst unter Beobachtung des Verfassungsschutzes wegen Gefährdung und Ablehnung der freien demokratischen Grundordnung (fdGo) Quelle. Das Gesetz verbietet, solange die AfD noch nicht unter Beobachtung steht (und das tut sie derzeit nicht, trotz des undefinierten "Prüffalls"), andere als öffentlich zugängliche Quellen auszuwerten. Deshalb durfte das Amt auch nur Internetseiten, öffentliche Facebook-Auftritte oder Presseartikel auswerten. Doch die Antifa hält sich nicht an solche Auflagen, das macht die Hinzunahme der Antifa-Quellen rechtlich umstritten (Quelle). Die Verwertung auch rechtswidrig erlangter Informationen (eine Taktik, die auch vom CIA im Krieg gegen den Terror bekannt ist) scheint jedoch dem Verfassungsschutz nicht bedenklich zu sein und auch die meisten Medien scheinen dieses Detail in ihren Infotainment-Sendungen nicht für erwähnenswert zu erachten.
Was steht eigentlich drinnen?
Etwa, dass die AfD sich gegen die "offene Gesellschaft" stelle. Was eine offene Gesellschaft ist, wird nicht definiert. Sind damit offene Grenzen gemeint? Popper hatte in seinem 1945 veröffentlichten Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ jedenfalls etwas ganz anderes gemeint! Für Poppers offene Gesellschaft werden keine offenen Grenzen gebraucht, ganz im Gegenteil: Wir importieren derzeit massiv geschlossene Gesellschaften in unsere offene (Quelle).
Auf netzpolitik.org, wo das Gutachten öffentlich gemacht wurde, findet sich dieser hochinteressante Kommentar, der eine breitere Öffentlichkeit verdient, daher im Folgenden wesentliche Auszüge:
Im Grunde sollten wir froh sein über die Veröffentlichung, denn es wird klar dargelegt, wie man die mögliche Verfassungswidrigkeit einer Partei beurteilen kann. Interessant wäre es, diese Methode auf alle politischen Parteien anzuwenden. Dann könnte man z.B. unter dem Kriterium „Rechtsstaatlichkeit“ untersuchen, wie die Absicht der Bundeskanzlerin einzuschätzen ist, geltendes EU-Recht durch nationalem Recht umzudefinieren, um Fahrverbote in den Innenstädten zu vermeiden. Daraus liesse sich dann schlussfolgern, ob die AfD einem höheren Risiko der Verfassungswidrigkeit unterliegt als andere Parteien. In Wirklichkeit arbeiten die etablierten Parteien seit Jahren gegen die fdGo, z.B. in der demokratisch nicht legitimierten Einwanderungspolitik und der Grenzöffnung seit 2015 am verfassungsmäßigen Mitwirkungs- und Beteiligungsrecht des Deutschen Bundestages vorbei (Quelle).
Die Schwäche des Gutachtens liegt darin, dass es offensichtlich erstellt wurde, um die Notwendigkeit weiterer Prüfung zu rechtfertigen. Das erkennt man insbesondere an der Beurteilung der Kriterien „Menschenwürde“, „Rechtsstaatlichkeit“ und „Religionsfreiheit“. Da werden Fakten zunächst absolut richtig beschrieben, aber dann in der Bewertung einseitig zugespitzt:
B II 2.1.2 letzter Satz:
„Den Rahmen der fdGo verlässt sie aber, wenn sie den Parlamentarismus (…) verächtlich macht, ohne aufzuzeigen, auf welchem Wege sie (…) die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleisten will.“ Das ist zweifach unrichtig:
(1) Im vorherigen Absatz wird die „Kritik“ an den politischen Verhältnissen noch als unschädlich erklärt, in der Subsumtion wird „Kritik“ dann zum „verächtlich machen“. Das ist methodisch inakzeptabel.
(2) Eine Partei kann kritisieren und muss mitnichten zugleich den anderen Weg aufweisen. An anderer Stelle verneint das Gutachten genau diese Notwenigkeit. Da widerspricht sich das Gutachten selbst.
B II 6
Der gesamte Absatz ist eine sehr einseitige Darstellung aus der Sicht der kritisierten Medien. An dieser Stelle hätte untersucht werden müssen, ob die AfD tatsächlich „auf skandalorientierte Öffentlichkeitsarbeit und gezielte Provokationen“ setzt oder umgekehrt, jede Äußerung von AfD-Politikern, von den Medien zum Skandal gemacht wird. Dafür gibt es viele Beispiele, nicht zuletzt das Interview des Mannheimer Morgen mit Frau Petry (Quelle).
C I 1.1.1
Das Gutachten unterstellt der AfD eine Abstufung der Wertigkeit unterschiedlicher Kulturen und leitet daraus eine mögliche Verletzung der Menschenwürde ab. Die AfD spricht aber – wie zuvor im Gutachten selbst ausgeführt wird – von „kulturellen Strömungen“ die gegen die Werteordnung der deutschen Kultur (also z.B. Grundrechte, Menschenrechte, Gleichberechtigung und Liberalismus) verstoßen. Tatsächlich bekräftigt damit die AfD doch gerade ihre Achtung der fdGo.
C I 1.1.2
Die AfD „zeichnet ein Bild der parlamentarischen Demokratie in Deutschland, das über eine sachliche, zielführende Kritik hinausgeht.“ Diese Bewertung der AfD-Argumente wird von dem Gutachten nicht ansatzweise begründet aber im Folgenden sprachlich ausgebaut zu „Schmähkritik“ mit „Grenzüberschreitung“. Das ist rhetorisch fragwürdig.
C I 1.3.1
Aus dem von der AfD behaupteten Konfliktpotential zwischen authochtoner Bevölkerung und muslimischer Zuwanderung leitet das Gutachten die Verletzung der Menschenwürde her. Dabei bemüht es weit hergeholte Argumente ("differenziert nicht zwischen Islamistischem und Islamischem Terrorismus" – als käme es darauf an) und Unterstellungen (Assimilationserwartung könnte Muslime zur Aufgabe der Religionsausübung zwingen).
Übrigens, 2012 wurde auch Die Linke beobachtet. Die Überwachung einer Partei ist offenbar kein Hinderungsgrund, Regierungsgeschäfte zu übernehmen (Quelle). Auch das ein weiterer Hinweis, dass es der Regierung gar nicht um Verfassungsschutz, sondern Beschädigung eines politischen Gegners durch mediale Ausschlachtung des "Prüfens" geht.
Quellen:
Das Verfassungsschutz-Gutachten
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=481035
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2019/02/04/altparteien-arbeiten-seit-jahren-gegen-die-freiheitliche-demokratische-ordnung-des-grundgesetzes/
Mist, jetzt hast Du mich erwischt. Das mit dem CDU-Mann war meine Idee. Das Gutachten habe ich erstellt. Aber es dient einem guten Zweck. Den AfD-Schergen geht es nun an den Kragen.
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Erzähl das mal den ganzen Leuten die passiv durchs Leben stolpern und sich trotzdem noch Bürger schimpfen.
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