Stiefmutter (joru012)
Stiefmutter
Bald nachdem Sebastian gestorben und begraben war, kam seine Stiefmutter in sein Haus um sein Vermächtnis zu übernehmen. Die junge Frau und der kleine Sohn des Verstorbenen waren erst wenige Monate vor dem eben Dahingegangenen im selben Grab zur ewigen Ruhe gebettet worden. Gestorben waren sie jung, viel zu jung, und an einer seltsamen Krankheit, die niemand kannte.
Sebastian hätte vielleicht noch viele Jahre leben können, wenn er nicht Nachforschungen angestellt hätte, um die Ursachen für den viel zu frühen Tod seiner geliebten kleinen Familie zu ergründen.
Obwohl keinerlei Indizien und auch sonst kein ersichtlicher Grund dafürsprachen, fühlte er doch ganz genau, dass die beiden nicht ganz von selbst den Tod gefunden haben konnten und dass diese Krankheit geplant gewesen war, geplant gewesen sein musste. Sie konnten doch nicht einfach so gestorben sein.
Aber ohne irgendwelche Beweise in den Händen wurde er mehr oder weniger nur ausgelacht. Polizei und Ärzte schickten den vergrämten jungen Mann, der seine Lieben verloren hatte und „nicht mehr ganz bei Sinnen“ war, nach Hause. Sie wollten ihre Ruhe, der Fall war doch abgeschlossen. Sogar der Herr Pfarrer lächelte nur wissend und erklärte ihm, wie glücklich seine Frau und der Kleine jetzt da oben im Himmel wären – „Gottes Wege sind weit und verschlungen, mein Sohn. Er hat sie zu sich in sein Himmelreich genommen.“
Also begann Sebastian allein weiterzusuchen. Und sein eifriges Forschen erwies sich – als er das dünne Ende des Fadens erst einmal gefunden hatte – als gar nicht so kompliziert. Und diesen Faden fand er in einem bösen Brief seiner Stiefmutter aus dem Nachbardorf an Anja, seine Frau, der von einem abgrundtiefen Hass erzählte, von Neid und Missgunst. Ein Teil des Puzzles passte bald zum anderen, wie zum Beispiel die Afrikareise von „Mutter“ und ihr neuer Kräutergarten hinterm Haus.
Doch noch bevor er das ganze Bild zusammen hatte, zerfiel es, als er unverhofft starb. Sebastian starb an derselben Krankheit wie seine Frau und sein achtjähriger Sohn Berti – nur dieses Mal ohne langes Siechtum. Und wiederum machte sich niemand weiters Gedanken. Er war halt angesteckt worden von den beiden. Eine unbekannte Krankheit. Niemand wusste von seinen Aufzeichnungen. Aber alle waren sie traurig. Auch seine Stiefmutter weinte am Grab und der Herr Pfarrer drückte ihr sein tiefstes Beileid aus für dieses große Unglück. Und sie weinte bis sie von der Beerdigung ihres „einzigen Kindes“ nach Hause kam.
In das Haus von Sebastian kam sie, welches ja nun ihres war. Zwar weinte sie wieder etwas als sie die Notizen des Toten und den Brief, den er ihr geschrieben hatte verbrannte („Den hätte ich fast vergessen!“), aber diese Tränen waren weniger aus Trauer als wegen des Rauches, der in ihren Augen brannte.
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